HirnTumor Diskussionsforum

Sonstiges zum Thema Hirntumor => Psychologische Betreuung => Thema gestartet von: Pedro am 15. Dezember 2013, 11:01:50

Titel: Emotionales Verhalten gegenüber Ärzten
Beitrag von: Pedro am 15. Dezember 2013, 11:01:50
Liebe Leute,

Ich bin schon längere Zeit auf hirntumor.de unterwegs, doch ist es das erste mal, dass ich einen psychischen Aspekt einbringen möchte.

2008 wurde ein atypisches Meningeom im Bereich des Keilbeinflügels zweimal operiert, konnte aber nicht vollständig entfernt werden. Eine vorgeschlagene konventionelle Strahlentherapie lehnte ich ab, als mir vom AKH Wien eröffnet wurde, dass eine Erblindung als Spätfolge nicht auszuschließen sei. Ich wechselte das Krankenhaus und unterzog mich in den Jahren 2008 bis 2010 drei Gamma Knife Behandlungen in Graz. Wie ich zuletzt vom Augenfacharzt erfahren habe ist die fortschreitende Sehschwäche am linken Auge auf eine Schädigung des Sehnerves zurückzuführen, der noch näher nachgegangen werden soll.

Im November 2013 hatte ich zwei generalisierte epileptische Anfälle und vor kurzem musste ich erfahren, dass sich rechts des Keilbeinflügels ein weiteres Meningeom gebildet hätte, dass noch nicht behandelt wurde. Ich solle vorerst die nächste Kontrolle im Juni 2014 abwarten, aber es sei von einem Handlungsbedarf auszugehen. Die Neurochirurgen tendierten zuletzt eher zu einer Strahlentherapie, der aber die Radiologen aufgrund der zahlreichen Vorbehandlungen (1 Ganzhirnbestrahlung 1986 nach Leukämie, 3 Gamma Knife Behandlungen 2008/2010) kritisch gegenüberstehen. Es bleibe mir überlassen die richtige Therapie zu wählen - doch zu dieser Frage habe ich schon in andere Threads auf hirntumor.de gepostet.

Jetzt möchte ich aber zu der psychologischen Problematik kommen. Ich hatte den Termin auf der neurochirurgischen Ambulanz des LKH Graz im beisein eines Freundes wahrgenommen, der aber nur eine beobachtende Rolle einnehmen sollte. Wie er mir später erzählte sei ich trotz mancher unschöner Details im dem Gespräch dem Arzt völlig emotionslos begegnet und hätte meinen vorbereiteten Stichwortzettel penibel abgearbeitet. Dafür wurde ich dann auch vom Arzt gelobt, dass ich mich "sehr gut auskennen" würde und im Arztbrief wird mein "äußerst guter Zustand" und meine "unverändert sehr gute Lebensqualität" erwähnt.

Es liegt mir fern zu lamentieren, aber ich würde meine Verfassung nach den zahlreichen Behandlungen und Vorfällen sowie den Fragen der Ungewißheit keinesfalls derart hochloben. Konzentrationsstörungen, Kopfschmerzen und Schlafstörungen erhöhen auch nicht unbedingt die Lebensqualität. Die Formulierungen in dem Befundbrief zeigen mir, dass ich vor dem Arzt unbewusst ein mentales Schauspiel abgezogen habe. Das Ausleben von Emotionen hat noch nie zu meinen Stärken gezählt und dies wird offenbar so interpretiert, dass ich entweder emotionslos oder eben derartig selbstsicher wäre - was keinesfalls zutrifft. Meine Persönlichkeit erlaubt nur wenigen Menschen tiefe Einblicke in mein Seelenleben. Ein Psychologe hatte 2010 neben einem organischen Psychosyndrom eine Sozialphobie festgestellt.

Ich denke, dass das Gespräch mit dem Oberarzt in einer sympathischen Athmosphäre verlief. Dennoch konnte mein Freund beobachten, dass ich den Arzt fallweise nicht ausreden ließ, von meinen eigenen Recherchen erzählte und auch mit medizinischen Fachausdrücken nicht geizte - womit ich ungewollt, und bestimmt nicht das erste mal, ein gänzlich falsches Bild von mir abgab. Wie soll man damit umgehen?

LG Pedro

Titel: Re:Emotionales Verhalten gegenüber Ärzten
Beitrag von: frauypsilon am 15. Dezember 2013, 15:50:59
Hallo Pedro,

danke für deinen Beitrag. Ich kann dir leider keine Antwort geben, weil ich diese selbst suche und finde es toll, dass du das, was mich derzeit auch beschäftigt, so gut ausformuliert hast.

Ich bin zwar ein sehr emotionaler Mensch, aber beim Arzt auch immer sehr strukturiert, gut vorbereitet, arbeite genau wie du meinen Zettel ab und mache einen auf- und abgeklärten Eindruck. Heulen tue ich dann, wenn ich draußen bin. Ich bin Ende September an meinem Meningeom operiert worden, bzw. ist mein Meningeom (Konvexitätsmeningeom) entfernt worden.

Leider habe ich seither immer noch viel Konzentrationsstörungen, Wortfindungsstörungen, fange an zu stottern, wenn ich erschöpft bin und habe Sensibilitätsstörungen im rechten Arm und der rechten Hand und wohl immer noch einfach-fokale Anfälle sowie auch die besagten Schlafstörungen und fette Migräneanfälle. Wenn ich das erzähle, glaubt man es mir kaum, weil ich alle Konzentration immer für diese Gespräche zusammenziehe, dann dort "normal" funktioniere und hinterher bricht alles zusammen. Das kann mein Mann, der fast immer bei den Ärzten dabei ist, nur bestätigen, denn er sieht ja auch beide Seiten.

Mir fällt im Moment dazu nur ein, sich bei den Ärzten genau so zu geben, wie im vertrauten Kreis, mit allen Schwächen. Aber wie ich das angehen soll und verhindere, dass ich doch dann immer dort mein Sonntagsausgeh- und Expertengesicht zeige, habe ich noch nicht herausgefunden. Ich schwenke automatisch in den Modus und mache dann den Eindruck einer ganz "gesunden" Patientin, die gut beieinander ist.

Ich würde mich freuen, wenn hier eine Diskussion zu dem Thema entsteht und noch viele Beiträge kommen, weil ich mir denken kann, dass es noch anderen so geht. Vielleicht finden wir gemeinsam eine Lösung, wie man damit umgehen kann. Oder andere berichten aus Ihrer "Trickkiste".

lg
frauypsilon
Titel: Re:Emotionales Verhalten gegenüber Ärzten
Beitrag von: TinaF am 15. Dezember 2013, 17:10:18
Hallo Pedro,

ich gehe üblicherweise auch gut vorbereitet zu meinen Arztterminen, habe meinen Stichwortzettel dabei, kann mit Fachbegriffen umgehen, erwarte Infos statt Gerede um den heißen Brei und "bewahre die Haltung". Wenn ich in solchen Gesprächen meine Beschwerden schildern soll, kommt es mir selbst oft genug absolut lächerlich vor, denn von meinen Wortfindungsstörungen, meinen Konzentrationsproblemen, meiner mangelnden Belastbarkeit, der schnellen Erschöpfung etc. ist da absolut nichts zu merken. Diese Probleme schlagen dann nach dem Termin wieder zu, ich bin völlig fertig, bekomme keinen gerade Satz mehr raus, bin den Tränen nahe. Erst letzte Woche hatte ich so ein Erlebnis. Während eines fast einstündigen Termins habe ich fehlerfrei gesprochen, konnte mich gut ausdrücken und konnte auch den Ausführungen meines Gegenübers problemlos folgen. Nachdem ich wieder zu Hause war, habe ich meinen Mann angerufen und wollte ihm von dem Gespräch berichten, nur leider war mein Wortschatz auf einmal sehr klein, mir fielen die einfachsten Wörter nicht mehr ein oder ich habe sie verwechselt, so dass ich das Telefonat beendet und das Gespräch auf den Abend verschoben habe. Wenn ich so vor mich hinstottere und nach den richtigen Begriffen suche, dann klingen meine Beschwerden doch wesentlich glaubhafter.

Ein einziges Mal habe ich nicht so perfekt "funktionert", da kamen mir noch während des Gesprächs die Tränen und was ist passiert? Man hielt mich für ein psychisches Wrack und geht seitdem davon aus, dass meine Beschwerden (ausschließlich) psychischer Natur seien. Und es gibt immer wieder Ärzte, die diese Diagnose gern übernehmen und mehr oder weniger so tun, als wenn die von mir geschilderten Beschwerden nach einer Kopf-OP mit Entfernung eines großen Tumors völlig undenkbar wären. >:(

Ich habe somit zwei Bilder von mir abgeliefert und beide waren falsch. Auch nicht besser.

Noch ein Beispiel: Eine bei mir ausgeprägte Schwindel- bzw. Benommenheitsproblematik wurde ausführlichst von allen denkbaren Fachrichtungen abgeklärt. Es konnte nichts gefunden werden außer dem Narbengewebe im Hirn nach der OP. Mein Neurologe erklärte daraufhin, dass es ihm ja schon klar gewesen sei, meine Beschwerden seien psychischer Natur. Die Ärzte in der Schwindelambulanz der Uniklinik sagten dagegen, es sei eine zentrale Störung, verursacht durch das Narbengewebe im Gehirn. Bei meinem Neurologen habe ich übrigens nie geheult, da wurde ich nur einmal richtig sauer. Zeigt man sich also emotional, landet man offenbar schnell in der "Psychoschublade" und es ist verdammt schwer, da wieder rauszukommen. Und das macht die Sache auch nicht besser.

Ich werde weiterhin gut vorbereitet zu meinen nicht enden wollenden Arztterminen antanzen, meine Fragen stellen, bei den Antworten genau zuhören, nachhaken wenn erforderlich, mich sehr konzentrieren und meine Emotionen hoffentlich nur dort zeigen, wo ich weiß, dass sie richtig verstanden und eingeordnet werden.

Alles Gute für Dich!

LG TinaF
Titel: Re:Emotionales Verhalten gegenüber Ärzten
Beitrag von: enie_ledam am 15. Dezember 2013, 18:53:47
Hallo,

du konntest ja das Gespräch sehr gut nachanalysieren. Wie wäre es wenn du dir überlegst was genau du an dir/deinem Verhalten nicht mochtest und dann überlegst wie du gerne an dieser Stelle reagiert hättest und warum.
Und dann kannst du üben dich so in einer ähnlichen Situation zu verhalten?

Wenn ich bei meinem NC bin, dann versuche ich zu sagen wo es welche Probleme gibt er merkt sich das dann und schriebt es in seinen Arztbrief aber ich habe den Eindruck das ihm das egal ist, weil eine "Behandlungsempfehlung" gibt er nie und wenn ich nicht die Neurologin nach Ergotherapie frage passiert auch nicht wirklich viel. Ich heule aber auch nicht bei den Ärzten rum, sondern versuche alles zu sagen (die Hoffnung das die wissen was mir helfen kann habe ich schon lange verloren) und dann gucke ich wieder was mir helfen könnte. Ich war jetzt auch bei einigen Psychologen zum Probegespräch und eine wollte mich auf die ADHS schiene abstempleln, da habe ich auch direkt gemerkt das passt nicht und nach dem 2. Gespräch war ich nicht weiter da. Ich habe eine andere ausgesucht mit der es besser passt.
Hast du schonmal analysiert wann genau deine Beschwerden auftreten und wie und wo? Ich hatte z.B. auch jeden  Tag leichte Kopfschmerzen und genug getrunken habe ich auch. Ich hatte auch Rückenschmerzen und war beim Osteopathen und jetzt ist es weg. Also kamen die Kopfschmerzen vom Rücken und nicht von dem Tumor. Als ich meine Wiedereingliederung hatte habe ich Sehprobleme gehabt - das war enfach überanstrengung. Ich musste daann lernen ein paar Schritte zurück zu treten und habe dann auch durch Tipp von Psychologen einen Wochenplan erstellt un dem ich dann herausgefundne habe das z.B. mehr als 2x1 Stunde als Termin schaffe ich nicht am Tag. Jetzt versuche ich immer alles so zu planen das es nicht zuviel wird und ich habe gar keine schlechten Tage mehr. Mein NC tut übrigens auch irgendwie immer so als ob meine Beschwerden gar nicht durch die OP hätten entstehen können, ausser die Wetterfühligkeit.  ::)
solange mir Ärzte keine Pschopharmaka verschreiben können die die "psychischen Probleme" beheben können ist es mir egal was die denken. Die sehen mich max. 20 min in x Monaten und das war es. Ich hätte ehr Probleme wenn Freunde das so machen würden.
Achso einige Ärzte mögen es nicht, wenn man sich selbst im z.B. Internet informieren, vielleicht fließt das da auch mit ein ohne das er es zugeben will?!

Ich werde mal auch mit meinem Zettel anfangen im Januar bin ich wieder dran.

Lg enie
Titel: Re:Emotionales Verhalten gegenüber Ärzten
Beitrag von: Pedro am 15. Dezember 2013, 21:01:09
Ein abendliches Hallo an frauypsilon,  TinaF und enie_ledam,

Vielen DANK für eure Worte, die mir sehr wichtig waren.
Ich hatte ein wenig befürchtet, dass auch schon andere ähnliche Wahrnehmungen im Umgang mit Ärzten machen mussten...

Aber wie ich das angehen soll und verhindere, dass ich doch dann immer dort mein Sonntagsausgeh- und Expertengesicht zeige, habe ich noch nicht herausgefunden.
frauypsilon
Ja, das ist wohl auch mein Problem Ich habe aber den Vorsatz gefaßt emotionale Einblicke gewißermassen in meinen Stichwortzettel aufzunehmen - ich weiß, das hört sich etwas verrückt an und es besteht die Gefahr dass es etwas gekünstelt rüberkommt ...

Ich habe somit zwei Bilder von mir abgeliefert und beide waren falsch. Auch nicht besser.
Du hast schon Recht und ich verstehe dich sehr gut. Es kann bestimmt auch nicht wünschenswert sein als "psychisches Wrack" gesehen zu werden. Ebenso bin ich davon überzeugt, dass es einem  emotional aufgelösten Patient auch  nicht besser als uns ergeht. Aber wir sollten einen Mittelweg finden ...

du konntest ja das Gespräch sehr gut nachanalysieren. Wie wäre es wenn du dir überlegst was genau du an dir/deinem Verhalten nicht mochtest und dann überlegst wie du gerne an dieser Stelle reagiert hättest und warum.
Ja, das könnte ich durchaus. Aber beim nächsten Arzttermin setzt unbewußt wieder diese Automatik ein und es ergibt sich wieder dieses Verhalten, das fälschlich eine Überlegenheit vortäuscht. Natürlich hängt die Interpretation aber auch immer vom jeweiligen Arzt ab ...

Hast du schonmal analysiert wann genau deine Beschwerden auftreten und wie und wo?
Also Kopfschmerzen treten zumeist in Zusammenhang mit Stress auf, von dem ich mich vielleicht zu wenig abgrenze.

Achso einige Ärzte mögen es nicht, wenn man sich selbst im z.B. Internet informieren, vielleicht fließt das da auch mit ein ohne das er es zugeben will?!
Ja, solche Hinweise sollte ich mir vielleicht künftig sparen...

LG Pedro
Titel: Re:Emotionales Verhalten gegenüber Ärzten
Beitrag von: enie_ledam am 16. Dezember 2013, 15:31:25
Hallo,

ja diese Automatik musst du dann umgehen - das ist nicht einfach ;)
meine Automatik ist wenn ich nach Hause komme falle ich auf die Couch und mache den ganzen Tag nichts mehr - das muss ich auch umgehen - das ist sehr schwer aber ich will nunmal kein Renten-MiniJob-Leben ohne Freizeit. Also muss ich ran  :-\

Das mit dem Zettel und den Emotionen finde ich eine gute Idee. Warst du vor deiner Op auch schon so? ich finde ich bim emotional sehr abgestumpft, weiß aber nicht ob es mit dem Tumor zusammen hängt. Vielleicht solltest du einige Fachbegriffe noch umgangssprachlich umschreiben? Mehr fällt mir aber auch nicht ein. LG
Titel: Re:Emotionales Verhalten gegenüber Ärzten
Beitrag von: frauypsilon am 17. Dezember 2013, 09:34:56
Hallo Pedro,

emotionale Momente mit in den Zettel aufnehmen, ist eine gute Idee finde ich. Ich glaube nach meiner Erfahrung, die wenigsten Ärzte wollen die Emotionen sehen - sie wissen nicht, wie damit umgehen, wenn ein verzweifelter Patient vor ihnen sitzt und womöglich noch in Tränen ausbricht, aber wenn man es aufgeschrieben hat und dann rüberbringt.... das könnte ein Weg sein.

Ich habe mir angewöhnt, meinen Mann zu den meisten Terminen mitzunehmen, das haben die Ärzte zwar auch oft nicht gern, dass man zu zweit auftaucht, ist mir aber mittlerweile egal, und der kann dann zu meiner Verfassung auch noch was als nur mittelbar Betroffener sagen. Da er eine sehr ruhige, strukturierte Art hat, habe ich eher die Hoffnung, nicht in die Psycho-Schublade geschoben zu werden. Ist mir leider auch schon passiert, daher versuche ich im Termin nicht emotional rüberzukommen.

Ich informiere mich auch übers Internet und stelle gezielt Fragen, erwähne aber nicht die Quelle meiner Informationen.

Das mit den Kopfschmerzen bei Stress und auch nach Situationen/Zeiten mit höchster Konzentration kann ich nur so bestätigen. Habe ich auch, dazu reichlich Migräneanfälle. Wie ich da genau runterkommen kann, habe ich noch nicht herausgefunden. Manchen hilft ja autogenes Training. Mir leider nicht. Ich suche noch einen Weg.

Noch was kurz zur Bestrahlung: Ich kenne mich damit nicht gut aus, habe aber eine Freundin mit einem atypischen Grad II Meningeom, welches in der Nähe des Auges sass und nicht komplett entfernt werden konnte. Sie hat es in Heidelberg bestrahlen lassen, das Augenlicht konnte gerettet werden (mit Sichtwinkeleinbußen) und der Tumorrest verhält sich seitdem ruhig. Dies nur als Hinweis. Jeder muss seinen eigenen Weg finden und gehen.

Ich drücke dir die Daumen.

lg frauypsilon

Titel: Re:Emotionales Verhalten gegenüber Ärzten
Beitrag von: Pedro am 17. Dezember 2013, 15:09:57
Hallo enie_ledam,
Hallo frauypsilon,

Das mit dem Zettel und den Emotionen finde ich eine gute Idee. Warst du vor deiner Op auch schon so?
Ja, es war mir bestimmt auch vor den OP's nicht leicht gefallen gegenüber Fremden meine Emotionen zu zeigen. Meine Hausärztin, mit der ich mich gestern zu der Problematik ausgetauscht habe, meinte dazu ich hätte mit dem Neurochirurgen wohl "über Medizin gesprochen, nicht aber über meine Krankengeschichte". Sie vermutete auch, dass der Arzt aufgrund meines selbstsicheren Auftretens beleidigt gewesen sein könnte - das glaube ich aber ehrlichgesagt nicht, dafür gab es keinerlei Anzeichen.

Ich glaube nach meiner Erfahrung, die wenigsten Ärzte wollen die Emotionen sehen - sie wissen nicht, wie damit umgehen, wenn ein verzweifelter Patient vor ihnen sitzt und womöglich noch in Tränen ausbricht ...
Du hast bestimmt Recht, dass viele Ärzte damit nicht umgehen können. Aber wenn ein Patient - wie ich - völlig emotionslos rüberkommt verleitet dies auch zu falschen Schlüssen. Ich wäre doch in einem "äußerst guten Zustand" und hätte die Situation perfekt im Griff.

.. habe aber eine Freundin mit einem atypischen Grad II Meningeom, welches in der Nähe des Auges sass und nicht komplett entfernt werden konnte. Sie hat es in Heidelberg bestrahlen lassen, das Augenlicht konnte gerettet werden ...
Ich würde eine Behandlung in Deutschland keinesfalls ausschließen, doch weiß ich noch nicht wie das der Wiener Sozialversicherungsträger sehen würde. Auf der anderen Seite haben aber in Österreich gerade die Universitätskliniken Wien und Graz diesbezüglich einen guten Ruf - bin ich nur an die Falschen geraten oder ist doch in Wahrheit mein Verhalten an allem schuld ...?

LG Pedro
Titel: Re:Emotionales Verhalten gegenüber Ärzten
Beitrag von: frauypsilon am 17. Dezember 2013, 15:32:01
Hallo Pedro,

da muss ich doch direkt antworten:

Ich glaube, du bist nicht an allem schuld. Es hängt ganz viel davon ab, an welchen Arzt du gerätst, wie sein Tag gerade war und auch ob die "Chemie" zwischen euch stimmt.

Ich war z.B. mit meiner Tochter, die Epileptikerin ist, bei einem Neurologen, der bei uns als Koryphäe gilt. Er stellte meine Tochter als Simulantin da und als ich ihn dann fragte, wie man denn ein pathologisches EEG simulieren könne, verwies er mich mehr oder weniger der Praxis, sagte ich solle mir mit Tochter einen anderen Arzt suchen und schickte mich in eine Klinik, die würden mir schon sein Urteil bestätigen. Diese Klinik stellte dann bei meiner Tochter eine seltene Form der Epilepsie fest. Seitdem ist meine Meinung über Ärzte doch sehr gespalten und ich gehe erstmal sehr kritisch in jedes Gespräch. Was mir bei dem Tumor durch die hohe Betroffenheit nicht gelungen ist. Viele Ärzte mögen i.d. Regel nicht, in Frage gestellt zu werden, besser gesagt, fühlen sich teils durch Nachfragen jedweder Art in Frage gestellt, egal ob so gemeint oder nicht.

So oder so finde ich ein Arztgespräch immer auch ein wenig als Balanceakt und die Diplomatie habe ich leider nicht erfunden.

Hast du denn jemanden, der dich begleiten kann und bestätigen kann, dass du eben nicht immer so abgeklärt und "auf der Reihe" bist, wie es gerade den Anschein hat? Man hat ja immer nur die kurze Zeit im Arzttermin, um darzulegen, wie es um einen steht.

Manche Kliniken in Deutschland bieten ja eine kostenlose Zweitmeinung an, wenn du deine Unterlagen dort hin sendest. Wäre das vielleicht eine Möglichkeit, einfach um eine Aussage zu bekommen? Oder du rufst an und fragst, was ein Beratungstermin für eine Zweitmeinung kosten würde, wenn du als Selbstzahler kommst. Vielleicht wäre das noch eine Möglichkeit, damit du zu einer für dich guten Entscheidung kommst, wie es weitergehen kann?

lg
frauypsilon
Titel: Re:Emotionales Verhalten gegenüber Ärzten
Beitrag von: Pedro am 17. Dezember 2013, 23:33:58
Ich finde es ganz großartig, wie ihr mich hier unterstützt und möchte an dieser Stelle mal DANKE sagen.

Hallo frauypislon,
Hast du denn jemanden, der dich begleiten kann und bestätigen kann, dass du eben nicht immer so abgeklärt und "auf der Reihe" bist, wie es gerade den Anschein hat?
Ja, ein sehr guter Freund hat sich schon angeboten, mich künftig bei solchen Arztterminen zu begleiten und sich auch einzubringen. Ich war mit ihm auch schon vor wenigen Jahren gemeinsam bei einem Psychologen, ohne der Unterstützung des Freundes hätte ich es auch nicht geschafft mich etwas zu öffnen ...

Du hast schon recht, dass auch sehr vieles vom jeweiligen Arzt abhängt. Ich kann sagen, dass ich schon zwei Extreme erlebt habe. Der Neurochirurg, der mich 2008 zweimal in Wien operierte, gilt als Koryphäe auf seinem Gebiet. Sein Manko besteht lediglich darin, dass man nicht mit ihm reden kann. Als ich mit der von ihm vorgeschlagenen konventionellen Strahlentherapie nicht einverstanden war verweigerte er es Alternativen anzudenken und ich musste das Krankenhaus wechseln. Mit dem Neurochirurgem, bei dem ich vorige Woche in Graz war, kann man gut reden. Aber mit seiner Botschaft, dass er weder eine OP noch eine Strahlentherapie nahelegen möchte und ich einfach entscheiden soll kann ich auch nicht leben.

Manche Kliniken in Deutschland bieten ja eine kostenlose Zweitmeinung an, wenn du deine Unterlagen dort hin sendest. Wäre das vielleicht eine Möglichkeit, einfach um eine Aussage zu bekommen?
Diese Möglichkeit klingt unglaublich verlockend. Kannst du mir sagen, welche Unterlagen man in einem solchen Fall einsendet? - also nur die Arztbriefe oder eben auch die MRT Aufnahmen bzw. die CD? Ich möchte nicht unverschämt erscheinen aber darf ich dich fragen, ob du mir neurochirurgische Kliniken in Deutschland empfehlen kannst, die in Sachen Zweitmeinung besonders kompetent und kooperativ sind? Kennst du vielleicht sogar einen Fall, wo sich ein Österreicher in Deutschland behandeln ließ - offen bleibt für mich noch die Frage wie sich die Gebietskrankenkasse hier verhalten würde, aber das könnte ich erfragen.

LG Pedro
Titel: Re:Emotionales Verhalten gegenüber Ärzten
Beitrag von: TinaF am 18. Dezember 2013, 07:45:33
Hallo Pedro,

was die Zweitmeinungen angeht, schicke ich Dir mal die Links zu INI in Hannover und der Uniklinik Düsseldorf. Auf den Homepages erfährst Du auch, was für Unterlagen benötigt werden. Das Einholen dieser Online-Zweitmeinungen ist kostenlos.

http://www.neurochirurgie.uni-duesseldorf.de/index.php/online-beratung

http://www.ini-hannover.com/de/kontakt/uebersendung-von-patientendaten.html

Persönliche Termine vor Ort, bei denen Du mit einem Neurochirurgen sprechen kannst, kosten natürlich in jeder Klinik. Inwieweit die Kosten hierfür in Deinem Fall übernommen werden, kann ich Dir leider nicht sagen. Mich kostete ein Termin bei "meinem" Professor knapp 100,- EUR.

Wenn ich das jetzt richtig im Kopf habe, wurde die Frau v. fips2 in Mainz operiert, sie hatte auch ein Keilbeinflügelmeningeom. Ich hoffe, das stimmt jetzt auch. :-\ Am besten Du schreibst fips2 eine PM, er kann Dir dann sicher mehr berichten. Ansonsten gibt es in Deutschland eine Menge hervorragender NC, ich wurde z.B. in Nürnberg v. Prof. Steiner operiert. Er war vorher in Heidelberg und genießt einen ausgezeichneten Ruf. Und mit ihm kann man auch REDEN, er operiert also nicht nur! ;)

Ich hoffe, ich konnte Dir ein bisschen helfen.

LG TinaF
Titel: Re:Emotionales Verhalten gegenüber Ärzten
Beitrag von: frauypsilon am 18. Dezember 2013, 08:03:24
@ Tina,
danke, dass du hast mir die "Arbeit" abgenommen hast, genau die Adressen hätte ich auch für Pedro rausgesucht!

@Pedro,
meine Freundin mit dem Meningeom ist in Köln-Merheim operiert worden und ausdrücklich zur Bestrahlung nach Heidelberg geschickt worden und nicht nach Köln, obwohl die das auch machen, aber Köln hätte den Erhalt des Augenlichtes aufgrund die Bestrahlung sozusagen als schwer möglich angesehen, und Heidelberg konnte "zielgenauer" bestrahlen und eben das Augenlicht erhalten.

Ich selbst bin mit meinem Meningeom auch nicht in Köln gewesen, sondern in Freiburg. Dort hatte ich eine Zweitmeinung eingeholt und habe mich so gut betreut gefühlt, dass ich da direkt auch die OP machen wollte. Ich lasse mich dort auch weiter betreuen. Die Ärzte, die ich kennenlernen durfte, waren alle durchweg sehr nett, haben zugehört (was ja nicht die Regel ist) und ich fühlte mich ernstgenommen. Wie Tina schon sagte, die operieren nicht nur, mit denen kann man auch reden. Denn Chef hatte ich nicht, da Kassenpatient, aber das war auch kein Fehler, war not my cup of tea :-))

 Übrigens: Mainz hat auch einen ausgezeichneten Ruf, das hätte ich mir nach Freiburg als nächstes angesehen. Dies nur als Ergänzung zu Tinas Infos.

Einen Fall, wo ein Österreicher in Deutschland operiert wurde auf Kassenleistung, kenne ich leider nicht. Ich würde einfach mal bei der Kasse anfragen, ob es da Möglichkeiten gibt, wenn du den Fall schilderst und auch das spezielle daran.

lg
frauypsilon
Titel: Re:Emotionales Verhalten gegenüber Ärzten
Beitrag von: Pedro am 18. Dezember 2013, 14:46:26
Ich danke euch beiden für die wertvollen Informationen. Über die Weihnachtsfeiertage möchte ich dann meine Krankengeschichte ein wenig zusammenfassen und die eine oder andere Klinik kontaktieren.

Unabhängig davon werde bei der Wiener Gebietskrankenkasse mal anfragen, ob eine Kostenübernahme denkbar wäre. Die Kosten für ein Arztgespräch könnte ich sehr gerne privat übernehmen, bei einer Behandlung oder auch dem Krankenhausaufenthalt würde ich dann aber wohl schon an meine finanziellen Grenzen stoßen.'

LG Pedro
Titel: Re:Emotionales Verhalten gegenüber Ärzten
Beitrag von: KaSy am 19. Dezember 2013, 02:25:00

Hallo,

Ich bin über einige der Beiträge ziemlich überrascht, denn es scheint doch noch recht viele Ärzte zu geben, denen ein unaufgeklärter Patient lieber ist, weil man ihm sein Fachwissen aufdrücken kann.

Ich habe nur wenige solcher Ärzte kennen gelernt und diese waren entweder sehr jung und im Umgang mit Patienten noch bestrebt, mit ihrem Fachwissen zu glänzen oder hatten bereits sehr sehr lange Erfahrungen und konnten sich nicht mehr so gut auf die Mitarbeit, das Mitdenken ihrer Patienten einstellen.

Gerade Neurochirurgen, Strahlentherapeuten (und vermutlich auch Onkologen) kenne ich so, dass sie immer wieder betonen, sie würden für Fragen zur Verfügung stehen. Sie erklären möglichst verständlich und auch aus anderer Sicht, mit anderen Vergleichen, weil sie daran interessiert sind, dass der Patient die Erkrankung versteht und an der Therapie bewusst mitwirkt. Sie nehmen sich Zeit - nicht unendlich, aber auch nicht so, dass man sich vorkommt wie an der Imbissbude (links die Wurscht, rechts die Pommes und Was wollen Sie dahinten!).

Sicher - Internetwissen eines Patienten kann für die Ärzte "ein rotes Tuch" sein. Aber ist das nicht nachvollziehbar? Wenn man einen Fachbegriff "googelt", erhält man in kürzester Zeit Unmengen von Informationen (z.B. "Meningeom": 453 000 Ergebnisse in 0,15 Sekunden; mit der Ergänzung "atypisch": 49 100 in 0,22 s; mit "Operation" dazu: 61 000 in 0,33 s; hänge ich noch "stereotaktisch" dran, sind es 8 200 Ergebnisse, ...

Welcher Information soll man glauben? Es sind nicht am Anfang die richtigsten.

Die Informationen werden auch nicht auf den neuesten Stand gebracht (einzige Ausnahme: Wikipedia).
 
Ich habe z.B. für ein Gutachten drei Augenärzte genannt bekommen. Einer war bereits im Ruhestand und die anderen zwei waren dieselbe Person, die aber in den beiden genannten Kliniken gar nicht mehr tätig war. In der 3. Klinik war ich bei diesem Arzt, aber eine Woche danach musste er an Klinik Nr.4 wechseln. Laut Google arbeitet er nun an vier oder mehr verschiedenen Kliniken ...

Gerade bei Krankheiten findet man zu seinen Symptomen oft als erstes die unwahrscheinlichsten schlimmsten Krankheitsursachen. Kopfschmerz = Hirntumor = tödliche Krankheit = tiefe Depression = Suizid. Dabei hätte ein Spaziergang an der frischen Luft vielleicht genügt.

Aber ein Patient, der weitere Möglichkeiten erfragt oder ein Wissen anbietet, dessen Quelle er bedenkenlos nennen kann, der zeigt doch Interesse, als Partner mit dem Arzt an seiner Heilung mitzuwirken.

Das Internet allgemein ist fast genau so eine Quelle wie der Rat der Nachbarin, die übern Zaun ruft, dass sie auch jemanden kennt ...    

Aber der HT-Infotag, Selbsthilfegruppen oder die HT-Foren von der Dt. HT-Hilfe e.V  und unseres hier, das sind Quellen, die halbwegs informierte Ärzte anerkennen werden.

Ob Du, FrauYpsilon, es wirklich so meintest, dass Du in jedes Arztgespräch erst einmal sehr kritisch hineingeht? Das klingt für mich nach innerer Abwehrhaltung. Ist vielleicht nicht so. Aber ich würde bestenfalls beim gleichen Arzt besonders aufmerksam, kritisch sein. Bloß, wenn es so weit ist, würde ich versuchen, einen anderen Arzt zu finden. Und wenn das nicht möglich ist, könnte man versuchen, die Dinge auf den Tisch zu packen, die beim Patienten ein angespanntes Gefühl erzeugt haben, mit dem sie nun weniger gern gerade diesen Arzt aufsuchen.

Aber wieso sollte man die ungute Gefühlslage, die ein Arzt erzeugt hat, auf andere Ärzte übertragen? Jemand, der mit einem Arzt von vornherein kritisch spricht, wird es nicht schaffen, seine Vorschläge so anzubringen, dass sie freudig akzeptiert werden.
Aber ich glaube, dass das auf FrauYpsilon so nicht zutrifft.
Es bleibt aber die Erkenntnis: So wie ich mit dem Arzt rede, so redet er auch mit mir. (Frei nach: "So wie man in den Wald hineinruft, so schallt es heraus." ... oder anders: Gehe ich im Wald spazieren, so mag der Wald mich auch. Komme ich jedoch mit der Axt, ... dann könnte mir leicht ein dicker Ast auf den Kopf fallen.)
 
KaSy
 
Titel: Re:Emotionales Verhalten gegenüber Ärzten
Beitrag von: KaSy am 19. Dezember 2013, 02:51:49
Liebe Leute,
die es nicht so toll finden, dass sie bei Ärzten nicht anders können als "ihre Fassade zu wahren".
Ich möchte mal eine andere Sicht auf diese "äußere Fassade" werfen:

Die Neurochirurgen sind nicht diejenigen, die die Psyche unbedingt mit beurteilen müssen. Sie sind die Profis mit dem Skalpell. Und wenn sie die OP hervorragend meistern, dann ist es verdammt viel! Wenn sie außerdem noch Psychotherapeut sind ... naja, wäre vielleicht für den Patienten schön, weil er den NC während seiner Arbeit ja gar nicht sieht. Aber wenn ich mir vorstelle, dass ein NC so emotional wie ein Psychotherapeut an die OP herangeht ... Würde er dann noch "So radikal wie vertretbar." (Prof Unterberg, Heidelberg) operieren?

Würde ein besonders emotionaler Onkologe nicht das Heulen kriegen, wenn er mit seinen giftigen Medikamenten einen Nutzen zu erreichen versucht, der seinem Patienten Übelkeit, Müdigkeit, Fieber, schlechte Blutwerte, auf Dauer körperliche Schäden an den Nieren, ... beschert?

Auch Strahlentherapeuten müssen gesundheitsschädigende Risiken in Kauf nehmen bei Blutwerten, entstehenden Ödemen, Strahlennekrosen, kognitiven Einschränkungen, zeitweise oder dauerhaftem Haarverlust, ...  wenn sie helfen wollen. Sie dürften dort nicht arbeiten, wenn sie darunter leiden würden, was sie den Patienten "als Nebenwirkung" "antun".

Ja, ich habe durchaus Ärzte kennen lernen dürfen, die das unterscheiden können - "Fachidiot" (im besten Sinne dieses Wortes) am OP-Tisch oder bei der Bestrahlungsplanung und im Arzt-Patienten-Gespräch auch Psychologe. Wenn man dazu noch merkt, dass diesen Fachärzten ihr Beruf rundum Spaß macht und sie diesen Spaß aufmunternd in die Patientenzimmer tragen, dann ist dieser Arzt nahezu perfekt.
 
Die Mehrzahl der Ärzte wird sich mit dem Patienten über die Therapie und deren Aussichten, Folgen, ... auf ihrem Fachgebiet beraten. In einem solchen fachlichen Gespräch loszuheulen, damit der Arzt merkt, wie instabil man ist, das ist nicht gut. Man will die Fachinfos und wenn man seiner Angst und Wut beim NC Luft macht, kann man die nicht mehr aufnehmen.

Dazu gibt es die Psychotherapeuten, gegebenenfalls zuerst den Hausarzt.
Seine "Fassade" wird man auch bei einem Psychotherapeuten zunächst wahren. Man kennt diesen Menschen ja gar nicht. Aber nach und nach wird man in diesen Gesprächen seinen Frust offenbaren. Die eigene Unsicherheit wird klarwerden, die Angst wird sich zeigen und die Wut gegen diese so ungerecht gerade einen selbst getroffene Krankheit.


Ich habe während meiner nun schon sehr langen Psychotherapie viel erzählt - wann es mir wie schlecht geht. Aber im normalen Tonfall.
Ich fragte ihn dann einmal, ob er eigentlich merken würde, wenn ich ihm sonstwas vorjammere, was gar nicht stimmt. (Es gibt Menschen, die so gut schauspielern können, dass sie als psychisch schwer Erkrankter arbeitsunfähig geschrieben werden und dies bis zur EU treiben.) Er fragte mich daraufhin verblüfft, ob ich bei ihm etwa schauspielere. Was ich nicht wissentlich tat, aber im Beruf als Lehrer tut man das schon mitunter. (z.B. Ehe man jedes Kind so lieben kann wie es ist, dauert es seine Zeit, in der man so tut, als wäre es so.)   
Einmal war er regelrecht überrascht, dass ich aus dem normalen Erzählen heraus plötzlich zu weinen begann und er machte sich dann sogar selbst Vorwürfe deswegen. Ich dagegen war eher froh, dass mir das gerade bei ihm passierte, weil ich ihm erzählt hatte, dass das bei mir immer mal wieder so ist. Und nun konnte er es selbst wahrnehmen. Es hat ihn auf Dauer beeindruckt.
 
Das heißt aber auch, dass sogar ein Psychotherapeut nicht so oft sieht, wie seine "Psycho-Patienten" entnervt, heulend, wütend, um sich tretend, Türen schlagend ... reagieren.                        
                                                                    Denn so ist der Mensch nun mal. Vor anderen lässt er sich nicht gehen.

Es ist die Kunst der Psychologen, hinter die Fassaden zu schauen.

Die mitunter nur kurzen "Öffnungszeiten" seines "Klienten" intensiv zum Blick hinter die Fassade zu nutzen und aus dem, was er dort "fetzenweise" wahrnimmt, ein Bild zusammenzubauen, das dem Hilfesuchenden zumindest ähnelt. 

Das kostet viel Zeit des Kennenlernens. Die hat ein auf Hirntumore spezialisierter Facharzt nicht. Dem könnte man ein Briefchen seines Psychotherapeuten mitbringen, wenn man denn unbedingt darauf hinweisen möchte, wie schlecht es einem auf bestimmten Gebieten noch geht. Bloß - was soll der NC dann tun?
Klar - einen Psychotherapeuten empfehlen. Oder eine Reha. Oder Psycho-Medis. Wegoperieren oder wegbestrahlen oder wegchemotherapieren kann man die psychischen Probleme nämlich nicht. Da kann man dort seine Fassade wahren, wo man auf Fachinformationen angewiesen ist und sie dort fallen lassen, wo man die Chance hat, dass einem geholfen wird.

Andauernd heulend durch die Gegend wandern - das macht einen nicht glücklich.
Dann lieber dort Optimismus tanken, wo man ihn kriegen kann, beim nicht gewachsenen Tumor, bei der unveränderten MRT-Fotoserie, den diesmal endlich wieder guten Blutwerten.

(... Die kann gut reden, denkt Ihr jetzt sicher, aber selbst hat sie hier den allerlängsten Psycho-Thread. Stimmt. Aber auch viel Erfahrung.  ??? So wie die Raucher, die sagen: Rauchen abgwöhnen ist gar nicht schwer, ich habe es schon 20 mal gemacht." ;D)  )

Eure KaSy
Titel: Re:Emotionales Verhalten gegenüber Ärzten
Beitrag von: jannopeter am 19. Dezember 2013, 07:47:48
Oh Kasy,
wenn wir Dich nicht hätten!!!
Wir lieben dich - so wie du bist.
Jannopeter
Titel: Re:Emotionales Verhalten gegenüber Ärzten
Beitrag von: frauypsilon am 19. Dezember 2013, 07:55:01
Guten Morgen,

die langen Ausführungen von KaSy möchte ich hier nicht im Einzelnen kommentieren. Sie hat mich anscheinend falsch verstanden.

Wir kennen gegenseitig unseren persönlichen und fachlichen Hintergrund und Werdegang nicht, und ich möchte deshalb zu ihren Anmerkungen im Einzelnen keine Stellung nehmen. Dies würde sicher auch den Thread sprengen. ;-)

Eine PN zur Klärung von Rückfragen wäre an dieser Stelle der bessere Weg gewesen.

lg
frauypsilon
Titel: Re:Emotionales Verhalten gegenüber Ärzten
Beitrag von: KaSy am 21. Dezember 2013, 00:24:04
Liebe FrauYpsilon,
ich habe Dir wirklich nicht zu nahe treten wollen, aber als ich die folgenden Sätze in Deiner Antwort an Pedro99 las, bekam ich schon einen Schreck. Ich habe mir aber dann gedacht, dass Du es sicher nicht genau so mit allen Ärzten wirklich machst. 

... Seitdem ist meine Meinung über Ärzte doch sehr gespalten und ich gehe erstmal sehr kritisch in jedes Gespräch.
... Viele Ärzte mögen i.d. Regel nicht, in Frage gestellt zu werden, besser gesagt, fühlen sich teils durch Nachfragen jedweder Art in Frage gestellt, egal ob so gemeint oder nicht.
... So oder so finde ich ein Arztgespräch immer auch ein wenig als Balanceakt und die Diplomatie habe ich leider nicht erfunden.
... lg frauypsilon

Und ich meine, es auch so ausgedrückt zu haben:

Ob Du, FrauYpsilon, es wirklich so meintest, ...   ...   ... Aber ich glaube, dass das auf FrauYpsilon so nicht zutrifft.
KaSy

Ich bitte Dich zu verstehen, dass ich diese Sätze nicht als Deine angebliche Handlungsweise stehen lassen wollte. Ich habe Pedro99 kennengelernt und er stellt uns hier viele viele Fragen. Er braucht und verlässt sich auf unsere Antworten. Ich möchte nicht, dass er an den Ärzten zweifelt, die er für seine Therapien dringend benötigt.

Es tut mir Leid, wenn Du das u.a. wegen der namentlichen Nennung als Angriff auf Dich aufgefasst hast, es war wirklich nicht so gemeint. Mit Deinen Erfahrungen gibst du hier so viele wertvolle Antworten! Du bist hier im Forum ein wichtiges aktives Mitglied! Und das meine ich so!

KaSy
Titel: Re:Emotionales Verhalten gegenüber Ärzten
Beitrag von: Pedro am 21. Dezember 2013, 05:13:48
Eure Unterstützung ist mir wirklich sehr wichtig, liebe Leute - und ich bin euch sehr dankbar dafür.

Die Neurochirurgen sind nicht diejenigen, die die Psyche unbedingt mit beurteilen müssen.
Ja, da hast du völlig Recht. Ich erwarte mir vom Neurochirurgen auch keine psychische Unterstützung - aber ich habe damit gehadert, dass ich bei dem Termin in Graz völlig falsch rübergekommen bin. Wobei ich dafür in erster Linie nicht dem Arzt, sondern mir selbst einen Vorwurf gemacht habe.

Vorgestern hatte ich dann einen Termin bei einem Neurologen in Wien - in erster Linie wegen den Epilepsien, aber auch das Meningeom kam zur Sprache. Ich war danach sogar ein klein wenig stolz auf mich, wiesehr es mir gelungen war meinen Vorsatz umzusetzen. Ich sprach deutlich langsamer, vermied Fachausdrücke und fiel dem Arzt auch nicht ins Wort wenn er mir etwas sagte was ich vielleicht schon gehört hatte. Auch mein Freund, der bei dem Termin wieder dabei war, bestätigte mir dass ich anders als zuletzt in Graz aufgetreten war. Auch der Neurologe riet mir zu einer abwartenden Haltung - aber ich durfte auf Lob für meinen "äußerst guten Zustand", meine "sehr hohe Lebensqualität" und mein "gutes fachliches Auskennen" verzichten. Ich werde nun auf Anraten des Neurologen im Jänner noch einen weiteren NC in Wien aufsuchen - wenn dieser mir auch zu einer abwartenden Haltung rät, werde ich es wohl glauben müssen. Ebenso im Jänner werde ich einen Psychologen aufsuchen und mit ihm über die Möglichkeiten einer Therapie sprechen.

LG Pedro

Titel: Re:Emotionales Verhalten gegenüber Ärzten
Beitrag von: enie_ledam am 21. Dezember 2013, 06:26:04
Ich finde man sollte bei der Arzt geschichte nicht vergessen das die NCs auch Feedback von den Patienten brauchen. Auch ein NC sollte daher fragen wie es dem Patienten geht und was für Probleme er hat. Er, als Mediziner, sollte das ja dann auch mit nötigem Abstand sehen also fachlich nicht persönlich und kann somit für die nächsten Patienten "forschen" was passiert wenn man nach Schema x oder y vorgegangen ist. Das ist alles individuell aber ich denke ich würde lieber die Sprache verlieren oder anders behindert sein, als zu sterben. Das ist auch wieder individuell und sehr schwierig zu beurteilen, denn der Patient muss mit den Konsequenzen leben, und hier im Forum sieht man ja wie breit die Nebenwirkungen gefächert sein können. Ich hätte lieber Sehfeld Einbuße als eine so extrem geringe Belastbarkeit. Aber der damit leben muss wünscht sich vielleicht etwas anderes.

Da mich an mir andere Dinge stören kann ich zum Thema Psychologe und Hirntumorpatient wenig sagen. Ich hoffe das mein Psycho mit hilft einen Plan aufzustellen und mir mein physisches und psychische Belastbarkeit weitest gehend wieder erarbeitet. Aber da muss ich Kämpfen und die anderen helfen mir nur. Ich bin es die lernen muss kürzer zu treten (was igelchen noch nicht lerernt hat ;-P), geduldig zu werden, grau töne zu sehen. Und lernen das es auch mal schlechte Tage gibt und wie man damit gut umgeht (auch wieder individuell)
Titel: Re:Emotionales Verhalten gegenüber Ärzten
Beitrag von: frauypsilon am 21. Dezember 2013, 10:30:25
@ kasy
liebe Kasy, ich danke dir sehr herzlich für deine Worte

@pedro
toll, wie du deinen letzten Termin gemeistert hast, das freut mich und du machst es richtig, wenn du noch einen weiteren NC aufsuchst. Das ist wichtig, damit du dann für dich sortieren kannst und mehr Sicherheit bekommst. Auch der Psychologentermin ist für dich sicher ein guter Weg. Und auch hier hilft ein Stichwortzettel gut weiter, damit man nicht für sich wichtige Punkte vergisst anzusprechen.

@enie
du hast vollkommen recht

@alle
vielleicht gehen wir manchmal von unterschiedlichen Begriffsdefinitionen aus. Für mich ist das Wort "kritisch" nicht negativ belegt. Kritisch bedeutet für mich, dass ich wach die Worte des anderen prüfe, dass ich mit meinem Gegenüber auf Augenhöhe kommunizieren möchte, wohl wissend, dass er natürlich fachlich mir meist überlegen ist. Aber ich möchte ernst genommen werden als Gesprächspartner mit meinen Fragen.

Und dazu gehört natürlich, dass er mich als Person sieht. Ein Arzt muss sich sicher abgrenzen und darf nicht alles an sich heranlassen.
Trotzdem muss ein Arzt Menschenkenntnis haben und mit Menschen umgehen können, sonst hat er m.E. nach seinen Beruf verfehlt. Er muss sehen, "wer sitzt mir gegenüber und wie kann ich meine Nachricht dieser Person am besten vermitteln?" Das zeichnet für mich einen guten Arzt aus. Er soll nicht die Psyche heilen oder therapieren, aber unterscheiden können, ob er dem Patienten gerade heraus alles sagen kann oder besser "durch die Blume", ob er Fachwörter benutzen kann oder lieber den Sachverhalt in einfachen Worten darlegt.

Ich möchte z.B. immer den besten und den schlimmsten Fall wissen und kann dann für mich sortieren. Für einen anderen wäre das vielleicht grundfalsch, weil er nicht damit umgehen könnte und lieber nur das Nötigste wissen will.

Das muss ein guter Arzt, egal welcher Fachrichtung, spüren können. Leider ist diese Menschenkenntnis nicht oder viel zu wenig Bestandteil eines Medizinstudiums. Es geht nach Abi-Durchschnitt und nicht nach Eignung oder Berufung.

lg
frauypsilon
Titel: Re:Emotionales Verhalten gegenüber Ärzten
Beitrag von: Igelchen am 22. Dezember 2013, 13:32:02
huhu an alle,

hab als nur gelesen, weil wenn ich nicht gerad gut geht, dann bring ich zu komplizeit alles rüber.

hey enie geduld......wie kommst du da grad auf mich??... ;D ;D
an sich zu gehen wenn mann seinen eigenen erwrtngen an sich stellt (geprägt...genetechnisch so erschaffen :)) das geb ich zu hab ich seit den über 6 jahren nur anteilig gelernt, brauch ja ne beschäftigung als erwerbsunfäiges mennilein  ;D ;D ich wachs an meinen herausforderungen ;)

ich seh es manchmal wenn mein durchhänger unnötig sich verlängert ein ansporn und manchmal oh wunder ist es dann ja auch gut gegangen und ich bin dann auch stolz über mich. dies ist die kleine anerkennung an mich selber etwas geleistet zu haben im vregleihc zu dem was ich nimmer kann (das zum thema schauen was kann ich schon wieder und nicht was ist mir geblieben gelle das kennen wir alle oder? ;))

bin aber froh wenn du mich als drauf hinweist ich soll mal am stopschild stehen bleiben, weil meine achtsamkeit zu mir selber grad von mir ignoriert wird und ich net sehe was die folgen daraus komen können oder es mich aus den lastschen haut ;D ;D ;D

ich sag kurz wie toll kasy ihre ausführung geschieben hat, wie gut das frau ypsilon beschreibt aus welcher situation heraus sie erfahrungen gesamelt hat die einen beeinflussen und ist man ehrlich das ham wir alle das schon getan bewußt oder unbewußt. alles ist doch um uns gegenseitig zu unterstüzten uns eine "stütze" in vielen facetten zu sein die von außen kommen und weniger emotional wie die vom partener oder familie ist (ich empfind das so)

das ist das tolle und manchmal verwirrenede an unserem thread hier, die vielfältigkeit die uns dadurhc gezeigt wird. es kann beruhigend wirken, ist informatief, manchmal macht es den einen odr anderen ja ängstlich und ließt man die gleichen beiträge an einem anderen tag wenn es seine verfassung besser ist, so versteht man die zusammenhänge besser und es fällt einem die klienen details auf.

mir gehts auch so. soviele texte lese ich, und in jedem finde ich meist auch wenn ich mich auch ertappt habe das ich wie so ein kleines stück angegriffen fühle einiges an wahrheit/was stimmt (kann es grad schlecht umschrieben was ich mein.........mein hirn tillt gleich wie en flipper).

also pedro bleib dran, schau nach dir nimm gute informationen auch von den ärzten, die entscheidung wie , was wo du was machst ist deine eigens getroffene entscheidung so wie wir alle das machen müssen sollen sonst dreht man sihc immer im kreis und findet kein ende. im voraus kann keiner sagen ist es 100% das richtige?? was war ist als efahrung da, das heute is morgen rum, was dann kommt kann keiner sagen. das gehört zum leben. spannend, bereichenrd,enttäuscht verzeifelt,zufrieden, zum heulen dann zum lachen usw.

allen eine guten schönen 4. advent

s igelchen
Titel: Re:Emotionales Verhalten gegenüber Ärzten
Beitrag von: Pedro am 07. Januar 2014, 21:30:03
Liebe Leute,

Ich habe seit meinem Termin in Graz, von dem ich am Beginn diesem Thread erzählt habe, zwei weitere Arztgespräche in Wien absolviert - einmal bei einem Neurologen wegen der Epilepsie und heute beu einem Neurochirurgen.

Obwohl ich ganz bestimmt nicht sagen würde, dass ich mich verstellt habe bin ich den Ärzten gänzlich anders gegenübergetreten und habe zweifellos davon profitiert. Während ich in Graz gelobt wurde, dass ich  mich "so gut auskennen würde" bekam ich heute von dem Neurochirurgen zu hören, dass er den Eindruck hätte, dass ich "nicht wüsste wie es weitergeht". Die letztere Aussage ist die durchaus zutreffendere und der Arzt konnte mir mit seinen kompetenten Aussagen auch neue Perspektiven aufzeigen.

Ich bin selbst überrascht, wie gut ich meinen Vorsatz umsetzen konnte ohne mich selbst zu verleugnen. Ich muß als Patient nicht von einer Progredienz oder einer Extirpation sprechen - mit diesen Worten täusche ich ungewollt eine medizinische Kompetenz vor, die in Wahrheit keineswegs vorhanden ist.

Die Diskussion in diesem Thread war jedenfalls sehr aufschlußreich. Ich weiß es nicht, ob manchen Ärzten ein uninformierter Patient lieber ist. Ich hatte auch für meinen heutigen Arzttermin einen Stichwortzettel mit Fragen vorbereitet, habe diesen aber nicht ganz so penibel wie zuletzt abgearbeitet und mich auf wenige aber wesentliche Kernaussagen beschränkt.

LG Pedro
Titel: Re:Emotionales Verhalten gegenüber Ärzten
Beitrag von: haijaa am 08. Januar 2014, 03:45:48
Hallo Pedro,
 ich lese das gerade und freu mich so mit Dir! ... es ist ja selten einfach sich zu ändern... mir scheint das brauchst du auch nicht , du scheinst authentischer zu sein und das kommt an!- das ist mutig-
wünsch dir, dass es mit der shg auch so gut läuft. Hut ab! für die tolle website!
lg
Titel: Re:Emotionales Verhalten gegenüber Ärzten
Beitrag von: Bluebird am 09. Januar 2014, 09:10:51
Hallo,

manchmal ist es wohl klüger, nach dem Motto zu verfahren "stelle Dich nicht schlauer als der Arzt ist." ;) Wie man in so ein Arztgespräch geht und wie es sich entwickelt, entscheide ich von Fall zu Fall. Manche schalten auf stur, wenn sie merken, dass der Patient sich informiert hat, andere finden das wiederum vernünftig, weil sie erkennen, dass der Patient am Gelingen des Heilungsprozesses eine Mitverantwortung tragen will. Mir ist auch schon passiert, dass ich in einem Arztgespräch tunlichst vermieden habe,  meine im Laufe der Zeit gewonnenen Kenntnisse preiszugeben, woraufhin der Herr Doktor mich mit Fachlatein zugeschüttet hat.

Sich selbst treu bleiben, also authentisch sein, ist sicher richtig.

Alles Gute für 2014
Bluebird
Titel: Re:Emotionales Verhalten gegenüber Ärzten
Beitrag von: frauypsilon am 09. Januar 2014, 14:50:27
Hallo Pedro,

schön, dass es für dich so gut bei den Ärzten gelaufen ist und du ganz bei dir warst.

Das wünsche ich mir für meinen Neurologentermin am Montag auch! Ich habe mir vorgenommen, einiges aus diesem Thread zu beherzigen und dennoch ich zu sein.

Alles Gute auch von mir für 2014
frauypsilon
Titel: Re:Emotionales Verhalten gegenüber Ärzten
Beitrag von: Pedro am 09. Januar 2014, 15:22:49
@haijaa:
Danke für deine Worte zur SHG - am 17.1. wird es das erste Treffen in Wien geben.

@Bluebird:
Die Ärzte sind bestimmt sehr unterschiedlich und es wäre wichtig wenn man sich als Patient auf das Gegenüber optimal einstellt. Ich bin mir nicht sicher ob ich das immer schaffen kann, aber ich bleibe nach den letzten Erfahrungen zuversichtlich ...

@frauypsilon:
Alles Gute für deinen Arzttermin am Montag. Ich habe jedenfalls zuletzt die Erfahrung gemacht, dass ein wenig tiefstapeln nicht schadet - wobei dass aber natürlich nicht heißen darf, dass man sich selbst verleugnet ...

LG Pedro
Titel: Re:Emotionales Verhalten gegenüber Ärzten
Beitrag von: schwede am 09. Januar 2014, 15:40:29
Hallo Pedro99,

ich wünsche dir gutes gelingen bei dem ersten SHG Treffen.


LG Schwede
Titel: Re:Emotionales Verhalten gegenüber Ärzten
Beitrag von: Pedro am 11. März 2014, 19:54:37
Hallo Leute,

Ich möchte den psychologischen Thread, den ich im Dezember gestartet habe, kurz um die letzten Entwicklungen ergänzen. Wie ich euch bereits erzählte habe ich mich im Jänner in die Hände eines sehr erfahrenen NC in Wien begeben, bei dem ich auch meine - vermeintliche - Selbstsicherheit nicht so intensiv auslebe. Es hängt auch viel von der Kompetenz ab, die der Arzt ausstrahlt, wie sich der Patient verhält. Am 25.3. werden die neuen Befunde einer Optikusatrophie besprochen, eine OP könnte anstehen.

Dennoch bin ich mit meiner Psyche noch lange nicht im reinen. Denn auch besonders in der Firma, wo ich seit über 16 Jahren arbeite, zeige ich unbewusst nur allzu gerne wie gut es mir doch gehen würde. Schon klar, es wäre auch für mich nicht allzu passend die Behandlung eines Hirntumor als Small Talk in der Pausenzone zu erwähnen. Und das Jammern war noch nie meine Sache, es belastet mich vielmehr bei meinen Mitmenschen wie Lapalien hochgespielt werden. Die schon länger eingeschränkte Konzentrationsfähigkeit macht es mir schwer mich mit neuen Aufgabenstellungen auseinanderzusetzen, was in der IT-Branche durchaus ein Problem sein kann. Ich habe von mir selbst den Eindruck, dass ich dieses Manko durch Quantität rechtfertige und mir damit einen Stress mache - obwohl mich eigentlich niemand direkt dazu drängt. Aber auch meine Sozialphobie - die Probleme bei der Eingliederung in ein neues Umfeld - machen die Sache nicht immer einfach.

Ich bin mir dessen bewusst, dass ich meinen Mitmenschen ein gänzlich falsches Bild von mir abliefere - nämlich das des Selbstsicheren, der alles unter Kontrolle hätte, zwar manchmal nicht allzu gesprächig wäre, sich aber gut artikulieren könne und psychisch gefestigt wäre. Das ist im wesentlichen eine ziemlich fatale Fehleinschätzung, an der ich aufgrund meines Verhaltens aber selbst schuld bin. Es mag schon sein, dass ich mich zu einem mir vertrautes Thema ganz gut artikulieren kann - aber es kommt völlig emotionslos rüber und bietet nicht die geringste Chance eines Einblicks in mein Seelenleben. Nur sehr gute Freunde meinten zuletzt, dass ich umgangssprachlich schon "etwas am Zahnfleisch kriechen" würde.

Ich bin nun vor wenigen Tagen zu der Erkenntnis gelangt, dass es hilfreich sein könne wenn ich es nach Außen trage dass ich mir diesem Problem bewusst wäre. So habe ich heute ein längeres Gespräch mit dem Betriebsrat unserer Firma geführt und wir hatten einen sehr angeregten Austausch. In den nächsten Tagen werde ich auch ein Gespräch mit meinen Vorgesetzten suchen - denen zwar meine Diagnose, aber keinesfalls die letzten Entwicklungen und mein psychischer Zustand bekannt sind. So ärgert man sich dann zwar, wenn zu Neujahr die oberflächliche Floskel  "gesund bleiben" fällt, frisst den Unmut aber in sich hinein.

Auf Anraten meiner Hausärztin, die auch eine psychosomatische Ausbildung hat, haben wir im Jänner einen Antrag auf eine Kur in Niederösterreich gestellt - das sollte voruassichtlich im Sommer aktuell werden. Es ist schon seltsam, dass ich diesen Umstand bisher noch niemanden in der Firma erzählt habe - fast so, als würde ich mich unbewusst dafür genieren. Das soll sich jetzt aber ändern, ich möchte es zumindest versuchen. Immerhin habe ich nach drei Schädel OP's, mehrfachen Bestrahlungen und epileptischen Anfällen bisher noch keine einzige Kurmaßnahme in Anspruch genommen und war stets darauf bedacht so rasch wie möglich wieder in die Firma zu kommen. Warum? - ich kann es nicht sagen ...

LG Pedro
Titel: Re:Emotionales Verhalten gegenüber Ärzten
Beitrag von: Bluebird am 12. März 2014, 08:24:00
Hallo Pedro,

Du fragst, warum Du Deinen Mitmenschen ein gänzlich falsches Bild vermitteln möchtest.
Ich glaube,  es ist das Bild, mit dem Du Dich identifizieren kannst und das den Anforderungen der Leistungsgesellschaft entspricht. Es ist nicht leicht, sich einzugestehen, dass sich durch die Erkrankung einiges verändert hat, physisch und psychisch. Deshalb bist Du aber kein schlechter oder gar minderwertiger Mensch bzw. Mitarbeiter. Wenn Deine Vorgesetzten, der Betriebsrat und die Kollegen das erst einmal verinnerlicht haben und Du Dein Arbeitspensum bzw. die Zeit, in der Du es schaffst, darauf eingestellt hast. wird eine neue Normalität eintreten. Mutig, dass Du in die Offensive gegangen bist. Gib Dir und Deinem Umfeld Zeit, sich an die veränderte Situation zu gewöhnen.

Für die REHA wünsche ich Dir besten Erfolg.

Gruß
Bluebird
Titel: Re:Emotionales Verhalten gegenüber Ärzten
Beitrag von: Bea am 12. März 2014, 11:20:09
Hallo Pedro,
hallo zusammen,

mein Prof hat mir mal gesagt, dass wir uns immer wieder mit dem vergleichen was bzw. wie wir vor der Diagnose waren. Da, so denke ich, liegt unser Problem.

So, wie Du Dich beschreibst, Pedro, sehe und agiere ich auch.
Dabei auf dem Zahnfleisch zu gehen ist völlig normal und ich kann es für Mitmenschen hervorragend verstehen und auch ansatzweise nach meinen Möglichkeiten auf den Punkt bringen.

Acht Jahre nach OP und nun aktuell mit Rezidiv und bevorstehender OP weiß ich theoretisch gut was ich anders machen sollte.

Mir hilft es, wenn ich bei den Ärzten auch mal die Frage "Und was heißt das nun genau" einbringe. Auch habe ich schon gesagt, dass mich meine Diagnose ca. 50% meiner psychischen Lebensqualität gekostet hat. Nach meinem Auftritt war das erst einmal ein Schock. Aber man hinterfragt auch und versteht mich dann.
Der Blick des jeweiligen Arztes ist ja immer nur ein kurzer Augenblick in den der Patient oft vorbereitet und konzentriert geht. Diese Fassade kann unmöglich über einen längeren Zeitraum aufrecht gehalten werden.

Ich wünsche Dir eine Reha, die genau nach Deinen Ansprüchen ist und kann Dir aus eigener Erfahrung nur raten; notiere Dir, was Du Dir von dieser Maßnahme versprichst und sage es ganz klar.

Alles Liebe und weiterhin einen guten Weg,
Bea

P.S. Auch wenn wir heute in unserem Umgang nicht mehr so sind, wie wir mal waren. Als Mensch sind wir weder besser noch schlechter geworden - nur anders  ;)
Titel: Re:Emotionales Verhalten gegenüber Ärzten
Beitrag von: KaSy am 12. März 2014, 22:06:47
Hallo, Pedro,

es ging mir auch so, dass ich meine Erkrankung(en) im vertrauten Arbeitsumfeld und bei den Freundinnen, in der Familie nicht zur Sprache brachte. Die habe ich in irgend so ein Zweit-Ich verfrachtet. Ich war wieder ich, mit all der Fröhlichkeit und den Scherzen und auch den beruflichen Fähigkeiten und Freuden. Da hätten die Krankheiten nur gestört.

Wenn es jedoch akut wurde, dann waren sie - plötzlich - mit aller Macht wieder da.
Auch, wenn ich mehr als sonst geschafft nach Hause kam und eigentlich hätte merken müssen, dass ich den fast jugendlichen Kindern gegenüber zeitweise sehr ungeeignet reagierte. Ich habe es nicht gemerkt und so konnte ich es auch nicht erklären, mir nicht, der Umgebung nicht.

Ich habe wohl zu lange so getan, als könnte ich noch alles wie immer schon. Ich hatte ja auch das Gefühl, dass es so war, dass ich mit der Berufserfahrung besser arbeiten konnte und das stimmte auch. Ich habe mich selbst verleugnet, indem ich mir meine Einschränkungen nicht eingestehen wollte. Ja, mitunter guckte ich die Liste an, auf die ich meine OP-Termine und Krankheiten und Ausfallzeiten geschrieben hatte und mir war klar, dass man jemanden mit einer solchen Liste kaum noch unter den Lebenden wähnen würde - und dieser Mensch arbeitet noch!

Aber das Trugbild, so zu sein wie vorher, war viele Jahre ein gutes Bild.

Bis ich in die Psycho-Falle tappte und verdammt tief fiel. Da hatte und habe ich jahrelang gebraucht, um das Trugbild mir, meiner Realität anzupassen. Mit jahrelanger psychotherapeutischer Hilfe. Das Leben ändern? Ich habe mich ewig gewehrt. Und war sogar stolz auf meine Leistungen im Beruf, der mich eigentlich zusätzlich immer weiter überlastete.

Aber es ist einfach menschlich, das "Böse" nicht an sich ranzulassen, so lange man das "Gute" leben kann. Und wenn es auch äußerer Schein ist.

Aber Hilfe suchen und nutzen ist nicht falsch. Du tust es im akuten Fall immer wieder. Aber wehrst Dich gegen die Reha. Ich konnte am Anfang, mit 37 Jahren, auch nicht wirklich was damit anfangen, aber es war gut und ich merkte es. Daraus langfristig Nutzen zu ziehen, war dann eine andere Sache. Aber auch das geht.

Du hast Dir eingestanden, was Dich gesundheitlich belastet. Du bist auf einige ausgewählte Menschen richtig zugegangen. Du wirst merken, sie werden Dich kaum anders behandeln. Du wirst weiter unbeschwerte Stunden leben dürfen. Aber wenn Du irgendetwas gerade nicht so kannst, dann wird es Dir leicht fallen, es den anderen zu sagen. Sie werden Dich von sich aus nicht schonen. Aber sie werden zu Dir stehen, wenn sie merken, dass Du es brauchst. Deine Diagnosen werden einmal auf den Tisch gepackt - und dann werden sie kein Frühstücksgesprächsthema sein. Das bleiben die Zipperlein, über die jeder seine Scherze machen kann. Mit Deiner, eigentlich nur kurzen, Offenheit wirst Du danach in Deiner Umgebung vorleben, dass und wie man mit Erkrankungen des Gehirns leben, arbeiten, lachen kann. Das wird Dir gut tun, denn das ist auch ein Nutzen, den Du erbringst: Man kann mit Hirntumorbetroffenen reden wie mit normalen Menschen. Die sind nicht bekloppt oder siechen dahin.

Du machst das richtig und es wird Dir gut tun und es Dir leichter machen, den kommenden Therapien und Entwicklungen entgegenzusehen und sie durchzustehen. Dafür alles alles Gute!!

KaSy
Titel: Re:Emotionales Verhalten gegenüber Ärzten
Beitrag von: Pedro am 13. März 2014, 14:27:11
Danke für eure Worte -
es ist wahrscheinlich wirklich so, dass man unbewusst das Bild wahren möchte - auch wenn man sich damit selbst nichts Gutes tut.

Ich hatte heute ein längeres Gespräch mit meinem Teamleiter, der sehr viel Verständnis für meine Lage zeigte. Er riet mir mehr auf mich zu schauen und mich krank zu melden, wenn es mir nicht gut gehen würde - was ich aber selbst nur tun möchte, wenn es sein muß oder ein vernünftiges psychotherapeutisches Konzept dahinter steckt.

Ebenso war ich heute bei meiner Hausärztin, die für mich den psychosomatischen Kuraufenthalt beantragt hat. Ich schilderte meine Sorge, dass ich mich bei der voraussichtlich im Sommer anstehen Kurmaßnahme zuwenig öffnen könnte und nichts bei der Kur herauskommen würde.  Sie möchte nun mit einem ihr bekannten Psychotherapeuten reden, ob ich dessen Dienste noch vor der Kur in Anspruch nehmen soll.

Unabhängig davon ist natürlich der 25.3. abzuwarten, wo ich die Meinung des NC zur diagnostizierten Optikusatrophie erfahren werde.

LG Pedro
Titel: Re:Emotionales Verhalten gegenüber Ärzten
Beitrag von: Igelchen am 14. März 2014, 11:12:59
hallopedro,

ich hatte einen kleinen unfall aber das ist nicht das theme. nur so viel, dass ich mein versprechen wegen deiner augendiagnose meinem sohn bereits mitgeteilt habe. er wird es weitergeben. ob wie und was dabei rauskommt konnte mein sohn nich sagen.

so nun zum eigentlichen, unsere psyche die bei uns allen hier schaden genommen hat bewußt oder unbewußt (bei manchen die es noch nicht bisher verstehen können und abwehren) wahrnehmen.

ich bin auch ein paradebeispiel von verdrängen, bloß nich noch zum ganzen schlammasel die psyche auch noch....nein die stimmt noch zu 100% wie immer!!!

ich habe mich getäuscht. sobald wir schon alleine zugeben, alleine die diagnose zieht uns den boden unter den füßen weg..........schwupp ist es im unterbewußtsein abgespeichert. der 1. grundstein ist gelegt und es werden weitere steine wie bei einer pyramide dazukommen.

so war es bei mir!!!

ich war durch ein anderen familiären grund 1 jahr vor meiner erkrankung in einer psychologischen reha. meine innere haltung war genau so: ich hab nichts und wenn die meinen ich brauch das (muss dazu sagen diese reha haben meine kinder mein jetziger mann mit meiner hausärztin in die wege geleitet). innerlich wußte ich ja da ist was tief verwurzelt aber das ist eben wenn man sagt, na ist klar die hatte ne schwere kindheit usw. (was im nachhinein betrachtet ja wirklich stimmt viele von uns schleppen große pakete auf den schultern mit sich ein leben lang).

ich bin nach 6 wochen nach hause und der fall war erledigt punkt aus wenn die alle zufrieden sind, ich habs gemacht und weiter gehts in meinem leben.

so nun kam der 13.4.2007 diagnose, op, 1.reha, anfall, alles abgearbeitet wie ich es mir so immer alees zurecht gelegt hatte, nur keine schwäche zeigen!!! Ich doch nicht!!!.

ich habe mich daran festgehalten an aussagen von z.b. arbeitgeber wir warten auf sie egal wie lange, geduld und es wird schon wieder usw. das habe ich so fest in mir verankert und habe nicht gemerkt wie sehr das zusätzlich mir ein weiteres bein gestellt hat. ich habe allen und ich meine allen etwas vorgespielt und die habe mitgemacht. sie konnten es ja nicht wissen weil ich es zu anfang vorgespielt habe. es gab keinen anlass für meine lieben daran zu zweifeln.

ich könnte jetzt meinen verlauf weiter ausholen was zuviel wäre und dir nur bedingt helfen würde.

nur soviel, ich habe mich geklammert and die aussage vom arbeitgeber, bis ich nach abbruch wiedereingliederung weiter reha, der 3.psychotherapeutin in zusamenarbeit mit der neurologin es fertig gebracht habe mir eine art kleinen schalter umzulegen. begreiflich zu machen wie die situation jetzt ist. zu hören von außen warum klammern sie sich so daran fest wieder in ihrem büro, an ihrem schreibtisch zu sitzen??? das bild in der vorstelle hat mir gezeigt es ist völlig unwichtig. sie sagten mir es ist nicht wichtig für mich (das könnte bei anderen ja anders sein) ich solle gesünder (also gesund werde ich nie wieder werden) ein annäherd lebensqualität bekommen mit der ich sagen kann ok es ist nicht top aber so ises nun mal.

wie schwierig deine situation ist den kampf mit dem augenlicht zu führen ist wirklich heftig. ob ich es damit ebenso hinbekommen würde ich weis es nicht. erst dann wenn einer in der gleichen situation drinnen steckt kann er mitfühlen.

ich hoofe sehr du hast familie und freunde die dich so gut wie du es ihnen nach ausen hin zeigt wie schwer deine problem nicht nur körperlicher sonder psychischer art ist , stützen, verstehen und unterstützen. sie es nicht als schwäche an, der druck den du auf dich selber damit legst ist groß.

ich bin mir sicher, in der reha wird dir der erste ansatz aufgezeigt den du danach bei weiterer passender psychotherapie ausbauen kannst. sie zaubert nicht alle probleme weg, vermag einzelne punkte aber in den hintergrund zu legen.

kein tag ist wie der andere wir alle, auch die nicht "tumorianer" müssen sich aufs neue einstellen.

bea und kasy habe dir auch viele hinweise und eigene blickwinkel geschrieben und so hilft dir der austausch bestimmt.

die leuete um uns geben und verständnis für die situation wir müssen uns selber die akzeptanz geben. 2 wichtige worte deren inhalt es zu verwirklichen gilt finde ich.
ob es floskeln oder lebensweisheiten sind, ich versuche es mir immer wieder zu sagen:

verschließt sich eine tür die ich nicht vermag zu öffnen, so gehe ich weiter zu einer anderen, zögere nicht und es öffnet sich etwas neues, die überwindung die schwelle zu überschreiten und weiter gehen muß ich alleine tun (die willenskraft ist täglich die herausforderung für mich mit der geeigneten balance).

also pedro bis die tage, ich hoffe ich kann dir bald berichten.

liebe grüße

p.s. meine oma sagte mir wenn ich als etwas verzweifelt war: kind, trägt der hals auch falten, wir bleiben doch die alten ;D ;D ;D

Titel: Re:Emotionales Verhalten gegenüber Ärzten
Beitrag von: Pedro am 14. März 2014, 13:05:23
Hallo Bea,

Du hast bestimmt Recht, dass die Leute fast keine Chance haben etwas zu merken, wenn man ihnen über längere Zeit etwas vorspielt - und das habe ich bestimmt auch getan. Ich wollte meine Mitmenschen aber auch einfach nicht unnötig mit meiner Krankengeschichte belasten, da man doch recht unterschiedliche Reaktionen erleben kann. Natürlich sind da die einen, die dir direkte und aktive Hilfe und Unterstützung anbieten. Dann gibt es aber jene, die dir vermitteln dass sie selbst so sehr unter deiner Geschichte leiden würden, dass man gar nicht weiterreden will. Und zu guter letzt bleiben noch jene, die aus reiner Neugierde nachfragen um dann zu suggerieren dass es ihnen wegen vergleichsweisen Lapalien ähnlich schlecht gehen würde. Sorry, ich wollte jetzt niemanden runtermachen - ein Großteil meiner Mitmenschen steht sehrwohl hinter mir, wenn ich es zulasse ...

Ich habe mich nun sechs Jahre nach der Diagnose erstmals dazu aufgerafft psychotherapeutische Hilfe oder eben auch einen Kuraufenthalt in Ansprich zu nehmen. Natürlich waren die Entwicklungen in den letzten Monaten dafür mitverantwortlich aber ich bin doch ein klein wenig stolz darauf, dass ich erste kleine Schritte in eine neue Richtung versuche ...

Ich danke dir auch dafür, dass du deinen Sohn meine Augendiagnose gesagt hast. Ein niedergelassener Augenfacharzt und die Augenklinik in Wien meinten zuletzt zu mir, dass sie nicht für die Behandlung des Sehnerv verantwortlich wären. Schon klar, in erster Linie gilt es die Ursache der Atrophie zu behandeln - dazu habe ich auch am 25.3. einen Termin bei meinem NC, dann werde ich mal weitersehen ...

LG Pedro
Titel: Re:Emotionales Verhalten gegenüber Ärzten
Beitrag von: Igelchen am 14. März 2014, 16:14:06
huhu,

sorry pedro hatte vergessen zu unterschreiben,

ich wars das igelchen ;)

ja das ist echt ein richtig guter schritt den du mit der reha machst.

ich mach ja auch schon fast 7 jahre rum mit dem akzeptieren und was dein umfeld alles so mit einem macht. nur mut es tut dir gut!!! :) :)

s igelchen
Titel: Re:Emotionales Verhalten gegenüber Ärzten
Beitrag von: Pedro am 20. März 2014, 20:17:58
Sorry, Igelchen - bin schon etwas verwirrt ...  ;)

Ich habe heute erstmalig einen Arzt für psychosoziale Medizin aufgesucht, da mir - unabhängig von der Kur - eine Psychotherapie nahegelegt wurde. Für letztere habe ich mich (noch) nicht entschieden, aber das rund zweistündige Gespräch verlief sehr aufschlußreich. Ich habe in meinem Blog unter http://www.meningeom.at/ueberlegungen-zu-einer-psychotherapie/ (http://www.meningeom.at/ueberlegungen-zu-einer-psychotherapie/) soeben einige Gedanken niedergeschrieben, möchte aber auch euch gerne daran teilhaben lassen ...

LG Pedro

Ich war mir des Umstandes schon des längeren bewusst, doch beginnt sich dieser nun vemehrt zu einem Problem zu entwickeln. Was ich damit meine ist, dass ich – nach meiner Selbsteinschätzung – den Mitmenschen unbewusst und ungewollt ein Schauspiel abliefere. Es ist das Bild welches – oberflächlich betrachtet – eine heile Welt darstellt, in der ich in guter physischer und psychischer Gesundheit leben würde. Denn auch dann, wenn es mir nicht gut geht würde ich dies niemals zeigen wollen, möglicherweise aber auch gar nicht zeigen können. Und darüberhinaus trägt meine – zwar nicht schlechte, aber völlig emotionslose – Rhetorik dazu bei, dass die Menschen vor ein Rätsel gestellt werden. Und wenn dieses wie zumeist nicht hinterfragt wird, ergeben sich schlußendlich völlig unzutreffende Rückschlüsse, dass ich ohnehin alles im Griff hätte …

Die aktuellen Entwicklungen in meiner Krankengeschichte hatten mir psychisch weiter zugesetzt – aber auch dies lässt sich nicht so leicht aus meinem Gesicht ablesen. Ich hatte nun den Entschluß gefasst, dass ich die Menschen vermehrt darauf hinweisen will dass es mir bewusst ist, dass mein soziales Verhalten falsch wahrgenommen werden kann. Aber dieser Vorsatz ist wohl auch leichter gefasst als umgesetzt. So nahm ich am heutigen Tag die Möglichkeit wahr mich mit einem Arzt für psychosoziale Medizin auszutauschen. Es sei mal soviel verraten, dass das beinahe zweistündige Gespräch in einer ausgesprochen offenen und sehr sympathischen Art und Weise verlief.

Auch wenn ich in diesem Blog möglichst offen schreiben möchte, werdet ihr verstehen dass ich hier kein Protokoll zu diesem Arztgespräch abliefern werde – die Sache ist einerseits doch sehr persönlich, aber auch schwierig in Worte zu fassen. Es kommt hinzu, dass ich trotz meiner verschiedenartigen und langjährigen Krankengeschichte noch nicht wirklich oft auf die Möglichkeiten einer psychischen Gesundung zurückgegriffen habe. Einen Kuraufenthalt oder eine Psychotherapie hatte ich überhaupt noch nie angedacht, wobei mir solches bislang aber auch noch nie direkt angeboten oder angeraten wurde.

Es waren unglaublich viele Facetten, die in das Gespräch einflossen und ich konnte von dem Arzt wertvolle und hilfreiche Aussagen erhalten. So wäre es durchaus nachvollziehbar, dass manche  nicht ganz so schöne Befunde aufgrund meines Verhaltens auch von Ärzten als nicht so schlimm eingeschätzt wurden. Man könne sich dieser schwierigen Herausforderung aber stellen um etwas zum Besseren zu bewenden. Der Umstand, dass mich die zum Teil feindseeligen Haltungen meiner Mitmenschen belasten sei zwar verständlich - doch würde ich selbst das extreme Gegenteil ausleben, nämlich die Fehler immer nur bei mir selbst zu suchen.

Vor wenigen Wochen wurde ein Antrag auf eine psychosoziale Kurmaßnahme gestellt, die voraussichtlich im Sommer aktuell werden könnte. Ich hatte meine Sorge geäußert, dass ich auch von den Ärzten und Therapeuten im Kur-Ressort aufgrund meines Verhaltens falsch wahrgenommen werden könnte – diesen Umstand wollte der Arzt nicht gänzlich von der Hand weisen. Ich wurde aber auch darauf hingewiesen, dass ich von dieser Kurmaßnahme keine Psychoherapie erwarten solle. Eine Psychotherapie wäre aber unabhängig davon durchaus möglich, doch müsse ich mich auf einen längerfristigen Prozess mit etwa wöchentlichen Sitzungen einstellen.

Die Entscheidung dazu trauee ich mir aktuell noch nicht zu, da ich noch nicht sicher bin ob ich mich zu einem solchen Schritt vollinhaltlich bekenne. Aber ich bin sehr froh, dass mir diese Möglichkeiten nun erstmalig aufgezeigt wurden und ich Ärzte gefunden habe die mich dabei unterstützen. Vorerst sind aber ohnehin die weiteren Weichenstellungen in Sachen Optikusatrophie und Epilepsie durch die Fachärzte für Neurochirurgie und Neurologie abzuwarten, welche in den nächsten Tagen und Wochen anstehen werden.
Titel: Re:Emotionales Verhalten gegenüber Ärzten
Beitrag von: Igelchen am 21. März 2014, 19:00:52
hallo pedro,

ich habe dich verwirrt? kann durchaus vorkommen, das ich vielleicht am thema vorbei gerattert ist.
wie früher deutsch aufsatzschreiben..thema verfehlt..............6 setzten.
das tut mir leid.

habe gerade auch deinen bericht gelesen. und ich habe darin passagen gefunden die ich eigentlich ausdrücken wollte, wie auch ich nach außen lange zeit schien und ich gelernt habe anderes anzugehen. echt sorry pedro. hast in köln was gut bei mir ;D ;D.....wenn ich dann noch daran erinnere ;D ;D

nu liebe grüße und ich hoffe in wien stürmt es nicht so wie z.z. bei uns.
der wetterumschung macht mir zu schaffen.

igelchen
Titel: Re:Emotionales Verhalten gegenüber Ärzten
Beitrag von: Pedro am 19. Mai 2014, 22:01:02
Ich möchte euch kurz erzählen, was sich bei mir getan hat ...

Psychotherapie
Ich kenne nun zumindest die psychotherapeutischen Möglichkeiten in Wien, deren Kosten zum Teil oder auch gänzlich  - sofern ein Kontingent verfügbar ist - von der Krankenkasse getragen werden.

Zweimal war ich bei einem Psychotherapeuten, mit dem ich eine sehr gute Gesprächsbasis gefunden habe. Diesen habe ich mit der Frage konfrontiert, wieweit Ärzte und Therapeuten mir bei einem psychosomatischen Kuraufenthalt helfen könnten, wenn ich nicht in der Lage wäre mich selbst zu öffnen. Er meinte nach einer längeren Nachdenkpause, dass es schwierig werden könnte und ich mir auch keine Wunder erwarten  - den Kuraufenthalt aber dennoch beanspruchen sollte. So entschied ich mich dann, dass ich über eine längerfristige Psychotherapie erst nach dem Kuraufenthalt nachdenken werde.

Kurfaufenthalt
Im April habe ich mit Unterstützung meiner Hausärztin einen Antrag auf einen psychosomatischen Kuraufenthalt gestellt. Dass ich einen solchen Schritt in meiner sechsjährigen Krankengeschichte das erste mal getroffen habe hat damit zutun, dass mich immer Zweifel plagten dass mir dabei geholfen werden kann. Nun bin ich aber soweit, dass ich zumindest einen ersten Schritt wagen möchte. Heute habe ich vom Sozialversicherungsträger ein Schreiben erhalten in dem ich aufgefordert wurde "psychiatrische Befunde" nachzureichen. Nun, solche gibt es bislang aber von mir nicht - ich werde am kommenden Donnerstag mit meiner Hausärztin die nächsten Schritte besprechen.

Ich halte euch am laufen ...
LG Pedro
Titel: Re:Emotionales Verhalten gegenüber Ärzten
Beitrag von: KaSy am 19. Mai 2014, 23:36:35
Hallo, Pedro,
immerhin warst Du doch zweimal bei dem Psychotherapeuten. Das ist zwar recht wenig, aber ich denke schon, dass er etwas aufschreiben kann, damit die psychosomatische Reha bewilligt wird.

Mein Psychotherapeut und auch meine Hausärztin haben im Sinne der Bewilligung der Reha meine Befunde etwas drastischer formuliert, weil sie wissen, dass ich die Reha brauche und aber auch wissen, dass die Zuständigen erstmal gern ablehnen. Letzteres wollten sie mir möglichst ersparen.

Ich glaube übrigens, dass Du Dich in der Reha öffnen können wirst.
Du beschäftigst Dich bereits so lange mit dem Problem, Dich nicht öffnen zu können und schreibst ja hier auch immer mal wieder darüber ... das ist ja bereits ein "Öffnen".
In einer psychosomatischen Reha, die ich auch zweimal genießen durfte, gibt es auch gut ausgebildete und vor allem erfahrene Ärzte und Therapeuten (nicht nur Psycho-, sondern auch Musik-, Mal-, Gestaltungs-, ... therapeuten), die dazu in der Lage sind, mit Menschen zu reden, die nicht mal ahnen, dass sie psychische Probleme haben könnten.
Ich habe das erlebt. Da kommen Werktätige wegen ihrer Rückenschmerzen und werden außer zu orthopädischen und Sport-Therapien zu Psychotherapien geschickt und zu Entspannungstrainings und nach und nach fällt denen tatsächlich auf, dass der Rücken gar nicht so kaputt ist, sondern die Psyche und der Stress einen bedeutenden Anteil haben.
Du bist Dir immerhin bewusst, dass die OP und Bestrahlungen im Kopf etwas mit Deiner Psyche gemacht haben. Und Du wirst den Fragen der Psychologen / Psychiater "erliegen". Ich glaube, wenn die Dir die richtige Frage stellen, dann wirst Du Dich öffnen wie "Die unendliche Geschichte" und nicht mehr aufhören zu reden ...
Und wenn Du das dort ausprobiert, geübt hast und auch noch auf andere Weise beginnst, Deinen Gefühlen Ausdruck zu verleihen, dann ist das eine sehr gute Grundlage für eine anschließend zu Hause weiterführende Psychotherapie.
Ich selbst fand die Mal-Therapien gut. Es wurde ein Thema genannt und wir sollten jeder irgendwie dieses Thema gestalten. "Ich kann doch nicht malen" war kein Argument, darauf kam es nicht an. In den 20 min oder so haben die meisten tatsächlich irgend etwas zu Stande gebracht. Da geht man sehr sehr in sich und ist auch sehr kreativ beim Ausdrücken dieser tiefen inneren Gefühle.
Auch die Musik-Therapie kann sehr gut sein, wenn zu gut gewählten Musikstücken Gefühle erfragt werden oder man zu bestimmten sensiblen Themen Musik anhört. Mitunter kam in mir Aggressivität auf, manchmal Tränen, Wut, Verzweiflung ... Musik kann viel bewirken ... Vor allem kann sie auch Fröhlichkeit bewirken und dass gelang unserem Musiktherapeuten fast immer am Schluss bei allen. Er ist übrigens ein ehemaliger Thomaner (Thomanerchor Leipzig, vom ersten Thomaskantor Johann Sebastian Bach gegründet, vergleichbar mit der Wiener Sängerknaben).     

Ich wünsche Dir jedenfalls, dass Dir Dein Weg Gutes bringt! Kann eigentlich gar nicht anders sein!

Liebe Grüße nach Wien!
KaSy
Titel: Re:Emotionales Verhalten gegenüber Ärzten
Beitrag von: Iwana am 20. Mai 2014, 08:48:04
Hallo Pedro
Wieviel du dich öffnen WILLST bestimmst ja immer du und das hat ja einen Grund, der z.T. Selbstschutz ist, z.T. ist es die falsche Person der du gegenüber bist etc. In einer Klinik/Kur hat es immer ein Team mit verschiedenen Personen, wo du dann auswählen kannst mit wem du ins Gespräch kommen möchtest. Es müssen auch nicht immer Arztgespräche sein, die heilsam sind, ich denke das wird überbewertet. Es kann meine Zeitungsverkäuferin sein, die mir plötzlich eines Tages einen Tip gibt der mein Leben in neue Bahnen lenkt! Solange du offen bist, ist alles möglich!
Gruss und ich bin sehr gespannt wie es weitergeht!
Iwana
Titel: Re:Emotionales Verhalten gegenüber Ärzten
Beitrag von: Pedro am 15. August 2014, 19:42:29
Liebe Leute,

Nach rund drei Monaten "Funkstille" von meiner Seite möchte ich euch gerne erzählen was sich zuletzt so getan hat.
Ich hatte mich also im Frühling entschieden, dass ich über die Möglichkeiten einer Psychotherapie doch erst nach einem Kuraufenthalt nachdenken möchte. Und jetzt hab ich erst recht wieder alles umgeworfen ...

Nachdem der Kurantrag eingebracht wurde forderte mich die Sozialversicherung auf eine psychiatrische Begutachtung beizubringen. Eine solche liegt schon seit 2012 dort auf, als mir eine befristete Berufsunfähigkeitspension zuerkannt wurde - die ich aber dann nicht angenommen habe. Meine Hausärztin hat den Sozialversicherungsträger darauf hingewiesen, nur dürfte mein unschlüssiges Verhalten dann letztlich mehr Verwirrung und nicht zuletzt eine Fehleinschätzung meiner Lage verursacht haben. Letztlich wurde dem Heilverfahrensantrag mit 7. Juli 2014 "nach Prüfung der medizinischen Unterlagen nicht statt gegeben".

Meine letzte OP war 2008, die letzte Bestrahlung 2010 und der letzte epileptische Anfall Ende 2013. Diese zeitlichen Abstände mögen zum Teil für die Ablehnung verantwortlich gewesen sein, andererseits hat der Antrag vielleicht auch nicht ausreichend auf die Defizite hingewiesen. Denn mittlerweile hatte ich schließlich selbst aus einer völlig absurden Pflichterfüllung heraus den Kuraufenthalt in Frage gestellt. Dass nun aber wieder alles über den Haufen geworfen wurde kann mir auch nicht Recht sein. Denn meine innerliche zu wenig nach außen gezeigte Agressivität sowie die Konzentrationsstörungen nehmen weiter zu.

Erst vorige Woche habe ich mich mit meiner Hausärztin, die auch über ein Diplom für psychosomatische Medizin verfügt, beratschlagt - ihre Unterstütung ist mir sehr wichtig. Vorerst möchte ich die Ende August anstehenden MRT-, EEG- und Gesichtsfelduntersuchungen über mich ergehen lassen, die durchaus einen Handlungsbedarf ergeben könnten. Aber auch wenn dem nicht so sein sollte möchte ich alles daran setzen die Notbremse zu aktivieren. Ich denke dabei an eine mehrwöchige berufliche Auszeit, in der ich eine Psychotherapie in Anspruch nehme. Ich merke die innere Zerrissenheit, weil sich ein Teil in mir schon wieder auch gegen diese Maßnahme wendet - aber es ist mir schon auch klar, dass es nicht mehr lange so weitergehen kann ...

LG Pedro
Titel: Re:Emotionales Verhalten gegenüber Ärzten
Beitrag von: krimi am 15. August 2014, 19:59:25
Hallo Pedro,

schön von dir ein Lebenszeichen zu lesen.
Aber was ich lese ist ganz schön turbulent.

Du denkst über eine Psychotherapie nach, über eine Reha und dann wieder über eine berufliche Auszeit, um eine Psychotherapie zu machen.

Wie sieht es in Österreich aus - Ist da die Möglichkeit stationär in eine Klinik für Psychotherapie zu gehen oder eine psychotherapeutische Reha zu machen?

Mein Gefühl sagt mir, dass du unbedingt an deiner Psyche arbeiten solltest und da wäre ein Aufenthalt in solch einer Klinik sinnvoll.

Ich wünsche dir alles Gute und ein schönes Wochenende.
krimi

Hast du schon gelesen? Der Termin für den nächsten Infotag ist bekannt. 18.10.2014 in Berlin.
Titel: Re:Emotionales Verhalten gegenüber Ärzten
Beitrag von: haijaa am 15. August 2014, 20:23:45
ach da geht es in deinem Innern ja "ganz schön" :( hin und her...

ich hab mal im Netz einen Satz gelesen,der mir jetzt wieder einfiel, als ich deinen post las:
den Weg von der Furcht vor Veränderung hin zur FREIHEIT NEUER HANDLUNGSPERSPEKTIVEN, gemeinsam zu beschreiten...
ich glaub manchmal schlägt die Furcht über "einem" zusammen und dann ist es gut zu wissen, was einem das denn bringen kann...
wünsch dir Mut für den Schritt dich drauf einzulassen!
lg
Titel: Re:Emotionales Verhalten gegenüber Ärzten
Beitrag von: Pedro am 15. August 2014, 21:08:07
Ich danke euch sehr für eure Worte.

Zitat
Wie sieht es in Österreich aus - Ist da die Möglichkeit stationär in eine Klinik für Psychotherapie zu gehen oder eine psychotherapeutische Reha zu machen?
Ja, solche Kliniken für psychosomatische Rehabilitation gibt es in Österreich durchaus - etwa das Ressort Ottenschlag, dass sich unter anderem auf Burn Out Prävention spezialisiert hat. Ein solcher Antrag wurde aber gerade eben von der Sozialversicherung abgelehnt - was ich aber wahrscheinlich mit einer aktuellen psychologischen Begutachtungen verhindern hätte können, zu der ich aber letztlich auch nicht eingeladen wurde. Es ist absurd, aber irgendwie suche ich verkrampft nach einer Rechtfertigung für eine Auszeit oder eine Minderung des Stresspegels, weil ich meine dass mein Umfeld einen solchen Schritt nicht nachvollziehen könne ...

Zitat
den Weg von der Furcht vor Veränderung hin zur FREIHEIT NEUER HANDLUNGSPERSPEKTIVEN, gemeinsam zu beschreiten..
Du hast bestimmt recht, es ist wohl die (nicht wirklich logisch begründbare) Angst vor der Veränderung, mit der ich mir selbst im Weg stehe ...

Zitat
Hast du schon gelesen? Der Termin für den nächsten Infotag ist bekannt. 18.10.2014 in Berlin.
Ja, das habe ich schon gelesen - danke für den Hinweis. Ich kann aber derzeit leider noch nicht sagen was mit mir im Oktober sein wird ...

LG Pedro


Titel: Re:Emotionales Verhalten gegenüber Ärzten
Beitrag von: haijaa am 15. August 2014, 21:24:32
mach dir mal "keinen Kopf" (kennst du die Redensart? oder gibts die in Austria nicht?)

es ist noch nichts verloren, wenn du die ambulante Psychotherapie beginnst und ihr gemeinsam merkt, dass etwas stationäres doch besser wär, dann kannst du das neu beantragen und der Psychotherapeut schreibt dir etwas für diese Beantragung...

Zitat
es ist wohl die (nicht wirklich logisch begründbare) Angst vor der Veränderung, mit der ich mir selbst im Weg stehe ...
... da bist du nicht alleine!... genau aus diesen Gründen suchen auch andere den Weg zum Psychodok... ich weiss wovon ich rede ;)... und tun sich schwer... und gehen zwei Schritte vor und drei zurück... und dann doch einen kleinen wieder vor...und noch einen...
es wird!
lg
Titel: Re:Emotionales Verhalten gegenüber Ärzten
Beitrag von: Pedro am 15. August 2014, 22:01:04
mach dir mal "keinen Kopf" (kennst du die Redensart? oder gibts die in Austria nicht?)
Doch, diese Redensart ist auch durchaus in Austria nicht ganz unbekannt - und ich verstehe sehr gut wie du es meinst. Danke! Wichtig ist mal, dass ein erster Schritt gesetzt wird - das darf ich mir nicht verbauen ...

LG Pedro
Titel: Re:Emotionales Verhalten gegenüber Ärzten
Beitrag von: Pedro am 03. September 2014, 12:41:01
Liebe Leute,

Nachdem das letzte MRT keinen chirurgischen Handlungsbedarf zeigt habe ich nun heute den nächsten Schritt gesetzt und die erste Einheit einer voraussichtlich auf längere Zeit anberaumten Psychiotherapie in Anspruch genommen. Die ausgebildete Psychptherapeutin ist zugleich auch meine Hausärztin - das hat die Sache etwas einfacher gemacht.

Auch wenn das für mich eine völlig neue Situation war ist es mir nicht wirklich schwer gefallen von mir und meiner Vergangenheit zu erzählen. In der ersten Stunde haben wir die Themen rund um Kindheit, Schulzeit sowie das Verhältnis zu den Eltern und Großeltern behandelt. Diese Einheiten sollen im Ausmaß von jeweils einer Stunde wöchentlich fortgesetzt werden.

Seit Anfang dieser Woche bin ich wegen "Erschöpfungsdepression" von meiner Hausärztin krank geschrieben. Auch der Neurologe kam zu einer ähnlichen Diagnose ("Dysthymie"). Es hat mich zuletzt einfach jedste Kleinigkeit aufgeregt und ich habe dies in mich hineingefressen, was letztlich Konzentrationsstörungen und Kopfschmerzen verursachte. Auch wenn ich mich anfangs innerlich gegen diesen Krankenstand gewehrt habe und ihm möglichst rasch beenden wollte gehe ich nun doch - auch auf Rat der Ärzte - von einer bis zu vierwöchigen Erholungszeit aus.

LG Pedro
Titel: Re:Emotionales Verhalten gegenüber Ärzten
Beitrag von: krimi am 03. September 2014, 13:26:39
Lieber Pedro,

die Psychotherapie ist bestimmt ein guter Schritt für dich.

Aber ob ich für mich wirklich meine Hausärztin oder meinen Hausarzt dafür genommen hätte?
Wohl eher nicht.

Sei's drum. Du hast dir bestimmt etwas dabei gedacht.
Ich wünsche dir alles Gute und viel Erfolg beim Aufarbeiten.

LG krimi

Sehen wir uns in Berlin?
Titel: Re:Emotionales Verhalten gegenüber Ärzten
Beitrag von: Pedro am 03. September 2014, 21:13:55
Liebe krimi,

Ich habe mit meiner Hausärztin schon seit Jahren eine sehr gute Basis und oftmals wurden zwischen uns schon psychologische Aspekte ausgetauscht. Es war auch keinesfalls so, dass sie sich für die Rolle der Psychotherapeutin aufgedrängt hätte - letztlich war es mein persönlicher Wunsch ...

Jetzt werden wir mal sehen was die wahrscheinlich auf längere Zeit angelegte Therapie bewirken kann. Ich möchte natürlich auch ergänzende Maßnahmen nicht aus den Augen verlieren. Von Seiten meines Dienstgebers wurde mir großes Verständnis für eine "Auszeit" wegen "Erschöpfungsdepression" (lt. Krankmeldung) zugesichert - da hab ich mich wieder mal mit übertriebener und großteils unbegründeter Sorge selbst fertig gemacht. Wobei ich selbst davon ausgehe, dass ich nach vier Wochen genug Abstand gewonnen haben müsste um gestärkt wieder in den Arbeitsallag zurückzukehren. Aber wir werden sehen ...

Ob ich am 10. Oktober wieder beim Hirntumorinformationstag in Berlin dabei sein werde kann ich noch nicht versprechen, das hängt auch ein wenig von meiner psychischen Verfassung zu diesem Zeitpunkt ab.

LG Pedro
Titel: Re:Emotionales Verhalten gegenüber Ärzten
Beitrag von: Bluebird am 04. September 2014, 09:11:59

Hallo Pedro,

es zählt allein, dass der Ansatz der Psychotherapie für Dich so in Ordnung ist.
Mich hat es eher aufgeregt, dass meine damalige Therapeutin ständig versuchte, Fehler in meiner kindlichen Vergangenheit zu erforschen, statt sich auf meine aktuelle Situation nach dem Befund zu konzentrieren. Vielleicht denkst Du mal drüber nach, ob die Art der Gesprächsführung dem gerecht wird, was Deine Depression ausgelöst hat.
Ich gebe hier ausschließlich meinen Eindruck nach meinen Erfahrungen wieder, bei Dir mag das komplett anders sein.
Auf jeden Fall wünsche ich Dir, dass es Dir bald in jeder Hinsicht besser geht. Immerhin hast Du derzeit keinen Druck wegen des Tumors und zudem steht Dein Arbeitgeber hinter Dir. Das sollte Dir den Rücken stärken.

Viele Grüße
Bluebird
Titel: Re:Emotionales Verhalten gegenüber Ärzten
Beitrag von: Pedro am 15. September 2014, 09:12:45
Liebe Leute,

Bisher habe ich also schon zweimal eine jeweils einstündige Psychotherapie Einheit in Anspruch genommen. Wir behandelten die Bereiche Kindheit, Schulzeit, Familie und Freundeskreis. Ich hoffe, dass ich mich dabei ausreichend öffnen konnte ...

Ich bin seit 1.9. krankgeschrieben, will aber eigentlich auch nicht allzu lange daheim bleiben und weiß nicht so recht wie es weitergehen soll. Meine Hausärztin meinte, dass die von ihr gestellte Diagnose einer "Erschöpfungsdepression" noch psychologisch begutachtet werden sollte. Als ich heute einen Psychologen anrief meinte dieser, dass es nicht sinnvoll wäre dass ich zusätzlich zur Psychotherapie einen Psychologen aufsuche - ich solle vielmehr einen Psychiater kontaktieren. Dieser Idee stehe ich sehr skeptisch gegenüber, den Einsatz von Antidepressiva sieht auch mein Neurologe wegen möglicher Wechselwirkung zu den Antiepileptika nicht sehr positiv.

Ich werde mich nun am Mittwoch mit meiner Psychotherapeutin austauschen. Irgendwie kommt mir die eine Stunde in der Woche als Maßnahme unglaublich wenig vor - ich würde mir ergänzende Maßnahmen zur Wiederherstellung der psychischen Stabilität wünschen, weiß aber eigentlich selbst nicht was ich damit meine.

LG Pedro
Titel: Re:Emotionales Verhalten gegenüber Ärzten
Beitrag von: frauypsilon am 15. September 2014, 09:37:18
Hallo Pedro,

ich lese immer eifrig bei dir mit, weil mich das Thema einfach sehr interessiert. Ich bin ja derzeit bei einer Psychotherapeutin, die auch Neuropsychologin in Behandlung und mache eine neuropsychologische Therapie. Sie ist spezialisiert auf Patienten nach Hirntraumata, Schlaganfall, Tumoren, Hirnblutungen etc. und hat sowohl die neurologische als auch psychotherapeutische Sicht auf die Dinge, was mir ungemein hilft. Unsere Erkrankung samt OP etc. hat Auswirkungen auf die Psyche und sie versteht aber auch die neurologischen Hintergründe.

Ich weiß nicht, ob es in Österreich so etwas auch gibt. Aber wenn du dich bei deiner Psychotherapeutin gut aufgehoben fühlst, ist das das allerwichtigste. Zum Psychiater: Mein Hausarzt schickte mich in einem Mobbing Fall einmal zum Psychiater zur Begutachtung. Ich fand den Termin sehr gut und sinnvoll und konnte im Gespräch mit dem Psychiater gut verdeutlichen, dass ich keine Antidepressiva möchte und brauche. Er hat seine Begutachtung gemacht, ich war noch 2x dort in einem größeren Abstand, wurde aber nicht medikamentös behandelt. Allerdings hatte dieser Psychiater auch eine psychologische Ausbildung. Vielleicht kannst du so jemanden in Wien finden?

Und evtl. kannst du die Frequenz von 1 Stunde/Woche bei der Psychotherapeutin ja steigern, wenn du den Bedarf verdeutlichst? Je nach Therapieform werden in Deutschland 1-3 Stunden/Woche genehmigt. Mach doch genau diese Fragestellung der Wiederherstellungsmaßnahmen der psychischen Stabilität zum Thema der nächsten Therapiestunde. So kommst du vlt. im Gespräch deinen Vorstellungen genauer auf die Spur.

Ich wünsche dir alles Gute und nimm dir die Zeit, die du brauchst.

lg
frauypsilon
Titel: Re:Emotionales Verhalten gegenüber Ärzten
Beitrag von: krimi am 15. September 2014, 10:24:54
Hi Pedro,

ich empfinde es als sehr schnell in zwei Sitzungen die Kindheit, Schulzeit, Familie und Freundeskreis aufzuarbeiten. Hast du da nur erzählt oder seit ihr auch auf einzelne Dinge näher eingegangen?

Was die Begutachtung betrifft, so musste ich dies auch machen lassen. War von meinem Hausarzt als sinnvoll angesehen in Bezug auf meine Krankheiten und, dass ich nicht mehr arbeiten kann.
Dafür musste ich zu einem Psychiater. Diese Fachrichtung ist in der Regel die Anlaufstelle.
Die Psychotherapeuten sind die Psychologen, das hat mir meine Therapeutin erklärt.

Die Begutachtung durch einen Psychiater muss nicht mit Antidepressiva enden. Der Psychiater hatte mir letztes Jahr zwar Antidepressiva empfohlen, um besser in den Tag zu kommen, doch wir einigten uns, dass ich darüber erst noch einmal mit meinem Hausarzt reden möchte. Ich nehme bis heute keine.
Antidepressiva zu nehmen ist kein Zwang. Und währen sie bei dir erforderlich, so hätte deine Hausärztin dich bestimmt dazu schon angesprochen.

Probiere einfach einen Termin bei einem Psychiater zu bekommen und nehme dieses Gespräch oder auch noch ein weiteres wahr.
Schaden kann es nicht. Vor allem auch dazu was es für deine berufliche Zukunft bedeuten kann.

LG krimi
Titel: Re:Emotionales Verhalten gegenüber Ärzten
Beitrag von: Bluebird am 15. September 2014, 10:40:34
Hallo Pedro,

viele Neurologen haben gleichzeitig die Qualifikation des Facharztes für Psychiatrie, zumindest in Deutschland. Diese Kombination würde in Deinem Fall sehr hilfreich sein, so dass alle Facetten Deiner Erkrankung erfasst werden könnten. Sollte sich die Diagnose Deiner Hausärztin bestätigen, so liegt möglicherweise ein langer Weg vor Dir. Du brauchst Geduld, denn eine Depression lässt sich nicht mal eben heilen. Die Zeitspanne zwischen den Gesprächen ist vielleicht notwendig, um das Besprochene aufzuarbeiten. Das "klick an" beim Psychotherapeuten und "klick aus" zuhause funktioniert so nicht. Es ist ein Trugschluss, dass mehr Stunden in der Woche zum schnelleren Erfolg führen.
Ich habe nie Psychopharmaka eingenommen, obwohl mein Neurologe sie mir empfohlen hatte. Vielleicht war es ein Fehler, denn ich habe durch dieses Gesamtpaket an Mobbing und schwerer Erkrankung auch noch Bluthochdruck und eine leichte Herzschädigung bekommen. Meine Psychotherapeutin war jedoch der Ansicht, dass ich gar nicht depressiv bin, sondern einfach nur aufgrund der Umstände eine natürliche Reaktion wie Traurigkeit, Niedergeschlagenheit und Frustration zeige.
Du siehst, da wird sehr differenziert hingeschaut, und die Meinungen gehen manchmal auseinander.
Wenn ein Neurologe/Psychiater ein Antidepressivum verordnet, das sich mit Deinen Medis zur Kontrolle der Epi-Anfälle verträgt, so würde ich dieses an Deiner Stelle nicht gänzlich ablehnen.
Weiterhin alles Gute auf Deinem Weg.

Viele Grüße
Bluebird
Titel: Re:Emotionales Verhalten gegenüber Ärzten
Beitrag von: Pedro am 15. September 2014, 17:45:22
Danke für eure Worte.
Ich habe nun einen Facharzt für Psychiatrie und Neurologie ausfindig gemacht und werde voraussichtlich morgen erfahren wann ich diesen aufsuchen kann. Es war wohl etwas oberflächlich von mir gedacht, dass das Aufsuchen eines Psychiaters zugleich auch bedeuten würde dass ich Antidepressiva verschrieben bekomme - abgesehen davon, wie ihr auch sagt, darf ich auch meinen eigenen Standpunkt dazu vertreten.

ich empfinde es als sehr schnell in zwei Sitzungen die Kindheit, Schulzeit, Familie und Freundeskreis aufzuarbeiten.
Ja, da hast du schon recht. Ich muss dazu sagen, dass die erwähnten Themenbereiche in den ersten beiden Sitzungen keinesfalls erschöpfend behandelt wurden. Ich habe lediglich die Fragen der Psychotherapeutin beantwortet, die sich vorerst auf die Jugendjahre bezogen haben.

Ich möchte euch in diesem Thread jedenfalls am laufen halten ...
LG Pedro
Titel: Re:Emotionales Verhalten gegenüber Ärzten
Beitrag von: schwede am 17. September 2014, 13:01:30
Hallo Pedro,

ich habe mir diese Texte alle noch mal durchgelesen.

Innerhalb der Texte stand es schon drinnen, du braucht dafür Geduld.

Diese Therapie braucht zeit, zudem kann es sein das du dich nicht sofort "öffnen" kannst.
Ich habe mir damals auch eine Psychologin gesucht, brauchte eine Neutrale Person zum reden.

Es braucht eine Zeit sich zu öffnen ,auch wenn du glaubst du bist schon soweit.
Dieses muss aber nicht unbedingt so sein. Es brauch einige Gespräche.

Das wichtigste ist immer Vertrauen zu dem Psychiater mit dem du über dein Leben sprichst.

Zudem braucht doch auch der oder die Psychiater erst einen Einblick in dein Leben um wirklich wirken zu können.

Leider können auch diese Menschen nicht hinter  unsere  Stirn schauen. ;)

LG Schwede
Titel: Re:Emotionales Verhalten gegenüber Ärzten
Beitrag von: Pedro am 17. September 2014, 16:53:16
Hallo Schwede,

Ich danke dir für deine Worte.
Du hast bestimmt recht, dass ich wohl noch etwas zu ungeduldig bin. Ich bin schon froh, dass ich nun nach längerem zögern die ersten Schritte gesetzt habe. Irgendwie bin ich noch zu sehr im Arbeitsalltag verhaftet und versuche offenbar einen Zeitplan für diese Maßnahmen festzulegen. Obwohl mir klar sein sollte, dass es einen solchen in dieser Form nicht geben kann ...

Erst heute war am Vormittag die letzte Therapieeinheit. Ich fühle mich bei meiner Psychotherapeutin gut aufgehoben und sie meinte zuletzt dass sie in meinen Erzählungen oftmals den Eindruck hätte, dass ich mich für mein eigenes Verhalten selbst rechtfertigen wolle. Anfangs war ich etwas überrascht, aber meine Ärztin ist da glaube ich gar nicht so falsch gelegen. Morgen am Abend suche ich dann noch einen Psychiater zwecks Begutachtung auf,  meine Psychotherapeutin begrüßt diesen Schritt auch und selbst möchte ich halt einfach möglichst viele verschiedene Meinungen und Sichtweisen hören.

Den Hirntumorinformationstag in Berlin werde ich wohl ziemlich sicher auslassen, irgendwie fühle ich mich nicht ganz fit dafür - wenngleich die Hauptstadt und nicht zuletzt vielleicht sogar die Besteigung des Berliner Dom  ;) zweifellos ihren Reiz hätte.

LG Pedro

Titel: Re:Emotionales Verhalten gegenüber Ärzten
Beitrag von: Pedro am 19. September 2014, 16:41:35
Ich möchte euch kurz von meinem gestrigen Besuch bei dem neuen Facharzt für Neurologie und Psychiatrie erzählen. Eigentlich wollte ich wissen ob ich in der Therapie ergänzende Maßnahmen setzen könne und ob eine psychiatrische Begutachtung möglich wäre. Meine Erwartungen wurden nicht so ganz erfüllt, muss ich mal sagen ...

Die Psychotherapie sieht er generell positiv, auch meinte er dass einmal wöchentlich ausreichend wäre. Aber offenbar habe ich es - auch wenn ich mich bemüht habe nicht so aufzutreten - doch wieder geschafft mit meiner Rethorik von den wahren Problemen abzulenken. Ich erwähnte die Antriebslosigkeit, innere Unruhe und Reizbarkeit sowie die Konzentrations- und Schlafstörungen. Aber offenbar brachte ich das so emotionslos rüber, als ob ich zuvor einen Aufsatz auswendig gelernt hätte.

Dass ich nämlich seit 1.9. wegen einer Erschöpfungsdepression im Krankenstand bin konnte er nicht wirklich verstehen, was mit der Frage "Warum sind sie denn eigentlich im Krankenstand" sehr deutlich wurde. Eigentlich wollte ich einen Plan oder einen Rat haben, nun bin ich noch verwirrter als zuletzt. Ich habe es mir ohnehin selbst sehr schwer gemacht mich mal krank zu melden und will eigentlich auch nicht lange daheim bleiben. Wenn ich am Montag arbeiten ginge könnte ich mich schon dazu zwingen zu funktionieren und natürlich würde ich auch weiterhin nicht zeigen dass ich psychisch kaputt bin. Wie sollen das Kollegen verstehen wenn es nicht mal ein Psychiater erkennt?

Aber okay, der Arzt sieht die Ursache für alles in meinen Antipepileptika und da soll es jetzt zu einer Änderung kommen wo ich schon im Epilepsie Forum einige Zeilen unter dem Titel "Laimictal" zusammengeschrieben habe. Der Arzt will auch meine Psychotherapeutin anrufen und ich werde dann nächste Woche mit ihr über all das reden. Sie selbst vertritt die Meinung, dass ich "bis auf weiteres" krank geschrieben bin, aber das alleine ist auch noch keine Lösung ...

LG Pedro
Titel: Re:Emotionales Verhalten gegenüber Ärzten
Beitrag von: haijaa am 19. September 2014, 22:12:46
Lieber Pedro,
ich "ringe" mit mir, ob ich wirklich etwas zu deinem post schreiben will oder schweige, weil ich Angst habe, dass dich  das forum als eine weitere "Anlaufstelle" auf der Suche nach "ergänzenden Maßnahmen" ähnlich verwirrt, wie der Besuch beim Psychiater...
und schreibe jetzt doch und versuche mal dir meine Wahrnehmung weiterzugeben, so wie wenn du mir bei einer Tasse Tee gegenüber säßest...
mein Eindruck ist, dass du versuchst deine Problematik "aufzuspalten"... auch mit den unterschiedlichen threads ...du (wahrscheinlich ähnlich wie auf der Arbeit) jeden einzelnen Punkt isolieren möchtest um ihn anzugehen und so einer "Lösung" zuzuarbeiten... so ging das ja auch lange Zeit gut...
ich jedoch den Eindruck gewinne, es ist gerade das GESAMTPAKET (Epilepsie,Rezidiv,Sehverlust, Konzentrationsmangel, Angst, frühere Krankheit, soziale Schwierigkeiten, nachlassende Kräfte etc.pp) dass dich aus der Bahn wirft
... Seelenprobleme lassen sich selten so analytisch "beheben"- da hängt alles "irgendwie" zusammen (und Körper und Seele lassen sich "irgendwann" auch nicht mehr trennen)
... und es führt zu Erschöpfung, wie du ja gerade merkst ...
es IST  Sch...: dein Gesamtpaket  und  wahrscheinlich mit einer ganzen Latte von Gefühlen verbunden... und diesen Gefühlen nahe zu kommen, das  macht (meiner Erfahrung nach)  innere Unruhe, reizbar etc... und ist schwer auszuhalten ...
ein berühmter Psychologe sagte mal: To suffer one‘s death and to be reborn is not easy.”
(Fritz Perls)
... und braucht Zeit und Vertrauen ... doch Vertrauen  ist etwas was wächst, das ist nicht machbar und es wächst ähnlich wie Gras, nicht schneller, wenn man daran zieht.
...
ES WIRD! bestimmt!... "irgendwo" da in DIR  schlummert eine Weisheit, die dich führt  und die es zum "Guten" wendet... auch wenn du durch mehrere Täler "musst"... sie ist (wenns gut läuft) mit der Psychotherapeutin zu entdecken...
ich wünsch es dir von Herzen.
lg

Titel: Re:Emotionales Verhalten gegenüber Ärzten
Beitrag von: Pedro am 19. September 2014, 23:29:01
Liebe haijaa,

Ich bin dir sehr dankbar für deine Worte und möchte dir versichern, dass mich diese keinesfalls verwirrt haben. Du liegst nämlich bestimmt nicht falsch, dass ich etwas zu analytisch - ebenso wie ich es im stressigen Job getan habe - und in diesem Fall einfach falsch an die Sache herangehe.

Ich wäre schon bereit auf die Ärzte zu vertrauen und zu versuchen innerlich ein wenig abzuschalten. Mit meiner Psychotherapeutin, die ich schon seit Jahren als Hausärztin kenne, habe ich auch eine gute Basis. Aber dann kommen halt wieder solche Aussagen eines Psychiaters, der mir vermittelt dass er eigentlich gar nicht verstehen würde warum ich im Krankenstand bin. Bei den OP's im Jahr 2008 war ich etwa zwei Wochen nach der Entlassung aus dem Krankenhaus wieder in der Arbeit. Und auch gegen den jetzigen Krankenstand habe ich mich gewehrt, weil ich wusste dass es mein unmittelbares Umfeld nicht verstehen würde - aber ich war und bin halt einfach kaputt. Dazu sei gesagt, dass ich von meinem Dienstgeber bestimmt keine unmittelbaren Probleme zu erwarten habe. Dennoch machte sich der Psychiater gestern offernbar mehr Sorgen darum, dass ich meinen Job behalten würde als um meine Psyche. Ich mache ihm keine Vorwürde, vielmehr werfe ich mir selbst vor dass ich mein Seelenleben nicht nach außen tragen kann. Ähnliche Situationen in denen ich unverstanden blieb habe ich schließlich schon öfters erlebt.

Jedenfalls werde ich in der nächsten Woche mit meiner Psychotherapeutin auch dieses Thema ansprechen ...

LG Pedro
Titel: Re:Emotionales Verhalten gegenüber Ärzten
Beitrag von: haijaa am 20. September 2014, 07:36:56
Guten Morgen Pedro,
Zitat
Ich mache ihm keine Vorwürde, vielmehr werfe ich mir selbst vor dass ich mein Seelenleben nicht nach außen tragen kann
... vllt. gibt es in dir eine Instanz, die trotz aller Erschöpfung, sehr gesund "tickt" und es machte Sinn, diesem Menschen dein Seelenleben n i c h t zu offenbaren?!
(...erst beim zweiten Lesen, habe ich deinen Verschreiber entdeckt, ja manchal hat das auch mit Würde zu tun... ich weiss du hast Vorwürfe gemeint)
es wäre nicht der erste Arzt dem Funktion wichtiger ist als Gesundheit
 (siehe WHO definition:http://de.wikipedia.org/wiki/Gesundheit)

... es ist auch eine Kunst zu lernen zu unterscheiden, wer einem auf dem Weg, den man selbst anfängt für richtig zu erkennen, hilfreich ist und wer nicht... und wenn  ja, wozu derjenige/diejenige hilfreich ist...es klingt als wäre er dir mit dem Vorschlag das Medikament umzustellen "hilfreich" gewesen und mehr leider nicht.

wünsch dir dass der Tag noch was zum Freuen heute für dich hat. 8) ;)


Titel: Re:Emotionales Verhalten gegenüber Ärzten
Beitrag von: Bluebird am 20. September 2014, 09:03:56

Hallo Pedro,

(Be-)Gutachter stehen teilweise unter dem Druck, Patienten möglichst rasch wieder dem Arbeitsmarkt zuzuführen. Sie sehen den Patienten aus einer weitaus distanzierteren Perspektive als die behandelnden Ärzte oder Psychotherapeuten, die den Weg vielleicht schon lange begleiten. Zudem sind sie der Auffassung, dass es dem Patienten schlechter gehen könnte, wenn er möglicherweise seinen Arbeitsplatz aufgrund langer Fehlzeiten verliert und damit auch die finanzielle Sicherheit. Der Psychiater hat Dich vermutlich direkt eingeschüchtert, so dass Du von Deinem langen und schweren Krankheitsverlauf nicht mehr berichten mochtest, Du nicht mehr in der Lage warst, Deine Seelennöte zu offenbaren.
Würde mir genauso ergehen, ich schalte dann direkt auf stur.
Nun fühlst Du Dich in der Defensive, suchst nach einer Rechtfertigung, die Du absolut nicht brauchst. Ärzte haben manchmal kein Mitgefühl, können sich nicht vorstellen, wie es ist, einen Hirntumor zu haben, Rezidive zu kriegen usw. Sie verstehen manchmal nicht, dass der Betroffene trotz der abgeschlossenen schulmedizinischen Behandlung weiter leidet. Solchen Sturköpfen etwas wie Empathie zu vermitteln, fällt schwer.
Du allein weißt, wie es Dir geht und die Ärzte Deines Vertrauens verstehen es. An die solltest Du Dich halten und aufhören, Dir Vorwürfe zu machen.
Das ist meine ganz persönliche Meinung.

LG
Bluebird
Titel: Re:Emotionales Verhalten gegenüber Ärzten
Beitrag von: Pedro am 20. September 2014, 17:03:48
Hallo Bluebird,

Du hast bestimmt Recht, dass Gutachter oftmals auch darauf drängen wollen dass keine zu langen Krankenstände entstehen.  In dem Arztgespräch vom Donnerstag trat ich relativ selbstsicher, sachlich und emotionslos auf - und dieses Schauspiel vermittelte halt wieder ein völlig falsches Bild von meinem Seelenleben.

Ich wurde am 1.9. von meiner Hausärztin wegen Erschöpfungsdepression krankgeschrieben und sie meinte dass dazu auch ein psychologisches Gutachten eingeholt werden sollte. Als ich einen Psychologen anrief meinte dieser dass es keinen Sinn mache neben einer Psychotherapie einen Psychologen aufzusuchen und wegen einer Begutachtung solle ich einen Psychiater kontaktieren. Und das eigentlich recht oberflächlichen Gespräch mit dem Psychiater wurde jetzt irgendwie zum Fiasko. Ich werde mich in der kommenden Woche mit meiner Psychotherapeutin beraten. Weil natürlich will ich schon irgendwie wissen wie es weitergehen kann ...

LG Pedro
Titel: Re:Emotionales Verhalten gegenüber Ärzten
Beitrag von: KaSy am 21. September 2014, 02:23:08
Dieser Thread insgesamt berührt - und betrifft - mich sehr, besonders in meiner momentanen Situation.
KaSy
Titel: Re:Emotionales Verhalten gegenüber Ärzten
Beitrag von: frauypsilon am 21. September 2014, 09:26:01
Hallo Pedro,

es tut mir leid, dass du so eine Erfahrung machen musstest. M.E. nach gibt es bei der Psychiatern solche und solche. Vielleicht machst du einfach einen zweiten Versuch und suchst jemanden, der Psychiater und gleichzeitig Psychotherapeut ist. Bei so einem war ich, als ich die Aussage und Beurteilung in einem Mobbing Fall brauchte und auch eine weitere Krankschreibung. Dort habe ich mich gut aufgehoben gefühlt. Er hat mich verstanden und auch hinter die taffe Fassade geschaut. Nur weil man vor dem Arzt nicht in Tränen ausbricht heißt es nicht, dass man nicht zutiefst getroffen ist. Und wenn du in Tränen ausbrichst, wird es dir teils auch negativ ausgelegt. Also wie man es macht....

Kannst du nicht einfach thematisieren, dass du eben immer so sachlich rüberkommst, obwohl es in dir anders aussieht? Ja, ich weiß, dass ist in einem 10 Minuten Arztgespräch schwierig. Aber vielleicht machst du noch einen Anlauf.

Alles Gute und lg
frauypsilon
Titel: Re:Emotionales Verhalten gegenüber Ärzten
Beitrag von: haijaa am 21. September 2014, 12:19:34
Hi Pedro
Zitat
Und das eigentlich recht oberflächlichen Gespräch mit dem Psychiater wurde jetzt irgendwie zum Fiasko.
...wie du im anderen thread ja schon schreibst, hast du dich durch den Rat deiner Freundin nun selbst beruhigen können und bist dir sicherer in deiner "Sache".

Mir ist schon beim abschicken meiner letzten Antwort,nochmal dein Satz:
Zitat
vielmehr werfe ich mir selbst vor dass ich mein Seelenleben nicht nach außen tragen kann
ins Auge gesprungen und ich dachte da schon, womöglich geht es garnicht w i  r  k l i c h um den Psychiater,er ist nur der "Aufhänger" dafür, dass dir deine Sehnsucht so bewusst wird: dein Wunsch dein Seelenleben nicht mehr so einzusperren und abzudichten... dich wenn auch nur selektiv öffnen zu können-
beweglich... auf... zu...so wie es gerade passt...könnte das sein?
... es wäre mir nicht fremd und kann werden... davor stand, herauszufinden, wie ich mir den "Panzer" gestrickt habe und wozu er nützlich ist... und Mitgefühl für mich selbst zu entwickeln...und v.a.m. ...dann wurden die Selbstvorwürfe nach und nach kleiner (in Krisenzeiten tauchen sie auch jetzt immer noch auf)

@KaSy: Es Wird!...auch für Dich.
Titel: Re:Emotionales Verhalten gegenüber Ärzten
Beitrag von: Bluebird am 21. September 2014, 12:42:01

Hallo,

nach meiner Meinung sollte ein erfahrener, qualifizierter Psychiater erkennen, wie es um den Patienten, der vor ihm sitzt, steht. Das ist natürlich nur möglich, wenn der Arzt sich auf den Menschen einstellt und ihn nicht oberflächlich abhandelt.

Pedro, ich glaube, dieser Psychiater hätte gar nicht zugehört, wenn Du ihm Dein Seelenleben offenbart hättest. Da wäre die Enttäuschung auf Deiner Seite noch größer gewesen.

Nicht Du trägst die Schuld daran, dass dieser Termin so unglücklich verlief.

LG
Bluebird
Titel: Re:Emotionales Verhalten gegenüber Ärzten
Beitrag von: schwede am 21. September 2014, 15:16:44
Hallo Pedro,

Frauysilon hat recht such dir einen neuen Psychiater/psychotherpeuten.

Vertrauen ist einfach die Grundlage für das Verhältnis von Patient zum Arzt.

Du zeigt nicht wirklich deine Gefühle vor Ort, in dem Gespräch. Das kenne ich auch zu genüge.
Schwäche zu zeigen ist Stärke, nur möchte es keiner haben in Unserer Gesellschaft.

Durch dieses im Stark sein wollen, haben wir doch diese ganzen Depressionen .
Nun kommt bei uns noch der Seelische und Psychische Druck der Krankheit dazu.

Gefühle zu zeigen ist nicht einfach. Vielleicht hilft es dir ein klein wenig, wenn du ein Tagebuch der Emotionen führst.

So kann der Psychologe jede Woche deine Gefühle erst lesen. Dadurch weiss er was in dir wirklich los ist.
Die Fassade ist dann auch gebrochen.

LG Schwede
Titel: Re:Emotionales Verhalten gegenüber Ärzten
Beitrag von: Pedro am 30. September 2014, 17:25:13
...  dass dir deine Sehnsucht so bewusst wird: dein Wunsch dein Seelenleben nicht mehr so einzusperren und abzudichten... dich wenn auch nur selektiv öffnen zu können- beweglich... auf... zu...so wie es gerade passt...könnte das sein?
Ja, da hast du ziemlich sicher Recht, haijaa - aber man kann auch oft nicht so einfach aus seiner Haut. Ich versuche in den Arztgesprächen zu erwähnen, dass ich oft mißinterpretiert werde, ob dies dann auch geglaubt und verstanden wird steht auf einem anderen Blatt Papier ...
 
Du zeigt nicht wirklich deine Gefühle vor Ort, in dem Gespräch. Das kenne ich auch zu genüge. Schwäche zu zeigen ist Stärke, nur möchte es keiner haben in Unserer Gesellschaft.
Ich will mir deine Worte gerne zu Herzen nehmen, Schwede - immer nur Stärke zeigen zu wollen sind wir zwar vielleicht gewohnt, aber es ist weder gut noch gesund.

Am heutigen Tag habe ich auf Anraten meiner Psychotherapeutin einen Psychiater in Wien aufgesucht, der zugleich auch Psychotherapeut ist. Was sich bei dem fast zweistündigen Gespräch ergeben hat möchte ich euch kurz erzählen - gleich vorab, ich habe es durchaus für mich als positiv empfunden ...

Die Diagnose lautet auf ein "ICD 10 F33.2 chronisch depressives Syndrom verbunden mit massiver Affektdissoziation”, einen ausführlicheren Befundbrief bekomme ich noch am Postweg. Eine medikamentöse Behandlung sei in meinem Fall nicht zielführend - eine solche Therapie wollte ich auch immer vermeiden, wenngleich der andere Psychiater am 18.9. eine gegengesetzte Meinung vertrat.

Die seit 1.9. laufende Psychotherapie wird von dem Psychiater sehr positiv gesehen und soll fortgeführt werden. Dass ich nun schon die fünfte Woche im Krankenstand bin sah er etwas skeptischer. Ich kann sagen, dass ich in der Zeit seit ich daheim bin zwar etwas ruhiger aber zunehmend antriebsloser geworden bin. Und deswegen sehen meine Psychotherapeutin wie auch der Psychiater die Gefahr eines verstärkten sozialen Rückzugs. Nachdem ich auch selbst die Rückkehr in den Job wagen will denke ich darüber nach dies auch mit 13.10. zu tun. Die Firma möchte mir hier auch mit Erleichterungen entgegenkommen und ich werde mich in den nächsten Tagen mit meinem Teamleiter - erstmals seit dem Krankenstand - privat treffen um dies besprechen zu können. Die verbleibenden Krankenstandstage möchte ich auch dafür nutzen um Vorsätze zu fassen, wie ich mein Verhalten im Beruf ändern könnte ...

LG Pedro
Titel: Re:Emotionales Verhalten gegenüber Ärzten
Beitrag von: Pedro am 13. Oktober 2014, 19:52:15
Ich möchte euch kurz erzählen, was sich zuletzt bei mir getan hat ...

Nach sechs Wochen Krankenstand bin ich heute an meinen Arbeitsplatz in der IT-Branche zurückgekehrt. Zumindest zwei gute Freunde von mir sehen diesen Schritt sehr skeptisch, weil sie meinen dass mir die bisher gesetzten Schritte nichts gebracht hätten. Das ist schon auch richtig, weil ich aus der Psychotherapie noch keinen persönlichen Nutzen ziehen konnte und gleichbleibend unausgeglichen, gereizt und verschlossen bin.

Wie ich es von mir nicht anders erwartet hatte stürzte ich mich heute jedenfalls gleich in die gewohnten Arbeitsabläufe, sodaß mein Teamleiter mich schon darauf hinwies die Sache etwas ruhiger anzugehen. Ich hatte bestimmt keinerlei Druck von seiten meines Dienstgebers den Krankenstand rasch zu beenden - es war mein freier Entschluß, der aber auch ein wenig aus vorangegangenen Arztgesprächen resultierte.

So meinte meine Hausärztin, die zugleich auch meine Psychotherapeutin ist, zulezt dass sie "sich nicht sicher sei ob mir der Krankenstand gut tue". Diese Aussage habe ich schon ein wenig verstanden, da sich in der Zeit daheim eine zunehmende Antriebslosigkeit und ein sozialer Rückzug bemerkbar machte, von dem ich ihr auch erzählte. So vereinbarten wir also vorige Woche, dass ich mit 13.10. in den Job zurückkehren soll, die Psychotherapie aber weiterlaufen wird.

Während der erste Psychiater den ich aufsuchte mir sehr rasch Antidepressiva nahelegen wollte, denen ich mich widersetzte, stellte der zweite Psychiater nach einem zweistündigen Gespräch ein Gutachten über eine "rezidivierende depressive Störung in einer gegenwärtig schweren Episode" und eine "ängstliche und selbstunsichere Persönlichkeitsstörung" aus und wollte auf eine medikamentöse Behandlung verzichten. In dem Krankenstand sah der Psychiater aber keinen Sinn, da ich mich den Problemen im Berufsleben stellen solle. Als ich nachfragte warum manch andere Menschen aufgrund psychischer Erschöpfung länger daheim bleiben würden bekam ich zu hören, dass es sich dabei möglicherweise um "Tachinierer" (!) handeln würde. Auch meine Psychotherapeutin meinte, dass in meinem Fall keinesfalls ein Burn Out vorliegen könne, da ich sonst nicht das Begräbnis meiner Oma organisieren hätte können. Dass ich dies als ihr nähester und fast einziger Angehöriger tun konnte begründe ich eher mit Verantwortungsgefühl - oder hätte ich diesen Schritt um zwei Monate verschieben sollen ...?

Ich hatte ja nie einen längeren Krankenstand angedacht - anfangs ging ich davon aus, dass es maximal vier Wochen werden könnten und nun sind sechs Wochen daraus geworden. Dass dabei keine Wunder geschehen war schon auch klar - egal wieviele Wochen es gewesen wären. Ich bereue keinen der von mir gesetzten Schritte, bin aber dennoch unschlüssig ob ich am richtigen Weg bin und die notwendige Unterstützung erhalte.

LG Pedro
Titel: Re:Emotionales Verhalten gegenüber Ärzten
Beitrag von: HeikeD am 14. Oktober 2014, 07:30:23
Guten Morgen,
du musst tun, was dir gut tut. Wenn du merkst, der Arbeitsalltag ist / wird dir zuviel, zieh die Bremse.

Wenn du dein Tempo etwas zurück schrauben kannst, wirst du vielleicht besser wieder hinein finden und mehr Freude daran haben.

Ich steckte mitten in einem BurnOut, bzw. in der Therapie seit ca. 1 Jahr als mein Vater erkrankte. Selbstverständlich habe ich mich während der Erkrankung um ihn gekümmert und nach seinem Tod die Beerdigung organisiert - obwohl mich zu der Zeit zwei andere Termine (die mich betreffen) in der Woche völlig aus der Bahn geworfen hätten. Vermutlich hätte ich mindestens einen, wahrscheinlich aber beide nicht wahr genommen.
Titel: Re:Emotionales Verhalten gegenüber Ärzten
Beitrag von: haijaa am 15. Oktober 2014, 13:12:50
Lieber Pedro,
zu deinem post kann ich nichts sagen ... du bist auf dem Weg...
Zitat
Ich bereue keinen der von mir gesetzten Schritte
das ist doch schon mal was

daher "nur" herzlichen Glückwunsch zum heutigen Geburtstag,

                       iiiiiiiiii iiiiiiiiii iiiiiiiiii iiiiiiiiii iii

wenn ich die Zeile "da unten" richtig lese und mich nicht verzählt habe;)

...ich such(t)e ein schönes englisches Gedicht... finde es nicht...grrr...

all the best und einen schönen, sonnigen Tag mit etwas was dich freut

lg haijja

Titel: Re:Emotionales Verhalten gegenüber Ärzten
Beitrag von: KaSy am 15. Oktober 2014, 16:36:38
Herzliche Glückwünsche zum Primzahl-Geburtstag nach Wien
aus (Rand-)Berlin von KaSy  :D


Titel: Re:Emotionales Verhalten gegenüber Ärzten
Beitrag von: Pedro am 15. Oktober 2014, 17:00:15
Ich danke euch für die lieben Glückwünsche!  :)

Meine Psychotherapeutin meinte heute, dass ich mir von drei engeren Freunden ein spezielles Geburtstagsgeschenk wünschen soll. Und zwar solle ich diese in einem Mail einfach mit der Frage konfrontieren, "was ihnen an mir wichtig sei". Anfangs wollte ich mich nicht darauf einlassen weil es mir peinlich erschien, aber jetzt wurden die Mails doch abgesendet. Die Antworten sollen dann bei der Psychotherapie nächste Woche angeschaut werden. Irgendwie durchschau ich die Hintergründe dieser Aktion noch nicht so ganz, aber ich glaube das macht nichts ...

LG Pedro
Titel: Re:Emotionales Verhalten gegenüber Ärzten
Beitrag von: krimi am 15. Oktober 2014, 23:54:33
Ich wünsche euch allen einen schönen und interessanten Tag in Berlin -
beim nächsten mal möchte ich auf jeden Fall auch wieder mit dabei sein.

Soweit ist schon alles okay bei mir - ich denke, dass ich wieder meinen Weg gefunden habe ...

LG Pedro

Hallo Pedro,

gut wenn du fühlst auf dem richtigen, deinen Weg zu sein.

Freue mich auf ein Wiedersehen bei einem der nächsten Infotage.

Viele Grüße
krimi
Titel: Re:Emotionales Verhalten gegenüber Ärzten
Beitrag von: Pedro am 06. November 2014, 19:59:11
Ich nehme nun seit 3. September eine wöchentliche Psychotherapie in Anspruch.
Meine Therapeutin war der Meinung, dass ich durch einen zu langen Krankenstand die Probleme nur verdrängen würde und so kehrte ich nach sechs Wochen auf meinen Arbeitsplatz zurück. Vorige Woche habe ich mich dann bei einer Therapieeinheit darüber beklagt, dass sich an meinem Umgang mit stressigen Arbeitsabläufen nichts geändert hätte. Andere Kollegen schieben schon seit Jahren eine "ruhige Kugel", aber mir dürfte man es sogar neidig sein dass ich nun einen Tag in der Woche von daheim aus arbeiten darf. Meine Psychotherapeutin meinte, dass ich nicht umhin kommen würde diese Mißstände aufzuzeigen statt sie hinunterzuschlucken - wir werden darüber noch in den nächsten Wochen öfters reden und ich werde versuchen ihren Rat ein wenig zu befolgen.

In meinem heutigen Posting möchte ich aber auch ein kurzes Resümee über die vergangenen Wochen ziehen ...
Titel: Re:Emotionales Verhalten gegenüber Ärzten
Beitrag von: Bluebird am 07. November 2014, 10:05:51
Hallo Pedro,

ich wünsche Dir, dass Du mit Deiner Therapeutin den richtigen Zeitpunkt findest,
das anzusprechen, was am Arbeitsplatz nicht richtig läuft. Dazu muss man einigermaßen seelisch stabil und konfliktfähig sein. Ich glaube, in jedem Unternehmen, in jeder Behörde gibt es Mitarbeiter, die "Narrenfreiheit" haben, was Raucherpausen, Computerspielchen u. ä. betrifft, während andere immer noch einen Stapel Arbeit mehr drauf kriegen.

Deinen weiteren Eindruck kann ich nur bestätigen: wer nicht jammert, kriegt kein Mitgefühl.
Wenn ich - was selten vorkommt - Bekannten von meinem Meningeom berichte, wird mir direkt das Wort abgeschnitten "Du siehst doch gut und gesund aus..."
Du bist nicht allein mit diesen Erfahrungen. Du wirst lernen, sie zu akzeptieren.

Lass Dich nicht unterkriegen von Ungerechtigkeiten. Alles Gute weiterhin.

LG
Bluebird
Titel: Re:Emotionales Verhalten gegenüber Ärzten
Beitrag von: Pedro am 28. November 2014, 06:58:22
Danke für deine Worte, Bluebird - wahrscheinlich liegt es wirklich daran, dass mein Verhalten zusehr darauf abzielt jedem Konflikt aus dem Wege zu gehen.

In den letzten Tagen habe ich wieder viel darüber nachgedacht, mit welch gleichgültigen Aussagen ich teilweise von der Ärzteschaft konfrontiert werde. Aber ich möchte den Medizinern auch keinen großen Vorwurf machen, denn es muss aus meiner Sicht schon ein Zusammenhang mit meinem Auftreten bestehen ...


Versteht mich bitte nicht falsch. Es liegt mir, wie wohl auch allen anderen Betroffenen, völlig fern bedauert werden zu wollen. Aber irgendwie empfinde ich die Aussagen auch ein wenig so als ob es nur mehr darum ginge irgendwie zu funktionieren. Ich habe diese Dinge natürlich auch bei meiner Psychotherapeutin angesprochen, aber es ist ein längerer Prozess hier etwas zu bewegen. Heute werde ich beim Bundessozialamt in Wien einen Antrag auf Neufeststellung des GdB stellen, da mir dieser seinerzeit ohnehin nur befristet zuerkannt wurde.

LG Pedro
Titel: Re:Emotionales Verhalten gegenüber Ärzten
Beitrag von: Bluebird am 28. November 2014, 11:12:34
Hallo Pedro,

ich bin psychologisch nicht geschult, kann Dir nur sagen, wie Du aufgrund Deiner Beiträge auf mich wirkst.
Du ziehst Dir jeden Schuh an, wie man so sagt, nimmst jede Aussage sehr persönlich.
Einerseits geht es in den Aussagen der Ärzte natürlich um Dich, andererseits weiß ich aber aus eigener Erfahrung, dass solche oder ähnliche Statements zugunsten der Interessen anderer Institutionen getroffen werden. Die Ärzte sehen die Fähigkeiten, die dem Patient verblieben sind und klammern bestehende Defizite aus, so lange sie die Erwerbsfähigkeit nicht grundsätzlich in Frage stellen. Wärst Du Koch, könntest Du ohne Geruchs- und Geschmackssinn den Beruf nicht mehr ausüben, Du wärst damit berufsunfähig und hättest Aussicht auf Umschulung.
Deine Sehbehinderung schränkt Dich sicher in Deiner Tätigkeit in der EDV ein. Hier setzt man darauf, dass Du in der jetzigen Situation Hilfsmittel in Anspruch nehmen kannst, spezielle Monitore z.B.
Was die Mediziner dabei völlig ausklammern, ist Deine Psyche. Die Einschränkungen, die Du hast, musst Du erst einmal verarbeiten und dann lernen, mit ihnen im Alltag zurecht zu kommen. Eine OP, die als risikoreich beschrieben wird, steht evtl. auch noch an. Da ist es eine Frechheit, Dich als unwillig, um nicht direkt zu sagen "faul" abzustempeln.
Gib nicht auf, setze Dein Vorhaben durch, eine Verschlechterung des Behinderungsgrades zu erwirken und erkläre den Ärzten im Gespräch genau, wie sich Deine Defizite im Alltag auswirken, mit welchen Hürden Du täglich zu kämpfen hast. Das ist kein Jammern, das ist Dein gutes Recht!

LG
Bluebird
Titel: Re:Emotionales Verhalten gegenüber Ärzten
Beitrag von: Pedro am 03. Dezember 2014, 19:42:39
Du hast bestimmr Recht, Bluebird -
es klingt beinahe wie ein Widerspruch, dass ich die Sachen einerseits sehr persönlich neme, andererseits aber dem Arzt gegenüber keinerlei Emptionen zeige. Egal was mir ein Arzt sagt, ich werde frühestens darüber nachzudenken beginnen wenn ich die Ordination verlassen habe.

Ich habe mich heute mit meiner Psychotherapeutin auch darüber unterhalten. Ich denke, dass es passieren kann dass man an einen Arzt gerät wo die zwischenmenschliche Chemie nicht passt. Wenn sich so etwas aber wiederholt sollte man die Ursache auch ein wenig bei sich selbst sehen.

Meine Psychotherapeutin - mit der ich wirklich eine gute Basis habe - hat mir zu dieser Sichtweise nicht widersprochen. Sie meinte, dass ich gegenüber Fremden beinahe die Amtssprache einsetzen würde und durch mein vermeintlich emotionsloses Auftreten würde ich auch keine Emotionen bei den Ärzten wecken. Einzelne Arzttermine habe ich zuletzt gemeinsam mit einem guten Freund wahrgenommen und dann versucht mögllichst wenig selbst zu sagen. An meinem Verhalten etwas nachhaltig zu ändern wird schwierig und falls überhaupt nur langfristig möglich sein ...

LG Pedro
Titel: Re:Emotionales Verhalten gegenüber Ärzten
Beitrag von: Bluebird am 04. Dezember 2014, 10:46:50
Ach Pedro, es muss nicht unbedingt richtig sein, was ich denke. Wenn die Psychotherapeutin sagt, dass eine Reaktion eine Gegenreaktion hervorruft, so stimmt das, wobei ich allerdings der Meinung bin, dass Ärzte es sich meist nicht zugestehen, Patienten auf der emotionalen Ebene zu begegnen. Sie haben gelernt, dem Patienten das Gefühl zu geben, verstanden zu werden, ohne dass sie das Leid der Patienten mit nach Hause nehmen. In Deinem "Problem" erkenne ich mich in gewisser Weise wieder. Ich bin auch eher "dienstlich", "amtlich " oder wie immer man das bezeichnen mag. Es dient dem Selbstschutz, denn da spielt die Befürchtung mit, dass man verletzt werden könnte, wenn man zu viel von sich preis gibt. Es stimmt doch: je mehr das Gegenüber erfährt, desto durchsichtiger wird man, besteht die Gefahr, dass alte Wunden aufgerissen werden.
Der Vertreter meines NCs versuchte mir im letzten Jahr eine Gefühlsregung zu entlocken, als er meinte "sie müssen doch Angst haben mit diesem Meningeom!" Daraufhin blockte ich total ab. Ich weiß nicht, ob er erwartet hatte, dass ich in Tränen ausbreche.
Kurz und knapp: wir fanden keinen gemeinsamen Nenner, die Chemie stimmte nicht.
Bei der Vielzahl von Patienten ist es nicht leicht für Ärzte, auf Anhieb zu erkennen, wie ein Patient reagiert.
Du bist wie Du bist, Deine Lebenserfahrung hat Dich geformt, da kannst Du nicht plötzlich über Deinen Schatten springen und gegen Deine Natur handeln. Es wird ein längerer Weg, den Du gemeinsam mit Deiner Psychotherapeutin gehen willst, ein hartes Stück Arbeit. Du kannst es aber schaffen, weil Du es willst.

LG
Bluebird
Titel: Re:Emotionales Verhalten gegenüber Ärzten
Beitrag von: Pedro am 27. März 2015, 07:53:49
Liebe Leute,

Ich möchte mich mal gerne kurz bei euch melden. Das nächste MRT habe ich am 1.4. und die Befunde werden am 14.4. mit dem NC besprochen. Nachdem sich meine Sehstörungen nicht merklich verschlechtert haben bin ich zuversichtlich, dass die nächste OP doch noch etwas auf sich warten lassen wird. Am 15.4. bin ich beim EEG und am 22.4. beim Neurologen.

Die berufliche Situation in der IT Branche hat sich aber im letzten Jahr immer weiter zugespitzt. Ich wollte es mir lange Zeit nicht eingestehen, dass es eigentlich zur Qual geworden war - aber eine innere Unruhe, Kopfschmerzen, Konzentrations- und Sehstörungen setzten mir immer mehr zu. Immer öfter musste ich das Bürogebäude für eine kurze Zeit verlassen, da ich dem Lärm nicht mehr standhielt. Ein Krankenstand im Herbst vorigen Jahres änderte daran nicht viel, doch bescheinigte mir ein Psychiater eine "rezidivierende, depressive Störung", sowie Affektdissoziation und eine Persönlichkeitsstörung.

In den wöchentlichen Gesprächen mit meiner Psychotherapeutin war dies natürlich auch immer ein Thema. Ende vorigen Jahres brachte ich auf Anraten von Freunden bei der Sozialversicherung in Wien einen Antrag auf Berufsunfähigkeitspension ein. Nach entsprechenden Begutachtungen wurde mir diese gewährt und ich werde sie ab 1.4. in Anspruch nehmen. Es war mir alles andere als leicht gefallen das Berufsleben nach mehr als 25 Jahren zu beenden, doch ich sah dann ein dass es sieben Jahre nach der Erstdiagnose notwendig war neue Wege zu bestreiten. Ich hadere noch immer etwas damit, dass mir andere - nicht Betroffene - den Abstand vom stressigen Büroalltag neidig sein könnten. Auch wenn dieser Gedanke etwas absurd ist kann man sich solcher Eindrücke manchmal nicht ganz erwähren.

Es mangelt mir aber bestimmt nicht an Ideen für meinen neuen Lebensabschnitt abseits der IT und ich sehe ihm mit großer Zuversicht entgegen.

LG Pedro


Titel: Re:Emotionales Verhalten gegenüber Ärzten
Beitrag von: krimi am 27. März 2015, 09:18:25
Lieber Pedro,

die Berufsunfähigkeitspension zu beantragen hast du nach einiger Überlegung getroffen. Diesen Schritt zu gehen ist nicht leicht, aber du wirst sehen, dass Ruhe in dein Leben kommt.
Ich musste diesen Weg auch gehen. Unsere Krankheit ist damit nicht weg, aber der Druck seinen Stand im Beruf halten zu können ist nicht mehr da.
Der Berufsalltag ist sehr stressig geworden. Die Anforderungen immer höher.

Ich wünsche dir für diesen weiteren, neuen Weg alles Gute.

Liebe Grüße
krimi
Titel: Re:Emotionales Verhalten gegenüber Ärzten
Beitrag von: Pedro am 27. März 2015, 09:58:20
Vielen DANK für deine Worte, liebe krimi.
Ich bin seit Mitte Februar im Krankenstand und mein Dienstverhältnis endet mit 31. März. Gestern war ich wegen einiger Formalitäten noch ein letztes mal in der Firma - nach gut einer halben Stunde war alles erledigt ...

Auch wenn ich hinter meiner Entscheidung 100%ig stehe tue ich mir noch schwer allzu offen darüber zu sprechen. Vielleicht rede ich mir auch nur ein, dass ich vereinzelt von Neidern umgeben bin und es sind in Wahrheit nur unüberlegte Aussagen. Etwa dass alle anderen schließlich auch Kopfschmerzen hätten oder - wie ich kürzlich zu hören bekam - nur für Berufstätige ein Wochenende bevorstehen würde.

Wenn du nach Würzburg kommen kannst freue ich mich schon sehr auf ein Wiedersehen ...  :)

LG Pedro
Titel: Re:Emotionales Verhalten gegenüber Ärzten
Beitrag von: schwede am 27. März 2015, 15:58:12
Hallo Pedro,

es wirkt am Anfang merkwürdig das du bald Berufsunfähigkeitspensioner bist. Glaube mir du wirst neue Wege finden.
Such dir einen neuen Weg, die Zeit hast du jetzt. Musste diesen Weg auch gehen.

Deine Psychologischen Probleme werden sie auch Ordnen. Es braucht alles seine Zeit.
Das die anderen Neidisch sein könnten, weil sie auch gerne nicht mehr Arbeiten müssen.
Von dem Gedanken verabschiede dich gleich.

Denn eines ist sicher, ich würde mit jedem der Arbeiten darf tauschen. Noch einmal ganz Gesund zu sein, was für ein schöner Traum. Die Gesunden sehen den Grund nicht unbedingt sofort. Sie denken nur seine Zeit komplett selber zu gestalten ist doch klasse.
Zu gegeben ich war als gesunder Mensch auch nicht anders das ist nur Menschlich.

Aber auch als Rentner habe ich jetzt immer etwas zu tun. Rentner haben nie Zeit heisst es .  ;D

LG Schwede
Titel: Re:Emotionales Verhalten gegenüber Ärzten
Beitrag von: Pedro am 27. März 2015, 18:03:49
Ich bin dir für deine Worte sehr dankbar, lieber Schwede.

In der letzten Zeit habe ich mich schon recht intensiv mit der neuen Situation beschäftigt. Und ich konnte erkennen, dass ich doch in Wahrheit ganz viele Ideen für meinen neuen Lebensabschnitt habe und Interessen verfolgen kann, für die ich mir bisher keine Zeit nehmen wollte.

Du hast natürlich auch Recht, dass die vermeintlichen Neider da ein wesentliches Detail übersehen. Andererseits ist es auch nicht so, dass jemand meine Entscheidung kritisiert hätte sondern ich halt manchmal zu sehr auf jedem Wort herumreite. Auch daran sollte ich arbeiten, der richtige Weg dazu wäre schon mal eingeschlagen ...

LG Pedro
Titel: Re:Emotionales Verhalten gegenüber Ärzten
Beitrag von: Bluebird am 29. März 2015, 19:42:38
Hallo Pedro,

gesunde Menschen können sich nicht in Deine Lage versetzen, zumal Du noch relativ jung bist und eigentlich noch gut 20 Berufsjahre vor Dir hättest. Es wird vielleicht auch ein wenig dauern, bis Du Struktur in Deinen neuen, arbeitsfreien Alltag bekommen hast.
Und...es ist Deine Entscheidung, ob Du erzählen möchtest, dass Du frühverrentet bist.
Du könntest ebenso berichten, von daheim am Computer aus zu arbeiten, viele Firmen bieten Telearbeitsplätze an. Das würde Dich erst einmal vor unliebsamen Fragen und Kommentaren schützen.

Alles Gute für Dich und Dein neues Leben.

Gruß
Bluebird

Titel: Re:Emotionales Verhalten gegenüber Ärzten
Beitrag von: krimi am 29. März 2015, 20:32:07
... Und...es ist Deine Entscheidung, ob Du erzählen möchtest, dass Du frühverrentet bist.
Du könntest ebenso berichten, von daheim am Computer aus zu arbeiten, viele Firmen bieten Telearbeitsplätze an. Das würde Dich erst einmal vor unliebsamen Fragen und Kommentaren schützen.

Hallo Pedro,

diesem Tipp von Bluebird nachzugehen würde bedeuten, deinen neuen Lebensabschnitt mit einer Unwahrheit zu begründen bzw. erklären.

Es spricht nichts dagegen zuzugeben, dass du berentet wirst bzw. bald bist. Warum eine Pseodotätigkeit anführen? (Wie Bluebird vorschlägt.) - Es gibt auch noch Jüngere die nicht mehr arbeiten können.
Wenn dann herauskommt, dass du nicht mehr berufstätig bist, schadest du dir in deiner Glaubwürdigkeit nur selbst.

Ich weiß nicht wie es in Österreich geregelt oder möglich ist, hier in Deutschland gibt es die Möglichkeit des Hinzuverdienst zur Rente. Und damit eine Tätigkeit zu haben, damit du auch weiterhin etwas tun kannst, vielleicht auch in deinem Beruf.

Lieber Pedro, ich bin sicher du wirst die richtige Entscheidung treffen.

LG krimi
Titel: Re:Emotionales Verhalten gegenüber Ärzten
Beitrag von: Pedro am 29. März 2015, 21:27:02
Hallo Bluebird,
Hallo krimi,

Über die von dir, Bluebird, angesprochene Möglichkeit habe ich schon durchaus nachgedacht. Auf der anderen Seite hast natürlich auch du, krimi, nicht ganz unrecht damit dass ich so meine Glaubwürdigkeit aufs Spiel setzen könnte.

Ich habe dann für mich einen Kompromiss geschlossen ...

Die Zuverdienstgrenze für die Berufsunfähigkeitspension ist in Österreich ziemlich restriktiv geregelt. In meinem Fall würde es auch schon bei einem ganz kleinen Zuverdienst zu einer Pensionskürzung kommen. Das wußte ich schon vorab und ich habe mich damit arrangiert ...

LG Pedro
Titel: Re:Emotionales Verhalten gegenüber Ärzten
Beitrag von: Bluebird am 30. März 2015, 09:05:24
Hallo,

es gibt sehr gehässige Menschen, die anderen gerne was Negatives andichten. Sie spekulieren über Entlassungen am Arbeitsplatz und malen sich sonst was aus, wenn sie von Krankheiten erfahren. Darum finde ich es nicht verkehrt, nicht jedem auf die Nase zu binden, wie es um einen bestellt ist, vor allem, wenn es sich um Leute handelt, mit denen man eh wenig am Hut hat.
Gerade für jemanden, der nicht so aussieht, als ob er das Rentenalter schon erreicht hat und zudem nicht krank wirkt, ist es für das Selbstwertgefühl vielleicht wichtig, nicht als tatenlos abgestempelt zu werden.
Telearbeit, also Tätigkeit vom heimischen PC/Notebook aus, kann ja auch bedeuten, sich ehrenamtlich zu engagieren, wie hier im Forum. Also ist es nicht gelogen.
Ich bin selbst Frührentnerin, betätige mich teilweise ehrenamtlich, teilweise durch Verkäufe von Markenartikeln auf Internetplattformen, natürlich im Rahmen der Zuverdienstmöglichkeiten.
Es war ein Vorschlag, keine Anleitung zum Lügen. Lügen werden eh irgendwann aufgedeckt.

Pedro: zumindest in Deutschland liegen die Frühpensionen um einiges höher als die Erwerbsminderungsrenten aus dem Angestelltenbereich.

LG
Bluebird
Titel: Re:Emotionales Verhalten gegenüber Ärzten
Beitrag von: Bea am 31. März 2015, 19:10:44
Hallo zusammen,

nun bin ich seit 2008 berentet.

Bei mir hat es eine lange Zeit gedauert, bis ich es überall ganz offen ausgesprochen habe.

Heute denke ich für mich, es ist mein Leben und es ist mein Weg. Den habe ich mir nicht ausgesucht. Im Gegenteil.
Die Möglichkeit in einem Nebenjob zu arbeiten habe ich bei einem mehr als verständnisvollen Chef genutzt. Leider musste ich erkennen, dass ich scheitere. Meine Konzentrationsschwächen etc. brachten wirkliches Chaos. Wir haben uns dann Anfang letzten Jahres getrennt.

Für mich kam die Akzeptanz zu meiner Rente leider erst dann, als mir nochmals schmerzlich bewußt wurde, dass ich wirklich nicht mehr in die Arbeitswelt passe.

Wer es nicht verstehen kann, den bewundere ich heute. Wie schön muss es sein, dass man dieses Schicksal nicht erlebt.

Leider gehört zum Teil auch dieser Schritt mit zu unserer Krankheit bzw. ist eine Folge daraus.

Was mir auch heute noch hilft ist ein relativ strukturierter Tagesablauf. Dazu gehört der Hund, die Physiotherapie und leider derzeit auch wieder die Chemo.

Meine Daumen sind fest gedrückt. Für alle, die sich mit neuen Situationen auseinander setzen müssen.

LG,
Bea
Titel: Re:Emotionales Verhalten gegenüber Ärzten
Beitrag von: krimi am 31. März 2015, 19:51:23
Liebe Bea,

ich stimme dir zu, dass es nicht leicht ist die Berentung zuzugeben.

In meinem Fall war es so, dass es mir eher schwer fiel mir selbst gegenüber einzugestehen, dass es nicht mehr geht.

Für eine Bekannte hätte ich am Aufbau und der Pflege eines Onlineshops mitmachen können.
Obwohl ich mich damit einigermaßen auskenne, schon einmal in meinem Beruf eine Homepage aufgebaut habe, war es jetzt mit dem gehandicapten Kopf etwas ganz anderes.

Das körperliche Arbeiten halte ich länger aus, was aber die konzentration betrifft - da bin ich nach gut einer Stunde außer Gefecht.

Wie du es schreibst halte ich es auch für mich wichtig, dem Tag Struktur zu geben.
Das beginnt schon mit dem Aufstehen zur selben Uhrzeit usw.

Für den Erfolg bei der Physiotherapie und deiner Chemo wünsche ich dir das Beste.

LG krimi
Titel: Re:Emotionales Verhalten gegenüber Ärzten
Beitrag von: Pedro am 07. Februar 2016, 23:29:53
Liebe Leute,

Am 9. Februar jährt sich mein letzter Arbeitstag, den ich aktiv in der Firma verbracht habe. Ab dem darauffolgenden Tag war ich krankgeschrieben und beziehe seit April 2015 eine Berufsunfähigkeitspension.

Ich habe mir zum Jahrestag die vorangegangenen Posts durchgelesen und bin euch für eure Unterstützung wirklich dankbar. Mittlerweile konnte ich mich mit meinem Status weitgehend arrangieren und einen geregelten Tagesablauf aufrechterhalten. Ich bin mehrmals monatlich als ehrenamtlicher Mitarbeiter eingesetzt, versuche mich für die Selbsthilfegruppe zu engagieren und verfolge manch andere Ideen als Hobbyautor.

Die engsten Freunde waren in meine Entscheidung stets eingebunden und manch oberflächliche Bekannte wissen bis heute nicht, dass ich nicht mehr im Arbeitseinsatz bin. Im Dezember habe ich an der Weihnachtsfeier des kleinen Teams teilgenommen und viele Kollegen nach rund zehn Monaten wiedergesehen, mit denen ich viele Jahre zusammengearbeitet hatte. Aber auch dies verlief völlig unspektuakulär und die Neugierde war bei weitem nicht so groß, wie von mir befürchtet.

Icn nehme seit dem Sommer 2015 die Psychotherapie 14tägig in Anspuch, was mir wichtig ist. Das Hauptthema, die Strapazen in der Arbeit, sind schließlich weggefallen und wir versuchen nun die Probleme bei zwischenmenschlichen Kontakten zu erörtern. Eine weitere psychiatrische Diagnose ergab nun den Verdacht auf Asperger Syndrom - wobei hier aber kein Zusammenhang mit dem Meningeom besteht. Die letzten MRT-/Augen-/EEG- Untersuchungen zeigten einen halbwegs stabilen Befund - eine weitere OP wird lt. NC zwar bestimmt nicht ausbleiben, wir sollten aber (lt. dessen Aussage) "keine Pfeile verschießen".

Am Hirntumorinformationstag im April 2016  werde ich nicht teilnehmen können, aber ich freue mich auf ein Wiedersehen zu einem späteren Zeitpunkt - wahrscheinlich im Herbst diesen Jahres.

LG Pedro