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« am: 22. November 2011, 09:22:29 »
Unser Leben hat sich schon extrem verändert, seit mein Mann Krebs hat. Zuerst sah es ja nur nach einer vorübergehenden Veränderung aus, denn sein erster Krebs (Lymphom) hatte eine sehr gute Prognose und wir waren sicher, dass wir den besiegen würden und er nach spätestens einem Jahr wieder zurück im Arbeitsleben sein würde.
Doch dann kam nach genau einem Jahr die zweite Diagnose Glioblastom und damit war klar, dass nichts mehr so sein würde wie es war. Jetzt haben wir die Rollen getauscht und mein Mann ist zuhause für die Kinder und den Haushalt zuständig und ich habe meine Arbeit ausgeweitet und verdiene das Haushaltseinkommen. Da ich aber selbständig bin, arbeite ich an 4 von 5 Tagen zuhause. Ich bin da zwar zu meinen Unterrichtszeiten oben unterm Dach in meinem "Studio", aber ich bin im Haus. Wir hängen also als Familie fast 24 Stunden aufeinander und das ist natürlich zum Abstand gewinnen nicht immer einfach.
Auch Sport machen wir zusammen (wir gehen zusammen ins Fitnessstudio). Es ist also gar nicht so einfach, mal weg von allem zu kommen. Das gelingt mir eigentlich nur einmal die Woche, wo ich abends zum Ballett gehe. Das ist für mich mein Highlight in der Woche. Es ist unglaublich anstrengend und fordert meine ganze Konzentration und so komme ich nach Hause total ausgepowert und im Kopf ganz leer. Das tut mir unheimlich gut und daher versuche ich mir diesen Termin auch immer frei zu schaufeln, egal was ist.
Mein Mann sagt, er muss der Krankheit gar nicht entfliehen, er denkt sehr selten daran. Natürlich immer wenn ein MRT ansteht, aber im Alltag ist der Tumor nicht in seinem Denken. Bei mir ist das anders, ich kann auch heute nach 3 Jahren den Gedanken nie ganz abschütteln. Er ist immer irgendwo in meinem Hinterkopf bei allem was ich tue und denke. Aber zumindest ist der Gedanke inzwischen nicht mehr so unerträglich, sondern er ist einfach nur da. Ich weiß nicht, wie das würde, wenn jetzt ein Rezidiv kommen würde.
Mein Ballett ist wirklich der einzige Zeitpunkt in der Woche, wo ich ihn mal für ein paar Stunden abschütteln kann. Daher tut mir das so gut und ich wünsche jedem so ein Ventil, wo er diese Anspannung mal für ein paar Stunden los wird!