HirnTumor-Forum

Autor Thema: Vitamine von Dr. Rath  (Gelesen 13821 mal)

Ulrich

  • Gast
Vitamine von Dr. Rath
« am: 26. Februar 2004, 11:09:37 »
Quelle: Krebs-Kompass News-Magazin

Zitat: >Österreichische Krebshilfe warnt vor Dr. Rath


05.02.2004 - 00:54 Derzeit tourt der Arzt Matthias Rath durch den deutschen Sprachraum, um die Neuauflage seines Buches "Warum kennen Tiere keinen Herzinfarkt" sowie seine Mikronährstoff-Präparate zu promoten. Am 2.2.2004 machte er Station in der Wiener Hofburg. Sein Motto lautete: "Vitamintherapien statt teurer Gesundheitsreform". Der Verein für Konsumenteninformation (VKI) hat Dr. Rath's Präparate bereits vor einiger Zeit unter die Lupe genommen und warnt: In vielen Produkten sind einzelne Nährstoffe in einer bedenklich hohen Dosierung enthalten, eine Selbstmedikation ohne ärztliche Kontrolle kann zu körperlichen Schäden führen. Und: Matthias Rath verspricht mit seinen Vitaminpräparaten Schutz sowie eine natürliche Heilung von Krebs, Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder Alzheimer. Wissenschaftliche Belege bleibt er jedoch schuldig.

Der VKI, die Österreichische Krebshilfe und die Österreichische Kinder-Krebs-Hilfe distanzieren sich mit aller Deutlichkeit von den Aussagen von Dr. Rath, denn seine Aussagen suggerieren die Notwendigkeit der Einnahme seiner empfohlenen Vitamin- und Mineralstoffpräparate, um nicht zu erkranken. So behauptet der Mediziner, Herz-Kreislauf-Erkrankungen sind keine echten Krankheiten, sondern die zwangsläufige Folge eines Mangels an Vitaminen und anderer Biostoffe. VKI-Ernährungswissenschafterin Birgit Beck stellt dazu fest: "Wissenschaftliche Belege für die Wirkung hinsichtlich der therapeutischen Anwendungsgebiete Schlaganfall, Herzinfarkt bzw. Ateriosklerose liegen nicht vor." Vitamine können zwar ein gewisse vorbeugende Wirkung hinsichtlich Schäden an Blutgefäßen haben, aber die VKI-Expertin warnt: "Eine sonst ungesunde Lebensweise kann durch in Form von Nahrungsergänzungsmittel aufgenommen Vitamine nicht kompensiert werden."
In Deutschland - und nun auch in Österreich - heizt Matthias Rath auf Flugblättern die Stimmung gegen die Schulmedizin an und prangert die Ärzte als Verbrecher an. Dabei schreckt der Mediziner auch nicht davor zurück, einen achtjährigen Krebspatienten in seine Propaganda miteinzubeziehen. Der kleine Junge muss auf diesen Flugblättern als Beweismittel für die Wirkung der Vitaminpräparate herhalten. Belege für die Heilung des Jungen fehlen allerdings bislang.
Dem Arzt Mathias Rath zufolge schützen Vitamine, teilweise in hoher Dosierung, und weitere Nahrungsergänzungsmittel vor Krebs. Die von ihm verkauften teuren Präparate sollen zudem in der Lage sein, Krebserkrankungen zu heilen. Die zugrunde liegenden Annahmen wurden jedoch nie ausreichend wissenschaftlich überprüft. Aufgrund des bisherigen Wissenstandes ist eine krebsvorbeugende oder krebsheilende Wirkung für keines der Präparate be-/erwiesen.
"Die von Dr. Rath angepriesenen 'bahnbrechenden'Forschungsergebnisse beziehen sich lediglich auf Untersuchungen mit Krebszellen im Labor", so Univ.Prof.Dr. Michael Micksche, Krebsforscher und Vorstandsmitglied der Österreichischen Krebshilfe. "Diese Ergebnisse aus dem Laborversuch geben keinerlei gültigen Hinweis, geschweige denn Anlass, eine Methode direkt auf den Patienten/Gesunden zu übertragen und es gibt keine klinischen Studien, die diese Schlüsse erlauben würden", so Micksche. "Dass ein Arzt das Leiden eines achtjährigen Burschen mit Osteosarkom in den Vordergrund einer Geschäfts-Kampagne für den Verkauf von Präparaten rückt, ist schwer nachzuvollziehen und unverzeihlich", so Micksche. "Wird doch damit auch Hoffnung auf Heilung von tausenden Krebspatienten geweckt."
Die gekonnt vorgetragene und geschriebene Basis dieser Zellular-Medizin ist leicht zu verstehen und Zuhörer/Leser können daraus auch ableiten, dass es sich um keinen, bzw je nach Interpretation, einen Widerspruch zu den derzeit gängigen therapeutischen Ansätzen der sogenannten Schulmedizin handelt. Wenn es sich schon um eine "neue Medizin" handelt, dann sollten diese Präparate auch - entsprechend der Richtlinien unseres Rechtsstaates - einem Zulassungsverfahren für Arzneimittel unterzogen werden.
Wer Anerkennung mit neuen "Heilmethoden" haben will, sollte auch die Spielregeln beachten und die Richtlinien zur Prüfung von neuen Wirkstoffen - wie sie vom Gesetzgeber vorgegeben sind - einhalten.
In Österreich sind Dr. Rath's Präparate als Arzneimittel nicht zugelassen und daher auch nicht verkehrsfähig. Offizielle Prüfungen hinsichtlich Nebenwirkungen und gesundheitlicher Risiken fehlen. Aufgrund der hohen Dosierung und Einnahme-Empfehlungen fallen Dr. Rath's Produkte jedoch unter das Arzneimittelgesetz. Aussagen, die sich auf die Beseitigung, Linderung oder Verhütung von Krankheiten beziehen, sind im Verkehr mit Lebensmitteln unzulässig und ausschließlich Arzneimitteln vorbehalten. Dr. Rath's Werbeversprechen gelten demnach als irreführend, so der VKI.<

Ulrich

  • Gast
Re:Warnung vor Dr. Rath
« Antwort #1 am: 11. November 2004, 16:01:57 »
Der neunjährige Knabe, den der Arzt Matthias Rath für seine Propaganda, mit hochdosierten Vitaminpräparaten Krebs und andere schwere Krankheiten heilen zu können, als Vorzeigepatient benutzte, ist tot.

Neue Zürcher Zeitung vom 11.10.2004

juergen

  • Gast
Re:Warnung vor Dr. Rath
« Antwort #2 am: 13. November 2004, 16:28:15 »
Zitat aus der Neuen Zürcher Zeitung vom 12.11.2004

>Die Geschäfte des Dr. Rath
Der neunjährige Dominik F. starb an Krebs. Zuletzt wurde er mit den alternativen Methoden des Dr. Rath behandelt. Seine Kritiker werfen dem Mediziner vor, er stehe für ein System mit hohem Profit und sektenartigem Charakter

Kein Zweifel - der Mann ist tatsächlich Mediziner, und den Dr. vor seinem Namen hat er rechtmäßig an einer deutschen Universität erworben. Die wissenschaftlichen Weihen hat er also. Aber was nach der Promotion kam, scheint jeder Wissenschaft hohn zu sprechen.


Die Rede ist von Dr. Matthias Rath, dessen zweifelhafter Ruhm derzeit wieder die Medien umtreibt. Anlaß ist der Tod des neunjährigen Dominik Feld aus Steinebach, einem Ort im Westerwald. Der Junge war vor gut zwei Jahren an Knochenkrebs erkrankt.


Zunächst wird er schulmedizinisch behandelt: Metastasen in der Lunge werden operativ entfernt, er erhält eine Chemotherapie. Dann stoppen die Eltern die medikamentöse Therapie und beginnen, den Jungen mit einer Mikro-Nährstoffkombination zu behandeln, die zusammengefaßt als die Vitaminpräparate des Dr. Rath bekannt sind. Die Eltern bringen den Jungen im September dieses Jahres schließlich in eine Klinik im mexikanischen Tijuana, die nach Dr. Raths Methoden behandelt. Dort stirbt der Junge schließlich. Der Leichnam ruht nun, nach der Rückführung nach Deutschland, in der Gerichtsmedizin. Eine Obduktion soll die Todesursache aufdecken und die Schuldverhältnisse klären.


Schulmediziner sind sich einig: Der Junge könnte noch leben. Zwar vermöge die konventionelle Krebstherapie das Überleben eines Patienten in einem derart gelagerten Fall keineswegs zu garantieren, doch ohne sie habe er keine Chance gehabt.


Stattdessen also die Vitaminpräparate des Dr. Rath gegen den Krebs. Daß Vitamine gesund sind, wird von der Schulmedizin nicht in Abrede gestellt. Doch eher zur Vorbeugung - und wenn schon zu therapeutischen Zwecken, dann allenfalls ergänzend und keinesfalls als Ersatz einer konventionellen Krebsbehandlung. Doch Dr. Rath propagiert seit Jahren mit Eifer seine hoch dosierten Präparate gegen Herztod, Krebs und Diabetes. Zunächst studiert und promoviert er am Hamburger Uniklinikum Eppendorf und hat ein kurzes Zwischenspiel am Deutschen Herzzentrum Berlin.


In Kontakt mit der fixen Idee, der Therapie durch Vitamine, kommt Rath dann in den USA. Dort lernt er Linus Pauling kennen. Der Wissenschaftler ist einer der wenigen, die zweimal einen Nobelpreis erhalten. Den ersten im Jahr 1954 für seine Forschungen zur chemischen Bindung. Der zweite ist der Friedensnobelpreis im Jahr 1962 für seine Bemühungen um die atomare Abrüstung.


Doch nach der ersten Auszeichnung driftet Pauling ins wissenschaftliche Abseits. Er entwickelt eine umfassende Gesundheitstheorie und propagiert hochdosierte Vitamine als universelle Medizin gegen allerlei Krankheiten. Der Mann ist berühmt und mit den höchsten wissenschaftlichen Meriten prämiert. Man hört auf ihn - mögen seine medizinischen Aussagen auch immer fragwürdiger werden.


Rath wird kurze Zeit Paulings Mitarbeiter und beschreitet nach dessen Krebstod im Jahr 1994 weiter dessen Weg der Vitaminmedizin - und sieht sich als einer, der das Werk des Genius fortführt. Einige Mineralien und Aminosäuren nimmt er noch in den Kanon der heilenden Substanzen auf. Mit ihnen sei allen wichtigen Krankheiten beizukommen, so seine Botschaft.


Gefäßverengungen, Herzschwäche, Schlaganfall und eben Krebs: Alles eine Folge des Mangels an Vitaminen, Mineralien "und anderen Biokatalysatoren". Rath nimmt für sich in Anspruch, wissenschaftliche Studien durchgeführt zu haben, und begründet die sogenannte Zellular-Medizin als vorgeblich neue Heilrichtung. Doch die Studien wurden an Zellkulturen durchgeführt, eine Aussage zur Wirkung bei Menschen lassen sie nicht zu. Eine einzelne Studie mit Patienten wird von Experten des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte als nicht stichhaltig bewertet.

Doch das ficht Rath und die Menschen, die sich nach seiner Vitaminmedizin behandeln oder mit ihr vorbeugen wollen, nicht an. Denn was die etablierte Wissenschaft sagt, spielt gar keine Rolle. Das System Rath funktioniert anders. Im System Rath agieren nicht nüchtern handelnde Therapeuten und Patienten. Im System Rath agieren ein Held und seine Anhänger. Rath stilisiert sich als Vorkämpfer einer innovativen und zugleich natürlichen wie hochwirksamen Therapierichtung. Er gibt auch den Kämpfer für Patientenrechte und gegen die Kontrolle und Bevormundung der Patienten durch dunkle Mächte. Zu diesen Mächten gehören nach seiner Vorstellung Pharmafirmen, die mit ihren Produkten weiter wie gehabt Geld scheffeln wollen, obwohl es doch wirksamere und nebenwirkungsfreie Alternativen gebe. Dazu gehören auch die Bundesregierung, Behörden sowie internationale Organisationen.


Ein Beispiel ist der sogenannte Codex Alimentarius. Diese 1962 gegründete Kommission der Vereinten Nationen erarbeitet internationale Lebensmittelstandards zum Schutz der Verbraucher. Sie hat heute Vertreter aus 165 Mitgliedsländern. Anläßlich einer Tagung vor wenigen Jahren in Berlin wetterte Rath gegen die Kommission. Er beschuldigte sie, Gesetze vorzubereiten, die die Menschen behindern, Vitaminpräparate zu erwerben und sich frei Informationen zu Naturtherapien zu beschaffen. Gesteuert sei dies alles vom "Pharma-Kartell".


Pharmafirmen haben in der Bevölkerung bekanntermaßen kein allzu gutes Image. Gerade deshalb bieten sie sich als Idealfeind Nr. 1 an. Sie sind die "böse" Industrie, die wider besseres Wissen heilende Naturstoffe verdrängt und durch mit schädliche Chemie-Produkte ersetzen will. Alles, um rücksichtslos Geld zu scheffeln. Doch gerade das fällt auf Rath zurück. Denn Dr. Rath ist nicht nur Mediziner. Er steht für einen florierenden Konzern aus einem Versandhandel, einer Stiftung, einem Forschungsinstitut, einem Verlag, einem Restaurant und einer Fortbildungsakademie. Von holländischem Boden aus vertreibt er seine teuren, hoch dosierten Vitaminpräparate - hierzulande sind solche Produkte verboten. Eine Fortbildungsakademie in Wittenberg (Sachsen-Anhalt) bildet für 1400 Euro zum "Berater für Zellular-Medizin" aus. Diese Berater sollen dann die Produkte aus dem Haus Rath vermarkten. Zusätzlich verbreitet Rath seine Ideen und Marketingkonzepte auf populäre Weise in Vortragsreisen, die auf riesigen Plakaten angekündigt werden.


Und die Anhängerschaft ist zahlreich, sie sichert gute Umsätze und Gewinne. Daß nicht nur hinter dem "Pharma-Kartell" merkantile Interessen stecken, sondern auch hinter dem "Konzern Rath", scheint die Besucher seiner Veranstaltungen und Käufer seiner Produkte nicht zu irritieren. Wer jemals einen seiner Vorträge mit innerer Distanz besucht hat, kommt nicht umhin, dem System Rath Sektencharakter zu bescheinigen. Der Guru tritt auf, die Fans hängen an seinen Lippen und quittieren jede von ihm in Szene gesetzte "Weisheit" willig mit Beifall oder dessen Enthüllungen über das Kartell mit Wutäußerungen.


Das System Rath ist geschickt aufgebaut und ruht auf mehreren Säulen: auf den Animositäten gegen Pharma-Industrie und Behörden, auf Verschwörungstheorien, auf den Zweifeln an der Schulmedizin mit ihren Nebenwirkungen, der Hoffnung auf die Heilkraft der Natur sowie auf der Angst der Menschen vor Leiden und Tod.


Vermutlich wird auch der Tod von Dominik daran nichts ändern. Denn Schuld hat im System Rath nicht die erfolglose Vitaminmedizin, sondern die Schulmedizin, die dem Jungen zuvor mit einer Chemotherapie die Lebenskraft geraubt hatten. Dominiks Eltern glauben das vielleicht noch heute. <


Artikel erschienen am Fr, 12. November 2004 Neue Züricher Zeitung



Ulrich

  • Gast
Re:Warnung vor Dr. Rath
« Antwort #3 am: 23. November 2004, 08:44:51 »
Quelle: Stuttgarter Zeitung 23.11.04

Zitat: >Starke Zweifel an der heilenden Wirkung von Vitaminen gegen Krebs
 
Der Tod eines krebskranken Kindes und die Geschichte seiner umstrittenen Behandlung - Staatsanwaltschaft prüft Möglichkeit eines Ermittlungsverfahrens
 
Kürzlich ist der kleine Dominik aus dem rheinland-pfälzischen Steinebach in einer Klinik in Mexiko gestorben. Die Eltern hatten ihr Kind zuvor der schulmedizinischen Behandlung entzogen und es in die Hände des umstrittenen Mediziners Matthias Rath gegeben. Worum geht es?

Von Hartmut Wewetzer

Der neunjährige Dominik wurde seit September 2002 wegen fortgeschrittenen Knochenkrebses mit Operationen und Chemotherapie behandelt. Die Ärzte gaben ihm eine Überlebenschance von fast 50 Prozent, sofern die Behandlung fortgesetzt würde. Doch die Eltern hatten sich Matthias Rath mit seinen "Vitalstoff"-Präparaten zugewandt, einem Arzt, der von sich behauptet, mit Vitaminen und Mineralstoffen Krebs heilen zu können. Sie wollten die Therapie in der Uniklinik Münster abbrechen. Im April 2004 ging das Oberlandesgericht Koblenz nicht mehr von einem Heilerfolg aus, Dominik sollte seine letzten Monate bei seiner Familie verbringen.

Rath sah das anders. Er hatte den Jungen bereits Anfang des Jahres für seine Zwecke eingespannt und behauptete auf Plakaten mit Dominiks Foto: "Krebs ist heilbar. Natürlich." "Sein Leben ist bereits jetzt zu einem Symbol für eine neue Ära der Medizin geworden", stilisierte er den tragischen Fall hoch. Und er legte sich noch weiter fest. Im April 2004 "konnte Dominik als von seinem Krebsleiden geheilt bezeichnet werden", heißt es auf seiner Internetseite. Später muss das Kind wegen Hirnmetastasen des Tumors behandelt werden - Rath spricht dagegen von einem Bluterguss. Die von den Ärzten festgestellte Krebsgeschwulst in der Lunge deutet er ebenfalls als "riesigen Blutklumpen".

Wer aber ist Matthias Rath eigentlich? Die Geschichte beginnt mit Linus Pauling, einem berühmten Chemiker. Paulings Wort zählte in Amerika. Und so erregte er gewaltiges Aufsehen, als er 1968 mit einer Art universaler Gesundheitsformel an die Öffentlichkeit trat. Pauling glaubte, mit hohen Dosen von Vitaminen und Mineralstoffen etlichen Krankheiten vorbeugen oder diese sogar heilen zu können. Sein Buch über Vitamin C und Schnupfen wurde zum Bestseller. Er behauptete, dass die tägliche Einnahme von bis zu mehreren Gramm des Vitamins die Gefahr von Erkältungen drastisch verringern oder ihren Ausbruch verhindern könne. Millionen Amerikaner stürmten die Vitaminvorräte der Apotheken. 1979 spekulierte Pauling sogar, mit Vitamin C Krebs heilen zu können. Rath wurde Anfang der 90er Jahre für kurze Zeit Paulings Mitarbeiter. Schon 1992 trennten sich ihre Wege wieder. Pauling starb 1994 an Krebs, und Rath sieht sich heute als seinen Nachfolger.

Gefäßverkalkung, Herzinfarkt und Schlaganfall seien auf einen Mangel an Vitamin C in den Gefäßwänden zurückzuführen, behauptet Rath. Vitaminmangel sei auch die Hauptursache von Bluthochdruck, Herzpumpschwäche und weiteren Kreislaufleiden. Krebswachstum sei durch die Aminosäure Lysin und weitere natürliche Substanzen zu verhindern. Vitamin und andere "Bioenergie-Moleküle" würden Vorbeugung, Behandlung und "Ausmerzung" (Rath) der häufigsten Krankheiten ermöglichen.

Vitamine als Allheilmittel? Bei Medizinern und Ernährungsexperten stößt das auf Skepsis. Denn wissenschaftliche Untersuchungen konnten die Behauptungen nicht bestätigen. Zum Beispiel Vitamin C und Schnupfen: Linus Paulings Annahmen führten zu gewissenhaften Untersuchungen. Dabei ergaben 16 umfangreiche Studien, dass Vitamin C Erkältungen nicht verhindern und bestenfalls Symptome ein wenig mildern kann. Zum Beispiel Krebs: Die amerikanische Mayo-Klinik in Rochester überprüfte in drei Studien die Behauptung, dass große Mengen Vitamin C gegen Krebs helfen. Das Ergebnis fiel eindeutig negativ aus. Vitamin C schnitt nicht besser als ein Scheinmedikament ab. "Mit Vitaminen kann man Krebs nicht behandeln", fasst Jakob Linseisen vom Deutschen Krebsforschungszentrum in Heidelberg den Forschungsstand zusammen, "sondern allenfalls einen Mangel ausgleichen". Und bei der Krebsvorbeugung setzt Linseisen auf Obst und Gemüse, nicht auf Vitaminpillen.

Raths Behauptungen stehen also in Widerspruch zu dem, was bewiesen ist. Welche Belege führt er dagegen ins Feld? Raths Liste wissenschaftlicher Veröffentlichungen umfasst nur wenige Studien, die sich tatsächlich mit der Wirkung von Vitaminen oder Aminosäuren befassen. Meist sind es rein experimentelle Versuche an Zellkulturen. Sucht man nach Raths Veröffentlichungen in der medizinischen Datenbank Pubmed - sie verzeichnet 15 Millionen Publikationen aus dem Bereich der medizinischen Forschung -, so fällt das Ergebnis noch dünner aus. Die letzte Studie, an der Rath laut Pubmed beteiligt war, ist aus dem Jahr 1991 und stammt noch aus dem Labor der Biochemikerin Ulrike Beisiegel von der Uni Hamburg, bei der Rath nach seinem Examen promovierte.

Versuche an Patienten, die stichhaltig wären, kann Rath nicht vorweisen. Allerdings veröffentlichte er 1996 eine Untersuchung an 55 Patienten im "Journal of Applied Nutrition", einer von der Nahrungsmittelindustrie finanzierten Zeitschrift. Ergebnis der Studie laut Rath: durch Einnahme von Vitaminen, Mineralstoffen und Aminosäuren lasse sich das Fortschreiten von Gefäßverkalkung (Arteriosklerose) der Herzkranzgefäße verlangsamen. Eine unabhängige Bewertung der Studie ergab erhebliche Mängel: "Grundlegende Fehler in Planung und Auswertung . . . machen die Studie wertlos." Zu diesem Ergebnis kommt Christian Steffen vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte in Bonn. Die Studie sei nicht geeignet, die Behauptung zu stützen, dass eine Vitamin-Mineralstoff-Kombination aus dem Hause Rath namens Vitacor ein "Fortschreiten der Verkalkung der Herzkranzgefäße verlangsamen oder gar verhindern kann". Zu einem ähnlichen Urteil kommt die Krebsliga Schweiz: Es gebe "keinen Beweis dafür, dass die von Matthias Rath verkauften, teilweise hoch dosierten und teuren Präparate der Krebsvorbeugung dienen, geschweige eine Heilung bei Krebs bewirken". Auch der Nachweis der Unbedenklichkeit fehle; man rate deshalb von den Präparaten ab.

Und was ist mit den Patienten, die angeblich geheilt wurden und die Rath bei seinen Vorträgen und im Internet präsentiert? Die Aussagekraft solcher Einzelfälle ist stark begrenzt, kritisiert der Arzneimittelforscher Steffen. "Jeder Wunderheiler kann kurierte Patienten vorweisen - aber solche Fälle sind wissenschaftlich nicht stichhaltig, weil Suggestion und spontane Selbstheilung hier eine große Rolle spielen." Um solide Aussagen darüber zu bekommen, ob eine Heilmethode wirkt, muss eine größere Zahl von Patienten behandelt werden. Idealerweise bekommt eine gleich große Gruppe ein Scheinmedikament (Placebo). Wenn weder der Patient noch der Arzt weiß, wer das "echte" Mittel einnimmt, spricht man von einer "doppelblinden" Studie. Sie ermöglicht objektive Aussagen darüber, ob ein Medikament wirkt.

Erst wenn das echte Medikament deutlich besser abschneidet, liegt ein objektivierbarer Wirksamkeitsnachweis vor - und ein Anlass für die Behörden, ein neues Mittel zuzulassen. Solche Untersuchungen hat Rath aber nie vorgelegt. In Deutschland sind seine hoch dosierten Vitaminpräparate deshalb nicht zugelassen. Doch auch nach Dominiks Tod bleibt Rath dabei: Das Kind habe keinen Krebs mehr gehabt, sondern sei an einem "Bluterguss im Brustraum" gestorben.<
 
23.11.2004 - aktualisiert: 23.11.2004, 06:18 Uhr

 
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Original-Artikel:
http://www.stuttgarter-zeitung.de/stz/page/detail.php/835063


Ulrich

  • Gast
Re:Warnung vor Dr. Rath
« Antwort #4 am: 07. Januar 2005, 15:50:13 »
Quelle: Stuttgarter Zeitung 7.1.2005

Zitat: >Gutachten: Dominik an Krebs gestorben

Im Fall des vom umstrittenen Krebsarzt Matthias Rath bis zu seinem Tod behandelten neunjährigen Dominik hat ein Gutachten Krebs eindeutig als Todesursache erkannt. Das teilte die Staatsanwaltschaft am Donnerstag mit. Gleichzeitig hat die Untersuchung nach Angaben des Leitenden Oberstaatsanwalts Erich Jung die Behauptung Raths widerlegt, eine zuvor von Schulmedizinern vorgenommene Punktierung der Brust habe zu inneren Blutungen und letztlich zum Tod geführt. Der Fall des Jungen aus dem Westerwald hatte bundesweit Aufsehen erregt, weil Rath die Krebserkrankung nur mit Vitaminpräparaten behandelt und Dominik in seine Werbung einbezogen hatte. Die Staatsanwaltschaft gab laut Jung ein drittes Gutachten in Auftrag, um eventuelle Mitverantwortung von Beteiligten des Behandlungsstreits zu klären.<


Ulrich

  • Gast
Re:Warnung vor Dr. Rath
« Antwort #5 am: 20. Januar 2005, 20:59:18 »
Quelle. Neue Zürcher Zeitung vom 14.1.2005

Zitat: >Werbeeinschränkung für Dr. Rath

Der umstrittene Arzt Matthias Rath darf in Deutschland nicht mehr damit werben, dass die von ihm vertriebenen Produkte Krankheiten wie Krebs erfolgreich bekämpfen. Das hat das Berliner Kammergericht in einem Berufungsverfahren entschieden. Der Mediziner habe sich nicht ernsthaft darum bemüht, seine Produkte als Arzneimittel im Sinne des Arzneimittelgesetzes zuzulassen und ihre Wirksamkeit durch klinische Studien zu belegen, heisst es in derr Urteilsbegründung.<


Hier gibt es weitere kritische Stellungnahmen:

http://www.agpf.de/Rath.htm

http://www.swr.de/report/archiv/sendungen/041115/02/frames.html

http://www.quackwatch.org/11Ind/rath.html

http://www2.netdoktor.de/topic/rath_vitamine/lauftext.htm
« Letzte Änderung: 04. November 2008, 15:01:01 von Ulrich »

 



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