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Autor Thema: Nebenwirkungen  (Gelesen 18590 mal)

Offline LIS

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Nebenwirkungen
« am: 08. September 2015, 08:37:29 »
Hallo in die Runde,

gleich vorneweg, ich habe keinem HT. Meine Frau fiel Anfang April n s Koma, Diagnose Zystisch Raumbildung, das Mist Ding wurde entfernt und 6 Tage später wachte sie wieder auf. Dann der übliche Weg, raus aus der Intensivstation 14 Krankenhaus, 9 Wochen Reha und ab nach Hause. Kein Arzt hat mich als Angehörigen darauf vorbereitet was dann kommt.

Um das Epilepsierisiko zu reduzieren nimmt meine Frau Levetiracetam 1500-0-1500mg. Sie ist müde, antriebslos, Lustlos, launisch, und was das schleimte ist ziemlich Aggressiv. Sie kennt eigentlich nur zwei  zustände, normal oder sauer; fröhlich, schmollen, lustig, ärgerlich, so was zwischen null und eins gibt es nicht. Wir haben einen 4,5 Jährigen Sohn der mitten in der Trotzphase hängt und da ist Geschrei bei Ihr an der Tagesordnung. Sie ist schlichtweg überfordert und ich weis nicht mehr wie ich mit dem Thema umgehen soll.

Gibt es so was wie Selbsthilfegruppen für Angehörigen oder hat hier einer Tipps


MfG

Sven

Offline Pem34

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Re:Nebenwirkungen
« Antwort #1 am: 08. September 2015, 09:04:17 »
Hallo Sven,

erstmal... es tut mir leid, was sich da durch diese sch... Krankheit bei Euch abspielt.

Es gibt sehr viele Faktoren, die die Persönlichkeit eines Hirntumorkranken verändern kann. Einmal der Tumor selbst, der da evtl. eine Lage hat, die direkt am Zentrum liegt, das für die Persönlichkeit verantwortlich ist, dann die ständige Überforderung und auch Keppra selbst kann Aggressionen auslösen. Ebenso können durch die nachgelassene Leistungsfähigkeit, durch das Krankheitsbewusstsein und nicht zuletzt durch die Überforderung auch Depressionen die Ursache sein.

Sind deiner Frau ihre Launen bewusst? Wenn ja, wird sie sicher auch unglücklich mit diesem Zustand sein. Wichtig ist, dass sie genügend Ruhe bekommt. Auch wenn wir wissen, dass der Angehörige noch geschont werden sollte, ist eine Schonung manchmal gar nicht möglich im Alltag. Geht euer Sohn in den Kindergarten? Wenn ja, hat deine Frau diese freien Stunden bewusst als Ruhepausen oder schmeißt sie da den Haushalt? Es ist schwierig - sowohl für den Patienten wie auch den Angehörigen - zu akzeptieren, dass eben nichts mehr wie vorher ist.

Bei mir war mein Mann betroffen (ist jetzt aber schon 2 Jahre tot) und ich kann mich auch noch sehr gut daran erinnern, dass er am liebsten nur noch auf dem Sofa gelegen und nichts gemacht hat. Wollte ich dann das machen, sagte er, dass er das "morgen" machen wolle.... was er aber wiederum nicht tat. Wenn ich es doch gemacht habe, war er sauer, dass ich ihm die Arbeit weggenommen habe. In der schlimmsten Aggressionsphase meines Mannes war meine Tochter 9 Jahre alt. Er benahm sich nicht mehr wie ein Papa, sondern wie ein ungezogenes Geschwisterkind. Er haute, kratzte, biss und drehte ihr sogar einmal die Hand um. Das war der Zeitpunkt, wo wir uns professionelle Hilfe holen mussten.

Für meine Tochter holten wir uns kurzzeitig eine Kinderpsychologin an Land, die auch mir wertvolle Tipps gab. Der wichtigste Erkenntnis für uns war, dass wir meinen Mann in "seiner" Welt leben lassen sollten und uns gewissermaßen anschließen. Ab diesem Zeitpunkt wurde es wieder sehr viel friedlicher bei uns.

Wenn ich Du wäre, würde ich mit der behandelnden Neurologin sprechen. Entweder muss ein Medikament gegeben werden, oder das Keppra ausgetauscht oder aber die Lebensumstände verändert werden, dass es für alle Beteiligten erträglich ist. Wichtig ist, erst einmal zu erkennen, wo das Kind im Brunnen liegt.

Es ist sehr schwierig, diese Situation als Familie durchzustehen, doch es schweißt auch zusammen. Dennoch haben sowohl euer Sohn wie auch du ein Recht auf ein friedliches Miteinander. Aber eines ist sicher: Federn lässt man schon bei der ganzen Sache.

Wenn du Fragen hast, kannst mich auch gern per PN anschreiben.

Alles Gute
Pem
« Letzte Änderung: 08. September 2015, 09:12:08 von Pem34 »

Offline TinaF

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Re:Nebenwirkungen
« Antwort #2 am: 08. September 2015, 09:28:46 »
Hallo Sven,

willkommen bei uns im Forum, auch wenn der Anlass wie bei uns allen mehr als bescheiden ist.

Pem hat dir schon viel geschrieben, dem kann ich mich nur anschließen. Allein schon die Diagnose kann einen aus der Bahn werfen, dann die OP, das Bewusstsein, was man durchgemacht hat, die Ängste, es könnte wieder passieren, die Einschränkungen, die man noch spürt. Bei deiner Frau hat alles ja recht lang gedauert, 6 Tage Intensivstation, 14 Tage KH, 9 Wochen Reha, daran sieht man ja überdeutlich, dass es kein "Spaziergang" war. Dazu kommen noch evtl. Nebenwirkungen von Medikamenten.

Ich kann nicht beurteilen, was auf deine Frau zutrifft, inwieweit ihr bewusst ist, wie sie sich benimmt. Aber ihr braucht auf jeden Fall professionelle Hilfe, gerade weil ihr einen kleinen Mann habt, der unbedingt geschützt werden muss.

Such dir, such euch psychotherapeutische Hilfe, wenn deine Frau sie ablehnt, nimm erstmal du sie allein in Anspruch. Du musst entlastet werden, denn du musst als ruhender Pol für deinen Sohn da sein.

Als ich meine Diagnose bekam und operiert wurde, war mein Sohn gerade mal vier Jahre alt. Die Kinder bekommen so viel mit, sie haben ganz feine Antennen, aber natürlich noch nicht das Wissen oder die Erfahrung, solche Ereignisse irgendwie einordnen zu können. Dazu brauchen sie Erwachsene, die sie im wahrsten Sinne des Wortes an der Hand nehmen und sie begleiten. Ich war nie aggressiv, aber sehr müde und erschöpft, und ich fühlte mich schnell überfordert. Ich wollte viel mehr machen, viel mehr für meinen Zwerg da sein, aber ich konnte nicht oder nicht immer und das war für mich schon schlimm genug. Und für meinen Sohn auch. Bei deiner Frau kann es ähnlich sein, vielleicht bemerkt sie ihr Verhalten ja sogar, kann es aber nicht ändern und fühlt sich dann umso schrecklicher, was wiederum Aggressionen auslösen kann.

Außerdem würde ich auch, wie Pem schon geschrieben hat, mit dem Neurologen über das Levetiracetam sprechen, u.U. kann deiner Frau ein anderes Antiepileptikum verschrieben werden.

Ich hoffe sehr, dass euch schnell geholfen werden kann und wünsche euch alles Gute!

LG TinaF
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Offline LIS

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Re:Nebenwirkungen
« Antwort #3 am: 09. September 2015, 08:08:51 »
Hallo PEM hallo Tina,

Danke erstmals für die Antworten, da meine Frau sich über unsere Reaktionen wundert merkt sie nicht wirklich was sie macht. Sie hat aber auch "helle" Momente in denen Sie ganz normal ist oder weint wenn Lars zu Ihr sagt das sie nicht böse sein soll.

Da mit den Medikamenten sind wir angegangen, die Neurologin geht ein umstellen oder, je nach dem wie das nächste MRT aussieht, absetzen mit.

Ich denke das beste ist sie die nächste zeit in Ihrer Welt zu lassen und hoffen das sich der Schleier langsam lichtet wenn die Dosierung runter geht.



Danke erst mal in die Runde


Sven

 



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