HirnTumor-Forum

Autor Thema: Verdacht auf Astrozytom II-III  (Gelesen 12418 mal)

Alexa

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Verdacht auf Astrozytom II-III
« am: 22. Juli 2013, 23:13:32 »
Guten Abend,

ich bin neu hier und ziemlich verzweifelt. Bei meiner Schwester (45J.) wurde heute aufgrund eines MRT´s Neurcranium d. Verdacht auf Astrozytom II-III im Frontallappen gestellt. Raumforderung 4,6x2,2x4cm. Eine Diffusionsstörung liegt nicht vor (keine Ahnung, was das bedeutet). Im Bericht wird auch noch etwas von einem inhomogenem Enhacement erzählt. Jetzt soll sie sich bei einem Neurochirurgen vorstellen. Wir haben einfach nur Angst, da vom Radiologen, HNO -und Hausarzt nur vage Andeutungen gemacht wurden. Es war ein Zufallsbefund aufgrund von Hörsturz und Schwindel.

Ich wünsche mir über Erfahrungen von anderen Betroffenen zu lesen. Wir sind wie vor dem Kopf gestossen.

Einen lieben Gruß von Alexandra

Offline KaSy

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Re:Verdacht auf Astrozytom II-III
« Antwort #1 am: 23. Juli 2013, 00:42:08 »
Guten Abend, Alexa,
ich begrüße Dich in diesem Forum und kann Dir versprechen, dass Du hier mit all Deinen Fragen, Ängsten und Sorgen gut aufgehoben bist.

Zunächst ist es bemerkenswert, dass der HNO-Arzt bei der Ursachensuche auch ein Schädel-MRT mit einbezog. Das Astrozytom im Frontallappen liegt allerdings an einer Stelle, die höchstwahrscheinlich mit den Problemen mit den Ohren nichts zu tun hat. Da müsste der HNO-Arzt weitersuchen.

Dass der WHO-Grad II bis III bereits vermutet werden konnte, ist gut, da von dieser Einstufung der Therapieverlauf abhängt. Es gibt die WHO-Grade I ("gutartig": sehr langsam wachsend und in einer Hülle verbleibend) bis IV ("sehr bösartig": rasch und unkontrolliert wachsend und in die Umgebung eindringend). Die Bezeichnung im Befundbericht "inhomogenes Enhancement" bedeutet, dass der Tumor keine einigermaßen gleichmäßige Form hat, sondern ein unregelmäßiges Wachstum aufweist. Das lässt darauf schließen, dass er im Laufe seines Wachstums seine Hülle bereits an einigen / mehreren Stellen verlassen hat und begonnen hat, in das umliegende Gehirngewebe einzudringen.

Du hast über keine Auffälligkeiten bei Deiner Schwester geschrieben, die mit der Lage und Größe des Astrozytoms zusammenhängen könnten. Vielleicht sind sie Dir und Deiner Schwester bzw. ihrer Familie nur nicht bewusst aufgefallen. Vom vorderen Frontallappen wird die Persönlichkeit gesteuert. Es ist möglich, dass Deine Schwester vielleicht unruhiger, gereizter oder ruhiger, antriebsloser geworden ist. Das oder ähnliches wären Zeichen, dass der Tumor das Hirngewebe bisher nicht nur verdrängt hat, sondern auch in es eingedrungen ist. Das Hirn lässt sich bis zu einer gewissen Tumorgröße recht gut verdrängen, ohne seine Funktion zu verändern.

Ein gutes Zeichen ist es auch dass noch keine Diffusionsstörungen vorliegen, das bedeutet, dass die Flüssigkeiten alle dort sind, wo sie hingehören und der Tumor (noch) nicht in den Blutkreislauf eingedrungen ist, um sich dort seine Nährstoffe "abzuzapfen". Sobald er das tut, kann er wesentlich schneller wachsen.

Zu erwarten ist, dass der Neurochirurg (NC) eine OP als erste Therapie anraten wird. Da wegen des unregelmäßig geformten Tumors selbst ein sehr guter NC nicht ausschließen kann, dass noch Restzellen im Kopf verblieben sind, schließt sich vermutlich eine weitere Therapie an, eine Bestrahlung oder Chemotherapie. Alle Therapieformen sind recht gut erforscht und praxiserprobt, aber auch stets in der Weiterentwicklung. Die Angst vor äußerst dramatischen Folgen des Tumors und der Therapien ist bei den Betroffenen oft sehr groß - bei den Angehörigen auch.

Insofern rate ich Deiner Schwester und Dir, alle Fragen, die ihr einfallen, alle Ängste aufzuschreiben und zum Gespräch den Zettel mitzubringen und auf den Tisch zu legen. Wenn Du oder eine andere Person mit zum Gespräch gehen kann, wäre das sehr gut zum weiteren Nachfragen. Natürlich könnt Ihr Eure Fragen auch hier bereits stellen.

Solltet Ihr mit dem NC nicht 100%ig auf einer Wellenlänge sein, empfiehlt sich das Einholen einer Zweitmeinung bei einem anderen NC, was man diesem NC durchaus sagen kann. Ein guter NC akzeptiert das.    

Normalerweise ist man nur etwa eine Woche im Krankenhaus (KH). Unbedingt sollte eine stationäre Anschlußheilbehandlung (AHB in einer Rehaklinik) in Anspruch genommen werden, die von der Klinik normalerweise direkt beantragt wird. Sie ist innerhalb von 14 Tagen nach Entlassung aus dem KH anzutreten und dauert mindestens 3 Wochen. Bis zur Wiedereingliederung in den Arbeitsprozess kann allerdings durchaus ein halbes Jahr vergehen, gerade auch bei dieser Lage im Frontallappen. Die Persönlichkeit muss sich erst wieder finden.



Wenn ich hier das Wort "gut" verwendet habe, ändert das nichts daran, dass ein Tumor prinzipiell überhaupt nicht gut ist. Er ist ein verdammtes Miststück und wird das Leben Deiner Schwester einige Jahre mitbestimmen, worauf sich auch die Familie und Umgebung einstellen sollte. Andererseits ist sie jetzt nicht plötzlich ein anderer Mensch, den man andauernd bedauern muss. Sie ist immer noch die gleiche Frau wie vorher! Und mit Eurem Verständnis und (nur der notwendigen) Unterstützung wird sie die Chance haben, den Tumor ins "Aus" zu kicken.


KaSy
(mehrfach betroffen mit Meningeomen WHO-III)
« Letzte Änderung: 23. Juli 2013, 00:45:40 von KaSy »
Wenn man schon im Müllkasten landet, sollte man schauen, ob er bunt angemalt ist.

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Offline Iwana

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Re:Verdacht auf Astrozytom II-III
« Antwort #2 am: 23. Juli 2013, 17:10:42 »
Hallo Alexa
Das Ding im Kopf hat ja schon eine rechte Grösse und verschiebt dadurch die umliegenden Hirnregionen um sich Platz zu schaffen, inwieweit sich das dann auf den Hörsturz ausgewirkt hat, kann ich nicht sagen, doch bei Hirntumoren ist es immer so, dass je früher man sie entdeckt, desto besser.

Die Frage ist jetzt wo ihr wohnt und wo ein kompetentes Zentrum in der Nähe ist, der für die Einschätzung und Behandlung in Frage käme. Es ist hart wenn man zuerst vom Schlimmsten ausgeht, aber so habe ich es gemacht, hatte aber immer im Hinterkopf kann ja auch "Gutartig" sein und dann bin ich gewappnet.

Bei "Gutartig" (bis WHO 2) wird wenn sie können wohl wenn Symptome vorliegen und der Zugriff unproblematisch ist operiert bzw. Biopsiert um zu sehen um was genau es sich handelt. Bei WHO 3 folgt dann je nach Beurteilung noch Bestrahlung und Chemotherapie.

Ich erwähne das deshalb, weil gerade bei der Bestrahlung es für mich gut war, dass ich dorthin konnte wo ich auch operiert wurde und ich alles schon kannte und auch sie mich schon kannten. Zudem konnte ich selbstständig mit dem Zug da hin fahren. Dies ist also alles wichtig bei der Auswahl wo lasse ich mich operieren? welches Kompetenzzentrum suche ich mir aus?

Oder ist es mir einfach wichtig dass der "Beste" mich operiert und danach schaue ich weiter. Je nach Lebenslage sind das Fragen die dann anders beantwortet werden.

Ich hoffe sehr, dass du dich hier noch weiter meldest und uns auf dem laufenden hältst. Und natürlich drücke ich die Daumen, dass es sich um ein WHO 2 handelt. Dies werdet ihr aber erst nach einer Operation erfahren, vorher, anhand von Bildern können die Aerzte nicht konkret sagen was es ist... leider.
Gruss Iwana
« Letzte Änderung: 23. Juli 2013, 17:14:36 von Iwana »

Offline KaSy

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Re:Verdacht auf Astrozytom II-III
« Antwort #3 am: 25. Juli 2013, 00:03:41 »
kurze Ergänzung:
In Deutschland übernehmen die Krankenkassen die Fahrten zur Bestrahlung mit dem Taxi. (Iwana lebt in der Schweiz.)
KaSy
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Offline Iwana

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Re:Verdacht auf Astrozytom II-III
« Antwort #4 am: 26. Juli 2013, 10:40:13 »
Hallo Kasy
Egal wie viele Kilometer? Bei uns kostet halt eine Taxifahrt von 30 Kilometern schon über 120 Euro  :o
sind halt ganz andere Verhältnisse, da hätte die Kasse keine Freude solche Beträge zu zahlen.
Gruss Iwana

Offline KaSy

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Re:Verdacht auf Astrozytom II-III
« Antwort #5 am: 07. August 2013, 02:40:40 »
Liebe Iwana,

Die Kassen sind in Deutschland verpflichtet, bei Fahrten zur Bestrahlung, aber auch Dialyse z.B., die Fahrten mit dem Taxi zu finanzieren.

Im Jahr 2000 (meine erste Bestrahlungsserie) war das für die Taxifahrer noch günstiger, sie erhielten von der Kasse etwas mehr als den Normaltaxipreis.

Im Jahr 2011 (meine 2. Bestrahlungsserie) war das durch die gestiegenen Benzinpreise und die Sparpolitik der Kassen für die Taxifahrer finanziell weniger günstig. Die Kassen ließen sich Angebote von verschiedenen Taxiunternehmen geben und nahmen dann den billigsten. Das kann dazu führen, dass sich Taxifahrer "unter Wert" anbieten, um die Krankenfahrt für den Zeitraum von 6 Wochen Bestrahlung als sichere Einnahmequelle zu bekommen.

Die gesetzliche Lage hat aber Bestand und die Kasse organisiert das Taxiunternehmen für den Betroffenen.

Bei mir war die einfache Entfernung 50 km, pro Tag also 100 km. Die Kasse zahlte 1,- Euro pro km. Bei den 30 Bestrahlungstagen kamen also 3000 Euro zusammen. Der normale Taxitarif ist höher.

Das Taxiunternehmen aus meinem Wohnort, das ich nutzte, weil ich es schon aus dem Jahr 2000 kannte, war auch teurer. Ich hatte mich aber an eine weitere, für Beamte zuständige, Stelle gewandt und erfragt, ob sie die Restfinanzierung übernehmen und das haben sie vor Bestrahlungsbeginn sehr schnell zugesagt und es danach problemlos übernommen. Die Kasse hatte mir dagegen jemanden genannt, der einen Anfahrtsweg von fast 30 km gehabt hätte. Der hätte auch nur die 100 Euro bekommen. Das verstehe wer will - ich nicht.

Liebe Grüße in die Schweiz
KaSy
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fips2

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Re:Verdacht auf Astrozytom II-III
« Antwort #6 am: 07. August 2013, 11:53:51 »
Ganz einfach zu verstehen Kasy.
Die Anfahrt zum Einstiegort ist des Taxiunternehmens"persönlichen Vergnügens". Wenn der Anbieter im Angebot den Anfahrweg vergessen hat zu berechnen, dann hat er Pech gehabt und muss selbst gucken wie er das finanziert.
Es ist eine ganz einfacher markttechnischer Vorgang.
Ausschreibung von Fahrt von A nach B ist Grundlage der Ausschreibung. nicht mehr und nicht weniger.
Der günstigste Anbieter siegt und wenn er 1000km Anfahrt hat.
Es gibt aber unter Taxiunternehmen Absprachen, so wie ich gehört habe.
Wenn ein Bieter gewinnt und zu weit weg seinen Standort hat, dann macht er mit einem ortsnahen Partner einen Tausch. Die Geschäftsabwicklung läuft über den Sieger.
Zwischen Sieger und Partner ist auch eine Absprache was er vom Sieger als Prämie  bekommt, wenn er die Fahrt übernimmt.
Das ganze braucht Patienten und Kasse nicht zu stören.
Sie haben in jedem Falle Nutzen daraus gezogen.

Gruß Fips2

 



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