HirnTumor-Forum

Autor Thema: Postoperative Symptome: Kopfschmerzen, Schwindel, Übelkeit, Erbrechen, Fieber  (Gelesen 6283 mal)

Offline Lotte

  • Newbee Mitglied
  • *
  • Beiträge: 1
    • Profil anzeigen
Hallo zusammen,
ich möchte dieses Forum nutzen um über die Krankengeschichte meiner 18 jährigen Tochter zu berichten und hoffe so Hilfe und Ratschläge zu erhalten...

Meine Tochter litt seit ungefähr April diesen Jahres (2021) unter immer wieder kehrenden Kopfschmerzen, sowie Schwindel und Übelkeit mit Erbrechen. Meistens traten diese Beschwerden morgens kurz nach dem Aufstehen auf. Zur Abklärung der Symptome waren wir beim Hausarzt, Physiotherapeut, Orthopäden und schließlich auch beim HNO-Arzt. Auf dessen Ratschlag wurde dann Anfang Juni auch im MRT gemacht. Dort wurde ein Hirntumor im Kleinhirn diagnostiziert.
Mitte Juni wurde dieser operativ entfernt. Es war, glücklicherweise ein pilozystisches Astrozytom (WHO 1), welches auch vollständig entfernt werden konnte. Somit war erstmal alles gut und es war auch keine weitere Nachbehandlung erforderlich.
Nach einer Woche wurde sei aus dem KH entlassen und rund 10 Tage lang war zu Hause, bis auf Kopfschmerzen, die aber mit Medikamenten gut reguliert werden konnten alles soweit ganz ok.

Dann wurde es aber plötzlich schlechter und sie musste sich häufig übergeben. Dazu kamen starke Kopfschmerzen und Fieber, so dass wir sie wieder ins KH bringen mussten. Dort wurde neben einem MRT und Blutuntersuchungen eine Hirnwasseruntersuchung gemacht um eine Meningitis auszuschließen. Zum Glück war alles ohne Befund und die Symptome wurden im Laufe einer Woche wieder besser, so dass sie wieder nach Hause entlassen werden konnte. Dort ging es ihr den Umständen entsprechend ganz gut und Kopfschmerzen, Übelkeit und Schwindel traten zwar auf, waren aber mit Medikamenten ertragbar. Nach etwa 14 Tagen jedoch kam es wiederholt zu starker Übelkeit und Erbrechen. Ein weiterer Klinikaufenthalt mit MRT und Blutuntersuchung folgte. Auch dieses Mal war alles ok und sie konnte wieder entlassen werden..

Dies war vor einer Woche. Jetzt ist sie zu Hause und nimmt gegen die Kopfschmerzen und die Übelkeit regelmäßig Medikamente ein. Damit sind die Symptome auch halbwegs ertragbar, aber so richtig "bergauf" geht es leider immer noch nicht. Vor allem nachts im Liegen leidet sie weiterhin unter Schwindel, der dann wiederum zu Übelkeit und Erbrechen führt und auch die Temperatur steigt nachts regelmäßig auf 38,5-38.7 Grad.

Es ist uns natürlich bewusst, das diese Kopf OP ein großer Eingriff war und alles Zeit braucht um wieder zu heilen.. sicher auch viele Monate. Was uns aber etwas beunruhigt, das sich die Symptomatik eher steigert und als verbessert und so gar keine Entwicklung erkennbar ist. Vor allem der Schwindel tritt z.B. im Moment wieder sehr verstärkt auf, was direkt nach der OP nicht so war.. Hat vielleicht irgendjemand ähnliche Erfahrung gemacht oder hat Tipps, was man unterstützend tun kann?

Offline KaSy

  • Mitglied Forum
  • God Mitglied
  • *****
  • Beiträge: 2701
  • Ich gebe niemals auf!
    • Profil anzeigen
Liebe Lotte,
Selbst habe ich mit derartigen vor- und postoperativen Problemen keine Erfahrung, aber durch meine sehr lange dauernde Zeit mit mehrfachen WHO-III-Menigeom-Therapien habe ich mir einiges an Wissen über Hirntumoren angeeignet.

Die Kopfschmerzen, den Schwindel, die Übelkeit und das Erbrechen hatte Deine Tochter erst nicht, dann wurden diese Symptome mehr bzw. stärker und dann wurde der Tumor entdeckt.
Es ist also recht sicher, dass der Tumor diese Symptome ausgelöst hat.

Nun wurde der Tumor vollständig entfernt.

Er stellte sich als ein WHO-I-Astrozytom heraus, was für ein recht langsames Wachstum spricht. Er ist also vermutlich nicht erst seit dem Bemerken der Symptome im April 2021, sondern bereits länger im Kopf Deiner Tochter. Er wuchs langsam, bis er eine bestimmte Größe erreicht hatte. Nun erst erzeugte er diese Symptome.

Die Neurochirurgen haben den Tumor entfernt. Aber sie mussten dafür genau an die Stelle im Gehirn, wo der Tumor diese Symptome erzeugt hat. Sie haben die Tumorzellen von ihrer Umgebung trennen müssen, denn ein pilozytisches Astrozytom wächst - soweit ich weiß wie alle Astrozytome - auch infiltrierend. Also mussten die Ärzte genau an den Stellen an den gesunden Hirnzellen "herumzupfen", wo diese Symptome ihre Ursache hatten.

Nach der erfolgreichen OP ist zwar der Tumor weg, aber die Heilung im Kopf braucht noch sehr lange, bestimmt länger als die etwa sieben Wochen, die seit der OP vergangen sind. Die Blutgefäße müssen sich neu sortieren und vor allem muss sich das gesunde Hirngewebe neu organisieren. Es finden Vernarbungen direkt an den Stellen statt, wo operiert wurde. Dort, wo jetzt kein Tumor mehr ist, gibt es Veränderungen.
Außerdem haben die "Hantierungen" der Neurochirurgen mit Skalpell und sonst was für Geräten das Gehirn "geärgert". Es reagiert darauf mit Kopfschmerzen, und evtl. auch mit Schwindel, Übelkeit und Erbrechen.
Vor allem aber wehrt es sich direkt an dieser Stelle, weil es diese Handlungen der Ärzte "als feindlichen Eingriff in das Gehirn Deiner Tochter ansieht". Es werden Abwehrkräfte zum Schutz des Gehirns angeregt. Es werden die Blutzellen (weiße Blutkörperchen) massiv dorthin geschickt, um diese "gefährliche Stelle" vom gesunden Gehirn abzuschotten. Woher soll das Gehirn wissen, dass der Eingriff ein helfender war? Die Stelle, wo der Eingriff geschah, wird mit einer (vermutlich geringen) Wasseransammlung (Ödem) umgeben. (Wäre sie größer, wäre sie im MRT sichtbar gewesen.) Bis das Gehirn "verstanden hat", das es nichts Böses ist und bis es sich neu organisiert hat, können Monate vergehen.

Und all das passiert eben genau an den Stellen, die die Symptome vor der OP ausgelöst haben. Da ist es kein Wunder, dass genau diese Symptome weiterhin bestehen bleiben.

Es ist gut, dass die MRT-Kontrollen und die anderen Untersuchungen stattfanden und alle keinen Anlass zu der Sorge gegeben haben, der Tumor sei gewachsen oder als Rezidiv wiedergekehrt. Das ist sehr gut.

Das postoperativ entstandene nicht sehr hohe Fieber könnte seine Ursache darin haben, dass das Immunsystem Deiner Tochter noch sehr gegen diesen Eingriff kämpft. Ein Ödem ist eine Entzündung, wogegen der Körper kämpft. Und bei jungen Menschen ist das Immunsystem sehr aktiv!
Wenn die Ärzte auch diese Temperaturen unter 39°C nicht besorgniserregend fanden, dann ist auch das noch eine normale postoperative Reaktion.

Es gibt keine andere Entzündung im Körper. Darauf achten die Neurochirurgen wirklich akribisch, weil das die Gefahr ist, die sie unbedingt vermeiden müssen. Es darf sich nach einem Eingriff in das Gehirn keine Entzündung des Gehirns (Enzephalitis) und auch keine Entzündung der Hirnhäute (Meningitis) entwickeln. Wenn dafür auch nur ein Verdacht bestünde, würde Deine Tochter umgehend mit Antibiotika behandelt werden, vermutlich sogar stationär per Tropf.

So wie Du die Situation Deiner Tochter und das sinnvolle Handeln der Ärzte beschrieben hast, würde ich es als noch normale, wenn auch sehr belastende, postoperative Folgen beschreiben. Ihr solltet davon ausgehen können, dass es sich sehr langsam bessern wird.

Du hast nicht geschrieben, wie aktiv Deine Tochter bereits wieder ist, wenn es ihr gerade gut geht. Sie muss sich dessen bewusst sein, dass es sich - wie Du es schreibst - um einen schweren Eingriff handelte, nach dem es Monate dauern kann, bis eine normale Belastung wieder möglich ist. Sie ist krank und zwar schwer krank! Auch wenn sie es vielleicht nicht so sieht und jede gute Minute verständlicherweise für alle möglichen oder auch nur wenigen Aktivitäten nutzen möchte. Sie muss sich weiter schonen - das ist leicht gesagt!

Was sie aber tun muss, ist, auf sich selbst zu hören, rechtzeitig aufzuhören, bevor Kopfschmerzen, Schwindel, Übelkeit, Erbrechen entstehen. Bei oder besser vor den ersten Anzeichen muss sie sich Ruhe gönnen. Sie kann sich eine Zeit überlegen, wie lange sie aktiv sein kann. Das wären vielleicht 30 min und dann ist Ruhe angesagt. Dann wieder 30 min und Ruhe. Später 35 min und Ruhe. Noch später 40 min. Das kann sie steigern, um diesen schlimmen Symptomen zuvorzukommen.

Medikamentös ist sie versorgt und es sind sicher Medikamente, die nicht zu einer Abhängigkeit führen. Aber auch hier ist eine vorsichtige Verringerung der jeweiligen Dosis anzustreben. Je nach Symptomstärke könnte es weniger werden. Es sollte von der Hausärztin begleitet werden.

Ich wünsche Deiner Tochter und Dir, der sorgenden Mutti, alles Gute und hoffe sehr, dass es ihr nach und nach besser gehen wird.
KaSy
Wenn man schon im Müllkasten landet, sollte man schauen, ob er bunt angemalt ist.

Der Hirntumor hat einen geänderten und deswegen nicht weniger wertvollen Menschen aus uns gemacht!

 



SMF 2.0.19 | SMF © 2022, Simple Machines
Hirntumor Forum © 1996-2022 hirntumor.de
Impressum | Datenschutzerklärung