Oje, Bienchen, erstmal ein herzliches Willkommen hier in diesem Forum!
Mensch, was hast Du für einen Mist erleben müssen.
Damit meine ich auch den Tumor, wegen dieser Diagnose und der - für mich klingt es nach holterdipolter-Therapie bist Du ja hier und hast Dir alles von der Seele geredet.
Du hast aus Deinem ersten Zögern gelernt und bist nun sehr viel klüger geworden, was das Durchsetzen von Terminen, Untersuchungen usw. betrifft, das ist gut. Sicher, man muss auch mal warten, schließlich ist man nicht der einzige Patient, und wenn man selbst an der Reihe ist, möchte man auch, dass sich Zeit für einen genommen wird.
Aber dieses lange Warten für quasi nichts ist fatal, das sollte nicht passieren und es geschieht aber doch nicht nur Dir. Dann darfst Du - wie Du es bei dem einen Termin getan hast - auch mal deutlich Druck machen! (Wenn Du auf ganz ignorante Personen triffst, kannst Du ihnen gern Deinen Hirntumor anbieten ...)
Tatsächlich wird Dein Leben nicht unbedingt ständig von Bestrahlungen und Chemotherapien begleitet sein, aber von Kontrollen danach, die Du wahrnehmen solltest. Außer Deiner Neurologin, der Du vertraust und die für Dich da ist, brauchst Du gute Strahlentherapeuten und Onkologen sowie Neurochirurgen, die Deine MRT-Bilder genau ansehen. (Den Radiologen würde ich in dieser Reihe nach hinten setzen, denn er sollte die Schlussfolgerungen aus seinen Beschreibungen denen überlassen, die die Therapien durchführen und die Deinen Kopf kennen.)
Äußerst verwundert war ich darüber, dass Dir ein Tuch über das Gesicht gelegt wurde!? Was soll das denn? Das habe ich - und ich bin ziemlich oft in mehreren KH wegen verschiedener Krankheiten operiert worden - nirgends erlebt!! Die drei Sekunden für eine Verabschiedung und Umarmung wären bestimmt drin gewesen. Psychisch katastrophal! Wenn nicht Du, dann kann Dein Freund deswegen mal an die Klinikleitung schreiben und fragen, wieso man in diesem KH "wie eine Tote" zur OP gebracht wird.
Die OP ist gut gelaufen, schreibst Du. Und es ist auch sehr gut, dass sofort, also ziemlich sofort die Tumorkonferenz tagte und Deinen Fall beriet. Pannen wie mit dem pathologischen Befund können passieren, das ist für Dich sehr ärgerlich und Du kannst eine Entschuldigung erwarten. So konnte sich die Tumorkonferenz erst später mit Dir befassen. Dass man Dir das nicht sagte, ist auch nicht in Ordnung. Aber Du bist ja lernfähig und fragst dann eben immer vorher nach, ob auch alles da ist und für ein Gespräch und eine Auswertung vorbereitet ist. Dass sogar eine Neurologin hinzugezogen wurde, das finde ich großartig. Das ist wiederum nicht überall so. Ich habe jede Arztsorte einzeln, aber sie beraten sich miteinander.
Das mit der Krankenkasse hast Du richtig gemacht. Irgendein Arzt - das sollte die Neurologin oder der Hausarzt sein - wird Dich arbeitsunfähig schreiben. Du brauchst überhaupt keine Berichte und Befunde an die Kasse zu schicken, aber Deine Mitarbeit ist insofern gefragt, dass Du die Weitergabe der Befunde und Berichte nicht untersagst. Die Kasse kann sich das alles von den Krankenhäusern und Deinen sonstigen Ärzten anfordern.
Du solltest allerdings für Dich bzw. für den Kontakt zu weiteren Ärzten alle Befunde, die man Dir gibt (Entlassungsberichte) und alle, die Du extra anfordern musst, weil Du weißt, dass es sie gibt (Kopien von Aufklärungsbögen, MRT-CDs, MRT-Berichte, histologische Befunde, OP-Berichte, Laborbefunde, ...) sammeln und in einen Ordner sortieren. Frag auch immer bei der Neurologin und dem Hausarzt nach, ob sie weitere Befunde erhalten haben bzw. gib ihnen die, die Du extra angefordert hast.
Du kannst davon ausgehen, wenn jetzt im Anschluss an die Operation eine sechswöchige Strahlentherapie mit begleitender und danach fortgesetzter Chemotherapie erfolgen wird, dass die Krankschreibung lange dauern wird. Seit der OP sind gerade mal 3 Wochen vergangen! Wer will Dich arbeiten schicken?! Ein halbes Jahr ist angemessen oder mehr.
Du hast ein Recht auf eine stationäre Anschlussheilbehandlung, die zwei Wochen nach Abschluss der Strahlentherapie in einer für diese Krankheit geeigneten Reha-Klinik beginnen sollte, die Chemotherapie kann dort weitergeführt werden. Sprich das Strahlentherapieteam darauf an!!
Nimm Dir diese Zeit dafür, Du wirst sie brauchen! So rasch, wie Du vom scheinbar harmlosen Zittern der Hand in die Tumordiagnose mit gleich drei Therapiesorten "gestolpert" bist, so schnell kann kein Verstand und keine Psyche hinterher kommen. Du brauchst Zeit!
Erst wenn Du irgendwann glaubst, dass Dir zu Hause wirklich verdammt langweilig ist, dann fang ganz ganz langsam mit einer schrittweisen Wiedereinarbeitung an. Das begleitet die Hausärztin. Und wenn es zuviel wird, weil Du völlig kaputt von der Arbeit kommst und keine Freizeit genießen kannst, dann hörst Du wieder auf und fängst später mit der Arbeit an.
Falls die Krankenkasse wirklich nervt, bezieh die Ärzte ein, die Dich betreuen, vor allem den Hausarzt, der die Übersicht über alles haben sollte. Du solltest dann aber durchaus aufschreiben, welche Einschränkungen Du persönlich bemerkst. Das kann eine verringerte physische und psychische Belastbarkeit sein, das Zittern der Hand, Müdigkeit und weitere Folgen durch die Strahlentherapie, Probleme mit der Chemotherapie, Überforderung durch die Krankheit und den Umfang der Therapien, Schlafstörungen, Antriebsarmut, ...
Das klingt alles scheinbar wenig bedeutend, aber bereits zwei / drei Sachen sind schon einschränkend genug. Insbesondere die psychischen Verarbeitungsprobleme und Folgen sind so schwer zu fassen und für andere so schwer zu verstehen. (Wenn einer hustet oder humpelt, ist er offensichtlich krank, uns sieht man das meist nicht an.) Du musst auch bedenken, dass die Sacharbeiter bei der Kasse und sonstigen Ämtern kaum Erfahrung mit Hirntumorerkrankungen haben. Da ist Deine Mitarbeit wirklich wichtig.
(Ich habe im Laufe der mehr als 21 Jahre seit der Erstdiagnose gelernt, dass man weniger gegen die Krankheit kämpft als um seine Rechte. Bei der Krankheit hilft Motivation, Optimismus, Hoffnung auf die Weiterentwicklung der Medizin. Bei den Ämtern hilft Hartnäckigkeit, Durchsetzungsvermögen, Information über die eigenen Rechte).
Womöglich ist die Beantragung eines Schwerbehindertenausweises gut, er schützt in gewisser Weise Deinen Arbeitsplatz und kann helfen, Arbeitsbedingungen für Dich anzupassen.
Ich wünsche Dir sehr, dass Du gut durch die Therapien kommst, gute Ärzte findest, auch einen Psychotherapeuten vielleicht und Du dann immer gute Befunde haben wirst!
KaSy