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Autor Thema: OP.... ja...nein...vielleicht, und dann noch ASS-Patient  (Gelesen 11257 mal)

Offline Frank M

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OP.... ja...nein...vielleicht, und dann noch ASS-Patient
« am: 17. Oktober 2019, 16:59:24 »
Hallo Zusammen,
ich bin ganz neu hier und habe mal eine Frage nach Erfahrungswerten.
Kurz zu mir, ich bin 54 Jahre alt und man hat bei mir (wie bei vielen) per Zufallsbefund vor 5 Jahren ein Meningeom, frontal links, entdeckt. Nu ist das Teil innerhalb des letzten Jahres von 2,2cm auf 3,4cm gewachsen. Der Neurologe sagt: ist immer noch nicht schlimm, alles gut. Ich persönlich möchte allerdings das Ding aus meinem Kopf haben. Ich werde ja auch nicht jünger. Die Neurochirugie sagt allerdings wir können nicht operieren da ich ASS 100 nehmen muss. Aus deren sicht soll ich ASS für ca. 3 Wochen absetzen. Da hat allerding mein Kardiologe was dagegen. Ich habe 6 Stands in den Herzkranzgefäßen die sich dann zusetzen können.
Jetzt meine Frage: Gibt es Erfahrungen in denen eine OP trotz Herzkranzgefäßerkrankung mit Stands durchgeführt wurde? Wenn ja wie ist das abgelaufen?
Für eine Antwort wäre ich wirklich dankbar.

Liebe Grüße
Frank

Offline KaSy

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Antw:OP.... ja...nein...vielleicht, und dann noch ASS-Patient
« Antwort #1 am: 18. Oktober 2019, 00:18:16 »
Hallo, Frank M,
ich begrüße Dich in diesem Forum, das Du wegen eines Meningeoms aufsuchen musstest. Allein das ist bereits eine nicht leicht zu akzeptierende Diagnose. Außerdem kann die Situation des "Abwartens" sehr belastend sein. Bei Dir kommt allerdings erschwerend Deine Herzerkrankung hinzu, die bei jeder Operation, nicht nur am Gehirn, generell das Risiko deutlich erhöht. 

Du kannst mit den sechs Stents* sicher sehr gut leben, womöglich auch arbeiten gehen. Allerdings waren immerhin sechs Stents erforderlich, um Dein Herz, Deinen Blutkreislauf und damit Dein Leben zu erhalten.

*(So schreibt man diese Dinger, die Deine Herzkranzgefäße offenhalten.) 

Eine Operation am Gehirn kann nur in Narkose durchgeführt werden. Diese ist eine große Belastung für den gesamten Körper, insbesondere für Herz und Lunge.

Die Entfernung eines Meningeoms dauert meist viele Stunden, das können fünf Stunden, aber auch zwölf Stunden sein.
Ohne die Verletzung von Blutgefäßen funktioniert das nicht. Mitunter sind sogar Bluttransfusionen erforderlich. Wenn die Blutverdünner weiterhin wirken, können die Blutungen nur schwer gestillt werden. Dadurch entsteht ständig während der OP die Notwendigkeit, Blutgefäße zu verschließen (Kauterisieren), damit der Neurochirurg freie Sicht auf das OP-Feld hat. Das verlängert die OP-Zeit.

Wenn die Entfernung des Meningeoms allerdings wirklich unumgänglich sein wird, weil sich durch diesen Tumor eine akute Lebensgefahr anbahnt, dann könnte eine solche Operation mit einem höheren Aufwand vielleicht möglich sein.

Dem OP-Team ist bekannt, dass durch das Absetzen der Blutverdünner eine höhere Blutungsneigung entsteht sowie die Gefahr des Zusetzens der Herzkranzgefäße besteht. Demzufolge könnte es erforderlich sein, einen Kardiologen im OP-Team oder schnell abrufbereit zu haben. 

Ich weiß, dass bei Augenoperationen (Katarakt = Grauer Star), die bei älteren Menschen durchgeführt werden, vor der OP für wenige Tage Blutverdünner abgesetzt werden müssen. Allerdings dauern diese OPs nur sehr kurze Zeit und werden meist ambulant durchgeführt.


Das Problem ist bei Dir jetzt, dass Du mit dem Abwarten ("Wait-and-see") bereits Erfahrung hast und gut damit gelebt hast. Eine besonders hohe psychische Belastung sollte das für Dich durch die vergangenen fünf Jahre nicht mehr sein. Aber das Meningeom ist deutlich gewachsen und das ist es, was Dir Sorgen bereitet.
Der Neurologe ist eigentlich nicht der Facharzt, der darüber entscheiden kann, ob ein OP-Bedarf besteht, aber da er Dich bereits so lange betreut, ist seine Meinung, dass es "immer noch nicht schlimm ist" durchaus zu bedenken.
Der Neurochirurg ist DER Facharzt für eine Entscheidung, ob operiert werden muss. Dessen Meinung hast Du nicht geschrieben. Du hast nur mitgeteilt, dass er operieren würde, wenn Du die Blutverdünner insgesamt drei Wochen lang absetzt. Sieht der Neurochirurg einen dringenden OP-Bedarf?
Der Kardiologe hat in Deinem Interesse Recht, wenn er von einem so langen Absetzen der Blutverdünner abrät.

Ich denke, hier muss in einem Team aus verschiedenen Fachärzten (Tumorkonferenz) beraten werden:
Ist die Meningeom-OP wirklich erforderlich?
Wie kompliziert ist die Lage des Meningeoms?
Kann die OP ohne Gefahr für ein Herzversagen während der OP durchgeführt werden.
Was für Maßnahmen müssen getroffen werden, um die Gefahr durch das Absetzen der Blutverdünner zu minimieren?
Wer muss im OP-Team dabei sein?
Gibt es andere Möglichkeiten, das Meningeom zu entfernen - z.B. eine Bestrahlung, die den Tumor am Wachsen hindert. 
 
Ich weiß nicht, ob Du bereits in einer Klinik behandelt wirst, wo die für Dich erforderlichen Fachrichtungen (Neurochirurgie, Kardiologie, Strahlentherapie) vorhanden sind und sich in Tumorkonferenzen treffen, wo jeder einzelne Patient beraten wird. Wenn nicht, dann geh in eine solche Klinik (Uniklinik HH z.B.) und bitte darum, dass Dein "Fall" in einer Tumorkonferenz beraten wird.

Es ist allerdings noch einiges zum Wachstum von Meningeomen zu sagen. Sie können sehr groß werden, ohne Symptome zu verursachen, weil sie sehr lange das Gehirn verdrängen, was sich dieses auch gefallen lässt, ohne Hirnfunktionen einzuschränken.
Berate Dich gut mit den Fachärzten, ob Du auf Symptome warten solltest und welche das wegen der Lage des Meningeoms sein können.

Suche aber bereits vorher die Klinik, die Dich behandeln würde und die dann bereits über Dich beraten hat.

Frage gezielt nach der Möglichkeit einer Strahlentherapie, denn diese belastet meiner Meinung und Erfahrung nach das Herz nicht.
Und sie kann auch bei dieser bereits erreichten Tumorgröße als Möglichkeit in Betracht kommen.

Vielleicht ist es aber auch nach Ansicht der Tumorkonferenz möglich, weiter zu warten, dann akzeptiere es bitte.

Ich wünsche Dir einen fachärztlich richtigen Weg zu einer geeigneten und risikoarmen Entscheidung!
Alles Gute
KaSy
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Offline Frank M

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Antw:OP.... ja...nein...vielleicht, und dann noch ASS-Patient
« Antwort #2 am: 18. Oktober 2019, 10:53:23 »
Hallo KaSy,

vielen Dank für deine ausführliche Antwort.
Ich war in der Neurochirurgischen Universitätsklinik Bochum. Hier wurde auch eine Tumorkonferenz abgehalten und mein Fall besprochen. Die NC rät mir aus den beschriebenen Gründen von einer OP ab, da der Tumor "ein geringeres Risiko ist als eine OP". Man rät mir den Tumor zu bestrahlen. (Dadurch werde ich ihn aber nicht los) :(
Mein Problem wird durch abwarten ja nicht besser. Auch wenn durch eine Strahlenbehandlung das Wachstum gestoppt werden kann muss er vielleicht in 10 - 15 Jahren entfernt werden und mein Herz wird sicherlich dann eine OP nicht besser verkraften.
Mir wäre eine baldige OP die liebste Lösung.

Danke und liebe Grüße
Frank

Offline KaSy

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Antw:OP.... ja...nein...vielleicht, und dann noch ASS-Patient
« Antwort #3 am: 18. Oktober 2019, 14:30:37 »
Hallo, Frank M,
Du hast bereits einige Informationen eingeholt. Das ist sehr gut.

Nun erkundige Dich bitte ausführlich über die Möglichkeiten der Bestrahlungsarten.
Gerade bei Meningeomen kann das Wachstum oft erfolgreich gestoppt oder deutlich verringert werden.

Natürlich hängt es von der Lage des Tumors ab, wieviel um das Meningeom herum mitbestrahlt werden kann, ohne wichtige Hirnbereiche zu beeinträchtigen.

Wurde Dir von der/m NC gesagt, dass nach einer Strahlentherapie in 10-15 Jahren von einem so großen Wachstum auszugehen ist, dass eine operative Entfernung dann zwingend erforderlich sein wird?

Ich meine, wenn die OP jetzt bereits ein größeres Risiko ist als die gesundheitliche Gefährdung durch das Meningeom, dann wird sich das in 10-15 Jahren nicht umkehren.

Ich bin übrigens selbst seit 10 Jahren in diesem und seit 5 Jahren in einem weiteren Hirntumorforum aktiv und lese nahezu täglich und erfasse alle Beiträge. Mir ist noch nie ein Hirntumorbetroffener "begegnet", der mit einem Herzproblem bzw. mit Stents am Hirn operiert wurde. (Du bist der erste, der danach fragt.)
Ich habe auch versucht, im Internet beide Begriffe einzugeben und fand keine Einträge, die über Patienten berichten, die Stents hatten und am Hirn operiert wurden. (Das muss nichts bedeuten.)
Aber ich fand umgekehrt Hinweise darauf, dass nach Hirntumoroperationen vermehrt Herzschädigungen auftreten können.
Das alles bestätigt die Aussagen der Tumorkonferenz, die von einer OP abrät und eine Bestrahlung empfiehlt.

Vielleicht meldet sich ja doch noch jemand, dessen Situation mit der Deinen vergleichbar ist.

Aber nutze die Zeit, um Dich über Bestrahlungsvarianten und deren Vor- und Nachteile bei den Neben- und Folgewirkungen zu informieren.

KaSy
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