Hallo ihr Lieben!
Vielen vielen vielen Dank für eure aufbauenden und mitfühlenden Worte, ich sitze vor dem Laptop und bin total glücklich, dass so viele Reaktionen gekommen sind. Ich glaube bei euch bin ich wirklich sehr gut aufgehoben, danke! Ich werde mir hier alles von der Seele schreiben, es ist sehr viel, denke ich: Nach dem Schreiben fühlte ich mich viel leichter.
Meinen Bruder werde ich in nächster Zeit viel besuchen, Gestern war ich auch wieder da und heute werde ich auch noch kurz vorbei fahren.
Man kann nicht so fürchterlich lang bleiben, vorgestern sind wir nicht länger als eine halbe Stunde geblieben und gestern auch nicht viel länger. Gestern war es für ihn sehr anstrengend, sich an Gesprächen, welche manchmal mit schnell wechselndem Inhalt verlaufen zu beteiligen. Aus diesem Grund hat er glaube ich Angst, viel zu sagen, er sagt immer nur Wörter oder kurze Sätze; Ich bin sehr froh wenn er etwas sagt, auch wenn er lange braucht um zu überlegen, ich kann sein teilnahmslosen Schweigen nicht gut ertragen, das ist zusammen mit diesem Papillendruck und den großen, schwarzen Augen furchtbar! Man redet dann fast wie mit einem Foto oder einem Grabstein, von dem man keine Antwort bekommt.
Wenn er da so sitzt, bekomme ich den Eindruck, dass er unheimlich traurig ist. Er hat während seinem gesamten Krankheitsverlauf nach außen hin wenig Trauer gezeigt. Er frisst alles in sich hinein und hat große Schuldgefühle, dass wenn er geht, er riesigen Schaden hinterlässt.
Der "Familienrat", welcher: Meine Mutter, Vater von Bruder, seine Frau und Ich haben beschlossen, ihm diese Furcht durch Gespräche zu nehmen. Des Weiteren darf er nicht zuhause auf dem Sofa sterben, er muss frei sein von allen sozialen Verpflichtungen, denn eins ist klar: Wenn mein Bruder zuhause stirbt, wird seine Freundin da nicht mehr wohnen bleiben können.
Auch damit er sich frei fühlt, umsorgt wird, wir ihn alle besuchen können, er keinen Stress mehr zuhause hat und ihm geholfen wird: Wenn es nicht mehr geht, wird er in ein Hospiz kommen. Mit dem haben wir schon gute Erfahrungen gemacht.
Gestern ist er allerdings sofort aufgestanden, ohne lange da zu sitzen!!! Vorgestern ließ er sich leicht ablenken, hatte Koordinierungsschwierigkeiten, diesen Wunsch: "Aufstehen!" umzusetzen. Das war gestern überhaupt nicht so. Aber gestern, als mein Freund und ich gerade gehen wollten, wollte er plötzlich aufstehen, mein Freund zog ihn noch etwas an der Hand hoch, aber er bewegte sich sehr sicher. Vielleicht ist das dem Cortison zu verdanken, was er seit Dienstag bekommt. Ich war gestern noch da, um ihm Magnesium (Schüsslersalze) vorbei zu bringen, meine Mutter ist Heilpraktikerin und hat mir das für seine Muskelkrämpfe mitgegeben.
Und dann stand er da vor mir. Nicht klein auf dem Sofa und ich konnte ihn richtig umarmen und das hat so gut getan. Ich hab dann unter meinem Ohr sein Herz schlagen gehört und wurde in dem Moment sehr traurig, habe aber Haltung bewahrt, ich wollte diesen Moment einfach nur genießen.
Mal schauen, wie er heute so drauf ist, ich fahr gleich mal vorbei und schau nach ihm.
Liebste Grüße!!!