HirnTumor-Forum

Autor Thema: Mein Vater (Erkrankt am 11.04.2007, Gestorben am 29.04.2008, Glio Typ IV) !  (Gelesen 35153 mal)

Akya

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Re:Mein Vater ( Seit 11.04.2007 Glioblastom Typ IV) !
« Antwort #15 am: 21. April 2008, 13:39:12 »
Lieber Peter

Wenn du wirklich für deine Lieben etwas tun willst, dann solltest du aufhören, ihnen vorzuschreiben, was sie tun sollen, z.B. deinen Vater nur alle 2-3 Tage besuchen. Wenn deine Mutter das Bedürfnis hat, jeden Tag bei ihm zu sein, dann ist es ihr wichtig. Lass deine Mutter das tun, was SIE für richtig hält. Es ist ihr Wille und den musst du respektieren! Wenn deinem Vater die tägliche Präsens deiner Mutter zu viel wäre, würde er dies sagen. Und es geht deiner Mutter sicher nicht besser, wenn sie daheim sitzt. Vielleicht spürt sie, dass sie deinem Vater schon alleine damit hilft, dass sie einfach nur bei ihm ist. Und dein Vater braucht vielleicht die Anwesenheit deiner Mutter, um zu sehen, dass er nicht alleine ist, dass sie ihn begleitet. Dein Vater hat bestimmt auch davor Angst, was auf ihn zukommt und deine Mutter hilft ihm, diese Zeit zu tragen. Es ist vielleicht eine innere Bindung zwischen deinen Eltern, die du als Sohn nicht spürst und nicht nachvollziehen kannst. Auch wenn dein Vater in deinen Augen viel falsch gemacht hat in seinem Leben, ich glaube nicht, dass deine Mutter im Moment neue Möbel etc. braucht. Du verarbeitest die Situaton vielleicht damit, dass du deine Mutter verwöhnen möchtest. Das hat Zeit! Im Moment braucht deine Mutter nur deine Liebe und deine Unterstützung. So wie deine Mutter deinen Vater begleitet, solltest du deine Mutter begleiten, ihr zur Seite stehen, einfach für sie da sein, wenn sie dich braucht.

Ich weiss, das klingt hart. Ich will dir auch nicht zu nahe treten oder dich verletzten.
Aber ich sage das aus eigener Erfahrung. Mein Vater hatte Lungenkrebs. Er lebte danach noch 18 Jahre und er hat immer gesagt, ohne meine Mutter hätte er es nie geschafft; sie sass wochenlang jeden Tag an seinem Bett. Ich weiss, bei deinem Vater ist die Situation ganz anders. Aber ich kann auch diese Situation nachvollziehen; meine Mutter starb an Bauchspeicheldrüsenkrebs. Ich will dir damit auch nur aufzeigen, wie wichtig nur schon das "bei einem sein" für einen kranken Menschen ist, und je schwerer die Krankheit ist, desto wichtiger ist es, nicht alleine gelassen zu werden - an keinem Tag!

Und der 60. Geburtstag deiner Mutter? Es hat deinen Eltern sicher viel mehr bedeutet, gerade an einem solchen Tag beisammen zu sein. Man weiss nie, ob es einen nächsten gemeinsamen Geburtstag gibt.  Hätte sie alleine zu Hause "feiern" sollen? Meine Mutter hatte damals ihren 50. Geburtstag. Du siehst, hier im Forum stösst man immer wieder auf Parallelen.

Ich will dir auch nicht sagen, was du tun sollst. Ich will einfach nur, dass du mal darüber nachdenkst, ob dein Weg der richtige ist.

Weiterhin viel Kraft!
Liebe Grüsse Akya


Offline heifen

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Re:Mein Vater ( Seit 11.04.2007 Glioblastom Typ IV) !
« Antwort #16 am: 21. April 2008, 16:28:13 »
hallo peter
ich bin auch der meinung, dass jeder sich so verhalten soll, wie er fuehlt...moechtest du, dass deine mutter sich irgendwann vorwuerfe macht, sie haette nicht genug getan?
das waere schlimmer als die jetzige ueberanstrengung
ich verstehe, dass du dir sorgen machst, aber im moment sind sie ueberfluessig
steh deiner mutter zur seite, aber kritisiere ihr verhalten nicht
un bacio
heifen

PETER37

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Re:Mein Vater ( Seit 11.04.2007 Glioblastom Typ IV) !
« Antwort #17 am: 22. April 2008, 08:56:34 »
Guten Morgen an Alle !
Guten Morgen liebe Akya und liebe Heifen !
Gestern um 15:30 Uhr wurde Papa unerwartet aus dem Krankenhaus abgeholt und in ein nahegelegenes Hospiz gebracht.
Von dem Transport hat er kaum etwas mitbekommen, das sich sein Zustand leider noch etwas verschlechtert hat.
Auch vor dem Transport hat er nicht wahrgenommen, wer alles bei ihm im Zimmer war (Ich und meine Mama).
Obwohl ich neben ihm stand und seine Hände und Arme massiert habe, hat er (soweit ich das verstehen konnte) nach mir gefragt.
Man konnte ihn kaum noch verstehen, er redete sehr leise und unverständlich und ich hatte das Gefühl das er phantasierte.
Mama ist beim Transport mitgefahren, während meine Schwester aus Erschöpfung zu Hause geblieben ist.
Auch ich bin vor dem Transport nach Hause gefahren, weil ich mich um meine eigenen Arzttermine (VERDACHT AUF BAUCHSPEICHELDRÜSENENTZÜNDUNG) kümmern muß, die ich seit Wochen verschoben habe.
Heute in etwa einer Stunde werden wir alle zusammen ins Hospiz fahren.
Mama hat große Angst das Papa (wenn er wieder beisammen sein sollte) ihr Vorwürfe machen wird, warum man ihn in ein Hospiz und nicht Hause gebracht hat.
In der Zwischenzeit habe ich wieder mit den Ärzten gesprochen und mir leider erneut sagen lassen müssen, das eine zweite OP keine Verbesserung, ja sogar eine Verschlechterung seines Zustands verursachen würde.
Auch das er mit hohen Mengen an Cortison vollgepumpt wird, wurde von den Ärzten als dringend erforderlich bezeichnet, weil ansonsten dann der Druck in seinem Kopf und der entsprechende Schmerz unerträglich für ihn sein würde.
Mama hegt mittlerweile wieder andere Pläne.
Sie möchte ihn (wenn es mit ihm zu Ende gegangen ist) mit ihn die Heimat (Türkei) nehmen, ihn dort bestatten lassen und dann auch selber dort bleiben.
Ich halte mich mittlerweile aus ihren Plänen raus und versuche sie zu unterstützen so gut ich es kann.
Es kommen wieder riesige Papierkramberge auf mich zu.
Sei es wegen der Krankenkasse, wegen der Befreiung von der Zuzahlung und wegen diversen anderen Formalitäten die der bisherige Krankenhausaufenthalt mit sich gebracht hat.
Ich weiß nicht was ich zuerst machen soll und worum ich mich zuerst kümmern soll, ich bin total überlastet.
Ich werde euch auf dem laufenden halten.
Lieben Gruß, Peter !




 








Offline heifen

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Re:Mein Vater ( Seit 11.04.2007 Glioblastom Typ IV) !
« Antwort #18 am: 22. April 2008, 13:22:38 »
hallo peter
kuemmere dich um den papierkram, das kannst nur du tun und leider ist er wichtig,
deinem vater reicht es, wenn deine mutter bei ihm ist...nur wenn sie um abloesung bittet, wuerde ich einspringen
nimm alle kraft zusammen, bleib stark fuer dich und deine lieben
ich wuensch uns alles gute
heifen

PETER37

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Re:Mein Vater ( Seit 11.04.2007 Glioblastom Typ IV) !
« Antwort #19 am: 23. April 2008, 09:23:58 »
Guten Morgen an Alle !
Guten Morgen liebe Heifen !
In einer Stunde fahren wir wieder zu Papa ins Hospiz.
Die Entwicklungen sind nicht sehr erfreulich.
Papa wird von Tag zu Tag schwächer und hat sogar selber geäußert, das er das Gefühl hat, das es mit ihm langsam zu Ende geht.
Er kann kaum noch reden, kaum noch essen und wird mit so einer Art Seilwinde aus dem Bett gehoben (sein Gewicht beträgt derzeit ca. 120 kg), wenn er auf die Toilette muß oder gebadet werden muß.
Die Gefühle meiner Lieben und meine Gefühle, schwanken zwischen tiefer Trauer und Mitleid.
In der Zwischenzeit habe ich mich um die Krankenkasse und um die Befreiung von der Zuzahlung gekümmert.
Ich denke das wird alles irgendwie klappen.
Abgesehen davon, habe ich im Hospiz gleich einen Termin beim Sozialpsychologischen Dienst.
Ich weiß nicht was die Dame vom Sozialpsychologischen Dienst von mir will, aber sie klang sehr ernst und sagte das es sehr wichtig sei.
Ansonsten hatte ich gestern wieder Streit mit meiner Freundin.
Sie meint das sie derzeit "in gewissen Bereichen" zu kurz kommt.
Wie kann man in so einer Situation an so etwas denken ?
Damit dieses Problem nicht eskaliert, habe ich ihr ihren Wunsch mehr schlecht als Recht "erfüllt".
Auch an meinem Arbeitsplatz geht es weiter bergab.
Ich werde zum 31.September gekündigt und muß bis dahin einen neuen Arbeitsplatz gefunden haben.
Ich spiele mit dem Gedanken mich selbständig zu machen, falls ich bis dahin keinen neuen Arbeitsplatz gefunden haben sollte.
Mal sehen.
Mein Kopf ist voll mit allem möglichen und ich versuche den Überblick zu bewahren.
Ich werde euch auf dem laufenden halten.
Wünsche allen Betroffenen viel Kraft.
Lieben Gruß, Peter !




« Letzte Änderung: 23. April 2008, 09:24:40 von PETER37 »

Offline heifen

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Re:Mein Vater ( Seit 11.04.2007 Glioblastom Typ IV) !
« Antwort #20 am: 23. April 2008, 12:04:12 »
hallo peter
tut mir echt leid, dass (wie immer) so viel zusammen auf dich zukommt...was soll ich sagen: halte durch, es kann nur besser werden!
die situation waechst dir (und nicht nur dir ) ueber den kopf und im moment hast du alle haende voll zu tun um schritt zu halten...uebernimm dich nicht, du wirst deine kraft brauchen...mach dir jetzt keine gedankem, was dein berufsleben anbelangt, eines nach dem anderen...du wirst schon den richtigen weg einschlagen...ich verstehe allerdings deine freundin nicht, in solchen situation sollte man eine hilfe sein und nicht noch ein problem...aber ich kenne euch nicht und will keine urteile faellen
bacio
heifen

brigitte58

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Re:Mein Vater ( Seit 11.04.2007 Glioblastom Typ IV) !
« Antwort #21 am: 24. April 2008, 09:52:11 »
Hallo Peter,

da kann ich heifen nur zustimmen. Versuch deine Kräfte einzuteilen und vergiß dabei dich selbst nicht. Nimm dir öfter mal eine Auszeit - nur für Dich - und versuche da zur Ruhe zu kommen. Ich weiß, man kann sich in solch einer Situation auf nichts richtig konzentrieren. Ich habe damals angefangen ruhige Musik zu hören und da konnte ich auch einigermaßen entspannen. Diese Auszeit habe ich mir dann irgendwann einfach selbst "verschrieben" da ich gemerkt habe, dass meine Kraftreserven sonst nicht ausreichen (der Psychologe im Hospiz hat damals das Gespräch mit mir gesucht und mir dies dringend angeraten).

Das mit deiner Arbeitsstelle tut mir echt leid, aber da würde ich mich im Moment gar nicht zu sehr damit befassen, für weitere Berufspläne musst du deinen Kopf "frei" haben und bis September ist noch ne Weile hin.

Und deine Freundin, also das kann ich auch nicht mehr nachvollziehen, da fällt mir nichts mehr dazu ein!

Liebe Grüße
Brigitte

PETER37

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Re:Mein Vater ( Seit 11.04.2007 Glioblastom Typ IV) !
« Antwort #22 am: 24. April 2008, 15:16:58 »
Guten Tag an Alle !
Guten Tag liebe Heifen und liebe Brigitte !
Bin gerade erst nach Hause gekommen und bin völlig erschöpft.
War seit sieben Uhr früh am Unterlagen zusammen suchen, am Unterlagen ausfüllen, am Unterlagen kopieren und am Unterlagen Versand- und Vorlagefertig machen.
Mir raucht der Kopf, mir ist schwindelig und ich habe tierischen Hunger.
Was für ein Aufwand wenn man die Hospizkosten (Eigenanteil etwa 800 Euro im Monat nach Abzug der Pflegeversicherungsleistung) selber nicht aufbringen kann und auf Ämter angewiesen ist.
Bin trotzdem Stolz auf mich, habe in so kurzer Zeit fast alles geschafft.
Leider konnte ich Papa heute wegen dem langandauernden Papierkram nicht besuchen.
Gestern war ich bei ihm und es war für mich und meine Lieben nicht sehr angenehm.
Er wird von Tag zu Tag schwächer und in den wenigen Momenten in denen er einigermaßen ansprechbar und stabil ist, wird er leider wieder sehr aggressiv.
Er hat Mama am Krankenbett urplötzlich wieder ein paar schwere Schläge versetzt und hat auch nach mir ausgeholt.
Ich konnte gerade noch so ausweichen.
Er regte sich über Mamas Klamotten auf und forderte sie nach ein paar heftigen Schlägen an ihre Brust auf, das sie sich femininer und nicht wie eine Obdachlose bekleiden soll.
Dabei ist Mama wegen dem derzeitigen Stress, überhaupt nicht nach figurbetonten und schicken Klamotten zumute.
Mich wollte er schlagen weil ich ihn nett danach gefragt habe, ob ich ihm noch ein bisschen Wasser einflößen soll, weil ihm beim erstenmal Wasser einflößen fast alles aus seinen Mundwinkeln geflossen ist.
Tja, so ist nunmal mein Papa und so war er die letzten 30 Jahre.
Nach wie vor weiß ich nicht, ob ich mich über sein höchstwahrscheinlich baldiges Ende freuen soll oder traurig sein soll.
Während ich diese Zeilen schreibe, erreicht mich gerade ein Anruf aus dem Hospiz.
Die Krankenschwestern teilen mir mit, das er einen heftigen Anfall hatte, schwarzblau angelaufen ist und mit diversen Medikamenten und Spritzen halbwegs wieder stabilisiert worden ist.
Mama war auch am Telefon und sie weinte bitterlich.
Das sind natürlich Nachrichten und Entwicklungen die mich bei meinem heutigen Dienst sehr belasten werden.
Fahre in 45 Minuten zur Arbeit.
Ich werde euch auf dem laufenden halten.
Wünsche allen betroffenen viel Kraft.
Lieben Gruß, Peter !






Offline heifen

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Re:Mein Vater ( Seit 11.04.2007 Glioblastom Typ IV) !
« Antwort #23 am: 24. April 2008, 16:09:01 »
lieber peter
vergib deinem vater, was er im moment tut, das hat kaum etwas mit seinem (ehemaligen) charakter zu tun...das ist das biest von krankheit...er ist nicht er selber...sei lieb zu ihm, auch wenn es nicht leicht ist...vor allem hilf deiner mutter, ich weiss nicht, wieviel dein vater noch mitbekommt, deine mutter dagegen braucht sicher ein paar liebe worte
ich denke an euch
bacio
heifen

brigitte58

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Re:Mein Vater ( Seit 11.04.2007 Glioblastom Typ IV) !
« Antwort #24 am: 25. April 2008, 07:25:03 »
Lieber Peter,

das ist schlimm, wie dein Vater reagiert. Aber ich kenne diese Aggressionen auch von meinem Mann, und er war früher ein ganz liebenswerter Mensch. Ich kann euch gut verstehen, das tut verdammt weh. Aber es ist wie heifen schon sagt, dieses verdammte Biest und wenn das drückt, dann wissen die Kranken einfach nicht mehr was sie tun. Ein Arzt hat zu mir mal gesagt, von der Persönlichkeit ihres Mannes wird am Schluß nichts mehr da sein, und genau so war es. Ich hatte immer furchtbare Angst, dass ich später nur an diese Bilder erinnert werde, aber schon bereits kurz nach seinem Tod kamen aufeinmal wieder Bilder von früher zum Vorschein, und das hat mich vieles auch wieder vergessen lassen.

Ich finde es toll, wie sehr du dich um deine Familie kümmerst. Sei momentan einfach für deine Mutter da, sie braucht dich und nimm sie immer wieder in den Arm. Das tut in so einer Situation einfach nur gut!

Liebe Grüße
Brigitte

PETER37

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Re:Mein Vater ( Seit 11.04.2007 Glioblastom Typ IV) !
« Antwort #25 am: 25. April 2008, 09:07:27 »
Guten Morgen an Alle !
Guten Morgen liebe Heifen und Brigitte !
Frauchen ist gerade zur Arbeit (Rechtsanwalts-und Notargehilfin) gefahren.
Habe so getan als ob ich tief und fest schlafen würde und gewartet bis sie die Wohnung verlassen hat, damit wir uns nicht schon am frühen Morgen verbal angreifen.
Ich komme mit ihrer lockeren, sorglosen und ziemlich sexuell interessierten Art derzeit gar nicht klar.
Vielleicht will sie mich ja ein wenig ablenken aber ihre ständigen Wünsche nach körperlicher Nähe und nach romantischen Spaziergängen und Restaurantbesuchen, finde ich derzeit irgendwie völlig fehl am Platz.
Nun gut, wie auch immer.
Ein weiterer Tag hat begonnen.
Trinke gerade meinen zweiten Kaffee, rauche vor mich hin und bereite mich auf alles mögliche was heute passieren könnte, seelisch vor.
In einer Stunde werden meine Lieben und ich wieder zum Hospiz fahren und Papa besuchen.
Ich hoffe das es ihm heute ein wenig besser geht.
**********************************************************
Liebe Heifen und liebe Brigitte, glaubt mir das mein Papa schon immer so depressiv, aggressiv und gewalttätig war.
Mag sein, das dieses "Biest in seinem Kopf" seine Aggressivität noch ein wenig erhöht, aber einen Unterschied zu den Zeiten vor seiner Krankheit spüre ich kaum (wenn er ansprechbar ist).
Hier eine WIRKLICH KLEINE ZUSAMMENFASSUNG über das was meine Lieben all die Jahre ertragen mußten:
Über 30 Jahre hinweg hat er meinen Lieben verboten die Heizung höher als Stufe 1 oder 2 zu drehen (sie saßen im Winter fast immer mit Jacken im Wohnzimmer), es war fast immer verboten den Geschirrspüler zu nutzen (sie mußten fast immer alles per Hand und mit kalten Wasser abwaschen), es war fast immer verboten Warmwasser zu nutzen und länger als ein paar Minuten zu duschen, Wannenbäder waren total verboten, selten war das Licht im Wohnzimmer an (sie saßen fast immer im Dunkeln oder bei Kerzenschein), sie mußten fast immer nur seine Sendungen im Fernsehen anschauen (politische Diskussionen sowie ernste und religiöse Themen), es war fast immer verboten heiter zu sein, laut zu lachen und fröhliche Musik zu hören, es war verboten die Herdplatten beim kochen über Stufe 1 zu drehen und Tee wurde mit Teelichtern heiß gemacht, sie durften nirgendwo anders einkaufen als bei Lidl oder Aldi und mußten manchmal angegammeltes Obst-und Gemüse essen, die er von Gemüsehändlern kostenlos mitbrachte, sie bekamen täglich immer nur ein paar Euro Taschengeld, obwohl er seit 1995 aus Faulheit nicht mehr arbeiten gegangen ist, sie waren wegen seines Geizes noch nie in einer anderen Stadt außer Berlin und noch nie in einem anderen Land außer der Türkei, sie hatten noch nie neue Möbel, alles war aus zweiter Hand, sogar die Bad-und Küchenmöbel, und sie mußten (und müssen heute noch) nur Klamotten tragen die er jeden Sonntag vom Flohmarkt mitbrachte.
Egal ob sie meinen Lieben gefielen oder nicht.
Immer wenn meine Lieben gegen ein "Verbot" verstoßen hatten, wurde er aggressiv und schlug zu Hause alles kurz und klein und hin und wieder auch meine Lieben und mich.
Daher habe ich leider drei Narben am Kopf, eine am Bein und eine an meiner Nase, die er mir im Alter zwischen 8 und 16 Jahren verpasst hat.
All die Jahre habe ich meine Mutter gebeten das sie sich von ihm scheiden lassen soll, aber leider hat sie es aus Mitleid nie übers Herz gebracht weil (so wie sie es sagt) er ein Waisenkind ist und außer uns niemanden hat.
Geliebt hat sie ihn nie wirklich, denn sie hat (so wie sie es sagt) ihn damals nur geheiratet, weil sie aus ihrer ebenfalls extrem geizigen und religiösen Familie ausbrechen wollte.
Nun gut, mache mich so langsam auf die Socken.
Werde euch auf dem laufenden halten.
Wünsche allen betroffenen viel Kraft.
Lieben Gruß, Peter !







Klaramarie

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Re:Mein Vater ( Seit 11.04.2007 Glioblastom Typ IV) !
« Antwort #26 am: 25. April 2008, 09:16:46 »
Guten Morgen Peter,
ich lese täglich deine Einträge, für mich sind sie bizar, ich weiß nicht was glauben, ganz ehrlich. Ein bisschen denke ich an "Fight Club", an den Film, in dem Menschen Selbsthilfegruppen besuchen, um weinen zu können. Ich kann mir nicht helfen, doch bei deinen Einträgen stimmt was nicht, so denke ich. Das ist mein ganz persönliche Eindruck.
Ich will dich nicht verletzen, doch ich muss dir das heute schreiben.
Grüße und auch dir ganz viel Kraft!
Klaramarie

PETER37

  • Gast
Re:Mein Vater ( Seit 11.04.2007 Glioblastom Typ IV) !
« Antwort #27 am: 25. April 2008, 09:47:06 »
Guten Morgen liebe Klaramarie !
Wollte gerade die Wohnung verlassen und habe in letzter Sekunde deinen Eintrag bemerkt.
Also antworte ich dir schnell noch.
Mag sein das dies alles dir bizarr und unglaubwürdig vorkommt, aber es ist wirklich die reine Wahrheit über mich und meine Familie.
Was hätte ich davon hier irgendetwas erfundenes oder unnötig dramatisiertes zu schreiben ?
Das wäre allen Betroffenen gegenüber respektlos und meines Erachtens sehr unmenschlich.
Ich verarbeite mit dem Schreiben meine innere Unentschlossenheit gegenüber meinem Vater.
Ich habe große Probleme damit, ihm alles zu vergeben und doch liebe ich ihn irgendwie.
Ich stehe zwischen zwei Stühlen und schwanke ihm gegenüber, ständig zwischen tiefer Trauer und Gleichgültigkeit.
Das Schreiben und der Halt durch die anderen Leser und Schreiber hilft mir, alles so gut wie möglich zu verarbeiten und das beste daraus zu machen.
Muß jetzt los.
Wünsche dir alles Gute und Liebe, Peter !
« Letzte Änderung: 25. April 2008, 09:48:10 von PETER37 »

PETER37

  • Gast
Re:Mein Vater ( Seit 11.04.2007 Glioblastom Typ IV) !
« Antwort #28 am: 27. April 2008, 09:53:44 »
Guten Morgen an Alle !
Der gestrige Tag und Abend war besonders schlimm.
Während ich am Arbeitsplatz war, wurde mir von Mama per Anruf mitgeteilt, das mein Vater einen schweren epileptischen Anfall bekommen hat.
Sie war total aufgelöst und sagte das sie das Gefühl hat, das es mit ihm langsam zu Ende geht.
Während ich die Schlange an der Kasse warten ließ, versuchte ich sie per Handy zu beruhigen, was mir leider nicht so gelang.
Ein paar Stunden später kam der zweite Anruf von Mama.
Sie teilte mir mit, das er einen zweiten Anfall bekommen hat.
Erneut ließ ich die Kunden an der Kasse warten und versuchte sie zu beruhigen, was mir wieder nicht besonders gut gelang.
Abgesehen davon, wurde mir durch diese furchtbaren Meldungen von Mama ganz schlecht.
Mein Kreislauf spielte verrückt, mir wurde schwindelig und es fiel mir sehr schwer die Kunden weiter zu bedienen.
Kurz vor Feierabend kam dann leider der dritte Anruf von Mama.
Sie sagte, das Papa kurz bevor sie das Hospiz verlassen hat, einen dritten Anfall bekommen hat.
Sie sagte das sie jetzt zu Hause wäre, total ratlos wäre und sie nicht wüßte, was sie jetzt unternehmen solle.
Um sie zu beruhigen ließ ich alles im Laden stehen und fuhr am späten Abend zu Mama.
Vor Ort gelang es mir, sie ein wenig zu beruhigen und wir diskutierten über die Zeit nach Papa und was danach so alles auf uns zukommen könnte.
Auf ihren Wunsch hin, rief ich spät in der Nacht beim Hospiz an und erkundigte mich nach Papas Zustand.
Anscheinend rief ich zum richtigen Zeitpunkt an, denn er hatte in dem Moment einen vierten Anfall.
Zum Glück konnte das Hospiz ihn mit hohen Dosen an Valium wieder beruhigen und stabiliseren.
Doch insgesamt gesehen, sieht das alles leider nicht so gut aus und ich befürchte das in kurzer Zeit alles vorbei sein wird.
Der behandelnde Arzt sagte: "....wir sprechen im Falle ihres Vaters nicht mehr von Monaten, sondern von Tagen und Wochen Herr...." !
Nun gut, ich muß mich langsam fertig machen weil ich auch heute wieder arbeiten muß.
Werde euch auf dem laufenden halten.
Wünsche allen Betroffenen viel Kraft.
Lieben Gruß, Peter !



Offline Bluebird

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Re:Mein Vater ( Seit 11.04.2007 Glioblastom Typ IV) !
« Antwort #29 am: 27. April 2008, 11:35:41 »
Hallo Peter!

Ich war bisher nur stille Leserin in Deinem Thread. Dass es so schnell bergab mit Deinem Vater geht, tut mir leid. Hast Du das Gefühl, dass alles in dem Hospiz getan wird, um ihm Leiden zu ersparen? Ich bin keine Ärztin, aber ich frage mich, ob allein Valium ((Tranquilizer)  Schmerzen und Krämpfe bei diesem gravierenden Krankheitsbild mildern kann. Bekommt er Morphium, Cortison, krampflösende Mittel wie Keppra? Selbst wenn die Ärzte meinen, dass Euer Vater nicht mehr lange lebt, so sollte doch alles getan werden, ihm diesen Weg zu erleichtern.

Ich wünsche Deiner Familie und vor allem Dir, der neben seiner Arbeit noch alles organisiert, weiterhin viel Kraft!

Herzliche Grüße
Bluebird
« Letzte Änderung: 27. April 2008, 11:48:17 von Bluebird »
The best time to plant a tree was 20 years ago.
The second best time is NOW.
(Chinesisches Sprichwort)

 



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