HirnTumor Diskussionsforum

Hirntumorarten => Glioblastom / Gliosarkom => Thema gestartet von: Mike am 05. August 2002, 17:32:08

Titel: Was ist ein Glioblastom?
Beitrag von: Mike am 05. August 2002, 17:32:08
Glioblastoma multiforme
(Quelle: ALLGEMEINE NEUROPATHLOGIE (http://www.oliver-emmler.de/medizin/pathologie/apns.pdf))

Glioblastome sind die häufigsten (>50% der Gliome) und bösartigsten (Grad IV nach WHO) primären Geschwülste des Gehirns. Das feingewebliche Bild des Glioblastoms kann außerordentlich variieren (kleinzellig-globuliform, spindelzellig, multiform) und ist i.d.R. durch eine markante Zell- und Kernpleomorphie (d.h., innerhalb des gleichen Tumors regional wechselndes Differenzierungsbild der Tumorzellen - auch „Gewebspleomorphie" genannt -, sowie stark variierende Gestalt und Chromatinausstattung der Tumorzellkerne mit schwankender Kern-Plasma-Relation) gekennzeichnet. Eine besonders ausgeprägte Zell- und Kernpleomorphie charakterisiert das Gm (Präparat).

Weitere Charakteristika: hohe Zelldichte; gesteigerte Mitoserate mit Auftreten atypischer Mitosen; Nekrosen im Tumorgewebe, häufig als „Stiftnekrosen" mit wallartiger Anordnung der Tumorzellen um die Nekrose; atypische (pathologische) Vaskularisation mit schlingenförmigen Gefäß-(endothel-)proliferaten und „lacunärer" Transformation von Gefäßen (atypisch weite Lichtungen bei dünner Wand und oft angiomähnlichem Aspekt). (H.-E.-Färbung)

[Selbst nach Operation und/oder Bestrahlung liegt die mittlere Lebenserwartung der Glioblastomträger < 1 Jahr].
Titel: Re:Was ist ein Glioblastom?
Beitrag von: Mike am 19. August 2002, 22:58:29
Astrozytome, Glioblastome
(Quelle: Medicine-Worldwide (http://www.m-ww.de/krankheiten/krebs/hirn_astrozytome.html))

Allgemeines - Häufigkeit
Astrozytome sind hirneigene bzw. intraaxiale Tumoren. Sie gehen also aus dem Hirngewebe selbst hervor. Astrozytome machen etwa 30% der intraaxialen Tumoren aus. Sie treten am häufigsten in den Großhirnhemisphären und seltener in den Basalganglien, im Hirnstamm oder im Spinalkanal auf.

Man unterscheidet niedriggradige und hochgradige Astrozytome. Die WHO Klassifikation teilt die Astrozytome entsprechend ihrer Histologie in vier Grade ein.


Grad I WHOpilozytisches Astrozytom
Grad II WHOfibrilläres Astrozytom, protoplasmatisches Astrozytom, gemistozytäres Astrozytom
Grad III WHOanaplastisches Astrozytom
Grad IV WHOGlioblastom

Bei niedriggradigen Astrozytomen liegt der Altersgipfel der Erkrankung bei 25- 45 Jahren und bei höhergradigen Astrozytomen bei 45- 55 Jahren. Männer sind im Verhältnis von 3 zu 2 häufiger betroffen als Frauen. Bei den Gliomen kommen auch Typen vor, die mehrere bösartig transformierte Tumorzellen enthalten. Man spricht in diesen Fällen von gemischten Gliomen (z.B. Oligoastrozytome, anaplastische Oligoastrozytome).

Eine Sonderstellung nimmt das pilozytische Astrozytom ein. Es handelt sich um einen sehr seltenen Tumor des Kindes- und Jugendalters. Sie treten vor dem zwanzigsten Lebensjahr auf und machen etwa 3% der Gliome aus. Beide Geschlechter werden zu gleichen Teilen betroffen. Sie entsprechen dem WHO Grad I. Im Rahmen einer Neurofibromatose 2 (Morbus Recklinghausen) treten sie gehäuft auf.

Tumorentstehung
Das Astrozytom geht von entarteten Zellen des Stützgewebes (Glia) des Gehirns aus (Astrozyten). Es handelt sich also um hirneigene Tumoren. Je nach Differenzierung der Tumorzellen werden nach WHO vier Klassen unterschieden (Grading). Das Gliom wird den höhergradigen Astrozytomen zugeordnet. Aus dem Grading ergibt sich der Grad der Bösartigkeit, die Therapie und die Prognose.

Das pilozytische Astrozytom (Grad I) hat meist eine geringe Wachstumstendenz. Spontane Rückbildungen sind ebenfalls möglich. Das niedrige Tumorgrading bleibt oft zwischen Jahren oder Jahrzehnten das gleiche. Eine Veränderung der Gestalt ist häufig mit degenerativen Veränderungen im Tumor verbunden. Sehr selten sind Umwandlungen des Tumors in bösartiger Formen (höheres Grading) bis hin zu anaplastischen Formen und zum Glioblastom.

Krankheitssymptome und -verlauf
Die Symptomatik hängt wesentlich von der Loaklisation des Tumors im Gehirn oder im Spinalkanal ab. Bei einer Loaklisation im Spinalkanl treten wegen der beengten Platzverhältnisse Symptome meist früher auf. Bei Erwachsenen ist der Verlauf neurologischer Symptome oft schleichend, aber bei Wachstum im Spinalkanal recht typisch. Man unterscheidet vier Stadien: Schmerzen, Empfindungsstörungen, eine inkomplette und schließlich eine komplette Querschnittslähmung. Bei Kindern kann es dagegen oft innerhalb weniger Stunden zu einer dramatischen Symptomzunahme kommen.

Pilozytische Astrozytome (Grad I WHO) wachsen meist langsam. Sie sind meist im Kleinhirn, der Brücke oder im Verlauf der Sehbahn lokalisiert. Eine Entartung hin zu höherem Grading mit entsprechender Wachstumstendenz ist selten aber möglich. Die Symptomatik richtet sich nach der Lokalisation.

Tumoren Grad II WHO wachsen im Allgemeinen ebenfalls langsam. Sie sind scharf begrenzt und respektieren oft anatomische Strukturen wie die Hirnwindungen. Die Blut-Hirn-Schranke ist häufig intakt. Im CT und MRT kann deshalb keine Kontrastmittelaufnahme nachgewiesen werden. Prognostisch ungünstiger zu beurteilen sind Formen, die diffus und infiltrativ wachsen. Besonders häufig sind Tumoren im Bereich des Hirnstamms von diesem diffusen Wachstumstyp. Im Laufe der Zeit kann eine Differenzierung zu einem höheren Grading hin und damit verbunden, einer Verschlechterung der Prognose vorkommen. Tumorrezidive von einem Ursprungstumor Grad I entdifferenzieren zu 80%, vom Grad II zu 60% hin zu einem höheren Grad, im ungünstigsten Falle bis zum Glioblastom (Grad IV).

Tumoren der Grade III (anaplastisches Astrozytom) und Grad IV (Glioblastom) wachsen extrem rasch. Charakteristisch ist ein fingerförmiges Ödem im Marklager und eine ausgesprochen raumfordernde Wirkung mit einer von der Lokalisation abhängigen entsprechend deutlichen Symptomatik. Besonders bösartige Gliome wachsen infiltrativ in die Umgebung ein. Ihre Ausdehnung wird daher bei der Auswertung bildgebender Verfahren(CT,MRT) häufig unterschätzt. Gleichzeitig vereitelt diese Eigenschaft eine radikale operative Entfernung.

Diagnostik
Bevor eine Untersuchung auf einen möglichen Hirntumor stattfindet, ist in der Regel nicht bekannt, ob überhaupt eine Tumorerkrankung vorliegt und wenn, welche es ist. Allgemein lässt sich aber für alle Hirntumoren feststellen, dass am Anfang aller Untersuchungen eine Erhebung der Krankengeschichte (Anamnese) sowie eine körperliche Untersuchung zu stehen hat. Entsprechend dem Ergebnis schließen sich weitere Untersuchungen an. Alle möglichen Diagnoseverfahren zum Aufdecken eines Hirntumors sind unter der Rubrik Allgemeines hier klicken (http://www.mc600.de/forum/index.php?board=30;action=display;threadid=132) sehr ausführlich dargestellt.

Für die Diagnostik aller Hirntumoren spielen die Schnittbildverfahren, also CT und MRT, die entscheidende Rolle. Die Untersuchung mit Kontrastmittel ist dabei fast immer notwendig.

Das pilozytische Asrozytom (Grad I) hat ein typisches Erscheinungsbild. Es handelt sich um scharf begrenzte Tumoren mit kompakten oder schwammartigen Anteilen. Häufig werden Tumorknoten beobachtet, die sich in unmittelbarer Nähe einer Zyste befinden. Wegen ihrer guten Gefäßversorgung reichern sie deutlich Kontrastmittel an. Kleinere Verkalkungen sind Ausdruck degenerativer Veränderungen.

Bei niedriggradigen Astrozytomen (Grad II) ist die MRT Untersuchung dem CT an Empfindlichkeit überlegen. Kleine Raumforderungen entgehen u.U. sogar der CT Untersuchung. Die häufig fehlende Kontrastmittelanreicherung, welche die Erkennung besonders im CT erschwert, ist andererseits in der MRT ein wertvolles differentialdiagnostisches Kriterium.

Anaplatische Astrozytome (Grad III) zeigen eine mäßige Kontrastmittelanreicherung. In der nativen CT Untersuchung besitzen sie oft die gleiche Dichte wie die Hirnrinde.

Glioblastome (Grad IV) weisen ein typisches "buntes Bild" auf. Man beobachtet ein girlandenförmiges Wachstum mit großem Ödem und raumfordernder Wirkung sowie ein Nebeneinander von Nekrosen, Blutungen und kontrastmittelanreicherndem Gewebe.

Eine feingewebliche Diagnose durch Probenentnahme aus dem Tumor ist notwendig zur Planung der weiteren Behandlung. Die eventuell zusätzlich notwendige Diagnostik richtet sich nach den Symptomen des Patienten. Die Diagnostik bei Verdacht auf ein postoperatives Rezidiv kann erschwert sein, weil sowohl die Operationsnarbe als auch Tumorgewebe Kontrastmittel anreichern können. Zum Nachweis von vitalem Tumorgewebe eignet sich die PET.

Therapie
Primäres Ziel der Behandlung ist eine möglichst komplette chirurgische Entfernung des Tumors oder mindestens eine hochgradige Reduktion der Tumormasse. Der Grad der Radikalität der Tumorentfernung beeinflusst direkt die Prognose. Das mit dem Tumorwachstum nicht selten einhergehende Ödem muss in jedem Falle behandelt werden. Ein starkes Kortikoid wirkt sehr gut antiödematös und kann den Zustand des Patienten oft in erstaunlich kurzer Zeit bessern. Die Kortisongabe ist auch während einer Strahlentherapie erforderlich, weil diese ein Ödem zunächst verstärken kann. Auch die allgemeine Verträglichkeit der Strahlentherapie, abgesehen von der Wirkung auf das Ödem, wird verbessert.

Pilozytische Astrozytome (Grad I) sind meist vollständig operabel. Bei einer inkompletten Entfernung des Tumors wird eine Bestrahlung mit einer Gesamtdosis von 45-50 Gy über 5-6 Wochen vorgenommen. Lokale Rezidive sind selten.

Astrozytome Grad II werden ebenfalls primär operiert. Sofern sie gut abgegrenzt und entsprechend vollständig entfernt wurden, ist die Prognose relativ günstig. Wegen der Tendenz zu Rezidiven, die manchmal erst nach Jahren auftreten und einer möglichen Malignisierung wird von vielen Fachleuten eine anschließende Bestrahlung befürwortet. Das betrifft ebenfalls teilresezierte Tumoren. Allerdings herrscht mit Ausnahme der teilresezierten Tumoren Unklarheit über den günstigsten Zeitpunkt für eine postoperative Strahlentherapie. Der Primärherd wird mit einem Sicherheitsabstand im gesunden Gewebe von ca. 2 cm und einer Gesamtdosis von 50-55 Gy über 6-7 Wochen bestrahlt.

Auch bei Typ III- und IV- Tumoren sollte primär eine Radikaloperation versucht werden. Allerdings ist auch eine bloße Tumorverkleinerung sinnvoll. Eine anschließende Bestrahlung ist obligatorisch. Es erfolgt eine Bestrahlung des Primärherdes einschließlich eines Sicherheitsabstandes mit einer Gesamtdosis von 60 Gy über einen Zeitraum von 6-7 Wochen. Wegen der schlechten Prognose sollte die Strahlentherapie innerhalb einer möglichst kurzen Behandlungszeit durchgeführt werden.

Von einer adjuvanten, also unterstützenden Chemotherapie können besonders jüngere Patienten mit gutem Allgemeinzustand profitieren. Es werden sowohl Monotherapien, also Therapien mit nur einem Medikament als auch Polychemotherapien, also Therapien mit mindestens zwei Medikamenten, durchgeführt. Therapieschemata und Medikamentenkombinationen werden im Rahmen von Studien gegenwärtig erforscht. Eine Heilung kann jedoch von einer Chemotherapie zur Zeit nicht erwartet werden.

Prognose
Da die Prognose jeder Tumorerkrankung von vielen Faktoren abhängt, ist die Angabe einer mittleren Überlebenszeit nicht immer einfach. In diesem Zusammenhang können zahlenmäßige Angaben, die aus den statistischen Daten vieler Erkrankter gewonnen wurden, nicht ohne weiteres auf den Einzelfall übertragen werden und müssen mit äußerster Zurückhaltung betrachtet werden. Es versteht sich von selbst, dass besonders Tumoren mit schlechter Prognose (Grad III und IV) erhebliche Auswirkungen auf die Lebensplanung des Patienten und seiner Familie haben. In diesem ganz allgemeinen Sinne ist die Erörterung der Prognose auch Teil des Aufklärungsgespräches. Freilich nur in dem Umfang, indem sie der Patient vom Arzt wünscht.


TumorartWHO-Grad Prognose
pilozytisches AstrozytomIgünstig; u.U. jahrelanger Verlauf
AstrozytomIInach Radikaloperation günstig; häufig Rezidive; ungünstig bei diffusem Wachstum
anaplastisches AstrozytomeIIIungünstig; rasches Tumorwachstum; etwas günstiger als Grad IV
GlioblastomIVsehr ungünstig; Rezidive regelmäßig, da meist nur Teilresektion möglich (diffuses Wachstum); Überlebenszeit in der Größenordnung von Monaten auch nach Therapie