HirnTumor-Forum

Autor Thema: Informationen vom 43. Hirntumorinformationstag am 27.Oktober 2018 in Göttingen  (Gelesen 9089 mal)

Offline KaSy

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(Ich habe diese Informationen aus der Internetseite und den Tagungsunterlagen der Deutschen Hirntumorhilfe e.V. entnommen, da  ich am 43. Hirntumorinformationstag nicht teilnehmen konnte.   KaSy)

43. Hirntumor-Informationstag der Deutschen Hirntumorhilfe e.V. am 27. Oktober 2018 in Göttingen

"Tagesordnung:

1. Möglichkeiten und Grenzen der Neurochirurgie

2. Brachytherapie – Für wen ist sie eine Option?

3. Virus- und Immuntherapie bei Gliomen

4. Status Quo der Meningeomtherapie

5. Medikamentöse Therapie epileptischer Anfälle

6. CCNU plus TMZ als neues Therapiekonzept?

7. Mistel, Weihrauch etc.: Was nützt, was schadet?

8. Cannabis bei Hirntumoren – Wo stehen wir?

9. Methadon: Zwischen Hoffnung und Hype

10. Debatte: Off-Label-Use"
« Letzte Änderung: 05. Oktober 2019, 17:56:54 von KaSy »
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43. Hirntumor-Informationstag der Deutschen Hirntumorhilfe e.V. am 27. Oktober 2018 in Göttingen

(Ich habe diese Informationen aus den Tagungsunterlagen der Deutschen Hirntumorhilfe e.V. entnommen, da ich am 43. Hirntumorinformationstag nicht teilnehmen konnte. Die Inhalte der Vorträge sind demzufolge hier nicht enthalten.   KaSy)

zu 1. Möglichkeiten und Grenzen der Neurochirurgie

Das wollten unsere Gäste bei den letzten Informationstagen von den Experten wissen

Frage:
Ich habe gehört, dass man ein Glioblastom nie ganz entfernen kann. Mein Operateur sagte mir, dass alles entfernt wurde. Geht das überhaupt?

Antwort:
Ihr Operateur meint damit sicherlich, dass er den kontrastmittelanreichernden Teil des Tumors entfernen konnte. Das ist eine gute Nachricht, weil damit der wesentliche Teil des Tumors entfernt wurde. Jedes Glioblastom besitzt jedoch eine sogenannte Infiltrationszone. Das ist der Bereich, in dem einzelne Tumorzellen im gesunden umgebenen Hirngewebe verteilt sind, sodass es nicht möglich ist, jede einzelne operativ zu entfernen. Die zwangsweise verbliebenen Reste in der Umgebung sollten dann nachbehandelt werden.

Frage:
Kann man Tumoren im Hirnstammbereich operieren?

Antwort:
Der Hirnstamm stellt eine sehr komplexe und äußerst bedeutende Region des Gehirnes dar. Hier sind sehr viele wichtige Bahnen und Funktionen auf engstem Raum vereint. Die meisten Hirnstammtumoren wachsen diffus infiltrierend, sodass die Operation eines regulären Astrozytoms im Bereich des Hirnstammes in der Regel nicht möglich ist. Ausnahmen hiervon sind gut abgegrenzte Tumoren wie z.B. das pilozytische Astrozytom, die im Jugend- oder jungen Erwachsenenalter auftreten und entweder anatomisch über oder unter der Brücke (Pons) lokalisiert sind. Diese Tumoren wachsen häufig verdrängend und können bei guter Erreichbarkeit operativ behandelt werden. Die Entscheidung, ob ein Hirnstammtumor sinnvoll operiert werden kann, ist immer sehr individuell und sollte daher unbedingt in einem persönlichen Gespräch mit dem Experten geklärt werden. Anders stellt sich die Situation bei Tumoren dar, die außerhalb des Hirnstammes wachsen und diesen lediglich verdrängen. Diese Tumoren kann und soll man mit dem Ziel operieren, den Tumor entweder vollständig zu entfernen oder die Größe deutlich zu reduzieren, um den Druck vom Hirnstamm zu nehmen.

Frage:
Haben Kinder von Glioblastompatienten ein höheres Risiko, an einem Gliom zu erkranken?

Antwort:
Gegenüber der allgemeinen Bevölkerung ist das Risiko von Kindern von Glioblastompatienten, ebenfalls an einem Gliom zu erkranken, nicht messbar erhöht. Es gibt jedoch genetische Erkrankungen wie z.B. Neurofibromatose Typ 1 oder seltenere Syndrome, bei denen Gliome gemeinsam mit anderen Tumoren, z.B. Darmtumoren auftreten, die durchaus vererbt werden können. Diese genetischen Krankheiten sind aber außerordentlich selten und spielen in der allgemeinen neuroonkologischen Praxis kaum eine Rolle.
« Letzte Änderung: 05. Oktober 2019, 17:55:49 von KaSy »
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zu 2. Brachytherapie – Für wen ist sie eine Option?

Das wollten unsere Gäste bei den letzten Informationstagen von den Experten wissen

Frage:
Was ist Brachytherapie?

Antwort:
Das Prinzip der Brachytherapie besteht darin, dass radioaktive Strahlung innerhalb oder im unmittelbaren Kontakt zum Tumor angewendet wird. Im Gegensatz zur Bestrahlung von außen, der perkutanen Strahlentherapie, platziert man hierbei die Strahlenquelle in Form von sogenannten Seeds direkt exakt im Tumor, um dort eine hohe, für den Tumor tödliche Dosis zu entfalten, die dann über die Tumorgrenze hinaus zum umgebenden gesunden Geweben steil abfällt und dieses daher mit Strahlen kaum noch belastet.

Frage:
Wie werden die Seeds platziert?

Antwort:
Die Platzierung der Seeds in den Tumor kann auf verschiedene Weise durchgeführt werden. Zum einen können die Seeds nach einer Tumorresektion in das Tumorbett oder den Resektionsrand frei Hand durch den Operateur platziert werden. Hierbei ist zu bedenken, dass sich die Konfiguration der Resektionshöhle und zugleich die Position der Seeds im Verlauf verändern können und somit auch die Verteilung der Bestrahlungsdosis nicht mehr der Ausgangssituation entsprechen würde. Die meisten Arbeitsgruppen bevorzugen daher die stereotaktisch geführte Implantation der Seeds, die in der Regel in Allgemeinnarkose durchgeführt werden kann. Der stationäre Aufenthalt für die Implantation der Seeds beträgt in der Regel knapp eine Woche.

Frage:
Ist eine Brachytherapie mittels Seed-Implantation auch bei Meningeomen anwendbar?

Antwort:
Eine rückblickende Untersuchung der in den letzten 20 Jahren durchgeführten Seed-Implantationen bei Meningeomen zeigt, dass es Meningeome gibt, die sich gut für die Implantation von Jod-125-Seeds eignen. Dies sind insbesondere Meningeome, welche aufgrund ihrer Lage für eine offene Operation nur schwer zugänglich sind und vorzugsweise eine eher rundliche Form haben. Weniger geeignet sind flächig wachsende Meningeome oder solche, die durch einen kleinen Eingriff einer offenen Behandlung zugänglich sind und somit für eine Operation in Frage kommen.
« Letzte Änderung: 05. Oktober 2019, 17:55:37 von KaSy »
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zu 3. Virus- und Immuntherapie bei Gliomen

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Frage:
Wie lassen sich virenbasierte Therapieverfahren grundsätzlich charakterisieren?

Antwort:
Hinter den viralen Vektoren steckt folgende einfache Überlegung: Die Viren werden von uns als Transportvehikel benutzt, um kontrolliert ein bestimmtes Gen in die Tumorzellen einzuschleusen. Im Zellinneren entfaltet der virale Vektor dann ausschließlich die Wirkung des gezielt eingebrachten Gens. Grundlegend für diese eingeschränkte Wirkweise ist, dass die hierfür genutzten Viren sich nicht mehr selbst vermehren können. Dieses Verfahren der viralen Vektoren ist Grundlage der sogenannten Gentherapie.
Onkolytische Viren nutzen dasselbe Prinzip. In ihrem Fall aber wird das Virus nicht nur als Transporthülle genutzt, sondern es ist weiterhin dazu in der Lage, sich zu vermehren und die virale Infektion im Tumor auszubreiten, um eine Reaktion des Immunsystems zu provozieren.

Frage:
Haben Checkpoint-Inhibitoren eine Zukunft in der Gliomtherapie?

Antwort:
Man schraubt mit den Checkpoint-Inhibitoren die Wachheit des Immunsystems unspezifisch hoch. Das hat dann einen Sinn, wenn das Immunsystem des Patienten grundsätzlich in der Lage ist, den Tumor als fremd zu erkennen. Wenn das Immunsystem den Tumor nicht findet, dann nützt das nichts. Deshalb glaube ich, dass dieser Ansatz zwar sinnvoll ist, dass man ihn im Idealfall aber mit einer spezifischen Therapie kombinieren muss. Am wahrscheinlichsten profitieren Patienten, deren Tumoren eine sehr hohe Mutationslast haben, denn ein Tumor, der sehr viele Mutationen trägt, bildet auch viele veränderte Proteine und ist damit für das körpereigene Immunsystem potenziell erkennbar.
Das Glioblastom gehört nicht zu den Tumoren, die die höchste Mutationslast haben.Wenn man das ganze Spektrum von onkologischen Tumoren anschaut, liegen Glioblastome eher im unteren Mittelfeld, sodass ich nicht glaube, dass Checkpoint-Inhibitoren als Monotherapie der Durchbruch sein werden.

Frage:
Gibt es unter den Virotherapien einen besonders interessanten Ansatz?

Antwort:
Bei vielen von diesen mit Viren behandelten Patienten sieht man entzündliche Veränderungen auf den MR-Tomographien, und ein Virus löst auch bei gesunden Menschen eine Immunreaktion aus. Es ist gut vorstellbar, dass z.B. ein in den Tumor gespritztes Adenovirus, das für das Immunsystem erkennbar ist, sehr viele Immunzellen anlockt und diese dann auch etwas Fremdes im Tumor sehen und anfangen, diese Zielstruktur anzugreifen.
« Letzte Änderung: 05. Oktober 2019, 17:55:25 von KaSy »
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43. Hirntumor-Informationstag der Deutschen Hirntumorhilfe e.V. am 27. Oktober 2018 in Göttingen

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zu 4. Status Quo der Meningeomtherapie

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Frage:
Ich habe nach der Operation eines Optikusmeningeoms Gesichtsfeldeinschränkungen beidseits. Kann sich die Funktion wieder erholen? Gibt es sinnvolle Rehabilitationsmaßnahmen?

Antwort:
Gesichtsfeldausfälle, die bei einem Optikusscheidenmeningeom erst postoperativ neu aufgetreten sind, erholen sich leider nur unwesentlich in den ersten Wochen. Nach mehreren Monaten ist ein bleibender Zustand erreicht. Im Rahmen einer Rehabilitationsmaßnahme können aber Gesichtsfelddefekte mit Hilfe der Ergo- und Kunsttherapie behandelt werden. Neben der bewussten Wahrnehmung der Defekte werden vorwiegend Kompensationsstrategien eingeübt, die helfen „eine neue Mitte“ zu finden und ggf. Schiefhaltungen der Halswirbelsäule vorzubeugen.

Frage:
Mein Meningeom wird als nicht operabel eingestuft. Symptome habe ich keine. Sollte man bestrahlen, oder kann es auch sein, dass ich damit uralt werde und nichts machen lassen brauche?

Antwort:
Bei nicht operablen Meningeomen, z.B. am Sinus cavernosus, sollte zunächst beobachtet werden, ob der Tumor wächst. Im Falle eines Wachstums oder bei Ausfällen sollte bestrahlt werden. Prinzipiell wachsen Meningeome überwiegend sehr langsam, sodass die Lebenserwartung nur gering eingeschränkt ist. Man kann mit manchen Meningeomen auch sehr alt werden, andere entwickeln hingegen eine Hirnschwellung und bedürfen einer Behandlung.

Frage:
Ich bin schon viermal operiert und zweimal bestrahlt worden. Wie oft kann ein Meningeomrezidiv operiert werden?

Antwort:
Prinzipiell gibt es keine Einschränkungen, was die Anzahl an Operationen an einem Meningeom betrifft. In der täglichen Praxis wird die Entscheidung zur Rezidivoperation daher immer individuell zusammen mit dem Patienten getroffen. Dabei können Faktoren wie die lokalen Wundverhältnisse oder andere Begleiterkrankungen die Entscheidung zur Operation beeinflussen.
« Letzte Änderung: 05. Oktober 2019, 17:55:10 von KaSy »
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43. Hirntumor-Informationstag der Deutschen Hirntumorhilfe e.V. am 27. Oktober 2018 in Göttingen

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zu 5. Medikamentöse Therapie epileptischer Anfälle

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Frage:
Obwohl ich nur einen Anfall hatte, soll ich lebenslang Levetiracetam nehmen. Ist das zwingend erforderlich?

Antwort:
Die Dauer der antiepileptischen Therapie ist sehr individuell zu gestalten, je nach Art der Epilepsie und Vorgeschichte. In der Regel wird die Therapie so lange fortgesetzt, bis die „epileptogene“  Läsion sicher nicht mehr vorhanden ist und eine jahrelange anfallsfreie Zeit unter der antiepileptischen Therapie bestanden hat.

Frage:
Darf man bei langfristiger und regelmäßiger Einnahme von Antiepileptika Auto fahren?

Antwort:
Die Kraftfahreignung bei Epilepsie wird in den Begutachtungsrichtlinien zur Kraftfahreignung geregelt. Es ist festgelegt, dass das Autofahren zum privaten Gebrauch (Gruppe 1) in der Regel nach einer einjährigen anfallsfreien Zeit wieder gestattet ist, insofern die Medikamente gut vertragen werden und nicht anderweitige, nicht epileptologische Gründe dagegen sprechen. Darüber hinaus gibt es noch einige andere Ausnahmeregelungen, die im Einzelfall bei bestimmten Ausprägungen der Epilepsie angewendet werden können.
Die Kraftfahreignung für Personen der Gruppe 2, also Berufsfahrer wie LKW- oder Taxifahrer, ist unter der Einnahme von Antiepileptika nach den Leitlinien nicht möglich.

Frage:
An wen muss ich mich wenden, wenn ich nach anhaltender Anfallsfreiheit wieder Auto fahren will, und wer bescheinigt die wiedererlangte Fahrtauglichkeit?

Antwort:
Die Wiedererlangung der Fahreignung kann unterschiedlich geregelt sein. Sollte der Führerschein eingezogen worden sein, muss sich mit der Kfz-Behörde in Verbindung gesetzt werden, die dann im Einzelfall entscheidet, welche Unterlagen (Bescheinigung des behandelnden Arztes oder z.B. Gutachten) zur Entscheidungsfindung erforderlich sind.
Wurde der Führerschein nicht eingezogen, sollten mit dem behandelnden Neurologen bzw. Epileptologen die Schritte zur Wiedererlangung der Fahreignung besprochen werden. In jedem Fall sind Kontrolluntersuchungen sinnvoll und angezeigt.
« Letzte Änderung: 05. Oktober 2019, 17:54:45 von KaSy »
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zu 6. CCNU plus TMZ als neues Therapiekonzept?

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Frage:
Greift die Kombination aus Temozolomid plus CCNU auch im Rezidivfall bzw. welche Chemotherapie kann im Rezidivfall angewendet werden?

Antwort:
Eine Studie, die den Vorteil dieser Kombination auch im Rezidivfall belegt, gibt es bisher nicht, einzelne Patienten können aber durchaus profitieren. Eine Anbindung an ein spezialisiertes Zentrum ist auch in der Rezidivsituation sinnvoll, da dadurch häufig der Zugang zu neuen Medikamenten im Rahmen von Studien ermöglicht wird. Außerhalb von Studien wird meist eine Monotherapie mit Bevacizumab, CCNU oder Temozolomid durchgeführt.  Bevacizumab führt bei 30-40 % der Patienten zum Ansprechen und wird in der Regel gut vertragen; potenzielle Nebenwirkungen sind hoher Blutdruck, Auftreten von Blutgerinnseln, Störung der Herzpumpfunktion, Wundheilungsstörungen und Blutungen. CCNU führt in der Rezidivsituation zur Stabilisierung der Erkrankung bei ca. jedem dritten Patienten und zu einem medianen Überleben von ca. 7-10 Monaten. Die Toxizität betrifft vor allem das Knochenmark mit der Gefahr von Infektionen und Blutungen. Bei Tumoren mit methyliertem MGMT-Promotor, die mehrere Monate nach Beendigung der initialen Temozolomid-Therapie rezidivieren, ist eine erneute Temozolomidgabe die Therapie der Wahl. In einer Studie mit metronomischem Temozolomid (50 mg / m² /Tag) betrug der Anteil der Patienten, die sechs Monate nach Beginn der Rezidivtherapie keinen erneuten Progress zeigten, 29 %.

Frage:
Ich bekomme gleichzeitig eine Behandlung mit Cortison wegen eines Hirnödems und eine Chemotherapie wegen eines Hirntumors. Beeinflusst das Cortison den Erfolg der Chemotherapie? Welche Cortisondosierung ist sinnvoll?

Antwort:
Zur Aufrechterhaltung der Lebensqualität ist bei Symptomen verursachenden Hirnödemen eine zeitlich begrenzte Therapie mit Dexamethason (Cortisonpräparat) sinnvoll und wirksam. Diese sollte allerdings immer unter ärztlicher Kontrolle durchgeführt werden, damit die Cortisongabe so rasch wie möglich wieder verringert und eventuell ganz beendet werden kann. Es soll immer die geringste, in der Wirkung ausreichende Cortisondosis verabreicht werden, da das Cortison auf den ganzen Körper wirkt und nicht alle der sogenannten systemischen Wirkungen erwünscht sind. Wie viel das ist, muss individuell ausgetestet werden. Entsprechend einiger theoretischer Überlegungen könnte durch Cortison die Verfügbarkeit der Chemotherapie im Tumor beeinträchtigt werden, aber dazu gibt es keine beweisenden Daten.

Frage:
Was kann man machen, um die Blutwerte unter einer Chemotherapie zu verbessern?

Antwort:
Eine Verbesserung der Blutwerte ist über äußere Bedingungen nur bedingt möglich, da sich das Blut über das Knochenmark selbst regeneriert. Wichtig ist sicherlich eine ausgewogene vitamin- und proteinreiche Ernährung. Spezielle Maßnahmen darüber hinaus bzw. Nahrungsergänzungsmittel wie Multivitaminpräparate etc. sind in Bezug auf die Blutwerte nicht sicher nachgewiesen.
« Letzte Änderung: 05. Oktober 2019, 17:54:26 von KaSy »
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zu 7. Mistel, Weihrauch etc.: Was nützt, was schadet?

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Frage:
Sind chinesische Pilzextrakte und Mistel in der Behandlung von Hirntumoren sinnvoll?

Antwort:
Chinesische Pilzextrakte oder sogenannte Heilpilze oder medizinische Pilze stammen aus der traditionellen chinesischen Medizin. Dort wurde den Heilpilzen eine allgemeine gesundheitsfördernde Wirkung beigemessen. Es gibt eine ganze Reihe von Veröffentlichungen, auch von Studien an Patienten, die die Wirksamkeit von Heilpilzen untersucht hat. Die meisten Studien stammen allerdings aus China, und es ist mittlerweile bekannt geworden, dass die berichteten Daten nicht immer mit der Wahrheit übereinstimmen. Aus diesem Grunde sind die gesamten Studien aus dem chinesischen Bereich mit einem großen Fragezeichen zu versehen. Leider gibt es keine Studien zu Hirntumoren aus verlässlichen Quellen, sodass wir über die Wirksamkeit wenig sagen können. Die Wirkung der Pilzextrakte besteht zumindest zum Teil darin, dass es sich um eine unspezifische Immunstimulation handelt. Ob dies dann eine Wirkung des Immunsystems gegen den Tumor bedingt, ist umstritten. Außerdem wissen wir, dass das Gehirn durch Mechanismen wie die Blut-Hirn-Schranke vor dem Zugriff des Immunsystems geschützt ist, sodass es sehr fraglich ist, ob der indirekte Mechanismus bei Hirntumoren wirksam werden könnte. Auf der anderen Seite wissen wir aus weiteren Untersuchungen, dass eine Aktivierung des Immunsystems gegen den Tumor immer mit einer umgebenen Entzündung verbunden ist und diese wiederum mit einer Schwellung, dem sogenannten Ödem. Aus diesem Grund raten wir zum Beispiel von einer Misteltherapie, die ebenfalls das Immunsystem aktiviert, bei Hirntumoren ab, da eine Zunahme des Hirnödems und damit eine Gefährdung des Patienten nicht auszuschließen ist. Im Analogschluss bedeutet dies, dass wir auch von den Pilzextrakten bei Hirntumorpatienten eher abraten müssen.

Frage:
Ist eine Substitution mit Vitamin C in der Gliomtherapie sinnvoll?

Antwort:
Die Zuführung von Vitamin C in hohen Dosen ist sowohl aus ernährungswissenschaftlicher als auch aus onkologischer Sicht nicht sinnvoll.Eine positive Wirkung konnte bislang nicht festgestellt werden. Vitamin C könnte sogar schädlich sein, denn es handelt sich hierbei um ein Antioxidans. Eine Tumortherapie ist aber letztlich eine Oxidation.

Frage:
Angeblich unterstützt eine Überwärmungstherapie die Krebsheilung. Ist dies bei Hirntumoren ebenso, und hilft es, wenn ich in die Sauna gehe?

Antwort:
Bei Hirntumoren gibt es keine in ausreichender Qualität durchgeführte Studie, die einen Effekt der  Überwärmungstherapie (Hyperthermie) belegen würde. Zudem werden oft andere Behandlungen wie Strahlentherapie oder Chemotherapie mit der Hyperthermie kombiniert, sodass nicht klar ist, durch welche Behandlung mögliche Effekte tatsächlich hervorgerufen worden sind. Selbst wenn Hyperthermie bei Hirntumoren wirken sollte, bin ich skeptisch, ob Saunabesuche eine ähnliche Wirkung erzielen können. Es müssen wahrscheinlich Temperaturen um etwa 43°C im Tumorbereich erzielt werden, was durch einen Saunabesuch nicht möglich ist.
« Letzte Änderung: 05. Oktober 2019, 18:00:22 von KaSy »
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zu 8. Cannabis bei Hirntumoren – Wo stehen wir?

Informationen zum Thema

Cannabinoide in der Rezidivtherapie:
Klinische Studie zu Cannabidiol und Delta-9-Tetrahydrocannabinol (ACTR 56)


"Auf der 22. Jahrestagung der Society of NeuroOncology SNO (Amerikanische Gesellschaft für Neuroonkologie) wurden im November 2017 Daten zur Anwendung von Cannabinoiden in der Rezidivtherapie bei höhergradigen Gliomen vorgestellt. Wir haben die wichtigsten Informationen für Sie zusammengefasst:

Natürlich vorkommende Cannabinoide haben in Tiermodellen eine Wirkung auf Glioblastome gezeigt, wenn sie zusammen mit Temozolomid (TMZ) verabreicht wurden. Die vor allem in der Hanfpflanze vorkommenden pharmakologisch aktiven Substanzen scheinen die Effektivität der Chemotherapie zu verbessern. In einer zweiteiligen Studie wurden Sicherheit und Wirksamkeit dieser Kombination mit Glioblastompatienten mit erstem Rezidiv untersucht.

Da sich bei den sechs Patienten im ersten Teil der Studie, die eine maximal verträgliche Dosis von CBD:THC-Oromucosalspray zusätzlich zu dosisintensiviertem Temozolomid erhielten, keine schwerwiegenden Nebenwirkungen zeigten, startete der zweite Teil.
Zwölf Patienten erhielten die Kombination aus CBD:THC und Temozoloid, neun weitere Patienten  Temozoloid und ein Placebo. Die Mehrfachdosierung mit CBD:THC zeigte keine Arzneimittelwechselwirkungen mit Temozoloid. Die häufigsten behandlungsbedingten Nebenwirkungen für CBD:THC waren Erbrechen (12/18) und Schwindel (11/18).
Nach einem Jahr lebten 83 % der Patienten im CBD:THC-Arm und 44 % der Patienten im Placebo-Arm.

Die vorläufigen Ergebnisse zu Verträglichkeit, Arzneimittelwechselwirkung und Wirksamkeit sprechen dafür, die Kombination aus CBD:THC und Temozoloid in größeren Studien zu untersuchen."

CBD: Cannabinoid
THC: Tetrahydrocannabiol

« Letzte Änderung: 05. Oktober 2019, 18:01:46 von KaSy »
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zu 9. Methadon: Zwischen Hoffnung und Hype

Informationen zum Thema

Methadon-Debatte – Rückblick auf den 42. Hirntumor-Informationstag

"Beim 42. Hirntumor-Informationstag am 21. April 2018 diskutierten vier Ärzte den Einsatz von D,L-Methadon in der Hirntumortherapie.
Im Rahmen der kontroversen Pro-Kontra-Debatte kamen Chancen und Risiken des experimentellen Einsatzes des Schmerz-und Substitutionsmedikaments zur Sprache, die wir an dieser Stelle für Sie zusammengefasst haben:

PRO
Retrospektive Studie zeigt gute Verträglichkeit von D,L-Methadon.
(Onken et al., 2017)
KONTRA
Es wurden Fälle von Patienten berichtet, die nach dem Einsatz von Methadon schwere Komplikationen hatten.
(Dt. Ärzteblatt; Jg. 114, Aug. 2017)

PRO
Es lässt sich ein Wirkmechanismus beschreiben, der eine synergistische Wirkung von D,L-Methadon und Doxorubicin nahelegt.
(Friesen et al., 2014)
KONTRA
Andere Gruppen können diese Ergebnisse nicht bestätigen; demnach Scheint die Zunahme der zytostatischen Wirkung je nach Kombination aus Zelllinie und Zytostatikum zu variieren.
(Stadlbauer et al., 2017)

PRO
In GBM (Glioblastom)-Zellkulturen und anderen konnten m-Opioid-Rezeptoren Nachgewiesen werden.
(C. Friesen et al.; Cell Cycle. 2014; 13(10):1560-70)
KONTRA
In Tumorgewebeproben von GBM-Patienten wurden kaum m-Opioid-Rezeptoren gefunden.
(P. Latzer et al.; Neuro-Oncology, Volume 20, Issue suppl_3, 19 September 2018, Pages iii285)

PRO
Methadon ist seit langem in der Schmerz-und Substitutionstherapie bekannt – dadurch lässt sich die mögliche Toxizität gut steuern.
KONTRA
Es fehlen Erfahrungen beim Einsatz von Methadon bei Krebspatienten, die oft verschiedene Begleitmedikamente einnehmen – dadurch lassen sich Nebenwirkungen schlecht kontrollieren.

PRO
Es gibt Fallberichte von Patienten, die zusätzlich Methadon einsetzen und mindestens einen stabilen Krankheitsverlauf zeigen.
KONTRA
Es gibt Krebspatienten, die Methadon einsetzen und keinen günstigeren Krankheitsverlauf zeigen."
« Letzte Änderung: 05. Oktober 2019, 18:05:48 von KaSy »
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zu 10. Informationen zum Thema Off-Label-Use:

Was ist Off-Label-Use?

Von „Off-Label-Use“ spricht man, wenn Medikamente außerhalb des ursprünglichen Anwendungsgebietes eingesetzt werden. Es sind Medikamente, die man normalerweise nicht für die Behandlung von Hirntumoren verschreiben würde.

In der Regel ist eine spezielle Behandlung als Standardtherapie für eine bestimmte Erkrankung verfügbar und erfolgreich erprobt. Kann die Erkrankung mit dem zugelassenen Medikament nicht ausreichend therapiert werden, wird untersucht, ob eine Kombination der Standardbehandlung mit einer weiteren Substanz einen Vorteil für den Patienten bringt.

Wann werden Medikamente off-label eingesetzt?

Off-Label-Use kommt in Frage, wenn
- es für eine Erkrankung kein zugelassenes Medikament gibt,
- die zugelassenen Wirkstoffe ausgeschöpft sind,
- die zugelassenen Wirkstoffe nebenwirkungsreicher sind,
- durch die ergänzende Gabe von Substanzen ggf. eine Verbesserung des Behandlungsergebnisses erreicht werden kann.

Welche Medikamente können off-label eingesetzt werden?

Die Grundlage der Auswahl eines Medikaments für den Off-Label-Einsatz ist stets eine sogenannte Rationale oder Plausibilität. Die ist gegeben, wenn beispielsweise anhand einer Phase-III-Studie bereits abzusehen ist, dass es zur baldigen Zulassung einer überlegenen Therapiekombination kommt.

Aber auch positive Ergebnisse aus Phase-I- oder Phase-II-Studien, anderweitigen Untersuchungen (z.B. statistischen Erhebungen) oder Erkenntnisse aus Versuchen in Zellkulturen können Therapieerfolge vermuten lassen und als Argumentationsgrundlage für einen Off-Label-Use dienen.

Von einer umfassenden klinischen Untersuchung der Wirksamkeit bis zur Zulassung von neuen Therapien und Therapiekombinationen vergehen oft über zehn Jahre. Für Patienten stellt sich die Frage, ob die vielversprechenden Medikamente schon eher eingesetzt werden können, auch wenn eine Wirksamkeit noch nicht wissenschaftlich mit einer entsprechenden Beweiskraft erforscht ist.

Fragen zum Thema

Wird in der täglichen Praxis der Off-Label-Einsatz empfohlen?

Was spricht dafür oder dagegen, wenn Patienten ein Medikament off-label einnehmen wollen in der Absicht, die Wirkung oder Verträglichkeit der Standardtherapie zu verbessern?

In welchem rechtlichen Rahmen bewegen sich Ärzte, die Arzneimittel off-label verschreiben?

Wann ist der Einsatz einer zusätzlichen Substanz hinreichend fundiert?

Zahlen Krankenkassen den Einsatz von Medikamenten im Off-Label-Use?

An wen muss ich mich wenden, wenn ich mich über Off-Label-Anwendungen informieren möchte?


(Die Antworten auf diese Fragen sind leider nicht in den Tagungsunterlagen enthalten.   KaSy)



Beispiele für Off-Label-Use


CCNU plus Temozoloid

Nach der Zulassung des Zytostatikums Temozoloid für die Erstlinientherapie des Glioblastoms im Jahr 2005 (Stupp) wurden verschiedene Kombinationen mit zusätzlichen Substanzen und Medikamenten in klinischen Studien getestet, um die Standardtherapie zu verbessern, auch der Nitrosoharnstoff Lomustin (CCNU). Die Ergebnisse einer Phase-I-Studie weisen auf eine bessere Wirksamkeit der Kombination hin. Daraufhin wurde eine größere Studie (NOA-09) konzipiert, die die Kombination bei Glioblastompatienten mit einem bestimmten Merkmal im Tumorgewebe (MGMT) untersuchte. Die Untersuchung zeigte einen eindeutigen Vorteil für die Kombinationstherapie. In Kürze wird eine Veröffentlichung der Ergebnisse erwartet.


Metformin

Bei der Analyse von Registerdaten aus Bayern fiel auf, dass Patienten mit Typ-2-Diabetes und Metformintherapie seltener an Krebs starben. Die antitumorale Wirkung von Metformin war zudem aus Versuchen an Zellkulturen belegt. Daraufhin wurde untersucht, ob es unter Gliompatienten, die unter Diabetes litten und mit Metformin behandelt wurden, Hinweise auf eine Wirksamkeit des Metformins auf die Tumorerkrankung gab. Die Metforminbehandlung war bei bestimmten Hirntumorarten mit einer signifikant höheren Überlebenswahrscheinlichkeit verbunden. Dies veranlasste, die Wirkung der Metformingabe in Kombination mit der Standardbehandlung des Glioblastoms in einer Phase-II-Studie seit 2017 zu untersuchen.

(Ärztezeitung online, 29.08.18: Antidiabetikum gibt Gliompatienten etwas Hoffnung, Quelle: https://www.aerztezeitung.de/medizin/krankheiten/krebs/zns-tumoren/hirntumor/article/970346/metformin-antidiabetikum-gibt-gliompatienten-etwas-hoffnung.html)


Chloroquin

Vom Antimalariawirkstoff Chloroquin kannte man die antitumorale Wirkung aus Zellkulturen. Chloroquin wurde daraufhin 2005 in einer Phase-I-Studie (Soleto) zusätzlich zur Standardtherapie verabreicht. Ohne dass bei den Patienten unter der Chloroquintherapie schwerwiegende Nebenwirkungen aufgetreten wären, war die Überlebenszeit in dieser Gruppe wesentlich besser. Dies führte in der Folgezeit zum Einsatz von Chloroquin in verschiedenen Studien. Seit 2015 rekrutiert eine Studie in den Niederlanden zur Behandlung des Glioblastoms, bei der Chloroquin zusätzlich verabreicht wird.

(Ärztezeitung online, 29.08.18: Malaria-Medikament half Hirntumorpatienin, Quelle: www.focus.de/gesundheit/ratgeber/krebs/forschung/medizinischer-gluecksgriff-die-chemo-wirkte-nicht-mehr-malaria-medikament-half-26-jaehriger-hirntumorpatientin_id_6518089.html)


Disulfiram

Disulfiram, das als „Antabus“ seit Jahrzehnten zur Unterstützung der Abstinenz bei Alkoholabhängigkeit angewendet wird, könnte auch bei Krebserkrankungen wirksam sein. Erste Berichte über Krebspatienten, die unter der Behandlung einer gleichzeitigen Alkoholabhängigkeit mit Disulfiram genesen sind, wurden laut Medline bereits in den 1960er Jahren in der medizinischen Literatur veröffentlicht. Eine Analyse des dänischen Krankenregisters ergab, dass Disulfiram-Nutzer seltener als andere Menschen an Brust- oder Prostatakrebs erkranken (European Journal of Cancer Prevantion 2014; 23: 225-32). Derzeit werden mehrere klinische Studien zur Behandlung des Glioblastoms mit zusätzlicher Gabe von Disulfiram durchgeführt.

(Ärzteblatt.de, 11.12.17: Alkoholismus-Medikament greift Krebszellen an, Quelle: https://www.aerzteblatt.de/nachrichten/86948/Disulfiram-wie-ein-Alkoholismus-Medikament-Krebszellen-angreift)
« Letzte Änderung: 05. Oktober 2019, 18:09:59 von KaSy »
Wenn man schon im Müllkasten landet, sollte man schauen, ob er bunt angemalt ist.

Der Hirntumor hat einen geänderten und deswegen nicht weniger wertvollen Menschen aus uns gemacht!

 



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