HirnTumor-Forum

Autor Thema: Daniels Geschichte : Einfach mal von der Seele schreiben. (GBM IV)  (Gelesen 5812 mal)

db180669

  • Gast
Hallo zusammen,
als erstes möchte ich mich bei allen bedanken die mich und auch die anderen begleiten.
Ich war bisher nur Leser und hab mich im Hintergrund gehalten. Doch jetzt muss ich einfach mich ausschütten, also entschuldigt, wenn der erste Kontakt lang und möglicherweise etwas wirr wird.
Zu mir: ich bin Daniel, ein angehöriger. Es geht hier um mich, meine Frau und meinen Stiefsohn. Letzterer ist der betroffene.

Zur Geschichte:
Vor 7 Jahren klagte unser Sohn (zu der zeit 15 Jahre)über Müdigkeit und Kopfschmerzen. Viele Untersuchungen haben nichts ergeben, bis wir darauf bestanden seinen kopf zu durchleuchten.
Heraus kam ein Tennisball großen Tumors vorne links.
Ab da fängt alles an.
1.OP mit anschließender Bestrahlung
kurze zeit ruhe, dann erneutes Wachstum, erneute op, chemo
längere zeit ruhe, dann erneutes Wachstum, erneute op und nochmals Bestrahlung
bei einer Nachuntersuchung wurde ein weiterer schatten im Kleinhirn gefunden, jedoch durch viele Untersuchungen und test konnte dieser schatten nicht klassifiziert werden.
Nach letzter op wurde diagnostiziert glio grad IV

Derzeit erhält er eine Therapie die nicht für Hirntumore gedacht ist. Das Medikament werde ich später nachreichen. Es ist für Darmkrebs gedacht, aber die ersten erfolge scheinen dem Einsatz dieses Medikamentes recht zu geben.
Zumindest wurde ein Rückgang bei der letzten Untersuchung gemeldet.

Aber wir wissen alle dass das nicht viel heißen will. Es ist und bleibt ein auf und ab.

An dieser stelle möchte ich meinen dank an die Universitätsklinik Homburg, der Kinderonkologie und dem personal dort ausdrücken.
Es ist schon schwer in einer Klinik zu sein in der viele erwachsene Menschen an krebs leiden, doch in der Kinderabteilung ist es noch um einiges härter.

Ich sage jeden Eltern die sich über ihre Kinder und deren „Macken“ beschweren, sie sollen einmal eine Woche in der Kinderklinik verbringen, damit sie wissen was sie an ihren Kindern haben.

In all den Jahren haben sich auch noch andere Aspekte aufgetan die kaum angesprochen wurden.

Unser junge hatte das glück eine Ausbildungsstelle als KFZ-Mechatroniker zu machen. Da der Arbeitgeber die Bundeswehr ist, hatte er den druck nicht, den Wirtschaftsunternehmen ausüben.
Es war mal die Rede davon das Ruhe der Heilung förderlich sei und Menschen haben berichtet wie sie aus dem Arbeitsleben ausgestiegen sind um dem stress zu entkommen.

Nun besteht die Möglichkeit mit einer solchen Erkrankung berufs-/ arbeitsunfähig schreiben zu lassen, doch um eine entsprechende Rente zu erhalten müssen 5 Jahre arbeit hinter einem liegen. Das ist einem auszubildenden leider nicht gegönnt.

Auch wie verhält man sich dem eigenen Kind gegenüber, wenn man sich die Lebenserwartungen bei glio IV ins Bewusstsein bringt?
Wie beruhigt man eine Mutter die Angst um ihr Kind hat?
Wie bändigt man einen jungen Menschen dem der krebs die Kindheit genommen hat und er dennoch ohne Einschränkung leben kann, aber nicht alles darf?
Wie hindert man eine Mutter daran das Kind mit Fürsorge zu erdrücken und ihm ein „normales“ leben zu ermöglichen?
Wie schafft man es, auf der arbeit 100% zu geben, sich um die Krankheit und deren umstände zu kümmern, die Frau aufzubauen und ihr mut und Zuversicht zu geben, dem Kind ein fast sorgenfreies leben zu ermöglichen, ohne umzufallen?
Wie sorgt man für den Tod eines Kindes vor, ohne ihm das Gefühl zu geben das man es aufgegeben hat zu kämpfen?
Wie findet man eine antwort auf die fragen, „warum“? „warum er“? „warum jetzt“?

Entschuldigt, das ich alles so frei schreibe, doch manche dinge sollten ausgesprochen werden und darüber gesprochen werden, denn sie sind real, wie die Erkrankung auch.
Danke dass ihr mir zugehört habt.

Euer Daniel

Thema abgetrennt und als eigenständiges Thema eingestellt von Ciconia
« Letzte Änderung: 24. Mai 2007, 12:50:40 von Ciconia »

Offline Bluebird

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Re:Daniels Geschichte : Einfach mal von der Seele schreiben. (GBM IV)
« Antwort #1 am: 24. Mai 2007, 13:26:17 »

Ich sage jeden Eltern die sich über ihre Kinder und deren „Macken“ beschweren, sie sollen einmal eine Woche in der Kinderklinik verbringen, damit sie wissen was sie an ihren Kindern haben.


Lieber Daniel,

diesem Satz kann ich nichts hinzufügen, ausser dass er mir aus dem Herzen spricht.
Deine Schilderung hat mich sehr berührt. Ich wünsche Euch ganz viel Kraft.

LG
Bluebird/Birgit
The best time to plant a tree was 20 years ago.
The second best time is NOW.
(Chinesisches Sprichwort)

Offline disa

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Re:Daniels Geschichte : Einfach mal von der Seele schreiben. (GBM IV)
« Antwort #2 am: 25. Mai 2007, 20:07:04 »
Lieber Daniel,

dein Beitrag hat mich sehr berührt. Ich wurde im Januar diesen Jahres an einem gutartigen Hirntumor operiert. Ich habe großes Glück gehabt und kann mein Leben mit großer Wahrscheinlichkeit uneingeschränkt weiter leben.
Diese 3-4 Monate haben nicht nur mich, sondern auch meine Familie viel Kraft gekostet und haben an den Kräften gezehrt. Ich selbst konnte nur stark sein, weil ich mich von meiner Familie und Freunden getragen fühlte, ganz besonders von meinem Mann. Wir haben zusammen geweint  und gelacht. Alles ließ sich ertragen, weil ich wusste, er ist immer für mich da und notfalls so schnell wie möglich bei mir.
Ich finde es für den Partner manchmal noch schlimmer zusehen zu  müssen, das Gefühl zu haben, nichts tun  zu können. Und wenn man dann noch als Vater oder Mutter sein Kind krank erleben muss, potenziert sich das unendlich.
Ich habe Hochachtung vor dem, was du in deinem Alltag bewältigst. Leider kann ich dir nur die Kraft wünschen weiter zu machen und dass auch du wenigstens ein Stückchen getragen wirst.
So engagiert und feinfühlig wie du in deinen Fragen zu erkennen bist, kannst du nichts falsch machen!

Liebe Grüße
Sabine

Sarabande

  • Gast
Re:Daniels Geschichte : Einfach mal von der Seele schreiben. (GBM IV)
« Antwort #3 am: 26. Mai 2007, 23:06:32 »
Lieber Daniel,

Bin auch durch den Kinderklinik gelarcht, auf dem Weg hierhin ins onkologischen Klinik, wo ich mit meinem (39-Jährige, also in meine Augen eben viel zu jung) Mann vorübergehend wegen Infekt gelandet bin.  War auch schockiert.  Vielleicht ist es immer zu früh um zu sterben, ein Glioblastome hat sich niemand verdient, aber bei Kinder erklingt die (meine Meinung nach unbeantwortbar) „Warum“-Frage noch lauter.  Im früheren Zeiten (19. Jahrhundert und vorher) hat man so häufig die Kinder sterben sehen müssen, da fragt man sich, hatten die etwa eine andere Umgang, oder wie haben die es überhaupt verkraftet?  (10 von die Kinder von der Komponist J.S. Bach z.B. sind sehr jung gestorben… für uns unvorstellbar…).  Für deine Fragen habe ich keine Antworten.  Bitte erwarte nicht von dir selber, dass du alles perfekt machen solltest.  Das Leben verlangt von dir, das du das Unerträgliche erträgst, das kannst du nicht, du musst es aber trotzdem.  Ich schließe mich Bluebird an, das du die Fragen überhaupt stellst, zeigt das du richtig damit umgehst.  Ich möchte dir viel Kraft wünschen, die Worte aber scheinen mir hohl.  Ich weiß nicht mal, was ich dir wünschen sollte.  Ich wünsche uns alle, dass es diese Krankheit nicht gäbe, das bringt uns aber auch nicht weiter.  Ich danke dir, dass du hier geschrieben hast.

LG,

S.

maja

  • Gast
Re:Daniels Geschichte : Einfach mal von der Seele schreiben. (GBM IV)
« Antwort #4 am: 27. Mai 2007, 16:50:18 »
Lieber Daniel,
ich selbst wurde vor 8 Jahren(an einem gutartigen Hirntumor) operiert. Das wusste ich vorher nicht und kein Arzt konnte mir  sagen ,ob ich überlebe.Ich kann dir als Mutter antworten, ich würde äusserlich die Kraft aufbringen mit meinem todkranken Kind zu leben obwohl ich innerlich kurz vor dem Zusammenbruch stünde, denn man mobilisiert unheimlich viel Kräfte in diesen Momenten, ich habe todkranke Angehörige begleitet und war immer sehr stark, der Zusammenbruch kam danach. Beim eigenen Kind ist es fast unvorstellbar.
Aus Sicht meiner Kinder weiss ich wie es für Angehörige ist, wenn die Mutter schwer krank ist und niemand weiss ob sie überlebt. Mein ältester Sohn leidet heute unter ziemlichen seelischen Störungen.
Meine Tochter ist momentan in der Firmvorbereitung und wir waren heute in der Kirche, da hängen die ganzen zettel mit Gedanken, die sie sich machen.
Ein Satz, den ich von meiner Tochter las, hat mich sehr betroffen, denn sie ist mit ihrem Glauben nicht im reinen, da alle damals tiefe Wunden erlitten haben.
Sie schreibt auf die Frage, die ihr gestellt wurde: "Was würdest du Gott fragen, wenn du ihm eine Frage stellen könntest?" Antwort:" Warum er nicht da ist, wenn man ihn braucht"
Darauf haben wir wohl keine Antwort und ich würde dir gerne etwas sagen auf dein "WARUM". Ich wünsche euch ganz viel Kraft

Liebe Grüße Jutta

 



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