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Autor Thema: Astrozytom III Rezidiv, mein Mann wollte so gerne leben und hat verloren  (Gelesen 8621 mal)

Karo

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Mein Mann ist mit 48 Jahren am 23.11.06 nach 22 Monaten  daheim in meinen Armen gestorben. Er hat so gekämpft und wollte so gerne leben. Er hat bis zuletzt noch gehofft, dass er es schaffen kann. Es ging auf einmal ganz schnell. Er war innerhalb von ein paar Tagen ein totaler Pflegefall und konnte sich nicht mehr bewegen. Er wollte sich über seine Krankheit nie so genau informieren, ich denke, es war die Angst. Aber er war in guter psychologischer Betreuung. Die Ärzte hatten immer sehr positiv geredet. Ich war immer nur dabei und mußte nur zuschauen, wie es ihm immer etwas schlechter ging. Ich hatte mich die ganzen 2 Jahre schon genauer informiert und war eigentlich auch vorbereitet, aber ich konnte nichts tun. Wir hatten es uns noch schön gemacht und sind sehr oft an die Nordsee oder Ostsee gefahren. Im September waren wir im Ostseebad Damp. Da mußte er einsehen, dass es ohne Rollstuhl nicht mehr geht. Es ging ihm dort sehr schlecht und ich war das erste Mal alleine mit meinem Hund oft unterwegs. Da war eigentlich schon der Abschied. Es tut  so weh, wenn es dann wirklich passiert. Ich hatte ja trotz allem auch noch gehofft. Wir waren erst kurz verheiratet. Ich hatte all meine Kraft in den 22 Monaten gegeben und jetzt ist sie weg. Aber ich muß weiterleben und arbeiten gehen, was ich die ganze Zeit auch noch getan hatte.

Offline Doro66

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Liebe Karo!

Mein Mitgefühl für dich und meine Hochachtung vor dem, was du geleistet hast.

Und danke für deinen Text der von Herzen kommt und uns alle teilhaben läßt.

Danke und viel Kraft für dich
Doro

dani2828

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Hallo Karo,

mein Beileid, es tut mir sehr leid, was mit deinem Mann passiert ist. Ich wünsche dir ganz viel Kraft für das Verarbeiten der letzten 2 Jahre.


Karo

  • Gast
Hallo Dani,

ich bin und war in meinem Job beansprucht, habe aber eigentlich jetzt Probleme die kleinsten Sachen hinzukriegen. Ich hatte die ganze Zeit einfach nur funktioniert und weiß jetzt selbst nicht mehr, wie ich das alles geschafft habe. Ich war jetzt 4 Wochen krankgeschrieben, aber das geht auch nicht. Die Arbeit lenkt etwas ab.
Wir hatten es tatsächlich zusammen geschafft, dass er so wenig wie möglich im Krankenhaus sein mußte. Er war zu seiner ersten und einzigsten Operation im Jan. 2005 und dann nochmal zwei oder dreimal für eine Nacht, wenn er einen so schlimmen Anfall hatte, dass ich den Notarzt bestellen mußte. Einmal ist es im Hotel im Frühstücksraum passiert. Das waren so richtige Schockerlebnisse. Später konnte er und ich damit umgehen. Das war dann einfacher. Wir hatten es auch geschafft, einen Antrag auf Berufsunfähigkeit, der irgendwann unumgänglich wird immer wieder hinauszuschieben. Ich hatte mich fast bis zum Schluß alleine um ihn gekümmert. Irgendwann in den letzten 3 Wochen hatte es sich dann so ergeben, dass sich das ganze Familienleben mit Eltern und Schwiegereltern bei uns daheim abspielte. Wir wurden bekocht und  meinem  Mann der immer weniger machen konnte und auch nicht mehr alleine gelassen werden durfte, Hilfestellungen gegeben. Wir hatten einen totalen tollen Zusammenhalt auch mit meinen Schwägerinnen. Wir sind eigentlich alle über uns selbst hinausgewachsen. Alle haben geholfen wo es nur ging. Nur Nachts waren wir allein. Und das wurde immer mehr zu einem Problem. 4 Wochen vor seinem Tod schaffte ich ein Spezialbett an, da er die Treppen nicht mehr ins Schlafzimmer raufkam. Ich mußte irgendwann ja mal wieder schlafen und das war schon lange nicht mehr möglich. Aber das funktioniert natürlich auch nicht. Ich war ja eh immer in Bereitschaft und er fehlte mir auch. In der letzten Nacht vor seinem Tod bin ich mit ihm einfach hingefallen auf einen Teppich. Ich konnte ihn nicht mehr halten und er konnte nicht mehr mithelfen, da er sich gar nicht mehr bewegen konnte. Ich glaube, da hatte er aufgegeben. Er wollte auf keinen Fall ins Krankenhaus. Wir hätten Windeln gebraucht, professionelle Pfleger. Wir die Familie hatten uns schon in Schichten eingeteilt für die Pflege. Morphium und was noch alles wäre auch noch gekommen. Wir wollten für die Pflege daheim Möbel umräumen. All das wollte er nicht und blieb ihm erspart. Und er wußte wohl auch, dass wir alle am Ende unserer Kräfte waren. Alle sagten hinterher, dass sie noch nie einen toten Menschen gesehen hätten, der so friedlich und mit sich im Reinen da liegt. Ich konnte leider nur noch seine Hand halten und weiß nicht mal, ob er mich noch gespürt hat. Wir hatten eine Patientenverfügung. Ich empfehle jedem so etwas zu haben. Das macht alles einfacher. Ich glaube machmal, die Medizien ist zwar soweit, Leben zu verlängern, die sind ja auch stolz drauf aber ich stelle in Frage, ob damit wirklich die Lebensqualität erhalten wird. Mein Mann war Marathonläufer, hatte einen tollen Job und konnte das Leben genießen.  All das wurde ihm durch den Tumor genommen. In den letzten Wochen konnte ich mit ihm keine Unterhaltung mehr führen. Er hatte massive Persönlichkeitsveränderungen und alles mißverstanden. Es waren nur noch einfache Sätze möglich und das war auch schon ein Problem. Ich wurde tyrannisiert und beleidigt. Meine Nerven hatten natürlich auch blank gelegen. Das alles war nicht mehr mein Mann sondern der Sch...Tumor, er hatte gesiegt. Mein Mann hatte es geschafft allen seinen Mitmenschen die Vorstellung zu geben, dass er nur die Medikamente nicht verträgt und es schon wieder wird. Nur ich sah jeden Tag, wie es immer schlechter geht. Die letzten Wochen wachte dann die Verwandtschaft auch aus dem Dornröschenschlaf auf. Ich hatte im Januar 2006, als das Rezidiv da war, versucht den Schwiegereltern und Schwägerinnen zu erklären wie ernst es ist. Keiner wollte was davon wissen. Alle hatten den Kopf in den Sand gesteckt. Aber auch alle haben so geholfen, als es notwendig war. Vielleich war es auch genau richtig so, wie kann man sonst einem geliebten Menschen Mut zusprechen und Hoffnung geben, wenn man selbst nicht mehr dran glaubt. Am 15.12.2006 war die Urnenbeisetzung. Am 14.12.2003 hatte ich den Mann meines Lebens kennengelernt. Wir waren da beide 45 Jahre. Ich habe das Glück zu dieser Familie immer noch als Mitglied zu gehören, da sie ja auch wissen, was ich geleistet habe und wir zusammen glücklich waren, aber trotzdem bin ich am Abend alleine daheim übrig.



Offline Phoenix

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Hallo Karo.......

Das liebste zu verlieren ist der größte Albtraum der einem passieren kann........liebe Karo , es tut mir unendlich leid für dich......... :'(


Das die kleinsten Sachen nicht mehr funktionieren kenne ich nur zu gut.. man braucht unheimlich viel kraft um überhaupt den Tag zu überstehen........mir geht es jedenfalls so .......mein Mann starb am 10 .09.2006 an so einem  Scheißding.......

Ich würde mich freuen wenn du mir schreibst

Liebe Grüße
esther

Karo

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Vielen Dank für Eure lieben Antworten. Das gibt Trost.

dani2828

  • Gast
Hallo Karo,

dein Bericht hat mich sehr berührt. Dein Mann hat sicher gespürt, dass du bei ihm warst, er konnte es dir wahrscheinlich nur nicht zeigen.
Versteh mich nicht falsch: Aber es ist ihm viel erspart geblieben. Der Krankheitsverlauf - ich spreche von den letzten Monaten oder Wochen kann auch sehr schlimm sein - ich sehe es bei meiner Mama.
Das mit der Verwandtschaft kenne ich auch, allerdings ist es umgekehrt.
Bei uns hat sich die einzige Schwester von meiner Mama im letzten Jahr schon regelmäßig gemeldet. Jetzt aber sagt sie, dass sie nicht kommen will, da sie Angst hat, dass sie weinen muss.

Es ist sehr schwer einen geliebten Menschen zu verlieren. Nimm dir deine Zeit und trauere um deinen Mann. Versuche Gespräche mit geliebten Menschen zu führen. Vielleicht kannst du ja einige Abende bei Freunden oder Verwandten verbringen oder sie bei dir, damit du nicht so alleine sein musst. Du stehst mitten im Leben - such dir professionelle Hilfe, man muss sich dafür nicht schämen.

Ganz, ganz viel Kraft und alles Beste.

Karo

  • Gast
Hallo Dani,

ich weiß was Du meinst und Du hast recht. Wenn es dann doch geschieht, weiß man vom Verstand her, dass es besser so ist aber es tut trotzdem so weh. Für ihn war es die Erlösung.  Für mich ist der  geliebte Mensch weggegangen und ich bleibe hier alleine. Da frage ich mich schon nach dem Sinn des Lebens für mich. Ich habe mir jetzt ein paar Bücher bestellt. Bücher haben mir im Laufe meines Lebens schon immer sehr geholfen.  Deine Geschichte verfolge ich die ganze Zeit mit. Es ist sehr schlimm. Ich finde es toll, wie ihr das macht. Ich bin jetzt so  froh, dass ich mich nach dem Wunsch meines Mannes gerichtet habe. Er wollte nicht ins Krankenhaus. Ich weiß aber nicht, wie lange wir es durchgehalten hätten, wenn er auf längere Zeit ein Pflegefall geworden wäre.

Offline Bea

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Liebe Karo,

ich wünsche dir von Herzen jeden Tag einen Sonnenstrahl der deine Seele herhellt und dir hilft.

Du hast viel gegeben was deinem Mann und dir einzigartig bleibt. Für immer!

Es ist wohl kaum die Dauer einer Beziehung sondern die Intensität und das was man daraus macht.

Ich wünsche dir alles Gute,
Bea

 



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