HirnTumor-Forum

Autor Thema: Vorstellung und Grüße Vorstellung 0622trapper (Angehöriger)  (Gelesen 9644 mal)

Offline 0622trapper

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Hi,

mein Vater hat seit April 2011 ein im Dezember rezidiviertes Glioblastom. Auch das Rezidiv ist operabel und er hat es von Bayern kommend in die Parvovirenstudie geschafft, es geht ihm die ganze Zeit gut, er hat keinerlei Symptome. Er ist einer der wenigen Menschen, die weiterhin äußert lebensbejahend sind, mit mir die letzten Monate ein Gartenhaus mit Fundament gebaut hat und auch sein mögliches Ableben mit dem Verweis auf sein schönes erfülltes langes Leben (62) zumindest nicht verflucht. Ich bin sehr glücklich darüber, weil man jetzt, zumindest für die nächsten Monate eine Perspektive hat.

Ich studiere zufällig in Heidelberg und meine Mutter (50) ist auch mitgekommen.
Leider hat Sie durch frühere Schicksalsschläge ein derartiges Angstgedächtnis entwickelt, dass Sie einfach nicht willens ist, sich überhaupt der Diagnose zu stellen und diese anzunehmen.

Seit dem Rezidiv ist Sie fast nicht mehr handlungsfähig und projeziert kontinuierlich irgendwelche Zukunfsperspektiven, die immer mit „was ist, wenn…“ beginnen.
Den Blick in die Ferne Zukunft gerichtet, ist sie dann, begleitet von Schlafproblemen unfähig die
Berühmten kleinen Dinge zu genießen, den Alltag zu leben.

Man muss dazu sagen, dass sie mit 14 ihre Schwester bei einem Verkehrsunfall verloren hat und deshalb sehr durch solche Erfahrungen der totalen Hilflosigkeit früh geprägt wurde und wegen dieser „erlenten Hilflosigkeit“ auch alle paar Jahre unter Depressionen litt.
Auch dazu sagen muss man, dass Ihr zu normalen Zeiten maximal ein Nebenjob von 10 h pro Woche ein Bisschen Tagesstruktur gab und sie ihre Perspektive des schönen Lebensabend mit ihrem Mann nun total gefährdet sieht.

Diese hat sie nun restlos verloren ist von Schlafmitteln zugedröhnt und wundert sich, wie der Rest unserer Familie so positiv sein kann.
Sie erklärt sich ihren Zustand mit „diesem Problem“ total vergessend, dass Ihre Reaktion spezifisch auch mit ihrer ERINNERTEN Stressreaktionen zu tun hat.

Ich schreibe in dieses tolle Forum, weil ich beeindruckt bin von den mutigen Schilderungen anderer Mitglieder, die trotz noch schlechterer Situation, dem Problem die Stirn bieten.

Ein paar aufmunternde Kommentare in Richtung meiner Mama wären toll, da sogar ich, der sich den ganzen Tag die klagen über die Krankheit an sich anhören muss, im Begriff bin, seine Positivität zu verlieren.
Im Übrigen wünsche ich Euch allen, den Betroffenen wie Angehörigen ein 2012 in dem ihr trotz GROßER Sorgen die Fähigkeit habt kleine Dinge zu sehen und kleine Schritte zu gehen.

Denn, ein schinesisches Sprichwort besagt:

Glück entsteht oft aus kleinen Dingen. Unglück entsteht oft aus Vernachlässigung kleiner Dinge.

Ein Liebervoller Gruß
Stefan
« Letzte Änderung: 11. Januar 2012, 12:31:23 von fips2 »

Offline Iwana

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Re:Vorstellung und Grüße Vorstellung 0622trapper (Angehöriger)
« Antwort #1 am: 11. Januar 2012, 13:13:56 »
Hallo Stefan
Du scheinst dir schon viele Gedanken gemacht zu haben. Klar ist, dass der Lebensplan deiner Mutter (mit deinem Vater an der Seite ihren Lebensabend zu verbringen) sicher akut gefährdet ist und sie somit um die Krise die die Erkrankung ausgelöst hat zu bewältigen müsste sie sich auf irgendeine Art verändern, ausser die Familie schafft es deinen Vater zu "kompensieren" was ich nicht für möglich halte.

Auch in meiner Familie ist es so, dass eher ich der Motor bin und mein Mann sich ziehen lässt und er auch depressive Züge entwickelte. Es gelang ihm aber sich gewisse Dinge aufzubauen in diesen 4 Jahren seit ich erkrankt bin. Dies betrifft vorallem Hobbies die doch sehr die Psychohygiene unterstützen. Und ihm auch noch neue Bekanntschaften ermöglicht haben.

Ich glaube jeder Mensch hat abhängige Anteile wo er sich lieber leiten lässt. Ihr könnt höchstens versuchen die anderen Anteile deiner Mutter zu suchen und zu unterstützen. Eine gute Psychotherapie ist sicher auch sinnvoll (wobei es nicht einfach ist eine solche zu finden...)

Mein Mann ging auch eine zeitlang in Therapie wobei nach einer gewissen Zeit auch ein Gespräch mit mir stattfand wo ich meinen Auftrag formulieren konnte, da er ja quasi von mir geschickt wurde. Waren gute Gespräche und ich denke es hat sicher etwas gebracht.

Unsere familiäre Ausgangslage ist auch immer wieder dass was mir vor Augen führt, dass es mich noch braucht und ich nicht aufgeben kann und will. Ev. hilft dies deinem Vater zusätzlich zu kämpfen!

Dies meine Gedanken, einfach so als Input.... Gruss Iwana

Offline 0622trapper

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Re:Vorstellung und Grüße Vorstellung 0622trapper (Angehöriger)
« Antwort #2 am: 11. Januar 2012, 20:29:59 »
Hi Iwana,

vielen Dank für die schnelle Antwort.
Wir haben nach deiner "Geschichte" gesucht, aber nichts gefunden, hast du die gleiche Erkrankung?

Gut hat mir dein Hinweis

"Dies betrifft vorallem Hobbies die doch sehr die Psychohygiene unterstützen"

gefallen. Zufällig schrei ich meine Mutter immer an, sie solle doch hygienisch "reden", sie kann es nicht, sie will die Diagnose nicht akzeptieren, beschwert sich, sie wäre jetzt 50, was sei das für ein Leben noch für ein Leben.

Nach dem Rezidiv ist sie in eine Art Stare gefallen, die sie während früherer Krisen antrainiert hat. Auch im Alltag wenn alles in Ordnung ist, war sie nie sehr belastbar.

Aber um mal positiv zu sein, habe ich mir folgendes vorgenommen die drei wochen hier in Heidelberg:

jeden Tag ein kaptitel von Eckart Tolles Buch "die Kraft der Gegenwart" zusammen durcharbeiten
jeden Tag ein Kapitel von "französisch in 30 Tagen" zusammen lernen,

das is doch schon mal was.

Und wenn wir ein Fahrrad gekauft haben, kann sie fahren und ich joggen, ansonsten würde einem die Zeit auf den Kopf fallen.

Liebe Grüße

Stefan

Offline Eva

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Re:Vorstellung und Grüße Vorstellung 0622trapper (Angehöriger)
« Antwort #3 am: 11. Januar 2012, 20:53:26 »
Liebe Stefan,

ich will Dir und vor allem Deiner Mutter mit meiner Geschichte etwas Mut machen. Seit 7,5 Jahren lebe ich mit der Diagnose Glioblastom und es geht mir sehr gut.  Ich lebe im Hier und Jetzt, genieße den geschenkten Tag und vermeide nach Möglichkeit Rückblicke oder Gedanken an die Zukunft.

Es freut mich, dass es Deinem Vater gut geht und er die richtige Einstellung hat. Bei Deiner Mutter habe ich das Gefühl, dass sie ihre Energie an der falschen Stelle verschwendet. Ich bin der Meinung, Sachen, die man nicht ändern kann, wie z. B. die Erkrankung, muss man akzeptieren und die gesparte Energie bei änderbaren Sachen einsetzen.

LG Eva
Der Gesunde weiß nicht, wie reich er ist.

Vergiss die Frage, was das Morgen bringen wird, und zähle jeden Tag, den das Schicksal dir gönnt, zu deinem Gewinn dazu.                                                                Horaz

Mein Erfahrungsbericht: http://www.langzeitueberlebende-glioblastom.de

Offline chucks

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Re:Vorstellung und Grüße Vorstellung 0622trapper (Angehöriger)
« Antwort #4 am: 11. Januar 2012, 21:13:46 »
Lieber Stefan,

willkommen im Forum! Ich hoffe, Ihr verbringt die Zeit in Heidelberg gut und Dein Vater verträgt die Parvoviren gut! Ich bin sehr interessiert an dieser Studie, wenn Du Informationen hierzu hast, wäre es toll, wenn Du sie hier weitergeben könntest.

Lieben Dank

Chucks

Meike

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Re:Vorstellung und Grüße Vorstellung 0622trapper (Angehöriger)
« Antwort #5 am: 12. Januar 2012, 08:46:26 »
Lieber Stefan,

soeben habe ich mich bei Dir rein gelesen. Es ist doch immer wieder erstaunlich, dass Angehörige oftmals viel mehr unter der Diagnose leiden, als die Betroffenen.
Ich selbst bin Krankenschwester, fachweitergebildet in den Bereichen Psychiatrie und
Gerontopsychiatrie. Bis zu meiner Diagnosestellung (Astrozytom Grad II, inoperabel)
arbeitete ich ambulant mit Depressiven, Suchtkranken, etc...
So wie es sich anhört, benötigt Deine Mutter dringend Hilfe.
Gibt es in dem Wohnort Deiner Eltern, so etwas wie Ambulante Psychiatrische Pflege?
Das heißt, eine qualifizierte Bezugsflegekraft würde Deine Mutter dabei unterstützen, wieder einen Lebenssinn zu finden, eine Tages- bzw Wochenstruktur zu erarbeiten.
Die Krankenversicherung übernimmt die Kosten für vier Monate und benötigt wird lediglich eine Verordnung vom Neurologen, oder Hausarzt. Ich kann nur sagen, wir haben große Erfolge zu verbuchen. Patienten, von denen ich oftmals anfangs dachte: "Au weia, das wird nie was!", waren nach drei Monaten nicht mehr wieder zu erkennen. Also im positiven Sinne.
Dass es Deinem Vater so gut geht, ist schön.

Viele liebe Grüße,
Meike
Wenn du noch Fragen dazu hast, nur zu! :)

Offline Iwana

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Re:Vorstellung und Grüße Vorstellung 0622trapper (Angehöriger)
« Antwort #6 am: 12. Januar 2012, 09:14:06 »
Hallo Stefan
Du kannst meine Geschichte hier nachlesen:
http://www.hirntumor.de/forum/index.php/topic,7588.0.html

Gruss Iwana

Offline Romy

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Re:Vorstellung und Grüße Vorstellung 0622trapper (Angehöriger)
« Antwort #7 am: 12. Januar 2012, 18:40:20 »
Hallo Stefan,

auch von mir ein herzliches Willkommen.

Mein Bruder lebt im Februar 3 Jahre problemlos mit der gleichen Diagnose, seit 2 Jahren nun ohne Medikamente.
Alle Angehörigen fallen in das gleiche unendlich tiefe Loch- irgendwann muss man aber da auch wieder rauskommen, weiterleben, lachen und auch Spass haben. Im ersten Schock haben mir homöopathische Kügelchen, Ignatia C30, super geholfen. Danach dann der Versuch, wie Eva schon geschrieben hat, JETZT zu leben. Die Gedanken an das was war- und was kommt, macht einen nur fertig.
Vor 3 Jahren habe ich mir auch alles bis zum Ende ausgemalt, und nur geweint- und jetzt, heute,  ist alles gut. Ich hätte also den ganzen Kummer gar nicht haben brauchen...
Viele können es nicht mehr hören, aber positives Denken ist schon ein großer Schritt in die richtige Richtung, die schlechten Gedanken einfach beiseite schieben- und nicht betäuben.
Herzliche Grüße,
Romy

Offline 0622trapper

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Re:Vorstellung und Grüße Vorstellung 0622trapper (Angehöriger)
« Antwort #8 am: 13. Januar 2012, 14:15:17 »
Eure Antworten sind nicht nur extrem emotional unterstützend sondern auch sehr praktisch, sehr hilfreich, mit viel Freude habe ich die ersten zwei Antworten eben meiner Mutter gezeigt, der es leider noch schlechter geht und die gerade in die Kopfklinik fährt zu einem Termin mit einer Sozialpädagogin der Neurochirugie.

Da die Eltern meine Mutter

als Sie mit 14 ihre Schwester verlor, sich emotional abgegrenzt haben, der Vater passiv wurde und die Mutter geweint hat, bis meine Mutter zu ihr sagen musste, "Mutti ich bin doch auch noch da".

Hat sie diese extreme, sich immer wieder wie depressionen äußernde "Schutzreaktionen", wenn Sie glaubt, und sie muss es nur glauben, z.B. als ihre 90 jährige Mutter 2010 verstorben ist, dass ihr Sicherheitsbedürfnis, eine geliebte Bezugsperson jetzt "genommen" wird.

Sie "bildet sich ein", wenn niemand im Haus ist, nicht mehr alleine Schlafen zu können.

Dann reduziert sie ihre Aufmerksamkeit, ihre Kognition wird statisch, ihr Denken wandert weit in die Zukunft und ihre Angst wird verstärkt von vergangen Erfahrungen.


Deshalb gefallen mir eure Hinweise auf das Jetzt und die Gefahr, zu viel über Zukunft und Vergangenes nachzudenken so gut.

Leider reagiert ihr Schmerzkörper, wenn Sie versucht zu handeln, mit Schmerz. Übrigens auch früher, als noch kein Problem da war.

Wir werden am Montag zum Neurologen gehen und die Medikamention zu ändern.

Gegenbeispiel, wie man stark bleiben kann:

Mein Vater hat mit mir ein sehr schönes Gartenhaus mit Fundament selbst geplant und gebaut, 6 Wochen lang. Jeder Arbeitschritt, jeder Gedanke hat ihm geholfen, Halt und Struktur in seinen Tag zu bekommen.

Er spielt weiterhin Eishockey und trägt seine Krankheit offensiv in seinen Bekanntenkreis und lässt sich bestärken. Meiner Mutter ist es eher peinlich das Wort "Hirntumor" überhaupt zu gebrauchen.

Hier sieht man eben gewisse Muster, wie Menschen anpassungsfähig mit neuen Umständen umgehen

und andere, die sich Ihnen widersetzen, vor Ihnen mental wegrennen und deshalb leiden.


Hab mir für sie Das Hörbuch von Marion Knaths "vom krebs gebissen" gekauft, eine Frau, die bei anderer Diagnose auch bereit war, ihr Schicksal in die Hand zu nehmen. Hörbücher kann sie hoffentlich verarbeiten, lesen ist im Moment zu anstrengend.

An Eva:
Danke für deine Antwort und dein Verweis auf JETZT! Meine Mutter will unbedingt von deiner Geschichte erfahren und will durch Sie Hoffnung schöpfen.
An chucks:
Ich weiß nicht, ob die Rekrutierung noch läuft.
Hier die Studie mit Ein- und Ausschlusskriterien in der internationalen Studiendatenbank und Kontaktdaten:
http://cancer.gov/clinicaltrials/search/view?cdrid=696334&version=HealthProfessional&protocolsearchid=10034683
eventuell in google übersetzen.
An Meike:
Vielen Dank speziell an dich, weil meine Mutter wegen ihren Ängsten in der Zukunft aus irgendwelchen Gründen allein zu sein, schon nach einer Pflegekraft gesucht hat.
Unsere Infos sind jedoch, dass eine Akut Pflegebedürftige Person im Haushalt sein muss, damit Kassenförderung möglich ist. All die anderen „Haushaltshilfen“ kosten 100 € am Tag.
Mit dem Verweis auf welche Regelung (die 4 Monate von denen du geschrieben hast) wende ich mich also wohin, direkt an die Kasse meiner Mutter. Mir sind immer Gesetzestexte wichtig, um nicht gleich abgewimmelt zu werden.
Wenn du dazu Links oder Infos hättest, wär das eine große Hilfe. Überhaupt wäre diese Hilfe über 4 Monate eventuell genau das, was wir brauchen.

An Iwana
Danke für deine Geschichte und Respekt für deine mutige Haltung.

An Romy
Danke auch für deine Mail. Leider müssen bei meiner Mutter Psychopharmaka angewandt werden, obwohl ich gar kein Fan von diesen bin. Dir weiterhin alles Gute

Abschließend noch mal vielen Dank. Ich habe mich nur wegen meiner Mutter hier eingeloggt, jetzt profitiere ich selbst sehr von Euren Hinweisen.
Hoffentlich könnt Ihr gerade auch aus meiner genauen Beschreibung, wie mein Vater einerseits voller positiver Dinge ist und wie meine Mutter andererseits den Boden unter den Füßen verliert etwas ziehen, wie man selbst am besten mit der jeweiligen eigenen Situation umgeht.

Offline chucks

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Re:Vorstellung und Grüße Vorstellung 0622trapper (Angehöriger)
« Antwort #9 am: 13. Januar 2012, 20:42:07 »
@Stefan,

danke Dir für die Informationen, sehr interessant und ich werde mal Kontakt aufnehmen! Und mach weiter so. Du machst das großartig und hoffentlich profitiert nicht nur Dein Vater, sondern auch Deine Mutter von Dir.

@Romy: ich glauibe schon, dass die Traurigkeit, die wir alle verspüren bzw. hatten, wichtig sind. Sie lehrt uns aufmerksamer mit dem Leben umzugehen. Selbstverständliche Dinge bekommen wieder viel mehr Bedeutung, unwichtige Dinge sondert man aus. Es verschieben sich Prioritäten! Und davon wiederum bei all dem Elend, was diese Krankehit mit sich bringt, profitieren wir wiederum oder?

Offline KaSy

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Re:Vorstellung und Grüße Vorstellung 0622trapper (Angehöriger)
« Antwort #10 am: 13. Januar 2012, 21:18:18 »
Lieber Stefan,
zunächst einmal vielen Dank für Dein in Deinem ersten Beitrag geäußertes Lob für dieses Forum und damit für uns alle. Das tut sehr gut.

Für Deinen Vater freue ich mich, dass er gegen diese schwere Krankheit bewusst angeht, sich anderen mitteilt - und damit die Probleme teilt - und dass er sein Leben "einfach" weiter lebt. Er weiß, dass er seine Freunde und vor allem auch Dich hinter sich weiß, dass Ihr für ihn da seid. Das und auch das Verständnis und die Akzeptanz seiner Krankheit sowie seines Umgehens mit ihr ist unheimlich viel wert.

Andererseits ist er sich sicher auch bewusst, dass er von seiner Frau/Deiner Mutter keine Unterstützung erwarten kann. Er kennt sie als seine Partnerin sehr lange und hat sicher gute Gründe, mit ihr zusammenzuleben, auch wenn er auf ihre Hilfe in schwierigen Situationen nicht bauen kann. Er hat sich sein Leben mit ihr und Dir so aufgebaut, dass es genügend vertraute Personen gibt, auf die er sich in solchen Fällen verlassen kann.

Dein Vater weiß - wie Du - auch, warum Deine Mutter manchmal so ist wie sie jetzt ist. Sie hat eine derart schreckliche Erfahrung machen müssen. In dem für sie schwierigen Alter des Suchen und Findens des eigenen Ichs, in der Zeit des Nicht-mehr-Kind und Noch-nicht-erwachsen-Seins verliert sie ihre Schwester und - zumindest zeitweise - die Eltern gleich mit. Gerade sie hätte in dieser Situation sehr viel Hilfe, Liebe, Verständnis und auch professionelle Untersützung gebraucht. Diese Situation kann prägend für ein ganzes Leben sein, gerade wenn es in diesem Alter einer gewissen Umstruktuierung des Gehirns vom kindlichen in ein Erwachsenen-Gehirn geschieht.

Es ist sehr wahrscheinlich, dass ihr Hirnstoffwechsel nicht mehr vollkommen normal funktioniert. Dafür kann sie nichts! Das solltest Du ihr - so schwer es ist - auch innerlich nicht vorwerfen. Der Hirntumor Deines Vaters ist eine Tatsache, die glücklicherweise (Das Wort "Glück" ist hier eigentlich nicht angebracht.) erkannt wurde. Man kann darauf reagieren, es gibt Erfolgschancen und - nicht zu vergessen - es ist eine Krankheit, die als schwere Krankheit von der "Umwelt" akzeptiert wird.

Ganz anders ist das für die Depressionen Deiner Mutter. Sie kann nichts dafür. Aber ohne eine gesunde Psyche ist alles nichts. Man fühlt sich "scheiße", es ist einem bewusst, man kann es nicht ändern, jedenfalls nicht im Moment und man weiß überhaupt nicht, wie lange das dauert, wie jetzt wieder die Medikamente wirken, wie rasch sie überhaupt anschlagen. Man ist einfach nicht glücklich!
Aber sie fährt mit Euch mit, sie will bei Deinem Vater sein!
Es ist ihr hoch anzurechnen, dass sie sich für Deine Informationen, die Du u.a. aus diesem Forum holst, interessiert. Das ist ein Zeichen, dass sie unbedingt aus ihrer Depression raus will. Aber auch dafür, dass sie Euch dazu braucht. Sie wird Deine praktischen Angebote - Bücher durcharbeiten, Radfahren, ... - annehmen und gern mitarbeiten. Es wird sie mehr Kraft kosten als einem psychisch stabilen Menschen. Und deswegen hat sie Eure Hilfe und Eure Achtung verdient.

Ich schreibe das übrigens als Mehrfach-Meningeom-Betroffene und daraus folgend psychisch nicht mehr so stabile Person. Auch ich habe mich lange gegen Psychopharmaka gewehrt, glaubte, ohne diese "Drogen" klarzukommen, aber es muss nun mal sein und wenn sie ihr helfen (und die machen nicht abhängig), dann ist es gut.  

Ich finde es übrigens sehr schön von Dir, dass Du Deine Eltern so unterstützt, das ist nicht immer selbstverständlich und auch nicht immer möglich. Eure Familie hat es nicht leicht, aber gemeinsam seid Ihr eine starke Familie!

Ich wünsche Euch weiter viel gemeinsame Kraft!

KaSy
Wenn man schon im Müllkasten landet, sollte man schauen, ob er bunt angemalt ist.

Der Hirntumor hat einen geänderten und deswegen nicht weniger wertvollen Menschen aus uns gemacht!

 



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