HirnTumor-Forum

Autor Thema: Wachstumshormone  (Gelesen 9347 mal)

Johanna Teig

  • Gast
Wachstumshormone
« am: 27. August 2004, 22:02:10 »
Wachstumshormone spielen seit einiger Zeit bei Krebserkrankungen in der Wissenschaft eine grosse Rolle.
Einerseits kann manchmal ihr Vorhandensein im Tumor eine (meist schlechtere) Prognose über den
Ausgang der Erkrankung ermöglichen, andererseits gibt es zunehmend auch Therapieangebote im Versuchsstadium,
die auf eine Blockade der Wachstumshormone setzen:

Es gibt:

- HGH (Human Growth Hormone, auch STH, Somatotropin genannt)

- EGF (Epidermal Growth Factor)

- VEGF (Vascular Epidermal Growth Factor

- FGF (Fibroblast Growth Factor)

Bei allen hat man anscheinend schon versucht, Antikrebs-Therapien darauf aufzubauen.
Es sieht im Moment so aus, als wäre VEGF der aussichtsreichste Kandidat. Das meint auch
diese brandneue Quelle:
http://www.ncbi.nlm.nih.gov/entrez/query.fcgi?cmd=Retrieve&db=pubmed&dopt=Abstract&list_uids=15178810

---- HGH ---- HGH ---- HGH ---- HGH ---- HGH ---- HGH ---- HGH ----
Aber zuerst mal zum HGH, das ist das "ganz normale" Wachstumshormon, von dem wir alle schon
gehört haben.

Das Wachstumshormon ist an sich nichts schlechtes:
HGH hilft natürlich auch bei der Wundheilung, Wachstum, hält jung, ist Doping für Sportler usw:
http://www.diagnose-me.com/cond/C13224.html

HGH steigt an beim Konsum von essentiellen Aminosäuren (d.h. proteinreiche Diät):
http://www.ncbi.nlm.nih.gov/entrez/query.fcgi?cmd=Retrieve&db=pubmed&dopt=Abstract&list_uids=14596675

Es führt aber zur Bildung von IGF-1 (Insulin-like Growth Factor 1):
http://www.ncbi.nlm.nih.gov/entrez/query.fcgi?cmd=Retrieve&db=PubMed&list_uids=10379908&dopt=Abstract

Dieser wurde ja schon zitiert als ein Marker für Angiogenese (Gefäßbildung) und Tumorprogession beim Glioblastom:
http://www.mc600.de/forum/index.php?board=44;action=display;threadid=628
(Suche nach IGF-1)

Dort wird es aber so formuliert, als könnte die gute Prognosequalität des IGF-1 auch daran liegen, dass es einfach dem Blutzuckerspiegel folgt.

Bei Meningeomen ist es mehr das IGF-2, aber auch das IGF-1:
http://www.ncbi.nlm.nih.gov/entrez/query.fcgi?cmd=Retrieve&db=pubmed&dopt=Abstract&list_uids=8164055

Unabhängig davon weist diese brandneue Quelle
http://www.ncbi.nlm.nih.gov/entrez/query.fcgi?cmd=Retrieve&db=pubmed&dopt=Abstract&list_uids=15144231
darauf hin, dass Behandlung mit Wachstumshormonen bei Kindern erhöht. Als Grund wird die mitogene (die Zellteilung fördernde) Wirkung des Wachstumshormons und die antiapoptotische (Zellen unsterblich machende) Wirkung des IGF-1 genannt. Es geht hier nicht speziell um Gehirntumore, wohlgemerkt.

----------
Wie kann man HGH erniedrigen?

Durch Fasten anscheinend nicht. Ich habe uneinheitliche Informationen gefunden, es scheint
auf den Glukosespiegel anzukommen. Wenn der Körper in Stress versetzt wird, schüttet er
anscheinend auch GH aus.

Aber hier gibt es Informationen über ein Senken durch Kalorienreduktion:
http://www.ncbi.nlm.nih.gov/entrez/query.fcgi?cmd=Retrieve&db=pubmed&dopt=Abstract&list_uids=1860739

[Hier fehlt noch Recherche.]

Natürlich gibt es schon Gentherapien gegen das IGF-1 bei Gliomen im Versuchsstadium:
http://www.ncbi.nlm.nih.gov/entrez/query.fcgi?cmd=Retrieve&db=pubmed&dopt=Abstract&list_uids=14737936

Auch bei Meningeomen:
http://www.ncbi.nlm.nih.gov/entrez/query.fcgi?cmd=Retrieve&db=pubmed&dopt=Abstract&list_uids=11235955


---- VEGF ---- VEGF ---- VEGF ---- VEGF ---- VEGF ---- VEGF ---- VEGF ---- VEGF ----

VEGF (Vascular Endothelial Growth Factor) hat eigentlich eine
Reparaturfunktion bei Verletzungen.
Es macht Gefäße durchlässig und bewirkt, daß körpereigene Reparaturstoffe angelockt werden. Dadurch
entstehen aber auch Ödeme und Entzündungen.

Eine weitere wichtige Funktion von VEGF ist das Anregen der Neubildung von Gefäßen. VEGF wird bei Sauerstoffunterversorgung (Hypoxie, Ischämie) gebildet und regt die Angiogenese an.

Dass bei Gliomen ein hoher VEGF-Spiegel im Gewebe mit einem hohen Tumorgrad assoziiert ist, weiß man schon lange:
http://www.ncbi.nlm.nih.gov/entrez/query.fcgi?cmd=Retrieve&db=pubmed&dopt=Abstract&list_uids=11987703
Besonders hoch ist VEGF in Tumorzysten:
http://www.ncbi.nlm.nih.gov/entrez/query.fcgi?cmd=Retrieve&db=pubmed&dopt=Abstract&list_uids=10912927

Bei Meningeomen ist VEGF assoziiert mit hoher Rezidivwahrscheinlichkeit:
http://www.ncbi.nlm.nih.gov/entrez/query.fcgi?cmd=Retrieve&db=pubmed&dopt=Abstract&list_uids=10964341

Seit neuestem weiß man ja, daß Cannabis VEGF blockiert:
http://www.mc600.de/forum/index.php?board=47;action=display;threadid=1021
In nächster Zeit wird da sicher eine Behandlungsmethode rauskommen.

Es gibt auch andere Studien an Mäusen bzw. Ratten mit neuen VEGF-blockierenden Medikamenten:
http://www.ncbi.nlm.nih.gov/entrez/query.fcgi?cmd=Retrieve&db=pubmed&dopt=Abstract&list_uids=15271251
http://www.ncbi.nlm.nih.gov/entrez/query.fcgi?cmd=Retrieve&db=pubmed&dopt=Abstract&list_uids=15172191

Thalidomid blockiert evtl. auch VEGF:
http://www.usp.br/fm/direxlim/r18.php
"The data suggested that Thalidomide had an inhibitory effect on VEGF production and this was correlated to the  normal basement membrane thickenness."
(Aha.)

Für einen erhöhten VEGF-Spiegel kann es erbliche Gründe geben, aber das dürfte selten sein:
Vascular Endothelial Growth Factor Serum Levels Are Elevated in Patients with Hereditary Hemorrhagic Telangiectasia
http://content.karger.com/ProdukteDB/produkte.asp?Aktion=ShowAbstract&ArtikelNr=72411&ProduktNr=223829&Ausgabe=229463

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Wie kann man hohes VEGF vermeiden?

Wie auch bei IGF-1 führt hoher Glukosespiegel zu erhöhter Produktion von VEGF:
http://www.ncbi.nlm.nih.gov/entrez/query.fcgi?holding=npg&cmd=Retrieve&db=PubMed&list_uids=11779150&dopt=Abstract

Vor allem unbehandelte Diabetes ist schlecht:
http://www.ncbi.nlm.nih.gov/entrez/query.fcgi?cmd=Retrieve&db=PubMed&list_uids=15131756&dopt=Abstract

Es ist mir völlig rätselhaft, wieso bei Hirntumorpatienten nicht der Blutzucker regelmäßig kontrolliert wird, vor allem wenn man Cortison bekommt, das den Blutzucker nach oben schießt!

Hypoxie (mangelnde Sauerstoffzufuhr) vermeiden!
VEGF wird sehr stark bei Hypoxie ausgeschüttet. Die Webseite der TargeGen Inc. erklärt (auf englisch)
recht gut die Rolle von VEGF:
http://www.targegen.com/company_technology.htm
Vor allem ist dort auch beschrieben, daß VEGF die ganze andere
Entzündungskaskade triggert und in diesem Sinne weiter vorne in der Wirkungskette liegt als vielleicht sogar H15.

Anämie (zu wenig rote Blutkörperchen) vermeiden:
http://www.lef.org/protocols/prtcl-147a.shtml
Ist ja klar, die roten Blutkörperchen transportieren bekanntlich den Sauerstoff.
"An association between low hemoglobin levels and increased serum VEGF was seen in 26 patients whose hemoglobin was less than 13 g/dL as compared to 28 patients with hemoglobin levels greater than 13 g/dL. A correlation was also established between anemia and intratumoral hypoxia (reduced oxygen supply within the tumor). The increased serum-VEGF levels in patients with low hemoglobin may be explained via hypoxia-induced VEGF secretion. This suggests that anemia may stimulate angiogenesis through intratumoral hypoxia (Dunst et al. 1999)."

Meiner Vermutung nach könnten vielleicht (!!!) durchblutungsfördernde Medikamente a la Gingko hier etwas positives bewirken, speziell bei Gliomen.

Das Hormon Angiotensin II bewirkt eine Erhöhung von VEGF:
http://www.ncbi.nlm.nih.gov/entrez/query.fcgi?db=PubMed&cmd=Retrieve&list_uids=10752960&dopt=Abstract

Das gehört alles zum neuen Schlagwort Mikrozirkulation.

[Hier fehlt noch Recherche.]

Vitamin C und E zeigten eine erniedrigende Wirkung auf VEGF bei Mäusen mit ganz speziellen Gendefekten:
http://www.ingenta.com/isis/searching/ExpandTOC/ingenta?issue=pubinfobike://els/00219150/2003/00000171/00000001&index=10
Das reicht nicht aus, um eine Wirkung zu vermuten, aber man kann hier mal darauf hinweisen, dass Vitamin E eine statistisch vorbeugende Wirkung gegen Gliome hat:
http://www.mc600.de/forum/index.php?board=44;action=display;threadid=628
(Siehe 3. Beitrag.)

Grünteeextrakt zeigt Wirkung gegen VEGF:
http://www.lef.org/protocols/prtcl-148g.htm

Selen (aber in der richtigen Form) hemmt VEGF über MMP:
http://www.ncbi.nlm.nih.gov/entrez/query.fcgi?cmd=Retrieve&db=PubMed&list_uids=11170262&dopt=Abstract

Ionisierende Strahlung ganz allgemein läßt VEGF ansteigen:
http://www.ncbi.nlm.nih.gov/entrez/query.fcgi?cmd=Retrieve&db=pubmed&dopt=Abstract&list_uids=14712484
Auch hier nochmal ein Hinweis darauf, suche im Text nach VEGF:
http://www.lef.org/protocols/prtcls-txt/t-prtcl-025.html
Die Strahlentherapeuten der Uni Hamburg konnten aber bei einer Einzeldosis auf Glioblastomzellen
keine große Änderung in VEGF feststellen:
http://www.ncbi.nlm.nih.gov/entrez/query.fcgi?cmd=Retrieve&db=pubmed&dopt=Abstract&list_uids=14719087
Irgendeine amerikanische Klinik überprüft das gerade in einer Studie an Patienten:
http://clinicalstudies.info.nih.gov/cgi/detail.cgi?A_04-C-0200.html
Offensichtlich ist man doch vorsichtig geworden ...

Eine Operation dürfte durch die Verletzung auch etwas Erhöhung des VEGF mit sich bringen, ich habe aber nichts konkretes dazu gefunden und nehme an, dass es nicht so viel ausmacht wie die anderen Faktoren.

Ihr wißt, ich bin keine Medizinerin, aber ich habe ja bis auf die gekennzeichneten Stellen nur Zitate verwendet.
« Letzte Änderung: 27. August 2004, 22:19:03 von Johanna »

Johanna Teig

  • Gast
Re:Wachstumshormone
« Antwort #1 am: 21. September 2004, 09:58:28 »
Oben steht, dass ein hoher Spiegel des Gefäßwachstumshormons VEGF mit hohem Tumorgrad assoziiert ist. Jetzt kam dazu nochmal eine etwas genauere Publikation heraus:

Neurosurgery. 2004 Sep;55(3):562-8.

Angiogenic factors in the cerebrospinal fluid of patients with astrocytic brain tumors.

Peles E, Lidar Z, Simon AJ, Grossman R, Nass D, Ram Z.

Department of Neurosurgery, Sheba Medical Center, Tel-Hashomer and Tel Aviv University, Sackler School of Medicine, Tel Aviv, Israel.

OBJECTIVE:
Gliomas account for most primary brain tumors in adults, and survival correlates with the grade and vascularity of the tumor. The degree of tumor-related angiogenesis seems to be a significant predictor of tumor progression, recurrence, and metastatic spread in a variety of malignant diseases, including brain tumors. Our study´s objective was to quantify the levels of two angiogenic factors, basic fibroblast growth factor (bFGF) and vascular endothelial growth factor (VEGF), in the cerebrospinal fluid (CSF) and serum of patients with gliomas and to correlate these levels with tumor grade, vascularity, and overall survival.

METHODS:
Twenty-six patients with the diagnosis of cerebral glioma (19 high-grade, 7 low-grade) comprised the study group. Ten patients with communicating hydrocephalus served as controls. Levels of VEGF and bFGF in the CSF and serum were determined using enzyme-linked immunosorbent assay analysis. Tumor vascularity was graded qualitatively using immunohistochemical staining for CD34. Nonparametric statistical techniques were used for data analysis.

RESULTS:
Median levels of bFGF and VEGF in the CSF were significantly higher in patients with high-grade glioma as compared with patients with low-grade glioma or hydrocephalus (bFGF levels, 52, 26, and 24 ng/ml, respectively, P < 0.0001; VEGF levels, 17.6, 7.2, and 8.3 ng/ml, respectively, P < 0.005). A significant correlation was found comparing CSF levels of bFGF with levels of VEGF (P < 0.001). The levels of the angiogenic factors in the CSF correlated with the degree of tumor vascularity and were adversely associated with patient survival. Serum levels of the angiogenic factors showed no correlation to tumor grade, vascularity, or survival.

CONCLUSION;
Our data suggest that CSF levels of bFGF and VEGF may serve as an additional marker for tumor grading and vascularity and may help predict survival.

Quelle: http://www.ncbi.nlm.nih.gov/entrez/query.fcgi?cmd=Retrieve&db=pubmed&dopt=Abstract&list_uids=15335423
« Letzte Änderung: 21. September 2004, 09:59:02 von Johanna »

Offline KarlNapf

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Re: Wachstumshormone
« Antwort #2 am: 11. Februar 2009, 09:02:07 »
Growth hormone treatment and risk of recurrence or progression of brain tumors in children: a review

Ich zitiere die Zusammenfassung: Conclusion  On the basis of this review, the authors conclude that the use of GH in patients with brain tumor is safe. GH therapy is not associated with an increased risk of central nervous system tumor progression or recurrence, leukemia (de novo or relapse), or extracranial non-leukemic neoplasms.

GH = growth hormone = Wachstumshormon

Die Anwendung sei sicher, schreiben die Autoren, mit der Anwendung sei kein erhöhtes Risiko verbunden, dass ein Tumor im Zentralnervensystem weiter wachse / fortschreite bzw. ein Rezidiv einträte.
Dum spiro, spero = So lange ich atme, hoffe ich. (Cicero, ad Atticum 9,11)

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