HirnTumor-Forum

Autor Thema: Emotionales Verhalten gegenüber Ärzten  (Gelesen 91574 mal)

Offline Pedro

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Emotionales Verhalten gegenüber Ärzten
« am: 15. Dezember 2013, 11:01:50 »
Liebe Leute,

Ich bin schon längere Zeit auf hirntumor.de unterwegs, doch ist es das erste mal, dass ich einen psychischen Aspekt einbringen möchte.

2008 wurde ein atypisches Meningeom im Bereich des Keilbeinflügels zweimal operiert, konnte aber nicht vollständig entfernt werden. Eine vorgeschlagene konventionelle Strahlentherapie lehnte ich ab, als mir vom AKH Wien eröffnet wurde, dass eine Erblindung als Spätfolge nicht auszuschließen sei. Ich wechselte das Krankenhaus und unterzog mich in den Jahren 2008 bis 2010 drei Gamma Knife Behandlungen in Graz. Wie ich zuletzt vom Augenfacharzt erfahren habe ist die fortschreitende Sehschwäche am linken Auge auf eine Schädigung des Sehnerves zurückzuführen, der noch näher nachgegangen werden soll.

Im November 2013 hatte ich zwei generalisierte epileptische Anfälle und vor kurzem musste ich erfahren, dass sich rechts des Keilbeinflügels ein weiteres Meningeom gebildet hätte, dass noch nicht behandelt wurde. Ich solle vorerst die nächste Kontrolle im Juni 2014 abwarten, aber es sei von einem Handlungsbedarf auszugehen. Die Neurochirurgen tendierten zuletzt eher zu einer Strahlentherapie, der aber die Radiologen aufgrund der zahlreichen Vorbehandlungen (1 Ganzhirnbestrahlung 1986 nach Leukämie, 3 Gamma Knife Behandlungen 2008/2010) kritisch gegenüberstehen. Es bleibe mir überlassen die richtige Therapie zu wählen - doch zu dieser Frage habe ich schon in andere Threads auf hirntumor.de gepostet.

Jetzt möchte ich aber zu der psychologischen Problematik kommen. Ich hatte den Termin auf der neurochirurgischen Ambulanz des LKH Graz im beisein eines Freundes wahrgenommen, der aber nur eine beobachtende Rolle einnehmen sollte. Wie er mir später erzählte sei ich trotz mancher unschöner Details im dem Gespräch dem Arzt völlig emotionslos begegnet und hätte meinen vorbereiteten Stichwortzettel penibel abgearbeitet. Dafür wurde ich dann auch vom Arzt gelobt, dass ich mich "sehr gut auskennen" würde und im Arztbrief wird mein "äußerst guter Zustand" und meine "unverändert sehr gute Lebensqualität" erwähnt.

Es liegt mir fern zu lamentieren, aber ich würde meine Verfassung nach den zahlreichen Behandlungen und Vorfällen sowie den Fragen der Ungewißheit keinesfalls derart hochloben. Konzentrationsstörungen, Kopfschmerzen und Schlafstörungen erhöhen auch nicht unbedingt die Lebensqualität. Die Formulierungen in dem Befundbrief zeigen mir, dass ich vor dem Arzt unbewusst ein mentales Schauspiel abgezogen habe. Das Ausleben von Emotionen hat noch nie zu meinen Stärken gezählt und dies wird offenbar so interpretiert, dass ich entweder emotionslos oder eben derartig selbstsicher wäre - was keinesfalls zutrifft. Meine Persönlichkeit erlaubt nur wenigen Menschen tiefe Einblicke in mein Seelenleben. Ein Psychologe hatte 2010 neben einem organischen Psychosyndrom eine Sozialphobie festgestellt.

Ich denke, dass das Gespräch mit dem Oberarzt in einer sympathischen Athmosphäre verlief. Dennoch konnte mein Freund beobachten, dass ich den Arzt fallweise nicht ausreden ließ, von meinen eigenen Recherchen erzählte und auch mit medizinischen Fachausdrücken nicht geizte - womit ich ungewollt, und bestimmt nicht das erste mal, ein gänzlich falsches Bild von mir abgab. Wie soll man damit umgehen?

LG Pedro

« Letzte Änderung: 15. Dezember 2013, 11:07:58 von Pedro99 »

Offline frauypsilon

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Re:Emotionales Verhalten gegenüber Ärzten
« Antwort #1 am: 15. Dezember 2013, 15:50:59 »
Hallo Pedro,

danke für deinen Beitrag. Ich kann dir leider keine Antwort geben, weil ich diese selbst suche und finde es toll, dass du das, was mich derzeit auch beschäftigt, so gut ausformuliert hast.

Ich bin zwar ein sehr emotionaler Mensch, aber beim Arzt auch immer sehr strukturiert, gut vorbereitet, arbeite genau wie du meinen Zettel ab und mache einen auf- und abgeklärten Eindruck. Heulen tue ich dann, wenn ich draußen bin. Ich bin Ende September an meinem Meningeom operiert worden, bzw. ist mein Meningeom (Konvexitätsmeningeom) entfernt worden.

Leider habe ich seither immer noch viel Konzentrationsstörungen, Wortfindungsstörungen, fange an zu stottern, wenn ich erschöpft bin und habe Sensibilitätsstörungen im rechten Arm und der rechten Hand und wohl immer noch einfach-fokale Anfälle sowie auch die besagten Schlafstörungen und fette Migräneanfälle. Wenn ich das erzähle, glaubt man es mir kaum, weil ich alle Konzentration immer für diese Gespräche zusammenziehe, dann dort "normal" funktioniere und hinterher bricht alles zusammen. Das kann mein Mann, der fast immer bei den Ärzten dabei ist, nur bestätigen, denn er sieht ja auch beide Seiten.

Mir fällt im Moment dazu nur ein, sich bei den Ärzten genau so zu geben, wie im vertrauten Kreis, mit allen Schwächen. Aber wie ich das angehen soll und verhindere, dass ich doch dann immer dort mein Sonntagsausgeh- und Expertengesicht zeige, habe ich noch nicht herausgefunden. Ich schwenke automatisch in den Modus und mache dann den Eindruck einer ganz "gesunden" Patientin, die gut beieinander ist.

Ich würde mich freuen, wenn hier eine Diskussion zu dem Thema entsteht und noch viele Beiträge kommen, weil ich mir denken kann, dass es noch anderen so geht. Vielleicht finden wir gemeinsam eine Lösung, wie man damit umgehen kann. Oder andere berichten aus Ihrer "Trickkiste".

lg
frauypsilon
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Offline TinaF

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Re:Emotionales Verhalten gegenüber Ärzten
« Antwort #2 am: 15. Dezember 2013, 17:10:18 »
Hallo Pedro,

ich gehe üblicherweise auch gut vorbereitet zu meinen Arztterminen, habe meinen Stichwortzettel dabei, kann mit Fachbegriffen umgehen, erwarte Infos statt Gerede um den heißen Brei und "bewahre die Haltung". Wenn ich in solchen Gesprächen meine Beschwerden schildern soll, kommt es mir selbst oft genug absolut lächerlich vor, denn von meinen Wortfindungsstörungen, meinen Konzentrationsproblemen, meiner mangelnden Belastbarkeit, der schnellen Erschöpfung etc. ist da absolut nichts zu merken. Diese Probleme schlagen dann nach dem Termin wieder zu, ich bin völlig fertig, bekomme keinen gerade Satz mehr raus, bin den Tränen nahe. Erst letzte Woche hatte ich so ein Erlebnis. Während eines fast einstündigen Termins habe ich fehlerfrei gesprochen, konnte mich gut ausdrücken und konnte auch den Ausführungen meines Gegenübers problemlos folgen. Nachdem ich wieder zu Hause war, habe ich meinen Mann angerufen und wollte ihm von dem Gespräch berichten, nur leider war mein Wortschatz auf einmal sehr klein, mir fielen die einfachsten Wörter nicht mehr ein oder ich habe sie verwechselt, so dass ich das Telefonat beendet und das Gespräch auf den Abend verschoben habe. Wenn ich so vor mich hinstottere und nach den richtigen Begriffen suche, dann klingen meine Beschwerden doch wesentlich glaubhafter.

Ein einziges Mal habe ich nicht so perfekt "funktionert", da kamen mir noch während des Gesprächs die Tränen und was ist passiert? Man hielt mich für ein psychisches Wrack und geht seitdem davon aus, dass meine Beschwerden (ausschließlich) psychischer Natur seien. Und es gibt immer wieder Ärzte, die diese Diagnose gern übernehmen und mehr oder weniger so tun, als wenn die von mir geschilderten Beschwerden nach einer Kopf-OP mit Entfernung eines großen Tumors völlig undenkbar wären. >:(

Ich habe somit zwei Bilder von mir abgeliefert und beide waren falsch. Auch nicht besser.

Noch ein Beispiel: Eine bei mir ausgeprägte Schwindel- bzw. Benommenheitsproblematik wurde ausführlichst von allen denkbaren Fachrichtungen abgeklärt. Es konnte nichts gefunden werden außer dem Narbengewebe im Hirn nach der OP. Mein Neurologe erklärte daraufhin, dass es ihm ja schon klar gewesen sei, meine Beschwerden seien psychischer Natur. Die Ärzte in der Schwindelambulanz der Uniklinik sagten dagegen, es sei eine zentrale Störung, verursacht durch das Narbengewebe im Gehirn. Bei meinem Neurologen habe ich übrigens nie geheult, da wurde ich nur einmal richtig sauer. Zeigt man sich also emotional, landet man offenbar schnell in der "Psychoschublade" und es ist verdammt schwer, da wieder rauszukommen. Und das macht die Sache auch nicht besser.

Ich werde weiterhin gut vorbereitet zu meinen nicht enden wollenden Arztterminen antanzen, meine Fragen stellen, bei den Antworten genau zuhören, nachhaken wenn erforderlich, mich sehr konzentrieren und meine Emotionen hoffentlich nur dort zeigen, wo ich weiß, dass sie richtig verstanden und eingeordnet werden.

Alles Gute für Dich!

LG TinaF
« Letzte Änderung: 15. Dezember 2013, 17:12:59 von TinaF »
Es passiert nichts umsonst, es hat alles seinen Sinn!

Offline enie_ledam

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Re:Emotionales Verhalten gegenüber Ärzten
« Antwort #3 am: 15. Dezember 2013, 18:53:47 »
Hallo,

du konntest ja das Gespräch sehr gut nachanalysieren. Wie wäre es wenn du dir überlegst was genau du an dir/deinem Verhalten nicht mochtest und dann überlegst wie du gerne an dieser Stelle reagiert hättest und warum.
Und dann kannst du üben dich so in einer ähnlichen Situation zu verhalten?

Wenn ich bei meinem NC bin, dann versuche ich zu sagen wo es welche Probleme gibt er merkt sich das dann und schriebt es in seinen Arztbrief aber ich habe den Eindruck das ihm das egal ist, weil eine "Behandlungsempfehlung" gibt er nie und wenn ich nicht die Neurologin nach Ergotherapie frage passiert auch nicht wirklich viel. Ich heule aber auch nicht bei den Ärzten rum, sondern versuche alles zu sagen (die Hoffnung das die wissen was mir helfen kann habe ich schon lange verloren) und dann gucke ich wieder was mir helfen könnte. Ich war jetzt auch bei einigen Psychologen zum Probegespräch und eine wollte mich auf die ADHS schiene abstempleln, da habe ich auch direkt gemerkt das passt nicht und nach dem 2. Gespräch war ich nicht weiter da. Ich habe eine andere ausgesucht mit der es besser passt.
Hast du schonmal analysiert wann genau deine Beschwerden auftreten und wie und wo? Ich hatte z.B. auch jeden  Tag leichte Kopfschmerzen und genug getrunken habe ich auch. Ich hatte auch Rückenschmerzen und war beim Osteopathen und jetzt ist es weg. Also kamen die Kopfschmerzen vom Rücken und nicht von dem Tumor. Als ich meine Wiedereingliederung hatte habe ich Sehprobleme gehabt - das war enfach überanstrengung. Ich musste daann lernen ein paar Schritte zurück zu treten und habe dann auch durch Tipp von Psychologen einen Wochenplan erstellt un dem ich dann herausgefundne habe das z.B. mehr als 2x1 Stunde als Termin schaffe ich nicht am Tag. Jetzt versuche ich immer alles so zu planen das es nicht zuviel wird und ich habe gar keine schlechten Tage mehr. Mein NC tut übrigens auch irgendwie immer so als ob meine Beschwerden gar nicht durch die OP hätten entstehen können, ausser die Wetterfühligkeit.  ::)
solange mir Ärzte keine Pschopharmaka verschreiben können die die "psychischen Probleme" beheben können ist es mir egal was die denken. Die sehen mich max. 20 min in x Monaten und das war es. Ich hätte ehr Probleme wenn Freunde das so machen würden.
Achso einige Ärzte mögen es nicht, wenn man sich selbst im z.B. Internet informieren, vielleicht fließt das da auch mit ein ohne das er es zugeben will?!

Ich werde mal auch mit meinem Zettel anfangen im Januar bin ich wieder dran.

Lg enie
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Offline Pedro

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Re:Emotionales Verhalten gegenüber Ärzten
« Antwort #4 am: 15. Dezember 2013, 21:01:09 »
Ein abendliches Hallo an frauypsilon,  TinaF und enie_ledam,

Vielen DANK für eure Worte, die mir sehr wichtig waren.
Ich hatte ein wenig befürchtet, dass auch schon andere ähnliche Wahrnehmungen im Umgang mit Ärzten machen mussten...

Aber wie ich das angehen soll und verhindere, dass ich doch dann immer dort mein Sonntagsausgeh- und Expertengesicht zeige, habe ich noch nicht herausgefunden.
frauypsilon
Ja, das ist wohl auch mein Problem Ich habe aber den Vorsatz gefaßt emotionale Einblicke gewißermassen in meinen Stichwortzettel aufzunehmen - ich weiß, das hört sich etwas verrückt an und es besteht die Gefahr dass es etwas gekünstelt rüberkommt ...

Ich habe somit zwei Bilder von mir abgeliefert und beide waren falsch. Auch nicht besser.
Du hast schon Recht und ich verstehe dich sehr gut. Es kann bestimmt auch nicht wünschenswert sein als "psychisches Wrack" gesehen zu werden. Ebenso bin ich davon überzeugt, dass es einem  emotional aufgelösten Patient auch  nicht besser als uns ergeht. Aber wir sollten einen Mittelweg finden ...

du konntest ja das Gespräch sehr gut nachanalysieren. Wie wäre es wenn du dir überlegst was genau du an dir/deinem Verhalten nicht mochtest und dann überlegst wie du gerne an dieser Stelle reagiert hättest und warum.
Ja, das könnte ich durchaus. Aber beim nächsten Arzttermin setzt unbewußt wieder diese Automatik ein und es ergibt sich wieder dieses Verhalten, das fälschlich eine Überlegenheit vortäuscht. Natürlich hängt die Interpretation aber auch immer vom jeweiligen Arzt ab ...

Hast du schonmal analysiert wann genau deine Beschwerden auftreten und wie und wo?
Also Kopfschmerzen treten zumeist in Zusammenhang mit Stress auf, von dem ich mich vielleicht zu wenig abgrenze.

Achso einige Ärzte mögen es nicht, wenn man sich selbst im z.B. Internet informieren, vielleicht fließt das da auch mit ein ohne das er es zugeben will?!
Ja, solche Hinweise sollte ich mir vielleicht künftig sparen...

LG Pedro

Offline enie_ledam

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Re:Emotionales Verhalten gegenüber Ärzten
« Antwort #5 am: 16. Dezember 2013, 15:31:25 »
Hallo,

ja diese Automatik musst du dann umgehen - das ist nicht einfach ;)
meine Automatik ist wenn ich nach Hause komme falle ich auf die Couch und mache den ganzen Tag nichts mehr - das muss ich auch umgehen - das ist sehr schwer aber ich will nunmal kein Renten-MiniJob-Leben ohne Freizeit. Also muss ich ran  :-\

Das mit dem Zettel und den Emotionen finde ich eine gute Idee. Warst du vor deiner Op auch schon so? ich finde ich bim emotional sehr abgestumpft, weiß aber nicht ob es mit dem Tumor zusammen hängt. Vielleicht solltest du einige Fachbegriffe noch umgangssprachlich umschreiben? Mehr fällt mir aber auch nicht ein. LG
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Offline frauypsilon

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Re:Emotionales Verhalten gegenüber Ärzten
« Antwort #6 am: 17. Dezember 2013, 09:34:56 »
Hallo Pedro,

emotionale Momente mit in den Zettel aufnehmen, ist eine gute Idee finde ich. Ich glaube nach meiner Erfahrung, die wenigsten Ärzte wollen die Emotionen sehen - sie wissen nicht, wie damit umgehen, wenn ein verzweifelter Patient vor ihnen sitzt und womöglich noch in Tränen ausbricht, aber wenn man es aufgeschrieben hat und dann rüberbringt.... das könnte ein Weg sein.

Ich habe mir angewöhnt, meinen Mann zu den meisten Terminen mitzunehmen, das haben die Ärzte zwar auch oft nicht gern, dass man zu zweit auftaucht, ist mir aber mittlerweile egal, und der kann dann zu meiner Verfassung auch noch was als nur mittelbar Betroffener sagen. Da er eine sehr ruhige, strukturierte Art hat, habe ich eher die Hoffnung, nicht in die Psycho-Schublade geschoben zu werden. Ist mir leider auch schon passiert, daher versuche ich im Termin nicht emotional rüberzukommen.

Ich informiere mich auch übers Internet und stelle gezielt Fragen, erwähne aber nicht die Quelle meiner Informationen.

Das mit den Kopfschmerzen bei Stress und auch nach Situationen/Zeiten mit höchster Konzentration kann ich nur so bestätigen. Habe ich auch, dazu reichlich Migräneanfälle. Wie ich da genau runterkommen kann, habe ich noch nicht herausgefunden. Manchen hilft ja autogenes Training. Mir leider nicht. Ich suche noch einen Weg.

Noch was kurz zur Bestrahlung: Ich kenne mich damit nicht gut aus, habe aber eine Freundin mit einem atypischen Grad II Meningeom, welches in der Nähe des Auges sass und nicht komplett entfernt werden konnte. Sie hat es in Heidelberg bestrahlen lassen, das Augenlicht konnte gerettet werden (mit Sichtwinkeleinbußen) und der Tumorrest verhält sich seitdem ruhig. Dies nur als Hinweis. Jeder muss seinen eigenen Weg finden und gehen.

Ich drücke dir die Daumen.

lg frauypsilon

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Offline Pedro

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Re:Emotionales Verhalten gegenüber Ärzten
« Antwort #7 am: 17. Dezember 2013, 15:09:57 »
Hallo enie_ledam,
Hallo frauypsilon,

Das mit dem Zettel und den Emotionen finde ich eine gute Idee. Warst du vor deiner Op auch schon so?
Ja, es war mir bestimmt auch vor den OP's nicht leicht gefallen gegenüber Fremden meine Emotionen zu zeigen. Meine Hausärztin, mit der ich mich gestern zu der Problematik ausgetauscht habe, meinte dazu ich hätte mit dem Neurochirurgen wohl "über Medizin gesprochen, nicht aber über meine Krankengeschichte". Sie vermutete auch, dass der Arzt aufgrund meines selbstsicheren Auftretens beleidigt gewesen sein könnte - das glaube ich aber ehrlichgesagt nicht, dafür gab es keinerlei Anzeichen.

Ich glaube nach meiner Erfahrung, die wenigsten Ärzte wollen die Emotionen sehen - sie wissen nicht, wie damit umgehen, wenn ein verzweifelter Patient vor ihnen sitzt und womöglich noch in Tränen ausbricht ...
Du hast bestimmt Recht, dass viele Ärzte damit nicht umgehen können. Aber wenn ein Patient - wie ich - völlig emotionslos rüberkommt verleitet dies auch zu falschen Schlüssen. Ich wäre doch in einem "äußerst guten Zustand" und hätte die Situation perfekt im Griff.

.. habe aber eine Freundin mit einem atypischen Grad II Meningeom, welches in der Nähe des Auges sass und nicht komplett entfernt werden konnte. Sie hat es in Heidelberg bestrahlen lassen, das Augenlicht konnte gerettet werden ...
Ich würde eine Behandlung in Deutschland keinesfalls ausschließen, doch weiß ich noch nicht wie das der Wiener Sozialversicherungsträger sehen würde. Auf der anderen Seite haben aber in Österreich gerade die Universitätskliniken Wien und Graz diesbezüglich einen guten Ruf - bin ich nur an die Falschen geraten oder ist doch in Wahrheit mein Verhalten an allem schuld ...?

LG Pedro

Offline frauypsilon

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Re:Emotionales Verhalten gegenüber Ärzten
« Antwort #8 am: 17. Dezember 2013, 15:32:01 »
Hallo Pedro,

da muss ich doch direkt antworten:

Ich glaube, du bist nicht an allem schuld. Es hängt ganz viel davon ab, an welchen Arzt du gerätst, wie sein Tag gerade war und auch ob die "Chemie" zwischen euch stimmt.

Ich war z.B. mit meiner Tochter, die Epileptikerin ist, bei einem Neurologen, der bei uns als Koryphäe gilt. Er stellte meine Tochter als Simulantin da und als ich ihn dann fragte, wie man denn ein pathologisches EEG simulieren könne, verwies er mich mehr oder weniger der Praxis, sagte ich solle mir mit Tochter einen anderen Arzt suchen und schickte mich in eine Klinik, die würden mir schon sein Urteil bestätigen. Diese Klinik stellte dann bei meiner Tochter eine seltene Form der Epilepsie fest. Seitdem ist meine Meinung über Ärzte doch sehr gespalten und ich gehe erstmal sehr kritisch in jedes Gespräch. Was mir bei dem Tumor durch die hohe Betroffenheit nicht gelungen ist. Viele Ärzte mögen i.d. Regel nicht, in Frage gestellt zu werden, besser gesagt, fühlen sich teils durch Nachfragen jedweder Art in Frage gestellt, egal ob so gemeint oder nicht.

So oder so finde ich ein Arztgespräch immer auch ein wenig als Balanceakt und die Diplomatie habe ich leider nicht erfunden.

Hast du denn jemanden, der dich begleiten kann und bestätigen kann, dass du eben nicht immer so abgeklärt und "auf der Reihe" bist, wie es gerade den Anschein hat? Man hat ja immer nur die kurze Zeit im Arzttermin, um darzulegen, wie es um einen steht.

Manche Kliniken in Deutschland bieten ja eine kostenlose Zweitmeinung an, wenn du deine Unterlagen dort hin sendest. Wäre das vielleicht eine Möglichkeit, einfach um eine Aussage zu bekommen? Oder du rufst an und fragst, was ein Beratungstermin für eine Zweitmeinung kosten würde, wenn du als Selbstzahler kommst. Vielleicht wäre das noch eine Möglichkeit, damit du zu einer für dich guten Entscheidung kommst, wie es weitergehen kann?

lg
frauypsilon
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Offline Pedro

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Re:Emotionales Verhalten gegenüber Ärzten
« Antwort #9 am: 17. Dezember 2013, 23:33:58 »
Ich finde es ganz großartig, wie ihr mich hier unterstützt und möchte an dieser Stelle mal DANKE sagen.

Hallo frauypislon,
Hast du denn jemanden, der dich begleiten kann und bestätigen kann, dass du eben nicht immer so abgeklärt und "auf der Reihe" bist, wie es gerade den Anschein hat?
Ja, ein sehr guter Freund hat sich schon angeboten, mich künftig bei solchen Arztterminen zu begleiten und sich auch einzubringen. Ich war mit ihm auch schon vor wenigen Jahren gemeinsam bei einem Psychologen, ohne der Unterstützung des Freundes hätte ich es auch nicht geschafft mich etwas zu öffnen ...

Du hast schon recht, dass auch sehr vieles vom jeweiligen Arzt abhängt. Ich kann sagen, dass ich schon zwei Extreme erlebt habe. Der Neurochirurg, der mich 2008 zweimal in Wien operierte, gilt als Koryphäe auf seinem Gebiet. Sein Manko besteht lediglich darin, dass man nicht mit ihm reden kann. Als ich mit der von ihm vorgeschlagenen konventionellen Strahlentherapie nicht einverstanden war verweigerte er es Alternativen anzudenken und ich musste das Krankenhaus wechseln. Mit dem Neurochirurgem, bei dem ich vorige Woche in Graz war, kann man gut reden. Aber mit seiner Botschaft, dass er weder eine OP noch eine Strahlentherapie nahelegen möchte und ich einfach entscheiden soll kann ich auch nicht leben.

Manche Kliniken in Deutschland bieten ja eine kostenlose Zweitmeinung an, wenn du deine Unterlagen dort hin sendest. Wäre das vielleicht eine Möglichkeit, einfach um eine Aussage zu bekommen?
Diese Möglichkeit klingt unglaublich verlockend. Kannst du mir sagen, welche Unterlagen man in einem solchen Fall einsendet? - also nur die Arztbriefe oder eben auch die MRT Aufnahmen bzw. die CD? Ich möchte nicht unverschämt erscheinen aber darf ich dich fragen, ob du mir neurochirurgische Kliniken in Deutschland empfehlen kannst, die in Sachen Zweitmeinung besonders kompetent und kooperativ sind? Kennst du vielleicht sogar einen Fall, wo sich ein Österreicher in Deutschland behandeln ließ - offen bleibt für mich noch die Frage wie sich die Gebietskrankenkasse hier verhalten würde, aber das könnte ich erfragen.

LG Pedro

Offline TinaF

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Re:Emotionales Verhalten gegenüber Ärzten
« Antwort #10 am: 18. Dezember 2013, 07:45:33 »
Hallo Pedro,

was die Zweitmeinungen angeht, schicke ich Dir mal die Links zu INI in Hannover und der Uniklinik Düsseldorf. Auf den Homepages erfährst Du auch, was für Unterlagen benötigt werden. Das Einholen dieser Online-Zweitmeinungen ist kostenlos.

http://www.neurochirurgie.uni-duesseldorf.de/index.php/online-beratung

http://www.ini-hannover.com/de/kontakt/uebersendung-von-patientendaten.html

Persönliche Termine vor Ort, bei denen Du mit einem Neurochirurgen sprechen kannst, kosten natürlich in jeder Klinik. Inwieweit die Kosten hierfür in Deinem Fall übernommen werden, kann ich Dir leider nicht sagen. Mich kostete ein Termin bei "meinem" Professor knapp 100,- EUR.

Wenn ich das jetzt richtig im Kopf habe, wurde die Frau v. fips2 in Mainz operiert, sie hatte auch ein Keilbeinflügelmeningeom. Ich hoffe, das stimmt jetzt auch. :-\ Am besten Du schreibst fips2 eine PM, er kann Dir dann sicher mehr berichten. Ansonsten gibt es in Deutschland eine Menge hervorragender NC, ich wurde z.B. in Nürnberg v. Prof. Steiner operiert. Er war vorher in Heidelberg und genießt einen ausgezeichneten Ruf. Und mit ihm kann man auch REDEN, er operiert also nicht nur! ;)

Ich hoffe, ich konnte Dir ein bisschen helfen.

LG TinaF
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Offline frauypsilon

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Re:Emotionales Verhalten gegenüber Ärzten
« Antwort #11 am: 18. Dezember 2013, 08:03:24 »
@ Tina,
danke, dass du hast mir die "Arbeit" abgenommen hast, genau die Adressen hätte ich auch für Pedro rausgesucht!

@Pedro,
meine Freundin mit dem Meningeom ist in Köln-Merheim operiert worden und ausdrücklich zur Bestrahlung nach Heidelberg geschickt worden und nicht nach Köln, obwohl die das auch machen, aber Köln hätte den Erhalt des Augenlichtes aufgrund die Bestrahlung sozusagen als schwer möglich angesehen, und Heidelberg konnte "zielgenauer" bestrahlen und eben das Augenlicht erhalten.

Ich selbst bin mit meinem Meningeom auch nicht in Köln gewesen, sondern in Freiburg. Dort hatte ich eine Zweitmeinung eingeholt und habe mich so gut betreut gefühlt, dass ich da direkt auch die OP machen wollte. Ich lasse mich dort auch weiter betreuen. Die Ärzte, die ich kennenlernen durfte, waren alle durchweg sehr nett, haben zugehört (was ja nicht die Regel ist) und ich fühlte mich ernstgenommen. Wie Tina schon sagte, die operieren nicht nur, mit denen kann man auch reden. Denn Chef hatte ich nicht, da Kassenpatient, aber das war auch kein Fehler, war not my cup of tea :-))

 Übrigens: Mainz hat auch einen ausgezeichneten Ruf, das hätte ich mir nach Freiburg als nächstes angesehen. Dies nur als Ergänzung zu Tinas Infos.

Einen Fall, wo ein Österreicher in Deutschland operiert wurde auf Kassenleistung, kenne ich leider nicht. Ich würde einfach mal bei der Kasse anfragen, ob es da Möglichkeiten gibt, wenn du den Fall schilderst und auch das spezielle daran.

lg
frauypsilon
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Offline Pedro

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Re:Emotionales Verhalten gegenüber Ärzten
« Antwort #12 am: 18. Dezember 2013, 14:46:26 »
Ich danke euch beiden für die wertvollen Informationen. Über die Weihnachtsfeiertage möchte ich dann meine Krankengeschichte ein wenig zusammenfassen und die eine oder andere Klinik kontaktieren.

Unabhängig davon werde bei der Wiener Gebietskrankenkasse mal anfragen, ob eine Kostenübernahme denkbar wäre. Die Kosten für ein Arztgespräch könnte ich sehr gerne privat übernehmen, bei einer Behandlung oder auch dem Krankenhausaufenthalt würde ich dann aber wohl schon an meine finanziellen Grenzen stoßen.'

LG Pedro

Offline KaSy

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Re:Emotionales Verhalten gegenüber Ärzten
« Antwort #13 am: 19. Dezember 2013, 02:25:00 »

Hallo,

Ich bin über einige der Beiträge ziemlich überrascht, denn es scheint doch noch recht viele Ärzte zu geben, denen ein unaufgeklärter Patient lieber ist, weil man ihm sein Fachwissen aufdrücken kann.

Ich habe nur wenige solcher Ärzte kennen gelernt und diese waren entweder sehr jung und im Umgang mit Patienten noch bestrebt, mit ihrem Fachwissen zu glänzen oder hatten bereits sehr sehr lange Erfahrungen und konnten sich nicht mehr so gut auf die Mitarbeit, das Mitdenken ihrer Patienten einstellen.

Gerade Neurochirurgen, Strahlentherapeuten (und vermutlich auch Onkologen) kenne ich so, dass sie immer wieder betonen, sie würden für Fragen zur Verfügung stehen. Sie erklären möglichst verständlich und auch aus anderer Sicht, mit anderen Vergleichen, weil sie daran interessiert sind, dass der Patient die Erkrankung versteht und an der Therapie bewusst mitwirkt. Sie nehmen sich Zeit - nicht unendlich, aber auch nicht so, dass man sich vorkommt wie an der Imbissbude (links die Wurscht, rechts die Pommes und Was wollen Sie dahinten!).

Sicher - Internetwissen eines Patienten kann für die Ärzte "ein rotes Tuch" sein. Aber ist das nicht nachvollziehbar? Wenn man einen Fachbegriff "googelt", erhält man in kürzester Zeit Unmengen von Informationen (z.B. "Meningeom": 453 000 Ergebnisse in 0,15 Sekunden; mit der Ergänzung "atypisch": 49 100 in 0,22 s; mit "Operation" dazu: 61 000 in 0,33 s; hänge ich noch "stereotaktisch" dran, sind es 8 200 Ergebnisse, ...

Welcher Information soll man glauben? Es sind nicht am Anfang die richtigsten.

Die Informationen werden auch nicht auf den neuesten Stand gebracht (einzige Ausnahme: Wikipedia).
 
Ich habe z.B. für ein Gutachten drei Augenärzte genannt bekommen. Einer war bereits im Ruhestand und die anderen zwei waren dieselbe Person, die aber in den beiden genannten Kliniken gar nicht mehr tätig war. In der 3. Klinik war ich bei diesem Arzt, aber eine Woche danach musste er an Klinik Nr.4 wechseln. Laut Google arbeitet er nun an vier oder mehr verschiedenen Kliniken ...

Gerade bei Krankheiten findet man zu seinen Symptomen oft als erstes die unwahrscheinlichsten schlimmsten Krankheitsursachen. Kopfschmerz = Hirntumor = tödliche Krankheit = tiefe Depression = Suizid. Dabei hätte ein Spaziergang an der frischen Luft vielleicht genügt.

Aber ein Patient, der weitere Möglichkeiten erfragt oder ein Wissen anbietet, dessen Quelle er bedenkenlos nennen kann, der zeigt doch Interesse, als Partner mit dem Arzt an seiner Heilung mitzuwirken.

Das Internet allgemein ist fast genau so eine Quelle wie der Rat der Nachbarin, die übern Zaun ruft, dass sie auch jemanden kennt ...    

Aber der HT-Infotag, Selbsthilfegruppen oder die HT-Foren von der Dt. HT-Hilfe e.V  und unseres hier, das sind Quellen, die halbwegs informierte Ärzte anerkennen werden.

Ob Du, FrauYpsilon, es wirklich so meintest, dass Du in jedes Arztgespräch erst einmal sehr kritisch hineingeht? Das klingt für mich nach innerer Abwehrhaltung. Ist vielleicht nicht so. Aber ich würde bestenfalls beim gleichen Arzt besonders aufmerksam, kritisch sein. Bloß, wenn es so weit ist, würde ich versuchen, einen anderen Arzt zu finden. Und wenn das nicht möglich ist, könnte man versuchen, die Dinge auf den Tisch zu packen, die beim Patienten ein angespanntes Gefühl erzeugt haben, mit dem sie nun weniger gern gerade diesen Arzt aufsuchen.

Aber wieso sollte man die ungute Gefühlslage, die ein Arzt erzeugt hat, auf andere Ärzte übertragen? Jemand, der mit einem Arzt von vornherein kritisch spricht, wird es nicht schaffen, seine Vorschläge so anzubringen, dass sie freudig akzeptiert werden.
Aber ich glaube, dass das auf FrauYpsilon so nicht zutrifft.
Es bleibt aber die Erkenntnis: So wie ich mit dem Arzt rede, so redet er auch mit mir. (Frei nach: "So wie man in den Wald hineinruft, so schallt es heraus." ... oder anders: Gehe ich im Wald spazieren, so mag der Wald mich auch. Komme ich jedoch mit der Axt, ... dann könnte mir leicht ein dicker Ast auf den Kopf fallen.)
 
KaSy
 
« Letzte Änderung: 21. Dezember 2013, 00:25:45 von KaSy »
Wenn man schon im Müllkasten landet, sollte man schauen, ob er bunt angemalt ist.

Der Hirntumor hat einen geänderten und deswegen nicht weniger wertvollen Menschen aus uns gemacht!

Offline KaSy

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Re:Emotionales Verhalten gegenüber Ärzten
« Antwort #14 am: 19. Dezember 2013, 02:51:49 »
Liebe Leute,
die es nicht so toll finden, dass sie bei Ärzten nicht anders können als "ihre Fassade zu wahren".
Ich möchte mal eine andere Sicht auf diese "äußere Fassade" werfen:

Die Neurochirurgen sind nicht diejenigen, die die Psyche unbedingt mit beurteilen müssen. Sie sind die Profis mit dem Skalpell. Und wenn sie die OP hervorragend meistern, dann ist es verdammt viel! Wenn sie außerdem noch Psychotherapeut sind ... naja, wäre vielleicht für den Patienten schön, weil er den NC während seiner Arbeit ja gar nicht sieht. Aber wenn ich mir vorstelle, dass ein NC so emotional wie ein Psychotherapeut an die OP herangeht ... Würde er dann noch "So radikal wie vertretbar." (Prof Unterberg, Heidelberg) operieren?

Würde ein besonders emotionaler Onkologe nicht das Heulen kriegen, wenn er mit seinen giftigen Medikamenten einen Nutzen zu erreichen versucht, der seinem Patienten Übelkeit, Müdigkeit, Fieber, schlechte Blutwerte, auf Dauer körperliche Schäden an den Nieren, ... beschert?

Auch Strahlentherapeuten müssen gesundheitsschädigende Risiken in Kauf nehmen bei Blutwerten, entstehenden Ödemen, Strahlennekrosen, kognitiven Einschränkungen, zeitweise oder dauerhaftem Haarverlust, ...  wenn sie helfen wollen. Sie dürften dort nicht arbeiten, wenn sie darunter leiden würden, was sie den Patienten "als Nebenwirkung" "antun".

Ja, ich habe durchaus Ärzte kennen lernen dürfen, die das unterscheiden können - "Fachidiot" (im besten Sinne dieses Wortes) am OP-Tisch oder bei der Bestrahlungsplanung und im Arzt-Patienten-Gespräch auch Psychologe. Wenn man dazu noch merkt, dass diesen Fachärzten ihr Beruf rundum Spaß macht und sie diesen Spaß aufmunternd in die Patientenzimmer tragen, dann ist dieser Arzt nahezu perfekt.
 
Die Mehrzahl der Ärzte wird sich mit dem Patienten über die Therapie und deren Aussichten, Folgen, ... auf ihrem Fachgebiet beraten. In einem solchen fachlichen Gespräch loszuheulen, damit der Arzt merkt, wie instabil man ist, das ist nicht gut. Man will die Fachinfos und wenn man seiner Angst und Wut beim NC Luft macht, kann man die nicht mehr aufnehmen.

Dazu gibt es die Psychotherapeuten, gegebenenfalls zuerst den Hausarzt.
Seine "Fassade" wird man auch bei einem Psychotherapeuten zunächst wahren. Man kennt diesen Menschen ja gar nicht. Aber nach und nach wird man in diesen Gesprächen seinen Frust offenbaren. Die eigene Unsicherheit wird klarwerden, die Angst wird sich zeigen und die Wut gegen diese so ungerecht gerade einen selbst getroffene Krankheit.


Ich habe während meiner nun schon sehr langen Psychotherapie viel erzählt - wann es mir wie schlecht geht. Aber im normalen Tonfall.
Ich fragte ihn dann einmal, ob er eigentlich merken würde, wenn ich ihm sonstwas vorjammere, was gar nicht stimmt. (Es gibt Menschen, die so gut schauspielern können, dass sie als psychisch schwer Erkrankter arbeitsunfähig geschrieben werden und dies bis zur EU treiben.) Er fragte mich daraufhin verblüfft, ob ich bei ihm etwa schauspielere. Was ich nicht wissentlich tat, aber im Beruf als Lehrer tut man das schon mitunter. (z.B. Ehe man jedes Kind so lieben kann wie es ist, dauert es seine Zeit, in der man so tut, als wäre es so.)   
Einmal war er regelrecht überrascht, dass ich aus dem normalen Erzählen heraus plötzlich zu weinen begann und er machte sich dann sogar selbst Vorwürfe deswegen. Ich dagegen war eher froh, dass mir das gerade bei ihm passierte, weil ich ihm erzählt hatte, dass das bei mir immer mal wieder so ist. Und nun konnte er es selbst wahrnehmen. Es hat ihn auf Dauer beeindruckt.
 
Das heißt aber auch, dass sogar ein Psychotherapeut nicht so oft sieht, wie seine "Psycho-Patienten" entnervt, heulend, wütend, um sich tretend, Türen schlagend ... reagieren.                        
                                                                    Denn so ist der Mensch nun mal. Vor anderen lässt er sich nicht gehen.

Es ist die Kunst der Psychologen, hinter die Fassaden zu schauen.

Die mitunter nur kurzen "Öffnungszeiten" seines "Klienten" intensiv zum Blick hinter die Fassade zu nutzen und aus dem, was er dort "fetzenweise" wahrnimmt, ein Bild zusammenzubauen, das dem Hilfesuchenden zumindest ähnelt. 

Das kostet viel Zeit des Kennenlernens. Die hat ein auf Hirntumore spezialisierter Facharzt nicht. Dem könnte man ein Briefchen seines Psychotherapeuten mitbringen, wenn man denn unbedingt darauf hinweisen möchte, wie schlecht es einem auf bestimmten Gebieten noch geht. Bloß - was soll der NC dann tun?
Klar - einen Psychotherapeuten empfehlen. Oder eine Reha. Oder Psycho-Medis. Wegoperieren oder wegbestrahlen oder wegchemotherapieren kann man die psychischen Probleme nämlich nicht. Da kann man dort seine Fassade wahren, wo man auf Fachinformationen angewiesen ist und sie dort fallen lassen, wo man die Chance hat, dass einem geholfen wird.

Andauernd heulend durch die Gegend wandern - das macht einen nicht glücklich.
Dann lieber dort Optimismus tanken, wo man ihn kriegen kann, beim nicht gewachsenen Tumor, bei der unveränderten MRT-Fotoserie, den diesmal endlich wieder guten Blutwerten.

(... Die kann gut reden, denkt Ihr jetzt sicher, aber selbst hat sie hier den allerlängsten Psycho-Thread. Stimmt. Aber auch viel Erfahrung.  ??? So wie die Raucher, die sagen: Rauchen abgwöhnen ist gar nicht schwer, ich habe es schon 20 mal gemacht." ;D)  )

Eure KaSy
Wenn man schon im Müllkasten landet, sollte man schauen, ob er bunt angemalt ist.

Der Hirntumor hat einen geänderten und deswegen nicht weniger wertvollen Menschen aus uns gemacht!

 



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