HirnTumor-Forum

Autor Thema: *** Vater 45 Jahre alt, Diagnose Glioblastom IV--Vorstellung Janna ( Angehörige)  (Gelesen 7500 mal)

Offline Janna

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Hallo Ihr Lieben,

schon seit ein paar Monaten lese ich mich durch dieses Forum durch. Lese viele gute und schlechte Geschichten der Angehörigen, viele ermunternde und traurige Kommentare. Habe lange überlegt, ob ich meine bzw. unsere auch hier rein schreibe. Ich denke jetzt ist der richtige Zeitpunkt gekommen, da wir nicht mehr weiter wissen und langsam wirklich verzweifelt sind. Ich hoffe Ihr habt viel Zeit mitgebracht.

Ich heiße Jana und bin 22 Jahre alt. Im September diesen Jahres hat unsere Familie erfahren, dass mein Vater einen Glioblastom WHO IV hat.
Vorher hat natürlich keiner von uns gemerkt, dass mit meinem Vater etwas nicht stimmt. Erst als er sich seit ca. 2-3 Tagen so schwach gefüllt hat und so früh schlafen ging, was für ihn sehr untypisch war, hat ihn meine Mutter drauf angesprochen, ob er doch nicht mal zu einem Arzt gehen will.

Das Problem ist wir haben uns da noch nicht sehr viel gedacht. Was mir eigentlich sehr peinlich ist und ich hier zugeben muss, mein Vater war schon seit ca 20 Jahren ein Trinker gewesen. Die ganzen Jahre hat er am Wochenende, meist am Freitag nachmittag beginnend bis Sonntag Alkohol getrunken und das ohne Ende. Er hat meine Mutter so wie meinen 7 Jahre jüngeren Bruder und mich psychisch sehr stark belastet bzw. kaputt gemacht. Es gab auch Zeiten wo er mal nichts getrunken hat, da war unsere Familie ganz normal, wir hatten keine Probleme, dies war jedoch alles von kurzer dauer. Eigentlich ist unser Vater ein guter Mensch, er hat alles Beste für uns Kinder getan. Als jedoch er dann nur ein kleines Gläschen Alkohol zu sich genommen hat, war er gleich ein anderer, als ob er zwei Persönlichkeiten hätte. Ab da konnte er nicht mehr aufhören, er hat immer mehr getrunken, hat vor meiner Mutter Flaschen versteckt, hat sie beleidigt und erniedrigt.

Wir haben sehr oft versucht, dagegen anzukämpfen. Haben versucht mit ihm zu reden, meine Mutter und meine Oma habens mit verschiedensten Tabletten und Mitteln versucht, aber es hat nie geholfen. Wir haben uns aber nie an eine Hilfseinrichtung gewendet oder an einen Arzt. Meine Mutter hatte immer Angst davor. Immer hin haben wir auch schon mal viele Aktionen von meinem Vater mitbekommen, als er sich besoffen ins Auto setzte und weggefahren war oder das eine mal wollte er von einem unserer Balkone aus dem 3ten Stock springen, wovon ihn meine Mutter noch mit viel Glück hindern konnte. Es ist hier auf jeden Fall wie ein Teufelskreis. Der Vater meiner Mutter hat getrunken, der Vater meines Vaters, im Grunde genommen sag ich mal so wie fast alle russischen Männer. Meine Mutter wollte sich schon mehr mals von ihm trennen, aber es kam nie dazu, da sie zu viel Angst hatte und sie keinen hatte an den sie sich wenden konnte. Wir haben keine Verwandten in der nähe, die uns Hilfe leisten würden.

Bevor es ihm dann im September so schlecht ging,hatte er natürlich am Wochenende davor wieder so viel getrunken. Wir haben gedacht es wären die Folgen danach gewesen. Die nächsten zwei Tage ist mein Vater noch zur Arbeit gegangen, hat sich nicht getraut an einen Arzt zu wenden. Er war es noch nie gewohnt sich krank zu melden, er war eigentlich immer ein Arbeitstier gewesen. Am dritten Arbeitstag ist ihm bei der Arbeit sehr schlecht geworden, er hat irgendwie ausgesetzt, als er mit dem Gabelstapler durch die Halle unterwegs war. Die Arbeitskollegen meinten, dass er kurze Zeit nicht ansprechbar war! Nach einem ganzen hin und her wurde er von seinen Kollegen, in die Notaufnahme gebracht. Nach den ganzen Untersuchungen hat sich die Diagnose Hirntumor ergeben. Wir waren natürlich sehr schockiert gewesen!

Ein paar Tage später hat mein Vater Cortison bekommen und wir haben auf einen OP Termin gewartet. Er wurde sogar übers Wochenende nach Hause entlassen, wovor meine Mutter und ich sehr viel Angst hatten, da wir gedacht haben, dass er wieder an zu trinken anfängt. Wir hatten uns aber in diesem Moment getäuscht. Es war alles gut ergangen. Wir haben die ganze Zeit versucht ihn zu unterstützen mit ihm zu reden, um ihm die Angst zu nehmen, ihm zu sagen, dass wir für ihn da sind, dass wir das alles zusammen durchstehen werden. Paar Tage später war dann die OP, es war alles gut verlaufen, der Tumor wurde komplett entfern, so die Ärzte. Einige Tage später durfte Mein Vater auch schon nach Hause. Zuerst hatte er kleine Probleme mit der linken Körperhälfte, dies hat sich aber nach paar Wochen sehr gebessert. Seit dem er zu Hause war, standen Spaziergänge und gesundere Ernährung an der Tagesspitze. Normaler Weise bin ich nur am Wochenende zu Hause gewesen, da ich bei der Bundeswehr bin und mein Standort 80 km von zu Hause ist. Die Entfernung habe ich in Kauf genommen, seit dem fahre ich jeden Tag nach Hause, um ihm und meiner Mutter an der Seite zu stehen. Das ganze Spritt-Geld ist mir egal, hauptsache es geht meinen Eltern und meinem Bruder gut. Das die ganzen Familienangehörigen um meinen Vater waren, hat ihn selbst sehr gefreut. In dieser Zeit nahm er kein Tropfen Alkohol zu sich.

Mittlerweile hat mein Vater eine 6 Wöchige Strahlentherapie und Chemo durch. Er hat beides sehr gut vertragen. Nur die Haare hat er leider verloren und trägt deswegen seit ein Paar Wochen eine Glatze.

Letzte Woche waren wir bei dem MRT gewesen. Der Arzt hat nicht besonders glücklich ausgesehen, als er an der Stelle wo der Tumor entfernt wurde, eine kleine weiße Linie gesehen hatte. Der Arzt sagte, dass es noch zu früh ist etwas zu behaupten. Er will noch nicht sagen, dass der Tumor wieder anzuwachsen anfängt. Wir machen uns da natürlich sehr viel Sorgen. Nach Silvester soll es mit Chemotherapie weiter gehen (5 Tage Temodal; 23 Tage Pause). Beim Gespräch kam, dann auch die Frage wegen dem Alkohol. Da es ja Weihnachten ist, hat mein Vater gefragt ob er nicht mal in geringen Mengen Alkohol "genießen" könnte. Meine Mutter und ich wussten da irgendwie schon im Unterbewusstsein wohin das ganze führen könnte. Der Arzt hat es im Grunde genommen erlaubt.
Es ist kein weiterer Tag vergangen, da hat mein Vater zu der Flasche gegriffen. Er hat letzte Woche zwei Tage durch getrunken. Diese Woche : Gestern angefangen bis heute Abend. Es sind auch keine kleinen Mengen! Da sind schon 3 Falschen Sekt drin gewesen (damit die Ausmaße klar wird). :( Bald ist Silvester!

Es bringt nichts, wenn wir mit ihm sprechen. Er grenzt sich komplett von uns ab. Wir sind traurig und sauer zu gleich, da wir für ihn so viel Zeit und Mühe investieren. Wir erkundigen uns so viel wie Möglich, waren sogar im November in Berlin auf dem Informationstag gewesen. Meine Mutter ist sehr überfordert mit der Situation. Uns ist ständig nach Heulen zu Mute. Wir sind langsam wie ausgesaugt. :( Wenn wir ihn auf eine Therapie ansprechen, denn es ist anscheinend SUCHT bei ihm, wird er sauer, wir haben Angst, dass er sich was antut. Meine Idee wäre mit seinem Neurochirurgen bzw. seinem zuständigen Arzt zu sprechen. Ihm das alles zu erklären, vielleicht hätte er eine Idee.
Wie es ausschaut, machen wir uns um de Gesundheit meines Vaters mehr Sorgen als er das selbst tut. :(

Jetzt habe ich mich hier etwas ausgesprochen. Das hat gut getan.
Danke euch für das "Zuhören"!!!

LG

Jana
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« Letzte Änderung: 26. Dezember 2012, 09:55:38 von fips2 »
Carpe Diem!

Offline Eva

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Liebe Jana,

willkommen im Forum auch wenn der Anlass sehr bescheiden ist. Du hast viel Mut bewiesen, die Geschichte Deines Vater hier zu schreiben. Es würde wirklich schon reichen, dass Dein Vater ein Glioblastom hat. Und dazu kommt die Alkoholabhängigkeit,  die behandelt werden müsste und zwar von ärztlicher Seite. Deine Mutter und Deine Oma meinen es gut, aber gegen so eine Sucht sind sie machtlos.

Dein Vater braucht ein gutes Immunsystem um gegen die Krankheit zu kämpfen und genau das schädigt er durch den Alkohol. Redet mit dem Arzt, damit er weiß, um welche Mengen es geht und ob er was (Therapie) vorschlagen kann. Ich schicke Dir ein großes Paket Kraft und liebe Grüße

Eva
« Letzte Änderung: 26. Dezember 2012, 09:56:15 von fips2 »
Der Gesunde weiß nicht, wie reich er ist.

Vergiss die Frage, was das Morgen bringen wird, und zähle jeden Tag, den das Schicksal dir gönnt, zu deinem Gewinn dazu.                                                                Horaz

Mein Erfahrungsbericht: http://www.langzeitueberlebende-glioblastom.de

Offline polomausy

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Hallo Janna

Herrzlich wilkommen im Forum auch wenn der Anlass nicht schön ist.

Hier bist du schon mal richtig da viele betroffene und auch angehörige hier sind die einen Mut zu sprechen.
Eva, Ivanna, schwede machen einen viel Mut die tragen die Krankheit schon einige Jahre mit sich.
Muss immer wieder danke an sie sagen.

Das dein papa dazu noch alkoholiker ist macht die sache nicht einfacher weil ein Glio e  schon last genug ist.

Bei mir ist meine mama betroffen bin auch erst 22.
Bei uns lief auch nichts planmäsig ab. Die diagnose kam im september.
Dann bestrahlung und Cemo da der tumor inoperabel ist.
Dann lungenpilz und sepsis jetzt seit 1 1/2 wochen intensiv  wegen der Sepsis.
Tumor während dee tehrapie geschrupft nur man kann nicht weiter machen da das imunsystem total im keller ist.
Leukozyten bei 3000 und steigen sehr langsam.
Naja abwarten ich hoffe sie erholt sich schnell wieder das die therapie weiter gehen kann.

Umd dir wünsch ich weiterhin viel kraft die brauchen wir.
« Letzte Änderung: 26. Dezember 2012, 09:56:40 von fips2 »

Offline HeikeD

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Liebe Jana,

begrüsst wurdest du hier schon.

Der Anlass hier zu sein ist ein sehr bescheidener und ich finde wie ihr als Familie damit umgeht ist doch schon mal gut!

Die Alkoholabhängigkeit deines Vaters ist natürlich gar nicht gut, sowieso nicht und mit Hirntumor schon überhaupt nicht.

Vielleicht hat er Angst? Einfach nur Angst vor dem was kommen mag? Der Alkohol betäubt und macht in dem Moment einiges einfacher - denken sich die Alkoholiker. Dem ist natürlich nicht so, aber es ist eine Flucht, sieh es mal von der Seite. Wenn die Ärzte ihm offen gesagt haben wie es um ihn steht, wird er eine schreckliche Angst haben vor dem was kommt, vor dem Tod, vor Schmerzen usw. usw.

An deiner Stelle (da würde ich mir auch nicht reinreden lassen - auch nicht von deiner Mutter), würde den behandelnden Arzt (Onkologe oder Strahlentherapie) über die Alkoholsucht und die damit verbundenen Ausschreitungen der letzten Tage informieren.

Ich kann mir nicht vorstellen, dass der Alkohol und die Chemo sich gut vertragen.

Ganz ehrlich, ihr müsst da irgendwie handeln, wenn er den Alkohol nicht lässt!

Ich wünsche dir ganz viel Kraft für diese schwere Zeit!

Die Sorge macht einen fast verrückt, du bist mit diesen Gefühlen nicht alleine.

LG
Heike
« Letzte Änderung: 26. Dezember 2012, 09:57:00 von fips2 »
Von Zeit zu Zeit musst du lernen zu fliegen, wie Piloten im Nebel. Vertraue blind der Führung eines anderen. Hab Geduld, hab viel Geduld auch mit dir selbst.
Phil Bosmans

Offline Iwana

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Hallo Jana
Ihr müsst mit den Aerzten über das Alkoholproblem deines Vaters sprechen, wahrscheinlich werden sie es schon vermuten da sich seine Alkoholekszesse sicher auch im Blutbild (Leberwerte) zeigen. Aber in Kombination mit der Chemotherapie kann das sicher auch lebensbedrohend werden. Vorallem wird er ja nicht mehr arbeiten können, also wird seine Zeit zu Hause ohne Arbeitsstruktur und somit die Zeit ohne Alkohol weniger. Ich würde euch als ganze Familie, deiner Mutter, dir zu einer psychologischen Therapie raten, zumindest mal die Fühler ausstrecken um eine Anlaufstelle zu haben ist immer gut.

Bist du bei den Arztgesprächen dabei oder will dies dein Vater nicht? Wer wagt das Thema auf den Tisch zu bringen ist die Frage?

Du steckst da in einer ganz komplexen und schwierigen Situation.
Gruss Iwana

Offline Bea

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Hallo Jana,

meinen Vorrednern kann ich mich prinzipiell nur anschließen.

Was aber auch wichtig ist: Ihr tragt nicht die Verantwortung für den Alkoholkonsum und es ist nach meinem Wissen Angehörigen und Freunden nicht möglich, alleine die Hilfe zu leisten, die der "Abhängige" benötigen würde um von seiner Erkrankung los zu kommen. Irgendwie ist man dann auch Co-Abhängiger.

Von meiner Chemo weiß ich, dass Alkohol nicht erlaubt war.
Sicher spricht man dabei nicht von dem Schlückchen, welches man an Silvester zumn Anstoßen zu sich nimmt.

Abschließend kann ich Dich nur bestärken den Arzt zu informieren. Das kann auch ohne das Wissen Deines Vaters passieren.

Ich wünsche Euch alles erdenklich Gute; ganz viel Kraft und den größtmöglichen Erfolg für die Therapie und deren Verlauf.

LG,
Bea

Offline Janna

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Hallo Ihr Lieben,

ich danke euch für die Unterstützung.

Wir haben noch mal versucht mit ihm zu reden, aber er streitet alles ab und sagt, dass er nur getrunken hat, weil es ihm danach im Moment war. Er sagt, dass er es nicht bald wieder tun würde (woran ich natürlich gar nicht glaube).

Ich habe gedacht, nach Silvester werde ich mit meiner Mutter seinen Arzt deswegen ansprechen. Vielleicht kann er uns wirklich einen Rat geben oder helfen.

Bei den Arztbesuchen bin ich natürlich immer mit dabei. Wir sind immer zu dritt: mein Vater, meine Mutter und ich. Dieses Thema würde ich aber gerne ohne meinen Vater ansprechen, weil vor seiner Reaktion sehr viel Angst habe. Ich seh da im Moment keinen anderen Ausweg.

LG

Jana
Carpe Diem!

Offline HeikeD

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Hallo Janna,

Es ist nicht ungewöhnlich, dass er alles abgestritten hat.

Vielleicht kannst du den Arzt vor eurem nächsten Termin einfach anrufen und ihm alles schildern? Dann kann er vielleicht von sich aus deinem Vater ins Gewissen reden, wenn er ihm sagt, dass Alkohol bei der Therapie verboten ist usw.

Ich wünsche dir viel Kraft!

Lg
Heike
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Phil Bosmans

 



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