Zufällig schaltete ich heute, am 20.10.2012, den Fernseher (ARD, 15:00 Uhr) an und hörte eine Beschreibung von eingeschränkten kognitiven Funktionen wie Probleme mit Kurzzeitgedächtnis, Konzentration, Lesen von Büchern, Wortfindungsstörungen, Dinge nicht wiederfinden oder/und falsch wegräumen, ... . In der Sendung wurden diese Symptome als "Delir"* bezeichnet.
Da ich selbst diese Symptome aufweise und einige/viele(?) HT-Betroffene auch, schaute ich mir die halbstündige Sendung an. Es ging um derartige Störungen, die bei zuvor geistig normalen Menschen nach einer langen Narkose auftraten.
Es wurde ein Patient, der bereits 20 Jahre lang herzkrank war, nach einer Herztransplantation beobachtet. In der ersten Woche nach der OP fand er erst nach und nach seine Orientierung wieder und benötigte auch mehrere Tage, um wieder ohne Wortfindungsstörungen sprechen zu können. Nach diesen Einschränkungen in den ersten postoperativen Tagen befragt, antworteten sowohl seine Ehefrau als auch er selbst, dass sie die neu gewonnenen körperlichen Fähigkeiten als ein Wunder, als ein Geschenk betrachten. Die kognitiven Einschränkungen erwähnten sie nicht. Sie hielten sie offensichtlich für OP-bedingt, da sie recht rasch vorüber gingen.
Ein anderer Patient hatte eine zehnjährige Krebsgeschichte im Hals- und Kehlkopfbereich mit mehreren, auch längeren, Operationen hinter sich. Dass er Sprechprobleme hat (Er sprach etwas mühsam und nicht sehr gut verständlich aber ansonsten normal.), störte ihn viel weniger, als die oben beschriebenen kognitiven Einschränkungen. Bei ihm blieben sie jahrelang bestehen. Seine Therapie war in einem Städtischen Krankenhaus erfolgt. Von dort wurde er an die Anästhesiologie der Berliner Charité überwiesen. Hier soll ihm nach einer entsprechenden Diagnostik evtl. operativ geholfen werden. Falls das nicht gelingen würde, gäbe es die Möglichkeit, symptom-gezielt medikamentös zu behandeln. Er hat auch Halluzinationen, die mit Neuroleptika therapiert werden können. Gegen seine Ängste (immer wieder etwas falsch zu machen, ...) würde es andere Medikamente geben.
Hier wurde der Fall nicht therapiebegleitend weiter verfolgt.
Es wurde auch eine 72-jährige Patientin vor und nach der 5-oder 8-stündigen schweren Herz-OP gezeigt, die keinerlei geistige Defizite aufwies.
Schlussfolgerungen eines Anästhesiologen lauteten:
- Man müsse der
voroperativen Testung der Gehirnleistung mehr Bedeutung zumessen, um einen Vergleich mit dem Zustand nach einer längeren Narkose feststellen bzw. sogar messen zu können.
Ich finde das sehr wichtig. Ich selbst wurde nach meiner ersten HT-OP gut ein halbes Jahr danach getestet und mir wurden überdurchschnittliche mathematische Fähigkeiten bescheinigt. Das sagte mir gar nichts, denn einerseits gab es keinen voroperativen Test und andererseits sollte ich als Mathelehrer besser mit Mathe klarkommen als der Durchschnitt. (Das ist jetzt nicht überheblich gemeint.) Die testende Neurologin empfand mich auch als heiterer als den Durchschnitt, sie kannte mich aber gar nicht zuvor. - Man könne bei längeren OP
die Narkose begleitend mit einem EEG überwachen, um durch die angepasste Gabe der Narkotika eine solche Schlafphase beizubehalten, die am wenigsten Stress für das Gehirn des Patienten erzeugt. Dadurch ließe sich der Narkosemittelverbrauch im Interesse des Patienten senken.
Bis jetzt verlässt sich der Narkosearzt auf die Überwachung der körperlichen Funktionen (Blutdruck, Sauerstoffgehalt, Herzfrequenz, ...) und schätzt die Schlaftiefe nach Augenschein ein. Lediglich das Körpergewicht wird als Maß für die Dosierung der Narkotika genutzt.
Mir wird jetzt auch klar, warum mir ein Arzt (Gyn) vor einer HT-OP einmal sagte, dass jede Narkose ... (Ich erinnere mich nicht so genau.) ... zu viel sei oder Schäden anrichten könne, die sich summieren. In der Vorbesprechung mit dem Anästhesiologen hatte ich dann danach gefragt, aber der junge Mediziner hatte davon nocht nichts gehört. Auch deswegen fand ich diese TV-Sendung vom Thema her sehr interessant. Leider fand ich unter www.daserste.de nicht den Film-Beitrag, sondern nur eine Zusammenfassung als Text: http://www.daserste.de/information/reportage-dokumentation/dokus/sendung/ndr/2012/exclusiv-im-ersten-risiko-narkose-wenn-das-gehirn-leidet-100.html Deshalb habe ich versucht, das Wesentliche zusammenzufassen.*
Delir: Demenzähnliche Symptome treten plötzlich bzw. innerhalb kurzer Zeit auf und dauern oft nur Stunden oder Tage bis Wochen. Eine Demenz beginnt langsam, schleichend und dauert Jahre.
Meine Symptome beschreibe ich für mich mitunter als Demenz-Erscheinungen, gehe aber (fast gar) nicht davon aus, dass es eine beginnende Demenz ist. Dazu fehlen die familiäre Vorbelastung und das Alter. Ich denke schon, dass es sich um Folgen der HT-OP und der Bestrahlungen handelt. Vor meiner ersten Bestrahlung war ich auch darauf hingewiesen worden. Und dass Kopf-OP solche Folgen haben können, wundert mich nicht.
Als ich das andeutete, sagte mein (wirklich hochrangiger) Neurochirurg aber, ich wäre ja auch schon über 50 und da käme es eben dazu, dass man manchmal Dinge vergisst und so etwas beginne immer plötzlich. Da das im Gespräch mit einem NC weniger wichtig ist, ging ich nicht weiter darauf ein. Die Strahlentherapeutin war daran interessiert, meinte aber auch, dass nur ein Teil der Einschränkungen von der Bestrahlung käme. Für den „Rest“ nutze ich Neurologin, Psychotherapeut, mein Kampf-Gen und mein Stehaufmännchen-Syndrom.
KaSy