HirnTumor-Forum

Autor Thema: Berichte vom 41. HT-Info-Tag am 21. Oktober 2017 in Berlin  (Gelesen 9414 mal)

Offline KaSy

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Berichte vom 41. HT-Info-Tag am 21. Oktober 2017 in Berlin
« am: 25. November 2017, 19:17:55 »
41. Hirntumor-Informationstag der Deutschen Hirntumorhilfe e.V.
am 21. Oktober 2017 in Berlin


Tagesordnung:

1. Fortschritte in der Neurochirurgie

2. Moderne Strahlentherapiekonzepte bei Hirntumoren

3. Chemotherapie maligner Gliome

4. Aktuelle Entwicklungen in der chirurgischen Therapie von Meningeomen

5. Neurochirurgische Optionen bei der Behandlung von Hirnmetastasen

6. Neue Ansätze bei der Behandlung von Hirntumoren

7. Therapie epileptischer Anfälle bei Hirntumoren

8. Klinische Studien in der Neuroonkologie



Zur Zeit stehen Fragen und Antworten der Podiumsdiskussionen unter www.hirntumorhilfe.de .

KaSy
« Letzte Änderung: 07. Oktober 2019, 17:21:11 von KaSy »
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Der Hirntumor hat einen geänderten und deswegen nicht weniger wertvollen Menschen aus uns gemacht!

Offline KaSy

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Antw:Berichte vom 41. HT-Info-Tag am 21. Oktober 2017 in Berlin
« Antwort #1 am: 25. November 2017, 19:37:15 »
41. Hirntumor-Informationstag der Deutschen Hirntumorhilfe e.V.
am 21. Oktober 2017 in Berlin


1. Fortschritte in der Neurochirurgie

Aus dem Vortrag:

Vorbemerkungen:

Im Bereich der Operationen gibt es nichts wesentlich Neues bei der Entfernung von Hirntumoren.
Es gibt technologische Veränderungen, geänderte Konzepte.
Bei Hirntumoren hat die Operation einen hohen Stellenwert, da durch sie so viel wie möglich von  dem in den Bildern sichtbaren Tumorgewebe entfernt wird.
Deshalb ist die Operation sehr wichtig.

In Berlin verteilt sich die Neurochirurgie der Charité auf drei Standorte:
- Berlin-Mitte an der Humboldt-Universität
- Virchow-Klinikum an der Technischen Universität
- Benjamin-Franklin-Klinikum an der Freien Universität

Operation mit intraoperativer Bildgebung:

Das bisher übliche OP-Setting (Lage des Patienten, Aufstellung des OP-Teams, Platzierung des Instrumententisches sowie der Monitore) wird durch die Möglichkeit der Nutzung von CT- und MRT-Geräten erweitert. Der Patient muss zuvor auch in die Scannig Position (CT / MRT ohne Umlagerung des Patienten) gebracht werden. Dadurch wird der Workflow (=Arbeitsablauf; Organisation der räumlichen und zeitlichen Reihenfolge von funktional, physikalisch oder technisch zusammengehörenden Arbeitsvorgängen während der Operation) aufwändiger. Hierdurch werden verbesserte OP-Ergebnisse möglich.

Während der Operation ist der Neurochirurg nicht nur auf sein eigenes Sichtfeld angewiesen, sondern ihm kann zusätzlich die CT-basierte intraoperative Bildgebung zur Verfügung stehen.

Die Nadelbiopsie sowie das CT-Angiogramm können im OP-Saal durchgeführt werden.

Das ist möglich, weil CT und MRT im OP-Saal zur Verfügung stehen und ein MRT nur noch etwa 20 min dauert. Die Geräte befinden sich in einem Nebenraum und können zum Patienten gebracht werden. Dadurch kann prä- (vor), intra- (während) und post- (nach) operativ das MRT zur Kontrolle des OP-Ergebnisses genutzt werden und sofort über eine eventuelle Fortsetzung der OP entschieden werden.
Bisher musste der Patient zum CT/MRT gebracht werden, was erst nach abgeschlossener OP möglich war. Bei Feststellung einer unvollständigen Tumorentfernung war dann eine erneute OP erforderlich, die für den Patienten viel belastender war.

Man bezeichnet diesen OP-Saal als MRT-basierten Hybrid-OP (Operationssaal, der mit medizinischer Bildgebung in Form von Angiografieanlagen, Computertomographen oder Magnetresonanztomographen ausgestattet ist.)

Hier sind auch intraoperativ Kontrollen des Stoffwechsels im Tumor, Wach-Operationen sowie die Kontrolle von Funktionsbereichen des Gehirns möglich.

Das ist nicht nur in Berlin so, sondern in ganz Deutschland.

Planung vor der Operation mit neuen funktionalen und digitalen Technologien

Durch das Motor-Mapping (Map = Landkarte, Erstellung einer dreidimensionalen „Landkarte“ für die Funktionen des Gehirns) kann festgestellt werden, wo die Bahnen im Gehirn verlaufen, die für bestimmte Funktionen (Bewegungen, Sehen, usw.) verantwortlich sind. Dadurch werden Operationen an Stellen möglich, wo bisher keine möglich waren.

Damit einher geht eine verbesserte Risiko-Stratifizierung (Abschätzen des Risikos, mit dem eine Erkrankung fortschreitet, zu Komplikationen oder zum Tod führt) und dadurch die konkretere Patientenaufklärung darüber vor der OP.   

Zum Motor-Mapping gehört die Navigierte transkranielle magnetische Hirnstimulation, bei der von außen mit Klebe-Elektroden die Stellen im Gehirn lokalisiert werden, die die einzelnen Organe (z.B. ein Finger) steuern.

Ein Sprach-Mapping könnte künftig die Wach-OP ersetzen, da bereits vor der OP eine derartige Testung erfolgen kann.

Die Bilder, die durch das präoperative (vor der OP) Mapping entstehen, sind bessere Bilder als bisher. Auf ihnen sind zusätzlich z.T. farbige Linien sichtbar, die die dünnen Bahnenbündel für die Hirnfunktionen darstellen.

Es ist sogar ein Intraoperatives Brain-(Gehirn-)Mapping möglich. Die Stimulations-Elektroden waren früher extra, jetzt sind sie in den OP-Instrumenten, so dass die Stimulation direkt erfolgen kann. Sie geben (anhand der Stromstärken) die Entfernung von bestimmten Regionen an.

Die ALA-Technik, durch die stoffwechselaktive Tumorbereiche während der Operation hell leuchten, kann mit „Fluorescein“ kombiniert werden, um zu erkennen, wo operiert werden muss.
Das wird künftig auch bei Meningeomen eingesetzt.

Die Informationen, die vorher erlangt wurden, werden in das Operations-Mikroskop hinein gespielt.
Das hat den Vorteil, dass die Blickrichtung des Operateurs nicht mehr zwischen dem Mikroskop und dem Bildschirm wechseln muss. Das ist eine neue Mikroskop-Generation, die einen besseren Blick ermöglicht. Die Hände des Chirurgen bleiben beim Patienten im Operationsgebiet.

Antworten auf Patientenfragen in der Podiumsdiskussion: (aus: www.hirntumorhilfe.de)

Frage:
Wann ist das Einholen einer zweiten Meinung sinnvoll?

Antwort:
Grundsätzlich kann man sagen, das Einholen einer Zweitmeinung ist nichts Unanständiges und steht Ihnen als Patient zu. Ich möchte Sie ermutigen, diesen Schritt zu gehen, wenn Sie weitere Informationen für Ihre Therapieentscheidung benötigen.

Frage:
Wie gut sind die neuroonkologischen Forschungszentren miteinander vernetzt?

Antwort:
Ich glaube, es gibt im Allgemeinen heute eine gute Vernetzung zwischen Klinikern und Forschern. Aber es ist ein weiter Weg, bis etwas Neues in die Klinik kommt. Nicht jede Klinik kann an sämtlichen Ansätzen forschen und nicht jede Forschung erhält die notwendige Unterstützung. Vor diesem Hintergrund ist der Austausch zwischen den an der Forschung Beteiligten sehr wichtig.

Frage:
Können Fluoreszenz-gestützte Operationsverfahren auch bei Meningeomen eingesetzt werden?

Antwort:
Diese Technik funktioniert auch bei Meningeomen, ist bei diesen Tumoren allerdings noch nicht so gut erforscht. Daran wird gearbeitet.

Frage:
Ist der kombinierte Einsatz von Temozolomid und CCNU auch im Rezidivfall möglich?

Antwort:
Es ist denkbar, dass Patienten mit methyliertem MGMT-Promoter, die zuvor bereits über einen längeren Zeitraum auf eine Chemotherapie angesprochen haben, im Rezidivfall von einer solchen kombinierten Therapie profitieren. Die Voraussetzungen müssen aber in jedem Fall individuell geprüft werden.


KaSy


Aus den Tagungsunterlagen der Deutschen Hirntumorhilfe e.V.:

Informationen zum Thema  (Quelle: www.hirntumorhilfe.de)

Operative Entfernung von Hirntumoren

Die Neurochirurgie umfasst die Diagnose und operative Behandlung von Erkrankungen, Fehlbildungen und Verletzungen des Zentralen Nervensystems (ZNS). Je nach Lage und Größe des Hirntumors sowie nach Zustand und Symptomen des Patienten kann ein Hirntumor weitestgehend entfernt oder auch nur teilentfernt werden. Mitunter ist die neurochirurgische Behandlung gar nicht möglich, der Tumor also inoperabel. Dies ist insbesondere der Fall, wenn der Tumor direkt in funktionstragenden Arealen liegt, die durch eine Operation stark beeinträchtigt oder sogar zerstört werden würden.

Für ein optimales Ergebnis des neurochirurgischen Eingriffes bei gleichzeitigem Erhalt aller Funktionen ist daher eine genaue Lokalisation des zu operierenden Tumors und seiner Lage in Bezug auf wichtige Hirnareale notwendig. Hierfür stehen unterschiedliche bildgebende Verfahren wie MRT oder CT zur Verfügung. Diese Verfahren können vor, falls notwendig aber auch während der Operation eingesetzt werden. Bei manchen Hirntumoren kann auch ein intraoperatives Sprachmonitoring, die Operation unter 5-ALA oder die navigierte Hirnstimulation sinnvoll sein.

Stellenwert der Neurochirurgie in der Hirntumortherapie

Der neurochirurgische Eingriff als erste Säule der neuroonkologischen Therapie hat das Ziel einer sicheren und möglichst umfassenden Entfernung (Resektion) des Tumors. Die Auswertung von großen Datensätzen über einen Zeitraum von zehn Jahren hat gezeigt, dass Patienten, deren sichtbarer Tumor nahezu komplett entfernt werden konnte (man spricht dann von einer „gross total resection“, GTR), länger überleben als Patienten, bei denen dies nicht möglich war. Das Ausmaß der Resektion bzw. die Größe des verbleibenden Tumors exakt zu bestimmen, stellt mitunter eine große Herausforderung dar, da der weitere Therapieverlauf maßgeblich davon beeinflusst wird.

Die Neurochirurgie spielt aber auch über die Tumorresektion hinaus eine bedeutende Rolle. Dies ist etwa dann der Fall, wenn ein Medikament in den Liquorraum, ins Hirngewebe oder direkt in den verbleibenden Tumor injiziert wird. Dies ist beispielsweise der Fall, wenn spezifische  (onkolytische) Viren gegen den Tumor eingebracht werden. Eine andere Möglichkeit ist der Einsatz von Kathetersystemen, über die ein Chemotherapeutikum direkt ins Zielgewebe infundiert werden kann.

Intraoperatives Sprachmonitoring

Das intraoperative Sprachmonitoring kommt bei Hirntumoroperationen in der sprachdominanten Hemisphäre zum Einsatz, um sprachrelevante Areale zu identifizieren und beim chirurgischen Eingriff zu schonen. Hierbei ist eine intensive Zusammenarbeit zwischen Neurochirurgen, Anästhesisten und Logopäden erforderlich. Um die für die Sprache wichtigen Bereiche im Hirn zu lokalisieren, führen die Neurochirurgen zu Beginn der Operation am noch wachen Patienten das Monitoring durch. Dabei werden Regionen, in denen die motorischen (Ich meine, das Wort „motorisch“ gehört hier nicht hin. KaSy) Sprachzentren vermutet werden, elektrisch stimuliert, während der Patient einfache Dinge benennen muss. Erst wenn die Sprachzentren auf diese Weise identifiziert wurden, beginnt der Operateur mit der Entfernung des Tumors. Da die Stimulationen direkt auf der Oberfläche des Gehirns durchgeführt werden, vergrößert das Sprachmonitoring das Ausmaß und die Effektivität des neurochirurgischen Eingriffs.

(Ich meine, dass das Sprachmonitoring nicht am noch wachen Patienten erfolgt, sondern nachdem das Operationsgebiet erreicht wurde, wird die Narkose ausgeleitet. Jetzt spürt er nichts, da das Gehirn selbst über keine Schmerzrezeptoren verfügt. Der Logopäde, der bereits vor der Operation mit dem Patienten gründlich gesprochen hat, stellt jetzt die Fragen wie oben beschrieben. Währenddessen operiert der Chirurg weiter, bis der Logopäde signalisiert, dass der Patient nicht mehr normal reagiert. Anschließend wird der Patient wieder in Narkose versetzt und die Operation wird abgeschlossen.
Der Referent beschrieb in seinem Vortrag Möglichkeiten, die diese „Wach-Operation“ künftig überflüssig machen könnten.
KaSy)


Operation mit 5-Aminolävulinsäure

Um diffus wachsende, schwer vom umliegenden gesunden Hirngewebe abgrenzbare maligne Gliome (laut dem Referenten künftig auch Meningeome / KaSy) möglichst radikal entfernen zu können, kann die Resektion unter der Gabe von 5-Aminolävulinsäure (5-ALA) sinnvoll sein. Hierbei muss der Patient drei Stunden vor dem neurochirurgischen Eingriff eine Lösung aus 5-ALA trinken. Durch einen Enzymdefekt in der Tumorzelle reichert sich die Substanz selektiv hauptsächlich dort an. Während der Operation kann der Neurochirurg dann ein Blaulicht zuschalten, das die Tumorzellen in rot-violetter Farbe fluoreszieren lässt.

Der klinische Wert des 5-ALA-Verfahrens wurde in einer internationalen, randomisierten, kontrollierten Studie untersucht. Diese konnte zeigen, dass unter der Gabe von 5-ALA doppelt so viele hirneigene Tumoren radiologisch (Ich meine, es sollte nicht „radiologisch“, sondern „neurochirurgisch“ heißen. KaSy) komplett entfernt wurden und dementsprechend weniger Fälle mit einem postoperativen Resttumor auftraten (35 % unter 5-ALA vs. 50 – 70 % ohne 5-ALA). Dies spiegelte sich auch in der Wirksamkeit der neurochirurgischen Therapie wider: Konnte der Tumor relativ vollständig entfernt werden, dann verlängerte sich die durchschnittliche Überlebenszeit signifikant. (Stummer et al. Lancet Oncol 2006; 7: 392-401).

Navigierte Hirnstimulation

Die navigierte Hirnstimulation (Navigated Brain Stimulation, Abk. NBS) ist ein Verfahren zur Beurteilung der exakten Lokalisation des primären motorischen Kortex. Mit der Methode kann bereits vor der Operation eine individuelle Karte des Bewegungszentrums erstellt werden.
Um einen Hirntumor zu operieren, ist es bislang gängige Praxis, die umliegenden Hirnregionen während des Eingriffs zu reizen. Erfolgt darauf eine Reaktion des Patienten, weiß der Chirurg, wo sich Regionen für Sprache und Bewegung befinden. Die Lage dieser Areale kann sich von Mensch zu Mensch unterscheiden. Dadurch erfährt der behandelnde Arzt erst während der Operation, wo die kritischen Gebiete angesiedelt sind.
Im Vergleich dazu kann der Neurochirurg mit Hilfe der navigierten Hirnstimulation schon vor der Operation Informationen über wichtige Areale sammeln und die Operationsstrategie optimieren. Das NBS-System stellt die Standard-MRT-Bilder vom Gehirn des Patienten mithilfe einer Kamera und am Patienten angebrachter Fixpunkte in 3D dar.
Durch die Stimulation mit einer Magnetspule wird das Bewegungszentrum millimetergenau lokalisiert. Da die Daten aus dem NBS-System in das Neuronavigationsgerät und das Operationsmikroskop eingespielt werden können, stehen sie auch während des neurochirurgischen Eingriffs zur Verfügung. Im Vergleich zur direkten Stimulation des Kortex während der Operation kann Operationszeit eingespart und das Behandlungsergebnis möglicherweise optimiert werden. Derzeit laufen Studien zur Anwendung des NBS auch für Operationen im Sprachzentrum und anderen funktionell wichtigen Arealen.

(Aus den Tagungsunterlagen der Deutschen Hirntumorhilfe e.V.; Quelle: www.hirntumorhilfe.de)


KaSy (kursiv gedruckte Textteile von KaSy)


« Letzte Änderung: 07. Oktober 2019, 17:32:04 von KaSy »
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Antw:Berichte vom 41. HT-Info-Tag am 21. Oktober 2017 in Berlin
« Antwort #2 am: 25. November 2017, 19:42:35 »
41. Hirntumor-Informationstag der Deutschen Hirntumorhilfe e.V.
am 21. Oktober 2017 in Berlin


2. Moderne Strahlentherapiekonzepte bei Hirntumoren

Aus dem Vortrag:

Ziel und Verbesserungen der Präzision bei Bestrahlungen
Klinische Linearbeschleuniger bestrahlen heutzutage mit einem (CT-)Bild währenddessen.

Das Ziel der Bestrahlung besteht darin, eine Veränderung und Schädigung der DNA (DNS) zu bewirken, damit sich die Zelle nicht mehr teilen kann. Die Strahlen zerstören die Teilungsfähigkeit der Tumorzellen, indem sie DNA-Strangbrüche in den Tumorzellkernen erzeugen.

Bei der Erzeugung der Strahlen tritt eine geringe Erwärmung auf, 1 Gy = 0,0001 °C.
(Das spielt nur eine Rolle für die Geräte, die deswegen gekühlt werden müssen, nicht für die Patienten.)

Es geht bei der Bestrahlung um höchste Genauigkeit und Präzision.
Jedoch sehen wir den Strahl nicht.
Deshalb müssen wir den Tumor sichtbar machen.
Im MRT sind nur die Veränderungen sichtbar, die der Tumor erzeugt.
Wo genau der Tumor ist, kann man mit einer molekularen Bildgebung erkennen.
Dazu benötigt man das MRT-Bild mit der Kontrastmittelaufnahme. In der T2-Wichtung sieht man (im Vergleich zur T1-Wichtung) die Wassereinlagerungen sowie den Glukose- und Aminosäurestoffwechsel, der bei Tumoren erhöht ist.   

Bestrahlung mit Robotern

Die stereotaktische (hier: dreidimensionale) Bestrahlung mit Cyberknife ist bei sehr kleinen Tumoren zielgenau und mit hohen Strahlendosen möglich.
Es kann dabei aber auch, z.B. bei Gliomen, zu funktionellen Veränderungen kommen.
Bei benignen Tumoren kann das gesunde umliegenden Gewebe durch niedrige Dosen geschont werden.
Bei Rezidiven ist eine Re-Bestrahlung möglich, z.B. bei Meningeomen.

Bei den zu erwartenden Risiken sollte im Gespräch auf den Patientenwunsch eingegangen werden. Dabei muss der Arzt berücksichtigen, dass nach einem Arztgespräch nur noch 50 % der Informationen vom Patienten behalten werden, nach einer Woche sind es nur noch 25 %.

Bei der Bestrahlung von Hirnmetastasen sind die Ganzhirnbestrahlung und die Re-Bestrahlung möglich.

Patienten und Angehörige sollten sich von „statistischen Wahrscheinlichkeiten“ nicht aus der Ruhe bringen lassen!

In der Lokalkontrolle ist die Bestrahlung der Operation überlegen.

Bestrahlungsplanung und Bestrahlung

Nach dem Vorgespräch mit dem Strahlentherapeuten wird eine individuelle Maske angefertigt und unmittelbar ein Planungs-CT angefertigt.
 
Physiker berechnen in den Tagen danach computergestützt die Dosisverteilung und geben die Daten in die Computersteuerung des Bestrahlungsgerätes und Lagerungstisches ein.
Auch die Patientenpositionierung erfolgt Computer- bzw. Robotergesteuert.

Photonen – Ionen – Protonen

Man erreicht im Tumor mit allen Bestrahlungsarten eine adäquate Dosis.
Unterschiede gibt es vor und hinter dem Tumor.

Bis der Tumor sichtbar geschrumpft ist, kann es Jahre, mitunter aber nur Monate dauern.
(Der Referent zeigte vergleichende Bilder eines Patienten aus den Jahren 2005; 2007; 2013.)

Die Bestrahlungsdosis sollte wegen der Nebenwirkungen nicht höher sein als nötig.

Die Bestrahlung von Schwangeren ist mit zusätzlichen Sicherheitsvorkehrungen evtl. möglich.

Antworten auf Patientenfragen in der Podiumsdiskussion: (aus: www.hirntumorhilfe.de)

Frage:
Wann kommt eine erneute Strahlentherapie in Betracht?

Antwort:
Das hängt davon ab, ob der Tumor genau an der Stelle entstanden ist, die bereits bestrahlt wurde. In dieser Situation sollte die vorherige Strahlentherapie mindestens ein halbes Jahr zurückliegen. Tritt der Tumor an einer anderen Stelle auf, gibt es die Möglichkeit, eine komplette zweite Therapie, bestehend aus Operation, Strahlen- und medikamentöser Therapie, durchzuführen.


KaSy (kursiv gedruckte Textteile von KaSy)
« Letzte Änderung: 07. Oktober 2019, 17:34:15 von KaSy »
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Antw:Berichte vom 41. HT-Info-Tag am 21. Oktober 2017 in Berlin
« Antwort #3 am: 25. November 2017, 19:48:53 »
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3. Chemotherapie maligner Gliome

Aus dem Vortrag:

Diesen Vortrag habe ich mir nur teilweise anhören können und habe nur die folgende Aussage:

Methadon reichert sich im Gewebe an.
Es wird irgendwann unberechenbar.
Es stört andere Substanzen, z.B. Antiepileptika.

Antworten auf Patientenfragen in der Podiumsdiskussion: (aus: www.hirntumorhilfe.de)

Frage:
Muss bei der kombinierten Chemotherapie mit Temozolomid und CCNU mit stärkeren Nebenwirkungen gerechnet werden?

Antwort:
Eine der Hauptnebenwirkungen von CCNU ist die Myelotoxizität, also eine Schädigung des Knochenmarks, wodurch die Zahl der Blutzellen abnimmt. Die Verminderung der weißen Blutkörperchen geht mit einem erhöhten Infektionsrisiko einher. Diese möglichen Begleiterscheinungen müssen sehr sorgfältig überwacht werden.

Frage:
Ist der kombinierte Einsatz von Temozolomid und CCNU auch im Rezidivfall möglich?

Antwort:
Es ist eine Möglichkeit, aber dazu liegen derzeit keine Daten vor.

Frage:
Kann die kombinierte Chemotherapie mit Temozolomid und CCNU auch bei Patienten ohne Methylierung des MGMT-Promoters eingesetzt werden?

Antwort:
Auch diese Frage lässt sich im Moment nicht auf Grundlage verfügbarer Daten beantworten. Letztlich muss auch hier eine individuelle Entscheidung getroffen werden. Diese Option ist sicher nicht von vornherein ausgeschlossen.

Frage:
An welchen Zentren wird die kombinierte Chemotherapie mit Temozolomid und CCNU angeboten?

Antwort:
Diese Therapie ist nicht an bestimmte Zentren oder Standorte gebunden. Die eingesetzten Medikamente sind zugelassen und können von den behandelnden Ärzten verschrieben werden. Wichtig ist, dass die Zentren Erfahrung in der medikamentösen Behandlung von Gliomen haben.

Frage:
Ist es sinnvoll, die etablierten Therapieverfahren durch zusätzliche Anwendungen zu ergänzen?

Antwort:
Solange diese zusätzlichen Anwendungen nicht schaden bzw. die Therapie nicht behindern oder ein Vermögen kosten, gibt es keinen Grund, den Patienten vorzuschreiben, ob und wie sie ihre Therapie ergänzen sollten. In der Regel wird Ihnen Ihr behandelnder Arzt nicht böse sein, wenn Sie zusätzliche Dinge einsetzen. Allerdings müssen Sie auch akzeptieren, dass Ärzte ungeprüften Ansätzen nicht ohne Weiteres zustimmen.

Viel diskutiert wird seit einiger Zeit die zusätzliche Einnahme von Methadon während der Chemotherapie. Hier muss man darauf hinweisen, dass Methadon eben nicht völlig harmlos ist und unproblematisch zur Therapie hinzugefügt werden kann. Diese Substanz hat selbstverständlich Nebenwirkungen. Unter anderem muss man beachten, dass Methadon dazu neigt, sich im Gewebe anzureichern. Dadurch sind potentielle Nebenwirkungen schwer berechenbar. Außerdem kann Methadon die Wirkung anderer Substanzen, z.B. antikonvulsiver Medikamente, beeinflussen. Wenn Patienten soweit gehen, dass sie andere notwendige Medikamente absetzen wollen, damit sie Methadon nehmen können, ist sicherlich eine Grenze überschritten.

Auf jeden Fall sollten alle zusätzlich erfolgenden Anwendungen mit den behandelnden Ärzten besprochen werden. Nur so lässt sich die Therapie zum Wohle des Patienten steuern.


KaSy (kursiv gedruckte Textteile von KaSy)
« Letzte Änderung: 07. Oktober 2019, 17:39:03 von KaSy »
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« Antwort #4 am: 25. November 2017, 19:58:25 »
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4. Aktuelle Entwicklungen in der chirurgischen Therapie von Meningeomen


Aus dem Vortrag:

36 % aller Hirntumoren sind Meningeome. Dieser Anteil ist in den letzten Jahren gestiegen, evtl., weil durch eine vermehrte CT- und MRT-Bildgebung häufiger Meningeome gefunden werden.

(Im „Blauen Ratgeber“ der Deutschen Krebshilfe Nr. 8 „Hirntumoren“ wird noch in der Ausgabe von 2009 ein Anteil von 20 % genannt. Evtl. war der Anteil zu diesem Zeitpunkt bereits höher.)

Meningeome wachsen langsam, sie wachsen verdrängend und erzeugen ab einer bestimmten Größe und Lage Probleme.
Sie entstehen aus den Arachnoidalzellen der Spinnwebenhaut der Hirnhäute.

In einem CT-Bild kann man sie gut sehen, wenn der Knochen infiltriert ist.
Ein MRT mit Kontrastmittel ist besser.

Die vermehrt gefundenen Meningeome sind häufig Zufallsbefunde.
Hier entsteht die Frage, ob man sie operieren muss oder ob man abwarten kann.

Dabei spielt das Wachstumstempo eine Rolle.
- Es ist möglich, dass Meningeome mehrere Millimeter im Jahr wachsen.
- Verkalkte Meningeome wachsen jedoch kaum.
- Bei älteren Menschen wachsen die Meningeome langsamer.
- Im MRT kann man das Wachstumstempo aus dem Vergleich der T1- und T2-gewichteten Bilder vermuten: Ist das Meningeom im T1-gewichteten Bild heller und im T2-gewichteten Bild dunkler, spricht das für eine Tendenz zu einem evtl. schnelleren Wachstum.

Ob und wie bald eine Operation erfolgen sollte, ist abhängig
- vom Alter des Patienten
- von den klinischen Symptomen
- von den radiologischen Parametern
- von der Lokalisation des Meningeoms. Befindet es sich näher an Risikobereichen, muss schneller reagiert werden.

Das Ziel der Operation ist
- die möglichst komplette Entfernung des Tumors
- der Erhalt der Hirnfunktionen
- der Erhalt einer guten Lebensqualität.

Dabei gilt auch heute noch die seit 1957 bekannte „Simpson-Klassifikation der Resektion“, die die Vollständigkeit der Tumorentfernung in fünf Graden angibt. (siehe auch „Berichte vom 37. Hirntumor-Informationstag am 24.Oktober 2015 in Düsseldorf, 4. Vortrag „Aktuelle Therapie der Meningeome“)

Früher wurden Meningeome radikaler entfernt, was größere Nebenwirkungen und schwerere Folgen für die Lebensqualität hatte.
Jetzt nutzt man weniger invasive Zugänge.

Seit Jahrzehnten wird mit dem Operationsmikroskop operiert.
Jetzt kann zusätzlich ein Endoskop eingesetzt werden, um eine noch bessere Sicht zu haben und möglichst keine Resttumoren zu hinterlassen.

Als Beispiel zeigte der Referent ein Meningeom, das sich zwischen den beiden Sehnerven befand und diese verlagerte. Der Patient hatte dadurch bereits Sehstörungen. Bei der Operation wurde der Tumor zunächst verkleinert und dann wurden mit dem Endoskop Resttumoren entfernt, die sich am Sehnerven befanden bzw. diese infiltriert hatten. Nach der Operation sollte sich das zuvor verschlechterte Sehen wieder verbessern. Hier ist die Operation besser als eine Bestrahlung.
(Aus meiner persönlicher Erfahrung mit einer Operation nahe eines Sehnerven im August 2016 sowie folgernd aus einigen Bemerkungen aus anderen Vorträgen auf diesem Hirntumor-Informationstag scheint die Operation direkt am Sehnerv nach wie vor ein großes Risiko für die Sehfähigkeit zu sein. KaSy)

Ein besserer Funktionserhalt ist durch das neurophysiologische OP-Monitoring möglich. Man kann während der OP die Funktion von Nerven, z.B. des Hörnerven, ableiten. Wenn eine Veränderung auftritt, unterbricht man die OP für eine gewisse Zeit und operiert später weiter. (Ich bin mir nicht sicher, ob das so funktioniert. Im 1. Vortrag „Fortschritte in der Neurochirurgie“ klang das so, als ob die festgestellten Änderungen dazu führen, an dieser Stelle nicht weiter zu operieren, um den Funktionserhalt zu gewährleisten. KaSy)

Keine Operation sollte bei kritischen anatomischen Lokalisationen erfolgen. Z.B. befinden sich am Sinus cavernosus zu viele Nerven, so dass der Schaden durch eine Operation zu groß wäre. Hier sollte über eine Bestrahlung diskutiert werden.

Endoskopische Tumorentfernungen durch die Nase sind bei Schädelbasis- und Hypophysen-Meningeomen denkbar.
Der Zugang durch die Nase ist aus mehreren Gründen problematisch:
- Teile der Nasenschleimhäute müssen entfernt werden
- Nach der OP muss der Zugang vollständig und sicher verschlossen werden
- Die Nasennebenhöhlen können in der Folge häufiger Probleme bereiten.
- Bei unvollständigem Verschluss kann das Hirnwasser / der Liquor aus der Nase laufen. Gleichzeitig können Keime auf diesem Weg in das Gehirn eindringen. Das bedeutet eine  dauernde Lebensgefahr!

Für die Therapie von Meningeomen gibt es keine gut funktionierende medikamentöse Therapie.
Molekulare Ansätze gibt es evtl. bei (inoperablen) Meningeomen nahe des Hirnstamms, nur dort wäre evtl. eine medikamentöse Therapie möglich.

Ursachen für Meningeome:
 
Bestrahlungen, das wurde durch folgende Ereignisse erkannt:
- In Japan wurde mehr als zehn Jahre nach den Atombombenabwürfen auf Hiroshima und Nagasaki durch die USA im Jahr 1945 ein etwas häufigeres Auftreten multipler Meningeome festgestellt.
- In Israel wurden Jugendliche nach dem Auftreten von Kopfpilz dagegen bestrahlt und sie entwickelten etwas häufiger multiple Meningeome.
Hormone bei Frauen:
- Der Anteil der Frauen unter den Meningeompatienten ist etwa 2,3 mal höher.
- Das wurde erkannt, weil während der Hormonumstellungen in der Schwangerschaft und in den Wechseljahren häufiger Meningeome festgestellt wurden.
- (Im entfernten Tumormaterial lässt sich pathologisch nachweisen, ob Hormonrezeptoren enthalten sind. Wenn das nicht der Fall ist, muss auf eine Hormonersatzbehandlung bei dringendem Bedarf nicht zwangsläufig verzichtet werden. KaSy)
Andere Ursachen sind nicht bekannt!

Antworten auf Patientenfragen in der Podiumsdiskussion: (aus: www.hirntumorhilfe.de)

Frage:
Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit, dass ein atypisches Meningeom (WHO-Grad-II) an der gleichen oder an einer anderen Stelle wieder auftritt?

Antwort:
Diese Tumoren, die etwa 10-15% der Meningeome ausmachen, haben die Tendenz, trotz Operation an gleicher oder benachbarter Stelle erneut zu wachsen. Seltener treten sie an einer ganz anderen Stelle erneut auf. Allerdings kommt es vor, dass Patienten mit einem atypischen Meningeom gleichzeitig mehrere Tumoren, also multiple Meningeome an unterschiedlichen Stellen haben.

Frage:
Sind Meningeome, die nahe am Hirnstamm wachsen, für eine Operation zugänglich?

Antwort:
Meningeome in dieser Region wachsen zwar nicht im Hirnstamm, machen aber Probleme, weil sie den Hirnstamm verdrängen. Wie gut diese Tumoren operativ entfernt werden können, hängt stark von ihrem Ursprung ab. Meningeome im Kleinhirnbrückenwinkel bzw. am Felsenbein lassen sich oft sehr gut entfernen. Komplizierter ist die Situation häufig bei petroclivalen Meningeomen, die eine ganz andere Beschaffenheit aufweisen und deren vollständige Entfernung eine große Herausforderung darstellt.


KaSy


Aus den Tagungsunterlagen der Deutschen Hirntumorhilfe e.V.:

Informationen zum Thema

Meningeome entstehen im Gegensatz zu anderen Hirntumoren nicht aus der Gehirnsubstanz, sondern entwickeln sich aus den Zellen der Hirnhäute. Sie machen ca. 20 % (laut Prof. Nakamura mittlerweile 36 %) der intrakraniellen, primären Tumoren aus, kommen jedoch auch im Spinalkanal (Rückenmarkskanal) oder intraorbital (innerhalb der Augenhöhle) vor.
(Quelle: www.hirntumorhilfe.de)

Als therapeutische Maßnahmen kommen je nach Befund die chirurgische Entfernung allein oder in Kombination mit einer postoperativen fraktionierten Strahlentherapie oder auch die alleinige (stereotaktische) Strahlentherapie in Frage.

Entscheidend für die Operationsindikation und -planung sind Größe und Lokalisation des zu behandelnden Tumors. Sorgfältig abgewogen werden müssen in jedem individuellen Fall Risiken und Nutzen eines Eingriffs. Entscheidende Faktoren sind neben Raumforderung, Verlauf und Symptomatik auch der jeweils persönliche Patientenwunsch.

Entfernt werden sollte primär ein für die klinische Symptomatik verantwortliches Meningeom. Ein kleines, asymptomatisches Meningeom, das keine Reaktion im umliegenden Hirn auslöst, kann in Absprache mit dem Patienten durchaus zunächst nur kontrolliert werden, bis es größer wird. Gerade bei jüngeren Patienten kann es jedoch auch „prophylaktisch“ entfernt werden, bevor es Symptome verursacht oder so groß geworden ist, dass es schwerer zu operieren ist. Aufgrund der guten Behandlungsmöglichkeiten zeichnet sich in der Therapie die Tendenz „so radikal wie möglich, so früh wie möglich“ zunehmend ab.

Wichtiger Bestandteil der Behandlung ist neben Funktionserhalt und Tumorkontrolle auch ein gutes kosmetisches Ergebnis des Eingriffs.

(Aus den Tagungsunterlagen der Deutschen Hirntumorhilfe e.V.; Quelle: www.hirntumorhilfe.de)


KaSy (kursiv gedruckte Textteile von KaSy)
« Letzte Änderung: 07. Oktober 2019, 17:43:46 von KaSy »
Wenn man schon im Müllkasten landet, sollte man schauen, ob er bunt angemalt ist.

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Antw:Berichte vom 41. HT-Info-Tag am 21. Oktober 2017 in Berlin
« Antwort #5 am: 25. November 2017, 21:58:47 »
41. Hirntumor-Informationstag der Deutschen Hirntumorhilfe e.V.
am 21. Oktober 2017 in Berlin

5. Neurochirurgische Optionen bei der Behandlung von Hirnmetastasen


Aus dem Vortrag:

Zur Behandlung von Hirnmetastasen werden die Operation, die Bestrahlung, die Chemotherapie und Immuntherapie sowie supportive (unterstützende) Behandlungen gegen die Nebenwirkungen der Therapien eingesetzt.

Eine gute Prognose für eine Operation haben Patienten mit folgenden Voraussetzungen:
- Alter unter 65 Jahre
- Karnofsky-Index größer als 70 (Der Karnofsky-Index ist ein System zur Beschreibung der Lebensqualität chronisch Kranker und wird in zehn Stufen von 100 % bis 0 % erfasst.)
- eine einzelne Hirnmetastase
- Primärtumor (Hirnmetastasen sind Sekundärtumoren, die vom Primärtumor in einem anderen Körperteil in das Gehirn „gestreut“ haben. Sie können die gleichen Symptome aufweisen wie Hirntumoren. Wenn kein Primärtumor bekannt ist oder gefunden wird, kann eine Biopsie und die histologische Untersuchung des entnommenen Materials über die Eigenschaften des Primärtumors Aufschluss geben, da Hirnmetastasen die gleichen Eigenschaften wie die Primärtumoren aufweisen.)

Gegen eine Operation sprechen die folgenden Voraussetzungen:
- Tumorgröße größer als 3 cm
- symptomatischer Masseneffekt (Damit ist eine Metastase  gemeint, die größer als 3 cm ist und durch diese „Masse“= Raumforderung infolge der Verdrängung des Hirngewebes bereits Symptome verursacht.)
- schlechte chirurgische Erreichbarkeit
- leptomeningeale Aussaat (Metastasen, die in die Hirnhäute = Meningen gestreut haben; „lepto-“ kommt aus dem Griechischen und bedeutet klein, fein, schmal)
- Karnofsky-Index kleiner/gleich 70
- höheres „biologisches“ Lebensalter
- mehr als drei / multiple Hirnmetastasen
- das Zeitintervall zwischen Auftreten des Primärtumors und der Hirnmetastase
- Kontrolle des Primärtumors
- Metastasen in weiteren Organen
- und weitere …
In diesen Fällen kann eine Ganzhirnbestrahlung sinnvoll sein oder keine Therapie mehr.

Man hat erkannt, dass Metastasen auch in das Gehirngewebe infiltrieren und zwar bis in etwa 5 mm Tiefe. Daher ist es besser, bei der Operation eine Sicherheitszone mitzuentfernen. Dadurch konnte die bisherige Rezidivrate von 70 % auf jetzt 14 % verringert werden. Die Totalresektion von Hirnmetastasen hat weniger Rezidive und weniger Komplikationen zur Folge.

Die Molekulargenetik ist zusätzlich zum pathologischen Befund gut, um die individuell günstigen Therapien festlegen zu können.

Das präoperative Anfärben von Hirnmetastasen mit 5-ALA hat sich als nicht zuverlässig herausgestellt.

Der Vorteil einer Operation gegenüber einer Ganzhirnbestrahlung ist die Beibehaltung oder Verbesserung der Lebensqualität.

Eine zusätzliche Ganzhirnbestrahlung wird wegen folgender Probleme nicht mehr unbedingt als notwendig erachtet bzw. nicht mehr immer empfohlen:
- Bei der Prognose einer längeren Überlebenszeit von mehr als 2 Jahren kann deren Spätfolge ein demenzieller Abbau und damit eine deutlich schlechtere Lebensqualität sein.
- Sie führt zu keiner signifikant besseren Prognose gegenüber der Operation (Totalresektion mit Sicherheitszone) und / oder einer lokalen Bestrahlung.
- Insgesamt geht es den Patienten nach den Therapien ohne Ganzhirnbestrahlung etwas besser, was die kognitiven Fähigkeiten, die Müdigkeit usw. betrifft.

Wenn es möglich ist, sollte die Operation gegenüber der Ganzhirnbestrahlung den Vorrang haben.

Niemand weiß, wer sehr lange überlebt!
Deshalb sollte bei jedem Patienten immer alles versucht werden!

Antworten auf Patientenfragen in der Podiumsdiskussion: (aus: www.hirntumorhilfe.de)

Frage:
Kann ein Tumor, der sich im CT oder MRT als Glioblastom darstellt auch eine Hirnmetastase sein?

Antwort:
Ja. Die Hirnmetastase gehört zu den Differentialdiagnosen eines bildmorphologisch vermuteten Glioblastoms. Außerdem kann es sich auch um einen Abszess oder eine länger zurückliegende Blutung handeln. Deshalb muss der Befund histologisch gesichert werden

Frage:
Sollte der molekulargenetische Befund abgewartet werden, bevor mit einer Therapie begonnen wird?

Antwort:
Die Molekulargenetik ist zuverlässiger als die Pathologie. Zur vollständigen Diagnose gehören heute aber beide Komponenten. Die Therapieentscheidung sollte auf Basis der integrierten Diagnose getroffen werden, d.h., sowohl das Ergebnis der Histologie als auch das der Molekulargenetik sollte vorliegen.


KaSy

Aus den Tagungsunterlagen der Deutschen Hirntumorhilfe e.V.:

Informationen zum Thema

Wissenswertes über Hirnmetastasen

Hirnmetastasen sind Absiedlungen, die von Krebserkrankungen anderer Organe stammen. Dabei wandern vom Primärtumor losgelöste Tumorzellen meist über die Blutbahn ins Gehirn und bilden dort solide Metastasen. Es wird zwischen solitären, singulären und multiplen Hirnmetastasen unterschieden.

Wahrscheinlichkeit von Hirnmetastasen nach Tumorart
- 45 % der malignen Melanome (schwarzer Hautkrebs)
- 45 % der kleinzelligen Bronchialkarzinome
- 30 % der nicht kleinzelligen Bronchialkarzinome
- 20 % der Mammakarzinome (Brustkrebs)
- 20 % der Nierenzellkarzinome
-  8 % der gastrointestinalen Karzinome

Symptome
- abhängig von der Lokalisation
- 50 % Kopfschmerz
- 50 % neurologische Ausfallerscheinungen (Hemiparesen = Halbseitenlähmung)
- 30 % hirnorganischen Psychosyndrom
- 15-20 % epileptischer Anfall (generalisierter / fokaler Anfall)
- weitere Hirndruckzeichen (Übelkeit, Erbrechen, Müdigkeit)

Diagnose
- Diagnose mittels CT und MRT mit Kontrastmittel
- bei unbekanntem Primärtumor zur näheren Gewebsbestimmung Biopsie
- ggf. Liquoruntersuchungen
- ringförmige Kontrastmittelaufnahme
- häufig mehr oder weniger ausgeprägtes Ödem
- oftmals Einblutungen
- Hauptlokalisationen: meist im Großhirn, seltener im Kleinhirn und Hirnstamm

Therapie - abhängig von der Anzahl, Lage und Größe der Metastasen sowie vom Primärtumor
- Operation
- Bestrahlung
- Radiochirurgie
- Chemotherapie

Rezidiv-Therapie - individuell für jeden Fall einzeln zu entscheiden
- Re-Operation
- Re-Bestrahlung
- Ganzkopfbestrahlung
- Chemotherapie

Nachsorge
- Kontrolluntersuchungen alle 3 Monate (CT und / oder MRT)
- gesamtonkologische Nachsorge

Verlauf
- starke Rezidivneigung
- selten lokale Rückbildung

Prognose - vom Verlauf der Grunderkrankungen abhängig
- Metastasen zeigen fortgeschrittenes Stadium einer Krebserkrankung an
- unbehandelt liegt das mediane Überleben bei wenigen Wochen
- positive prognostische Faktoren sind Alter, kontrollierter Primärtumor und eine fehlende Metastasierung außerhalb des Gehirns

(Aus den Tagungsunterlagen der Deutschen Hirntumorhilfe e.V.; Quelle: www.hirntumorhilfe.de)


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« Letzte Änderung: 07. Oktober 2019, 17:46:40 von KaSy »
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Antw:Berichte vom 41. HT-Info-Tag am 21. Oktober 2017 in Berlin
« Antwort #6 am: 25. November 2017, 22:04:00 »
41. Hirntumor-Informationstag der Deutschen Hirntumorhilfe e.V.
am 21. Oktober 2017 in Berlin

6. Neue Ansätze bei der Behandlung von Hirntumoren


Aus dem Vortrag:

Die intraoperative Bestrahlung („Brachy-Therapie“) hat sich als wenig oder nicht erfolgreich herausgestellt. (Bei der Brachy-Therapie werden Jod-Seeds während der Operation in den Tumor eingebracht und strahlen von innen auf die Restzellen des Tumors. Sie verbleiben in der Regel im Gewebe. Das ist eine lokale Bestrahlung.)

Bringt man während der Operation Medikamente (Chemotherapeutika) direkt in den Tumor ein, ist der Erfolg ein wenig besser, jedoch treten mehr Wundheilungsstörungen auf. Eine solche Therapiekombination ist kein Standard.

Die Hyperthermie wirkt etwas besser, wenn man den Tumor auf 41/42°C erhitzt und lokal bestrahlt.  Das ist deswegen so, weil durch die höhere Temperatur die Durchblutung besser ist, dadurch wird die Sauerstoffversorgung erhöht und die Bestrahlung kann eine bessere Wirkung erzielen.
Aber es ist eine problematische Therapie, weil sie sehr aufwändig und riskant ist.
Diese Therapiekombination wird wenig durchgeführt.

Evtl. wirkt auch die lokale Chemotherapie mit Hyperthermie besser.

Die Therapie mit Nanopartikeln ist ein neues Prinzip, bei der eisenhaltige Teilchen intraoperativ in den Tumor eingebracht werden. Mit äußeren magnetischen Feldern erzeugt man im Tumor höhere Temperaturen. Die Strahlentherapie wirkt mit diesem Prinzip der Hyperthermie etwas besser. Allerdings müssen vor der Therapie alle metallischen Gegenstände aus dem Körper entfernt werden, insbesondere auch Zahnplomben. Es gibt bisher nur eine sehr geringe Patientenzahl (6). Bei allen entstanden Ödeme.


Der Referent riet den Patienten, nicht ewig herumzureisen, um die „beste“ Therapie zu finden, denn das kann, je nach Tumorart, Zeitverlust bedeuten! 

Antworten auf Patientenfragen in der Podiumsdiskussion: (aus: www.hirntumorhilfe.de)

Frage:
Wie funktioniert die photodynamische Therapie (PDT)?

Antwort:
Dabei handelt es sich um ein physikalisches Verfahren, bei dem ein lichtempfindlicher Farbstoff in den Tumorzellen angereichert wird. Nach Einstrahlung von Licht einer bestimmten Wellenlänge werden die Tumorzellen zerstört. Ein Vorteil der PDT ist, dass diese Methode nicht mit anderen Verfahren interagiert, d.h., es kann zusätzlich eine Strahlen- und oder Chemotherapie durchgeführt werden.

Frage:
Ist die PDT auch bei großen Tumorvolumina möglich?

Antwort:
Nach derzeitigem Stand der Dinge liegt die Grenze bei einem Tumordurchmesser von 2,5 bis 3 cm. Darüber hinaus lassen sich die potentiellen Nebenwirkungen schwer abschätzen. Auch hier zeigt sich, dass es sehr wichtig ist, ein Rezidiv möglichst frühzeitig zu erkennen, denn dann bieten sich im Allgemeinen mehr Therapieoptionen. Das heißt auch, dass Patienten nach der Feststellung eines Rezidivs nicht zu viel Zeit bei der Suche nach möglichen Therapien verstreichen lassen sollten.

Frage:
Gibt es Langzeitüberlebende mit der Diagnose Glioblastom?

Antwort:
 Ja. Wichtig ist die Erkenntnis, dass darunter auch Patienten sind, die zum Teil mehrfach operiert wurden. Ein Rezidiv bedeutet nicht unweigerlich einen schlechten Verlauf. Es lohnt sich zu kämpfen.


KaSy (kursiv gedruckte Textteile von KaSy)
« Letzte Änderung: 07. Oktober 2019, 17:49:32 von KaSy »
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Antw:Berichte vom 41. HT-Info-Tag am 21. Oktober 2017 in Berlin
« Antwort #7 am: 25. November 2017, 22:16:40 »
41. Hirntumor-Informationstag der Deutschen Hirntumorhilfe e.V.
am 21. Oktober 2017 in Berlin

7. Therapie epileptischer Anfälle bei Hirntumoren


Aus dem Vortrag:

In Deutschland leidet 1 % der Bevölkerung an Epilepsie, das sind etwa 800 000 Menschen.
Bei 5 % von ihnen ist die Epilepsie tumorbedingt, also bei etwa 40 000 Personen.
Hirntumorpatienten mit einem geringeren WHO-Grad haben häufiger Epilepsien.

Wenn man Antiepielptika nimmt und die Dosis senkt, dann muss man damit rechnen, dass epileptische Anfälle auftreten.

Lorazepam (Handelsname: Tavor) sind Tabletten, die bei einem sich anbahnenden Anfall oder starken Erregungszuständen, rasch beruhigend wirken, einen Anfall aber dennoch nicht unbedingt verhindern können. (Man legt sie auf die Zunge.)

Auslöser von Epilepsien können einige Medikamente sowie Drogen (Rauschgift) sein.

Sollten Anfälle innerhalb weniger Tage (7 – 10) nach einer Hirntumor-Operation oder nach einem Schlaganfall oder einem Schädel-Hirn-Trauma (SHT = Gehirnerschütterung) auftreten, sollte man sie erst mal nicht therapieren.

Was kann man gegen epileptische Anfälle tun?

- Medikamentöse Behandlung mit Antikonvulsiva = Antiepileptika; zwei Dritteln der Patienten hilft das
- Epilepsie-Chirurgie
- Stimulationsverfahren
- weniger hilfreich: ketogene Diät bei Erwachsenen, bei Kindern möglicherweise
- Biofeedback
Biofeedback bei Epilepsie
Körpereigene innerliche Regulationsvorgänge sind dem Bewusstsein häufig nicht direkt zugänglich, so dass bei Ungleichgewichten auch nicht bewusst auf sie eingewirkt werden kann (z.B. der Beginn eines epileptischen Anfalls).
Das Biofeedback dient dazu, mittels (z. B. computergestützer) Messungen eine Körperfunktion (hier: z.B. die Hirnströme) dem Bewusstsein zugänglich zu machen.
Damit kann das Bewusstsein für eigene innere Zustände (hier: die Veränderung der Hirnströme) geschärft werden.
Letztlich geht es darum, die Einflussnahme auf das vegetative Nervensystem auch ohne Hilfsgerät zuverlässig im Alltag anzuwenden, um schwierige Situationen (sich anbahnende Anfälle erkennen, beeinflussen oder sogar verhindern) besser zu meistern, ohne Beschwerden zu entwickeln.
Vorteile des Biofeedback:
kein invasiver Eingriff (Operation)
Reduktion oder Verzicht auf Medikamente (wichtig für Schwangere, bei Arzneimittelunverträglichkeit, …)
Quelle: Text bearbeitet aus: Wikipedia; Biofeedback; am 09.11.2017, 18:27 Uhr; KaSy



Medikamentöse Behandlung

Jeder Patient kann jedes Antiepileptikum bekommen, aber jedes Antiepileptikum hat Nebenwirkungen.
Hier eine unvollständige Auswahl:
- Carbamazepin - stimmungsstabilisierend
- Oxcarbazepin - stimmungsstabilisierend; verringert einige Mineralien (u.a. Vitamin D)
- Lamotrigin - wirkt leicht antidepressiv; Allergie-Risiko; nur als Tabletten; langsam eindosieren
- Lacosamid - stimmungsneutral
- Levetiracetam - kann Gereiztheit, Aggressivität, Depressionen auslösen; geht kaum Interaktionen mit anderen Medikamenten ein (wichtig bei Chemotherapie)
- Brivaracetam - neues Medikament,  löst sehr selten Gereiztheit, Aggressivität, Depressionen aus, geht keine Interaktionen mit anderen Medikamenten ein (wichtig bei Chemotherapie); sofort umstellbar von Levetiracetam
(Laut meiner Neurologin wirkt dieses neue Medikament kaum besser als Levetiracetam, ist als Neuentwicklung unter Patentschutz und deshalb sehr teuer, wird in Deutschland laut Ärztezeitung deswegen zunächst nicht zugelassen, kann in Europa (Internet) bezogen werden. Sie hat es mit diesen Hinweisen jüngeren Patienten verordnet.)

Chirurgische Verfahren

- Epilepsie-Chirurgie sollte nicht bei bereits lange wachsendem Tumor erfolgen.
- Die Tumor-Chirurgie ist unabhängig von vorhandenen epileptischen Anfällen. Wenn  epileptische Anfälle aufgetreten waren, sollte man schauen, ob der Tumor diese ausgelöst hat.
 
Stimulationsverfahren

- Die Vagusnerv-Stimulation ist einfacher durchzuführen.
- Die tiefe Hirnstimulation ist komplizierter und weniger sicher, da tief in das Gehirn eingegriffen wird.

Es gibt viele Anfallsarten, jedoch auch Anfälle, die nicht epileptisch sind:

- psychogene Anfälle (PNEA)
- Ohnmachten, Synkopen, Präsynkopen, die gerade so weit gehen, dass man nicht bewusstlos wird
- Bewegungsstörungen
- Schlafwandeln
- Nebenwirkungen von Herz- und Blutdruckmedikamenten

Die Lebensqualität von Menschen mit Epilepsie sollte so normal wie möglich bleiben:

- Sport ja, aber kein Risikosport, z.B. auch nicht allein (!) schwimmen
- Feiern ja
- Alkohol ja, in Maßen
- Fahrradfahren ja, mit Helm
- Autofahren
     - nach dem letzten Anfall - 1 Jahr nicht
     - bei EEG ohne Hinweis auf einen Anfall - 6 Monate nicht
     - nur schlafgebundene Anfälle - 3 Jahre nicht
     - Ausschleichen von Antiepileptika, nach dem letzten Medikament – 3 Monate nicht
     - nach einem Anfallsrezidiv – 3 bis 6 Monate nicht

Es gibt ein hervorragendes bundesweites Netzwerk mit vielen Fachkräften für Berufstätige und Arbeitgeber für Epilepsie-Betroffene. Insbesondere geht es dabei um die Integration, die Rehabilitation sowie den Erhalt von Arbeitsplätzen.

Epilepsie-Zentren sind für Patienten gedacht, bei denen die Anfälle nicht oder nur schwer therapiert werden können.
(In Deutschland gibt es 34 zertifizierte Epilepsie-Zentren; Stand: 23.05.2016)

Antworten auf Patientenfragen in der Podiumsdiskussion: (aus: www.hirntumorhilfe.de)

Frage:
Welche Antiepileptika müssen während einer Schwangerschaft vermieden werden?

Antwort:
Manche Medikamente können das Risiko einer Behinderung des Kindes erhöhen. Es gibt gute Daten, die zeigen, dass Lamotrigin und Levetiracetam in dieser Hinsicht sicher sind und das Risiko nicht erhöhen. Valproinsäure dagegen kann in höheren Dosierungen zu Behinderungen führen.

Frage:
Sollten unter einer antikonvulsiven Therapie regelmäßig Spiegelkontrollen durchgeführt werden?

Antwort:
Alle Medikamente werden verstoffwechselt über die Leber und/oder die Niere ausgeschieden. Wie gut ein Medikament abgebaut wird, hängt z.B. vom Alter ab. D.h. im längeren Zeitverlauf muss man die Dosis entsprechend anpassen. Da eine Überdosierung neben anderen Begleiterscheinungen auch zu Anfällen führen kann, sind regelmäßige Spiegelkontrollen wichtig.

Frage:
Einmaliger, postoperativer Krampfanfall: Wie lange sollten antikonvulsive Medikamente eingenommen werden?

Antwort:
Wenn der Anfall 1-2 Wochen nach der OP aufgetreten ist, handelt es sich wahrscheinlich um einen akut-symptomatischen Frühanfall. Eine medikamentöse Therapie ist dann nicht zwingend erforderlich. Da zu diesem Zeitpunkt aber nicht sicher ist, ob eine beginnende Epilepsie vorliegt, wird die antikonvulsive Therapie in diesen Fällen öfter verordnet. Man könnte darüber nachdenken, das Medikament unter EEG-Kontrolle langsam auszuschleichen.


KaSy (kursiv gedruckte Textteile von KaSy)
« Letzte Änderung: 07. Oktober 2019, 17:53:27 von KaSy »
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« Antwort #8 am: 25. November 2017, 22:23:17 »
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8. Klinische Studien in der Neuroonkologie


Aus dem Vortrag:

Aus diesem Vortrag habe ich nichts mitgeschrieben, da neue Studien und die Ergebnisse laufender Studien bei der Deutschen Hirntumorhilfe e.V. (www.hirntumorhilfe.de) veröffentlicht oder erfragt werden können.

Die Teilnehmer an Studien für neue Medikamente oder Therapien werden in zwei Gruppen („Arme“ genannt) eingeteilt, ohne dass die Patienten und Ärzte während der Studiendauer erfahren, wer welcher Gruppe angehört.
Die Patienten der einen Gruppe werden neu therapiert und die der anderen (Kontroll-)Gruppe erhalten die bisher für sie beste Behandlungsmöglichkeit.

KaSy


Antworten auf Patientenfragen in der Podiumsdiskussion: (aus: www.hirntumorhilfe.de)

Frage:
Ist die kombinierte Gabe von CCNU und Temozolomid auch bei nicht-methyliertem MGMT-Promoter sinnvoll?

Antwort:
Aus meiner Sicht ja, allerdings im metronomischen Ansatz (d.h. eine kontinuierliche Gabe in geringerer Dosierung). Untersuchungen haben gezeigt, dass durch die kontinuierliche Einnahme von Temozolomid die MGMT-Aktivität abnimmt. Daraus lässt sich die Hypothese ableiten, dass sich die beiden Gruppen (Methylierte und Unmethylierte) unter kontinuierlicher Gabe von Temozolomid angleichen.

Frage:
Ist Imatinib in Kombination mit Hydroxyharnstoff (Hydroxycarbamid) eine mögliche Alternative zum Stupp-Schema?

Antwort:
Nein. Aus heutiger Sicht muss man sagen, dass Imatinib keine Rolle spielt. Ein möglicher Effekt ist aus meiner Sicht auf den Hydroxyharnstoff zurückzuführen.


Aus den Tagungsunterlagen der Deutschen Hirntumorhilfe e.V.:

Informationen zum Thema

Fragen und Antworten zum Thema der klinischen Studien in der Hirntumortherapie

Frage:
Habe ich ein Recht auf die experimentelle Studientherapie, nachdem ich in den Kontrollarm gelost worden bin (entweder sofort oder nachdem die Kontrolltherapie nicht mehr hilft)?

Antwort:
Nein, außer wenn die Studie ein „cross over“ der Therapiearme vorsieht, gibt es dieses Recht nicht. Die Ursache hierfür ist meist, dass die Studientherapie außerhalb der Studie aus rechtlichen Gründen nicht verfügbar ist.
Allgemein sollten Patienten nur an einer Studie teilnehmen, in der beide Arme eine für sie vernünftige Therapieoption darstellen.

Frage:
Ist es möglich, eine bereits begonnene Studienteilnahme abzubrechen, und welche Folgen hat das?

Antwort:
Die Studientherapie kann wie jede andere Therapie auch ohne Begründung abgebrochen werden. Möglicherweisemüssen auch nach Therapieabbruch zur Sicherheit der Patienten studienspezifische Untersuchungen durchgeführt werden. Im Fall der Teilnahme an einer weiteren Studie muss wegen der Erholung, aber auch aus prinzipiellen Erwägungen, häufig eine zum Teil mehrwöchige Pause zwischen dem Ende der ersten Studienbehandlung und dem Beginn der nächsten abgewartet werden.

Frage:
Was bedeutet eine negative Zwischenauswertung oder ein Studienabbruch seitens der Ärzte für einen Patienten, der mit einer abgebrochenen Therapie gut zurechtgekommen ist?

Antwort:
Solange keine allgemeinen Sicherheitsaspekte berührt sind, werden Patienten zumeist auch nach vorzeitigem Abschluss eines Therapiearms weiterbehandelt, solange sie individuell davon profitieren. Alle Patienten mit der „abgebrochenen“ Studientherapie werden durch das Studienzentrum innerhalb von 48 Stunden über den Studienabbruch informiert.

Frage:
Wer muss wie und in welchen Maße und über welche Nebenwirkungen / Risiken aufklären?

Antwort:
Der Prüfarzt muss über die in der Einwilligungserklärung von der Ethikkommission geforderten unerwünschten Wirkungen und Risiken aufklären. Der Umfang dieser Aufklärung unterscheidet sich bei einem noch überhaupt nicht zugelassenen Präparat und einem Präparat, das bereits für eine andere Erkrankung erprobt und zugelassen wurde. Übers sehr neue Wirkstoffe gibt es allerdings oft nur sehr wenige klinische Daten.

Frage:
Wohin muss sich ein Patient wenden, um Informationen über das aktuelle Studienangebot zu erhalten?

Antwort:
Zunächst kann der Facharzt befragt werden. In einigen Kliniken gibt es Schwerpunkte für die Versorgung von Hirntumorpatienten. Diese Kliniken sind meist neben der sehr guten Grundversorgung auch auf dem Gebiet neuroonkologischer Studien sehr aktiv. Außerdem lohnt sich ein Blick ins Internet.

Frage:
Wie bekomme ich Kontakt zu Studienzentren?

Antwort:
Viele Zentren beantworten elektronische und schriftliche Anfragen, manche Zentren erwarten eine persönliche Vorstellung. In jedem Fall werden aussagekräftige Unterlagen, der letzte Arztbericht, aktuelle Bildgebungen sowie die genaue Histologie erwartet. In der Anfrage sollte ausdrücklich nach der Möglichkeit einer Studienteilnahme gefragt werden. Prinzipiell können alle Patienten, welche die Ein- und Ausschlusskriterien erfüllen, an einer Studie teilnehmen. Häufig wird in den Studien wegen der regelmäßigen Reisen ins Studienzentrum eine gewisse räumliche Nähe vorausgesetzt. Dies ist vor allem dann wichtig, wenn keine Erstattung der Fahrtkosten gewährleistet ist.

Frage:
Wie groß ist der Zeitaufwand für die Aufnahme in eine Studie bzw. den Ausschluss aus einer Studie?

Antwort:
Wenn die Information zu einer Studienteilnahme mit der Einholung einer zweiten Meinung kombiniert wird, ist der Zeitaufwand gering. Wenn für den mutmaßlichen Studieneinschluss aufwändige Untersuchungen (beispielsweise neue Bildgebungen) notwendig sind, kann die Entscheidung über die Möglichkeit, an einer Studie teilzunehmen, ein paar Tage in Anspruch nehmen. 

Frage:
Wie erkenne ich, ob eine Studie innovativ ist und woran, ob sie Aussicht auf Erfolg hat?

Antwort:
Eine multizentrisch an mehreren Kliniken durchgeführte Studie gewährleistet gegenüber unzentrischen Studien die Beteiligung mehrerer Spezialisten und damit häufig eine breitere wissenschaftliche Basis. Studien, die großen Pressewirbel verursachen, müssen nicht immer besonders innovative Konzepte verfolgen bzw. für den einzelnen Patienten nützlich sein.

Frage:
Kann ich auch an einer Studie im Ausland teilnehmen?

Antwort:
Falls der Aufwand, beispielsweise die Fahrten zur An- und Abreise, gerechtfertigt erscheint, ist dies prinzipiell möglich.

Frage:
Wer trägt die Therapiekosten?

Antwort:
Studienspezifische Kosten werden vom Sponsor der einzelnen Studie getragen.

Frage:
Welche zusätzlichen Kosten könnten auf den Patienten zukommen?

Antwort:
Prinzipiell können Fahrtkosten entstehen, die nicht immer mit dem Studienzentrum abgerechnet werden können.

Frage:
Erhält ein Studienleiter oder eine Klinik Pauschalen für rekrutierte Patienten?

Antwort:
Normalerweise muss der Sponsor der Studie eine Finanzierung für die studienspezifischen administrativen und medizinischen Leistungen sicherstellen. Diese wird an die Anzahl der in einer Studie betreuten Patienten angepasst.

Frage:
Haben die Krankenkassen Einfluss auf die Durchführung klinischer Studien?

Antwort:
Nein.

Frage:
Darf die Pharmaindustrie Werbung für Studien machen?

Antwort:
Es darf keine Werbung für nicht zugelassene Therapiekonzepte gemacht werden, somit darf prinzipiell auch keine Werbung für eine Studie gemacht werden. Der Pfad zwischen unerwünschter Werbung und notwendiger Information kann aber sehr schmal sein.

Frage:
Kann man auch einmal eine Ausnahme bei den Ein- und Ausschlusskriterien machen?

Antwort:
Nein, die ist zur Sicherheit der Patienten nicht möglich.

Frage:
Studienteilnahme ja oder nein? Einige Fragen zur Entscheidungshilfe

Antwort:
Die wichtigsten Fragen an Ihren Arzt sollten Sie sich notieren. Das Gespräch sollte in einem passenden Rahmen (also nicht auf dem Flur) und mit genügend Zeit auf beiden Seiten geführt werden. Relevante Vorabinformationen sollten bereits durch die Lektüre des Studienprotokolls vorhanden sein (z.B. Studienphase, Dauer der Behandlung). Ebenso ist bereits dem Aufklärungsbogen zu entnehmen, dass die Studie ordnungsgemäß durch die Kommissionen und Behörden beraten und genehmigt worden ist.

1. Welche Ziele verfolgt die Studie?
2. Welche Rolle hat das betreuende Zentrum / hat der betreuende Arzt?
3. Welche Vorteile könnte die Studienteilnahme für mich persönlich haben?
4. Welche Nachteile könnten auftreten?
5. Welche Behandlungsmöglichkeiten stünden außerhalb der Studie zur Verfügung?
6. Wie wird der Studienerfolg für mich persönlich gemessen?
7. Wie läuft die Behandlung ab?
8. Entstehen durch die Studienteilnahme (etwas durch zusätzliche Fahrten) zusätzliche Kosten, die nicht im Rahmen der Studie bezahlt werden?
9. Wer ist mein primärer Ansprechpartner?

Quelle: Der vollständige Artikel zum Thema klinische Studien ist in der Ausgabe 18 der Brainstorm der Deutschen Hirntumorhilfe erschienen.

(Aus den Tagungsunterlagen der Deutschen Hirntumorhilfe e.V.)


KaSy (kursiv gedruckte Textteile von KaSy)
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Der Hirntumor hat einen geänderten und deswegen nicht weniger wertvollen Menschen aus uns gemacht!

 



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