HirnTumor-Forum

Autor Thema: Meningeom rechtes Frontalhirn 5/5 cm und Siebbein- und Keilbeinhöhle OP 1998  (Gelesen 8360 mal)

Offline Unglaube

  • Newbee Mitglied
  • *
  • Beiträge: 3
    • Profil anzeigen
Habe das Gefühl - je mehr Zeit veregeht, desto mehr Probleme tauchen auf, zB. Kontaktschwierigkeiten da ich mich nicht lange auf ein Gespräch konzentrieren kann,
bin chronisch überfordert und kann alleine eigentlich gar nirgends mehr hin. Alles ist zuviel, zuviele Menschen, zuviel Kärm, zu viel Eindrücke und dann kommt die Blockade.
Leider ist es für meine Mitmenschen nicht nachvollziehbar und das Gegenteil tritt ein, da ich mich doch nur zusammenreissen müßte. Somit fühle ich mich immer mehr sozial isoliert. Ärzte und Gutachter meinen ich möchte mich nur wichtig machen und es fehlt mir gar nichts mehr (obwohl ich ein großes Defektareal im rechten Frontalhirn habe). Sie meinen, ich wäre in der Psychatrie am besten aufgehoben und neuropsychologische Probleme gibt es gar nicht.
Wer lebt auch schon so lange damit und wo habt ihr Hilfe bekommen?
 ???

Offline TinaF

  • God Mitglied
  • *****
  • Beiträge: 1356
  • Danke für dieses Forum!
    • Profil anzeigen
Hallo Unglaube,

herzlich willkommen bei uns im Forum. Es tut mir sehr leid, dass Du schon so lange mit Einschränkungen leben musst und das Gefühl hast, dass es eher schlimmer als besser wird.

Mein Meningeom war links frontal und auch ca. 5 cm im Durchmesser. Meine OP war vor ziemlich genau drei Jahren und seitdem lebe ich jeden einzelnen Tag mit meinen Einschränkungen, mal besser, mal schlechter. In erster Linie ist bei mir die Belastbarkeit eingeschränkt und mit meiner Konzentration steht es auch nicht mehr zum Besten. Ich ermüde sehr schnell und bin einfach nicht mehr so stabil wie früher. Job und Kind fordern mich mehr als ich mir das je hätte vorstellen können. Im Moment laboriere ich gerade an einer Sehnerventzündung herum, auch nicht gerade lustig.

Ich finde es schlimm, dass man als Fall für die Psychiatrie eingestuft wird, nur weil auch die "Fachleute" nicht immer nachvollziehen können, wie es uns geht und was wir durchmachen. Ich habe das große Glück, dass ich sowohl eine fantastische Hausärztin als auch einen guten Neurologen habe, die mich begleiten und unterstützen, wo sie nur können. Gerade auch, wenn es in der Arbeit wieder Probleme gibt, weil man mir halt nichts ansieht.

Hast Du psychotherapeutische Hilfe? Könnte Dir eine Reha weiterhelfen? Oder ein Arztwechsel?

Ich wünsche Dir, dass Dir der Austausch hier gut tun wird. Du wirst sehen, Du bist nicht allein mit Deinen Problemen, hier wirst Du verstanden ohne viel erklären zu müssen.

LG TinaF
Es passiert nichts umsonst, es hat alles seinen Sinn!

Meike

  • Gast
Hallo Unglaube,

ich leide zwar nicht unter einem Meningeom, sondern bin astrozytomgebeutelt,
aber wenn ich lese, was Du mit Deinen Ärzten erlebst, stellt sich mal wieder mein Nackenhaar hoch und ich kann meine Finger nicht von der Tastatur lassen, um Dir zu antworten.

Ich schüttele den Kopf darüber, dass immer noch so viele Mediziner fachbezogen korrekt herumwerkeln, aber auf psychosozialer Ebene komplett versagen.
Auch ich habe anfangs gedacht: "Mit mir kann man nichts mehr anfangen.", und nach wie vor leide ich an mangelndem Konzentrationsvermögen, große Menschenmengen meide ich zu gerne, ebenso Telefonate und Gespräche, die meine Konzentration und meine (ehemalige) Schlagfertigkeit fordern. Ich habe mich -anfangs mit schlechtem Gewissen- dabei ertappt, dass ich diese gerne meinem Mann überlasse.
Und mein Psychotherapeut hat mir großes Lob dafür ausgesprochen:
"Frau M., ich freue mich über Ihre Entscheidung so für sich zu sorgen.", teilte er mir in einer meiner Sitzungen mit, in der ich über meine Defizite und der Feigheit die einfachsten Telefonate zu erledigen, jammerte.
Ich habe eingesehen, dass es jetzt einfach nicht anders geht und das muss schließlich nicht heißen, dass dieser Zustand ewig so sein muss.
ALLES HAT SEINE ZEIT!
Unsere leistungsorientierte Gesellschaft macht es einem zusätzlich nicht leicht, in Ruhe
zu gesunden und Kraft zu tanken und Erholung zu finden.

Liebe?/r Unglaube, nimm Dir einfach die Zeit, die Du brauchst, höre auf Deine Bedürfnisse (dann triffst Du Dich eben nur mit wenigen Menschen, die Dich trotz Konzentrationsmangel verstehen und gerne mit Dir zusammen sind).

Und ich stoße in TinaF's Horn. Ein Arztwechsel schadet in Deinem Fall wohl nicht und psychotherapeutische Unterstützung ist das Beste was uns passieren kann...

Herzliche Grüße,
Meike  ;)

Offline Unglaube

  • Newbee Mitglied
  • *
  • Beiträge: 3
    • Profil anzeigen


Hallo TinaF  und Meike
Ich bedanke mich für eure Antworten.
Bin das erste Nal in diesem Forum und habe noch etwas Probleme mit Schreiben und reinkommen usw. Habe mir das mit dem Computer alles selbst erarbeitet und machmal komme ich da einfach nicht mehr rein. Also wenn ich mich längere Zeit nicht zurückmelde - ist alles normal bei mir.
Es strengt ich auch sehr an.  Unglaube

Meike

  • Gast
Immer schön langsam Schritt für Schritt....
...wir sind hier ja nicht auf der Flucht... ;) :D

fips2

  • Gast
Hallo Unglaube
Willkommen im Forum.
Eine Frage hätte ich. Bist du berentet oder immer noch im Krankenstand, bzw. Erwerbsleben?

Bei den von dir geschilderten Beeinträchtigungen sollte eigentlich eine EU-Rente-Befürwortung keinerlei Problem sein.
Ich würde mir, an deiner Stelle, eine guten Neuropsychologen suchen, der dich und deine Hanicaps unterstützt, sowie deine Beeinträchtigungen ernst nimmt.
So abwegig, wie es anscheinend manche Ärzte dir weis machen wollen, sind deine Probleme nicht. Eher ist es die Regel, bei solchen tiefgreifenden OPs, wie du sie hattest. Die Ärzte wissen das eigentlich, haben aber ganz besondere Gründe, auf die ich hier nicht näher eingehen will, warum sie dich so einstufen.

Wie sagt immer der Neuropsychologe zu meiner Frau ? Wer nach so einer komplizierten OP nicht ein wenig "Balla" sein darf, wird an der Realität vorbei beurteilt"
Er will damit sagen:
Steh dazu, dass du eine schwere OP hattest und nicht so kannst wie du willst. Nimm jede Hilfe die du bekommen kannst in Anspruch. Es steht dir zu. Es ist leichter "einen auf Balla" zu machen, als selbst sich immer nur in Minderwertigkeitskomplexen zu ertränken.
Du kannst ja Vieles, was du dir schon selbst bewiesen hast. Freu dich daran. Und denk einfach: Was geht, das geht und was nicht, das eben nicht.
Du wirst sehen. Vieles wird leicher, ohne selbst auferlegten Stress.

Gruß und immer gute Befunde
Fips2

Offline KaSy

  • Mitglied Forum
  • God Mitglied
  • *****
  • Beiträge: 2703
  • Ich gebe niemals auf!
    • Profil anzeigen
Liebe Unglaube,

ich bin seit 1995, also ähnlich lange wie Du, Menigeompatientin und habe nach 4 OP an 5 Meningeomen und nach 2 Bestrahlungsserien ähnliche Einschränkungen wie Du und darf seit einem Jahr nicht mehr arbeiten, könnte es auch nicht. Ich habe immer mal wieder die Hoffnung, ... aber ich muss es wohl einsehen, das mich die Konzentrationsprobleme, die viel geringere Ausdauer, das sehr gelittene Kurzzeitgedächtnis, die immer häufiger werdenden Wortfindungsstörungen u.a. daran hindern. Auch mir fällt es unter vielen Menschen schwer, Gespräche dürfen möglichst nur zu zweit oder dritt sein und die Themen sollten nicht durcheinanderhüpfen. Auf all das kann man sich irgendwie einstellen, gegenzusteueren versuchen oder es einfach hinnehmen und sich entsprechend gegenüber den Mitmenschen verhalten. Meist stören diese Einschränkungen uns selbst viel mehr als die anderen.

Ich bin seit 2003 in psychotherapeutischer Behandlung und auch wenn sich mein Psychodoc nicht primär mit Gehirntumoren auskennt, ist er mir stets eine sehr große Hilfe. Insbesondere auch, weil es so schwer ist, bei den Mitmenschen Verständnis zu finden, auch wenn sie sich wirklich Mühe geben.

Diesbezüglich hilft mir auch dieses Forum sehr, hier ist man unter ähnlich Betroffenen und wird verstanden.

Ich nutze auch die anderen Ärzte, die Neurologin, die Hausärztin und für die konkrete Nachsorge Neurochirurg und Strahlentherapeutin, den Radiologen sekundär. Und ich brauche es, diese Ärzte ab und zu mit meinen Problemen zu behelligen und ihren Zuspruch zu hören.

KaSy

(In Psychologische Betreuung habe ich einen langen Thread "Aus dem Tief kommen" ...)
Wenn man schon im Müllkasten landet, sollte man schauen, ob er bunt angemalt ist.

Der Hirntumor hat einen geänderten und deswegen nicht weniger wertvollen Menschen aus uns gemacht!

Offline Unglaube

  • Newbee Mitglied
  • *
  • Beiträge: 3
    • Profil anzeigen
Tut das gut!! Da bin ich doch nicht alleine mit solchen Problemen und bilde sie mir auch nicht ein, jedenfalls wurde mir das sehr oft gesagt. Leider ist in meiner Nähe kein/e Neuropsychologe. Ich benötige auch dringend eine Therapie in einer Schmerzklinik, hatte erst bei einer Vorstellung eine Ärztin die den Begriff "neuropsychologische Probleme" gar nicht kannte, mich auslachte und sich den Begriff erklären ließ. Habe mich wie ein getretener Hund gefühlt, hoffentlich wird es in dieser Klinik besser.
Da bin ich jetzt schon stolz auf mich, den Weg ins Forum gefunden zu haben.

Bis demnächst

Unglaube

Offline KaSy

  • Mitglied Forum
  • God Mitglied
  • *****
  • Beiträge: 2703
  • Ich gebe niemals auf!
    • Profil anzeigen
Hallo, Unglaube,

schön, dass Du es geschafft hast, Dich wieder einzuloggen, dann klappt es auch weiterhin.
Solltest Du keinen Neuropsychologen in der Nähe finden (Ich müsste recht weit fahren.), kannst Du auch mit einem Psychotherapeuten sprechen. Hier sind die Anmeldezeiten auch recht lange, also würde ich an Deiner Stelle mir rasch jemanden empfehlen lassen oder einfach mehrere anrufen. Man kommt nicht unbedingt mit jedem klar und darf deswegen 5 mal "Probe-quatschen".

Mit der eigenartigen und abwertenden Aussage der Ärztin musst Du Dich nicht abgeben. Es ist aber tatsächlich so, dass es lauter verschiedene Spezialisierungen bei den Psycho-Therapeuten gibt. Es gibt Psychiater, psychologische Psychotherapeuten, Heilpraktiker, u.a.
Die unterschiedlichen Therapierichtungen werden von guten Therapeuten dem Patienten angepasst:
-Psychoanalyse (Ursachen im früheren Leben finden und Einsichten erzeugen, evtl. mit Hypnose)
-personenzentrierte Gesprächstherapie (auch zu zweit bei Ehepaaren oder Eltern-Kind-Problemen)
-(kognitive) Verhaltenstherapie (Lösung von gegenwärtigen Problemen)

Ich habe diese Aufzählung dem Buch "Der kleine Taschentherapeut" von A.A.Lazarus/C.N.Lazarus entnommen, das 2006 erschien und 2010 unverändert verlegt wurde.
Die Neuropsychologie taucht dort nicht auf, so kann es also sein, dass Ärzte sich in der Vielfalt der Psychotherapie nicht im Detail auskennen. Das entlastet die Ärztin aber nicht, an die Du Dich um Hilfe bittend gewandt hast, die Dich aber noch mehr herunterzog.

KaSy
Wenn man schon im Müllkasten landet, sollte man schauen, ob er bunt angemalt ist.

Der Hirntumor hat einen geänderten und deswegen nicht weniger wertvollen Menschen aus uns gemacht!

 



SMF 2.0.19 | SMF © 2022, Simple Machines
Hirntumor Forum © 1996-2022 hirntumor.de
Impressum | Datenschutzerklärung