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Autor Thema: Vorstellung und Glioblastom meines Vaters, der am 19.05.11 daran verstarb  (Gelesen 8782 mal)

Offline Kielerin

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Liebe Forenmitglieder,

seit Wochen, nein eher schon Monate, lese ich hier still mit und es hat mir sehr viel geholfen, auch jetzt noch. Monate nachdem mein Vater an einem Glioblastom IV verstorben ist. Ich war mir nicht sicher ob es richtig ist, sich jetzt noch anzumelden, aber irgendwie war mir es ein Bedürfnis. Kein anderer versteht was so ein GBM mit einem macht.

Ich bin mir nicht sicher, ob ich hier an richtiger Stelle gepostet habe.

Aber zur Geschichte:

Im Juni 2009 fiel mein Vater im Garten plötzlich um und hatte hinterher Aussetzer. Wir dachten an einen Schlaganfall und er kam sofort ins Krankenhaus. Dort fand man allerdings nichts und so durfte er nach ein paar Tagen wieder nach Hause. In Abständen musste er immer mal zur Kontrolle und so fand man 1 Jahr später (im Mai 2010) eine Raumforderung im rechten vorderen Hinbereich.

Er wurde biopsiert und die Diagnose war dann ein Schlag für uns alle: GBM IV. Aber auch da machten wir uns noch keine allzu großen Sorgen, da die Ärzte uns sagen: wir können immer wieder operieren. Mit Bestrahlung und Chemo (Temodal) können wir das lange in Schach halten.

Die kommenden Monate gingen dann auch wirklich gut, er baute zwar immer mehr ab, aber er hatte auch Lebensfreude und vor allem Lebensqualität. Die zwischendurch gemachten MRT-Bilder zeigten zwar, dass die Bestrahlung und die Chemo nicht wirklich so ganz viel bewirkten, denn die Raumforderung wurde wieder größer, aber auch da machten wir uns nicht so verrückt.

Ende 2010 sind meine Eltern sogar noch umgezogen, damit sie direkt bei uns in der Nähe sind (im Nachhinein ein großen Glück). Anfang 2011 kam dann die Diagnose, dass der Tumor wieder stark gewachsen sei und wir überlegten gemeinsam mit meinem Vater, was man machen kann. Eine erneute OP oder nicht?

Und er da begannen wir uns im Internet über die Krankheit so richtig zu informieren. Im März stand dann fest: eine erneute OP ist unumgänglich, wenn wir noch ein wenig Zeit miteinander verbringen wollten. Dass es so schlimm um ihn stand, das verstand mein Vater erst bei diesem Gespräch mit dem Arzt. Er sagte ihm, ohne OP hätte er vielleicht noch 6 – 12 Wochen zu leben.

Die OP verlief dann erfolgreich Anfang April 2011. Allerdings hatten wir das Gefühl, dass mein Vater sich nicht richtig erholte. Er kam zur Reha (und immer wieder sagte mein Vater, dass er nur nach Hause wollte) und auch dort ging es eigenltich nicht wirklich bergauf. Die Reha wurde dann abgebrochen, da mein Vater hohes Fieber bekam und zurückverlegt in die Uniklinik Kiel. Ab diesem Zeitpunkt ging eigentlich eine Tortour für ihn los. Es lag in einem 4-Bett-Zimmer und es ging ihm täglich schlechter. Es bildete sich Flüssigkeit im Hirn, eine Kanüle wurde gelegt und das Fieber stieg und fiel.

Irgendwann bekamen wir endlich einen sehr vernünftigen Arzt und dieser sagte uns, wenn es sein Vater wäre, dann würde er ihn nach Hause holen. Im besten Fall hätte er noch 2 Wochen zu leben.

Wir holten ihn nach Hause und waren rund um die Uhr bei ihm. Meine Schwester und ich schliefen bei meinen Eltern, es kamen Pfleger und wir hatten noch 2 wunderschöne Tage mit ihm zu Hause. Dann kam die schlimmste Zeit. Er trank nicht mehr, war nicht mehr ansprechbar, krampfte, fiel ins Koma und verstarb eine Woche nachdem er nach Hause kam am 19. Mai 2011.

Dieser Tumor läßt mich nicht los und wir trauern nach wie vor unendlich. Meine Mutter ist inzwischen in einer Trauergruppe und läßt sich dort helfen. Mir hilft Euer Forum und ich lese fast täglich Eure Schicksale mit.

Meine Wut wird langsam weniger. Ich frage mich ständig: warum musste diese OP noch sein? Mein Vater ging aufrecht ins Krankenhaus und kam zum Sterben liegend nach Hause. Damit komme ich nicht klar. Er hatte soviel Hoffnung noch ein bisschen Zeit zu haben. Die letzten Tage waren schlimm aber wenn ich hier Eure Schicksale lese dann hilft es mir. Es hilft ganz besonders, dass ich jetzt weiß, der Tumor ist schuld. Der Verlauf ist so identisch mit vielen Verläufen hier. Bei fast allem was geschrieben wird denke ich: "ja stimmt, so war es bei uns auch".

Ich hatte jetzt einfach das Bedürfnis mich anzumelden und möchte allen Betroffenen und Angehören alle Kraft der Welt wünschen.

Liebe Grüße
Claudia
« Letzte Änderung: 16. Dezember 2011, 08:23:24 von Kielerin »
Liebe Grüße
Claudia

Offline Hase

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Re:Vorstellung und Glioblastom meines Vaters, der am 19.05.11 daran verstarb
« Antwort #1 am: 16. Dezember 2011, 16:42:20 »
Liebe Claudia,

danke für Deine lieben Worte. Alle die uns begleitet haben in den letzten drei Jahren, lässt dieser Tumor nicht mehr los. Sei herzlich Willkommen hier im Forum.

Diese Wut die Du über die OP empfindest, empfinde ich über die Sinnlose Bestrahlung die mein Mann im Oktober über sich ergehen lassen musste. Genauso wie Dein Vater, aufrechten Ganges ist mein Mann auch ins KH gegangen und als Pflegefall haben wir ihn nach Hause bekommen. Die Ärzte haben nur ihre Studie im Kopf, habe ich das Gefühl. Ohne diese Bestrahlung hätter er wahrscheinlich ein paar Lebenstage weniger gehabt, diese aber veilleicht in einer besseren Qualität. Darüber zu spekulieren ist müßig, aber es macht mich einfach traurig.

Ich wünsche Dir und Deiner Familie einen schönen 4. Advent.
LG Hase

Offline anderle

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Re:Vorstellung und Glioblastom meines Vaters, der am 19.05.11 daran verstarb
« Antwort #2 am: 16. Dezember 2011, 20:52:55 »
Guten Abend Claudia!
Meine Geschichte kannst du hier lesen.Unter Anderle.
Was du schreibst ist richtig. Bei meinem Mann hat die Bestrahlung nichts bewirkt.Heute glaube ich, dass die Wundheilstörung durch die Bestrahlung gekommen ist.Wenn mein Mann diese Wundheilstörung nicht gehabt hätte,wäre Ihm sehr viel Leid erspart geblieben.
ABER:Vielleicht wäre dann irgendwann doch dieses Gefühl gekommen haben wir alles probiert?
Wenn du diese Diagnose bekommst ist es klar das du nach dem Weltweitem Schema gehst.OP,Bestrahlung,Chemo.Es ist ein Schock und man würde alles tun.Denn jeder hofft.Bei mir ist es vielleicht anders,da ich viel durchhabe mit Krebs,jeder Mensch möchte leben,
und darum versucht man vielleicht alles.
Ich habe immer auf Lebensqualität gekämpft,ich wusste von Anfang an es ist nur eine Frage der Zeit.Ich habe meinen Prof.immer gefragt,wie lange noch...Er.. ich weiß es nicht vielleicht 4 Wochen vielleicht 5 Wochen.Ja, ich habe Ihn noch fünf Wochen und das ist lang.Dass habe ich mir gedacht.
Ja, für mich waren schon 4 Wochen eine lange Zeit.
Mein Mann sagte immer ja,zur Bestrahlung Chemo OP und und....Immer.
Als dann dieses große Rezidiv war,sagte er Schatzilein jetzt lassen wir es.
Jetzt ist es gut.Ich sagte hast du keine Angst,er sagte nein.Jetzt ist es gut.
Du siehst jeder kämpft hofft verliert oder gewinnt.
Ich weiß heute definitv wir haben alles versucht,wir hatten den besten Chirurg den es gibt...aber leider kein Glück.Es ist nicht die Frage was wäre wenn,hätten wir ....und und und....
Denk nicht darüber nach du findest keine Antwort.
Ja auch unsere letzten Tage waren schlimm.
Aber es waren auch Momente die ich nie missen möchte.Niemals.
Ich weiß eines ganz sicher alles war richtig was wir gemacht haben
wir hatten nur kein Glück.
Lg.Andrea




Offline Kielerin

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Re:Vorstellung und Glioblastom meines Vaters, der am 19.05.11 daran verstarb
« Antwort #3 am: 21. Dezember 2011, 07:08:27 »
Liebe Andrea, liebe Hase,

ganz lieben Dank für Eure Worte. Ich erkenne in allen Beiträgen meine Gedanken wieder und doch ist die Wut und Trauer da.

Ich weiß, dass wir alles richtig gemacht haben. Manchmal fange ich an zu grübeln, hätten wir ..... ? dann weiß ich aber, dass wir nicht hätten ..... Es war gut, dass wir ihn nach Hause geholt haben, es war gut, dass er sich noch operieren lassen hat, weil er es wollte.

Ich versuche, langsam loszulassen, was gerade in der Weihnachtszeit jetzt besonders schwer ist. Wir sind Heiligabend bei meiner Mutter und hoffen, dass wir nicht zu viel weinen werden. Vielleicht gelingt es uns, vielleicht auch nicht - wir werden sehen.

Was mir ganz besonders auffällt ist, dass ich nicht in die Nähe der Klinik kommen kann, geschweige denn hineingehen. Die Schwester meines Vaters ist Anfang Dezember operiert worden und ich konnte sie nur einmal besuchen, weil sie in einer anderen Klinik war als der Uni. Selbst das war fast unmöglich.

Als mein Vater erkrankte, erkrankte seine Schwester auch - an Brustkrebs und beide Geschwister mussten zur gleichen Zeit behandelt werden. Sie haben sich sogar das Taxi zur Radiologie geteilt - ist das nicht makaber?

Einmal sagte mein Vater zu uns: "meine Schwester hat Krebs, ich habe ja nur einen Tumor".

Es sind Kleinigkeiten, die einen nicht loslassen und trotzdem merke ich beim Lesen Eurer Schicksale, dass es für mich langsam leichter wird. Ich bedaure nur, dass ich nicht vorher wirklich richtig informiert war. Aber vielleicht hätten wir dann auch den einigermaßen unbeschwerten Umgang im letzten Jahr nicht mehr gehabt - wer weiß?
Liebe Grüße
Claudia

Offline Theo69

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Re:Vorstellung und Glioblastom meines Vaters, der am 19.05.11 daran verstarb
« Antwort #4 am: 21. Dezember 2011, 14:36:22 »
Hallo Claudia,

ich habe auch einige Zeit gebraucht, um hier im Forum mit gleichgesinnten zu schreiben. Wenn ich all die Krankheitsverläufe und Erlebnisse lese, habe ich das Gefühl, meine Erlebnisse werden beschrieben. Mein Mann war noch ca. 4 Tage vor seinem Tod ganz klar bei Verstand. Er sagte mir, dass er nicht mehr kann. Schweren Herzens habe ich ihm gesagt, dass er sich auf seine Reise begeben darf, auch wenn er mich und meine Kinder dabei zurücklassen muss. Wir haben so sehr gekämpft, doch wussten wir, dass es keine Möglichkeit mehr gab. Ich bin dankbar, dass er ganz ruhig in meinem Arm einschlafen durfte, mit der Gewissheit, dass er nicht alleine war. Er fehlt uns so sehr. An Weihnachten wird es sicherlich ganz schlimm. Morgen stellen wir einen kleinen Tannenbaum auf sein Grab, geschmückt mit Herzen (die beschriftet sind mit Sprüchen und Wünschen), Kugeln. An Heiligabend werden wir auch zu seinem Grab gehen und eine Kerze anzünden.

Einen Menschen, den man sehr geliebt hat, kann man nicht vergessen. Trauer und auch eine Portion Wut (warum wird ein Familienvater einfach aus dem Leben gerissen) bleiben, doch leider macht es ihn nicht lebendig.

Wir alle müssen unser Leben weiterführen, auch wenn wir einen anderen Weg einschlagen müssen. Zurück bleiben Erinnerungen an wunderschöne Tage vor der Krankheit die uns manchmal auch ein Lächeln ins Gesicht zaubern.

Ich wünsche Euch besinnliche und schöne Weihnachtstage.
Liebe Grüße
Mary

Offline frieda-siebenstein

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Ich schreibe hier weil auch ich meine Schwester 1990 mit 28 Jahren am Hirntumor verloren habe.
2 Operationen und das legen eines Shuntes haben wir erlebt.
Die 1. CT Bilder zeigten leider das Ausmaß dieser Krankheit.
Es waren nur entlastende O.P's
Bestrahlung wohl nur der Versuch etwas zu versuchen.

Eine Therapie nach 20 Jahren für mich hat mir etwas geholfen.
Diese Geschichte das Erlebte meiner Schwester und der frühe Tot wird immer eine große Rolle in meinem Leben spielen.
Ich kann wieder lachen und habe meinen Humor nach langer Zeit wieder gefunden.
Zum Glück.

Allen Angehörigen und Hinterbliebenen wünsche ich viel Kraft.

 



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